auf indirecte Art einen lange genaͤhrten Wunsch erfuͤllt, des⸗ sen Erreichung auf geradem Wege schwerlich zu erwarten war. Dieser Zusatz⸗Artikel war eine Feinheit der Englischen Di⸗ plomatie, denn das Volk ahnte dabei nichts Boͤses, und so glaubte Dorrego demselben ohne Gefahr fuͤr sich seine Zustim⸗ mung geben zu koͤnnen. Zum Ungluͤck fuͤr den Englischen Di⸗ plomaten und fuͤr Dorrego hat Rivadavia waͤhrend der 18 Mo⸗ nate, die er als Praͤstdent das Ruder fuͤhrte, Gelegenheit ge⸗ habt, sich in den kuͤnstlichen Gaͤngen der Englischen Politik ein wenig umzusehen, und so blieb wohl der Masse (nicht aber Rivadavia) der wahre Zweck des Zusatz⸗Artikels ein Ge⸗ heimniß, bis endlich auch dem Volke durch Rivadavia die Augen geoͤffnet und ihm bewiesen wurde, wie theuer die Freundschaftsdienste des Englischen Friedensvermittlers zu stehen kaͤmen. — Buenos⸗Ayres hat bekanntlich in einem neunjaͤhrigen Kampfe gegen das Mutterland sehr große Sum⸗ men geopfert, um sich und den uͤbrigen Provinzen am La Pla⸗ tastrome die Unabhäͤngigkeit zu verschaffen. Der eben been⸗ digte dreijährige Krieg gegen den Kaiserlichen Nachbar ist ausschließlich auf Kosten der Provinz Buenos⸗Ayres gefuͤhrt worden, die uͤbrigen Provinzen haben nicht einen Heller dazu
ruͤhmlichen Friedens vollkommen gleichen Theil haben. Nie wird Buenos⸗Ayres von den uͤbrigen Provinzen den gering⸗ sten directen Ersatz fuͤr alle bedeutenden, dem gemeinen Besten gebrachten Opfer erhalten; indirecte wuͤrde sich dieses mit der Zeit ausgeglichen haben, wenn die inneren Provinzen wie bisher sich des directen Verkehrs mit der uͤbrigen Welt enthalten, ihre Produkte auf den Markt von Buenos⸗Ayres zum Verkauf oder Umtausch gegen Europaͤische Fabrikate gebracht, und dadurch der Stadt Buenos⸗Ayres eine erhoͤhte Zoll⸗Einnahme gewaͤhrt haͤtten. Die Zoll⸗Einnahme betrug bisher drei Millionen Pia⸗ ster jaͤhrlich, und man kann annehnen, daß zwei Drittheile dieser Einnahme aus dem Verkehr der inneren Provinzen entsprangen. Hoͤrt dieser Verkehr auf, nehmen die inneren Provinzen di⸗ recten Ancheil am Welthandel, so verliert Buenos⸗Ayres we⸗ nigstens 2 Millionen Piaster jaͤhrliche Zoll⸗Einnahme, und diese 2 Millionen wuͤrden ganz in die Tasche der Englaͤnder fallen, da sie bei freier Schifffahrt stromaufwarts den Zoll von Buenos⸗Ayres ganz umgingen. Buenos⸗Ayres, das im Begriffe stand, sich zu einem bedeutenden Seeplatze zu erhe⸗ ben, wuͤrde nicht allein in sein voriges Nichts zuruͤckfallen, sondern es wuͤrde nach dem Verluste seines Handels durchaus unfaͤhig seyn, die auf seiner Provinz haftenden 30 Millionen Piaster Schulden je zu bezahlen; ein Staats⸗Bankerott waͤre unvermeidlich. — Daß die freie Befahrung des Platastroms fuͤr die Englaͤnder von außerordentlichem Rutzen seyn wuͤrde, ist unlaͤugbar, und man kann es der Englischen Regierung, genau betrachtet, nicht verargen, daß sie ihren Unterthanen diese Vortheile zuwenden wollte. Aber wer wird nach obiger Auseinandersetzung einen Augenblick anstehen, den erschossenen Gouverneur Dorrego eines ausgezeichneten Verraths an den theuersten Interessen des Landes zu beschuldigen, das noch zutrauensvoll diese Interessen in seine Haͤnde gelegt hatte; wer wird einen Augenblick zweifeln, daß jener Zusatz⸗Artikel der, wenn er zur Vollziehung gelangte, den Ruin von Buenos⸗ 8 yyres vollenden wuͤrde) Dorrego's Bestaͤtigung nur in Folge eeiner großen Bestechung erhalten konnte? — Daß General Lavalle also durch die am 1. Dec. v. J. vollbrachte Revolu⸗ tion den Englaͤndern einen unangenehmen Streich gespielt, ist außer Zweifel, da man voraussieht, daß die jetzt am Ru⸗ der befindliche Parthei den erwaͤhnten Zusatz⸗Artikel nie in Ausfuͤhrung kommen lassen wird. Die ganze dreijährige An⸗ strengung des Englischen Gesandten, Lords Ponsomby, die bedeu⸗ renden Kosten dieser außerordentlichen Gesandtschaft, und alle an Dcoorrego und seine Kreaturen verschwendeten Bestechungen sind
nun verloren, so wie alle Vortheile, welche sich das lische Cabinet durch seine Einmischung in bie Haͤndel zwischen Brasi⸗ lien und der Republik verschafft zu haben glaubte. Kein
Wunder, daß die Englischen Zeitungen ihrem Verdruß durch lleidenschaftliche Angriffe auf General Lavalle und die von lihm veranstaltete Revolution Luft machen! Es muß allerdings schmerzen, einen errungenen bedeutenden Vortheil, dessen man sschon gewiß zu seyn glaubte, so schnell und so unerwartet veerloren zu sehen 1 — Vor einiger Zeit erschien in London eine, wie der Cou⸗ rier sie nennt, vortrefflich gefaßte Schrift uͤber die Verhaͤlt⸗ nissse des ehemals Spanischen Suͤd⸗Amerika; dem genann⸗ en Englischen Blartte zufolge, beschaͤftigt sich die DBritische Regierung mit dem Gegenstande der⸗ s selben, der zunaͤchst die feindselige Politis der Vereinigten Staaten in ihrer Verfahrungsweise gegen die neuen Repu⸗ bliken nachzuweisen sucht, alsdann aber deutlich macht, daß Sppanien keine Besugniß mehr habe, den Engländern, oder
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beigetragen, ob sie gleich an allen Vortheilen des errungenen
Spanisch⸗Amerikanische Angelegenheit nachweisen ließe? —
gen hoͤrten auch sogleich auf. Columbien und Mexiko fuͤhl⸗
anderen Nationen, die nach Suͤd⸗Amerika Handel s einen Zwang aufzulegen, der sich durch keinerlei einleuchtende Gruͤnde rechtfertigen lasse.
In Bezug auf den letztern Punkt aͤußert sich die Schrift, nach den Auszuͤgen, die der Courier davon giebt, folgen⸗ 7 dermaaßen: „Bleibt nicht noch in Europa viel fuͤr uns zu thun uͤbrig? Muͤssen wir hier nicht noch einen Schritt thun, der uns weiter bringt, als wir bisher gekommen sind? Wie lange noch sollen die gesetzlichen Unternehmungen unseres Handels durch raͤuberische Kaper, welche bald die Flagge Spaniens, bald die einer Suͤd⸗Amerikanischen Republik tra⸗ 8 behelligt und unterbrochen werden? Wie lange noch oll das Verzeichniß von Seeraͤubereien, die bereits seit eini⸗ gen Jahren und auch jetzt noch durch fortwaͤhrend wieder⸗, kehrende Faͤlle Aerger und Abscheu in uns erregen, fortge. setzt werden? Sollen alle diese Uebel noch eine Reihe von Jahren dauern, blos weil der Spanische Hof es nicht für angemessen haͤlt, eine Thatsache anzuerkennen, die im Angesichte der Welt als unwiderleglich dasteht, und weil er einen Seekrieg nicht aufgeben will, unter dessen Schutz uns und vielen anderen Nationen jene Beeinträͤchti⸗ gungen auferlegt werden?*) Lasset uns Frankreich, Deutsch⸗ land, die Niederlande auffordern, lauter Staaten, die, eben so wie wir selbst, dabei interessirt sind, an Spanien zu sagen: „„Ein solcher Stand der Dinge kann nicht fortdauern. Ihr habt kein Recht, uns, um eines, Euch selber nicht recht deutlichen Zweckes willen, zu beeintraͤchtigen. Sprecht Ihr etwa davon, Mexiko, Columbien, Buenos⸗Ayres, Chili und Peru wieder zu er⸗ halten? Wenn Ihr, da Ihr noch im unbestrittenen Besitze aller dieser Staaten Euch befandet, nicht im Stande waret, sie Euch zu bewahren, wie und durch welchen Zauber wollt Ihr jetzt, da Ihr nicht mehr einen Zoll breit Landes dort besitzt, wieder dazu gelangen? Ein und zwanzig Jahre hat der Kampf nun gedauert, der einen solchen &rsals hatte. Daß jene Staaten aber wirklich unabhaäͤngig sind, wird auch in einem nicht noch mehr erwiesen seyn koͤnnen, als es setzt schon ist. Soll dem gesunden Menschen⸗Ver⸗“, stande in Europa noch einmal so getrotzt werden, wie zu je⸗ ner Zeit, da man 67 Jahre lang die Niederlande nicht an- erkannte? Sollen unsere Unterthauen noch länger in ihren friedfertigen Unternehmungen durch Gewaltsamkeiten auf der
ten See, blos einem unerklaͤrlichen Eigensinne zu Gefal⸗ len, beeinträͤchtigt werden 277 — Was w rde wohl Un⸗ angemessenes darin liegen, wenn England, Frankreich, die Niederlande und Deutschland eine solche Sprache gegen Spa- nien fuͤhrten? Giebt es irgend etwas in der Griechisch⸗Tür⸗ kischen Sache, das sich nicht ganz eben so, und zwar mit einem noch groͤßeren Rechte, auf unser Einschreiten in die
Wird Spanien vielleicht sagen, daß unser Raisonnement nur ein einseitiges, daß unsere Humanität voll von Sympathie. gegen seine ehemaligen Colonteen, kalt aber gegen Spanien selber sey? Gewiß, das wird es nicht! Denn was thaten wir, als wir vor ungefaͤhr zwei Jahren erfuhren, daß Me⸗ riko und Columbien sich anschickten, einen Angriff auf Cuba und Porto⸗Rico zu machen, und daß ein Geschwader zu die⸗ sem Behufe in den Häͤfen Columbiens bereit liege? Wir sagten diesen Staaten: „„Es ist dies ein Unterneh⸗ men, das Großbritanien nicht gleichguͤltig mit ansehen kann. Wir koͤnnen unsere Augen nicht gegen die moͤg⸗ lichen Folgen eines Krieges in den Westindischen Gewaäͤssern verschließen, der zwar Anfangs nur uͤber Spanien einerseits und üͤber Mexiko mit Columbien andererseits sich erstrecken, leicht aber in einen solchen Krieg sich endigen d te, vor dem das menschliche Gefuͤhl zuruͤckschaudert, naͤmlich in einen vollstaͤndigen Vernichtungs⸗Krieg zweier verschiedenen Völker. Wenn daher Mexiko und Columbien die Freundschaft Groß⸗ britaniens sich zu erhalten wuͤnschen, so muͤssen diese feind⸗ seligen Rüstungen eingestellt werden.“%— Und die Ruͤstun⸗
ten es, was sie einer Vorstellung von solcher Kraft und sol⸗ chem Charakter schuldig seyen, und standen keinen Augen⸗ blick an, nachzugehen. Jeder Versuch, der bis dahin gemacht worden war, wurde sogleich ganz und gar aufgegeben.“
*) In dem Verf⸗ Svaniens zeigt sich bei dieser Gelegen⸗ heit h. durchaus ni begreffüche Lbe oenes. denn wechend es auf der einen Seite jede Art von Feindseligkeiten forrdauermn läͤßt und bestaͤndig mit ciner Invaston von Cuba aus droht, hat es doch innerhalb der letzten 12 Monate einen Königl. Befebl er⸗ gehen lassen, wodurch die Einfuhr aller Produfte seiner ehemall⸗ gen Colonicen auf neutralen Schiffen in Spanische cstat⸗ tet wird. Anmerk. der En