1829 / 219 p. 4 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

der Ankunft des Botschafters (ziemlich gut) und der Zug be⸗ wegte sich in gerader Richtung nach dem großen, offenen Zelte, unter welchem der Kaimakan⸗Pascha im versammelten Divan den Botschafter empfing. Die Englischen Trup⸗ pen stellten sich vor dem Zelte auf. Der Botschafter setzte sich zur Rechten des Kaimakan⸗Pascha, hielt seine Anrede, worauf dieser antwortete, und nachdem das Gespraͤch eine Weile gedauert, ward das gebraͤuchliche Diner servirt, und zwar auf kleinen runden goldenen und silbernen Tischen. Der Botschafter speiste mit dem Kaimakan⸗Pascha an einem, der Botschafts⸗Secretair mit dem Seraskier⸗Pascha ggaan einem anderen Tische, und an 3 4 anderen waren die übrigen Cavaliere der Botschaft vertheilt, doch so, daß an jedem Tische ein hoher Beamter der Pforte die Honneurs machte, und ein Dragoman stehend die Unterhaltung uͤber⸗ trug. Es gewaͤhrte einen ganf eigenen Anblick, hier Eu⸗ ropäer, der Tuͤrkischen Sitte folgend, mit den Fingern die Speisen zerstuͤckeln und zum Munde fuͤhren zu sehen. Wäͤßtend des Diners verkuͤndete ploͤtzlich der Donner ddeer Geschuͤtze von der Tuͤrkischen Flotte und den auf den Anhohen umher aufgestellten Batterieen die Ankunft des SQultans. Er hatte bei seinem Landhause in Therapia eine Buarke bestiegen, und landete in diesem Augenblicke an der Wiese. Alles stroͤmte ihm entgegen, er bestieg ein reich ge⸗ schmuͤcktes Pferd, und begab sich unter einer, von Tuͤrkischen Musik⸗Choͤren ausgefuͤhrten rauschenden Musik nach dem un⸗ ter der Platane errichteren Zelte. Die Truppen praͤsentir⸗ ten, und begruͤßten ihn mit dem lauten Zuruf: „Padischah Pin⸗Ja⸗scher” („tausend Jahre lebe der Sultan). Die ihn umgebende Leibwache war ganz im neuen Militair⸗Co⸗ stuͤme, und hatte von der alten hoͤchst originellen Tracht nichts behalten, als die ungeheuren faͤcherartigen Federbuͤsche. Die Haltung des Sultans zu Pferde war ernst und mäͤnnlich. 8 Nachdem etwa 40 50 Schuͤsseln im Zelte des Kaima⸗ kan⸗Pascha servirt, und darauf die gewoͤhnlichen Raͤucherun⸗ gen und Besprengung mit Rosenwasser geschehen waren, ward der Gesandte nebst seinem Gefolge in das Zelt des Reis⸗Efendi⸗ gefuͤhrt, wo alle vor dem Sultan erscheinenden Personen mit dden die Stelle der fruͤheren Ehren⸗Pelze jetzt vertretenden Maͤnteln nach Spanischem Schnitt, wie sie jetzt im ganzen Reiche einge⸗

sührt sod, beklai rother, und die der ersonen von gelber und roͤth⸗

rigen

licher Farbe, und in diesem Costuͤme begaben sich alle in das

s‚sgelt des Sultans. Die fruͤhere Sitte, daß jede vor dem SGultan erscheinende Person durch zwei Kammerherren ge⸗ fsfͤäuͤhrt werden mußte, ward diesmal dahin geaͤndert, daß die Adjutanten des Sultans diesen Dienst verrichteten, und, was

aalbs eine unerhoͤrte Neuerung angesehen werden muß, ist der

1 Umstand, daß der Botschafter sowohl, als sein Gefolge, ihre

Waffen nicht abgelegt haben, wiewohl bekanntlich bisher noch nie ein Gesandter offenbar bewaffnet vor dem Großherrn er⸗ sccheinen durfte. Nicht weniger bemerkenswerth ist die Er⸗ lanubniß, welche Herr R. Gordon erlangte, sich durch Englische Truppen begleiten zu lassen, eine Verguͤnstigung, wovon nur ein Beispiel bekannt ist. 8 3 Die Audienz dauerte nicht sehr lange, der Botschafter besgab sich nach Beendigung derselben wieder in das Zelt des Kajimakan, wo er ein reich geschmuͤcktes Pferd als Geschenk sddes Sultans fand, und der Sultan selbst begab sich unmit⸗ 1 —— darauf wieder zu Wasser nach Therapia. Seine Ruͤck⸗ ZI

Auf dem Lande der laͤrmende Gruß der Truppen, die rau⸗ schende Musik, und von der Seeseite her der alles uͤbertäu⸗ bende Donner der Geschuͤtze; Alles dies schmolz in ein wildes . , 2 se Barke des b 2 ie ein Pfeil uͤber die Wasserflaͤche hinflog. . Bald huͤllte der Pulverdampf die ganze ecen Nebel, so daß man weder die Schiffe 2* das Blitzen * der Kanonen sah, sondern den Donner einer Gewitterwolke a u vernehmen glaubte, die auf dem Wasserspiegel lag, und ber der hier und dort die bunten Wimpel der festlich ge⸗ schmuͤckten Masten, wie in freier Luft schwebend, hervor⸗ reoagten. Entblich schwieg der Donner der Geschuͤtze, der Dampf verzog sich, die kolossalen Koͤrper der Linienschiffe und Frregatten erschienen wieder in ihren imposanten For⸗ men, die gruͤnen Ufer Astens tauchten wieder auf, und der 1 Bosporus wimmelte wieder, wie vorher, von tausend glän⸗ zzenden Barken, die, die zuschauer in ihre Heimath zuruͤcktra⸗ geend, wie lichte Strahlen uͤber die ache eeee Um . voruͤber. 2 Z“ Eine besondete Erwaͤhnung verdienen DöOPrdnung und Ruhe, welche 84 allen ein 2* ng. * Feierlichkeit herrschten, und besonders die Höficheenr und Maͤßi⸗

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8 =. war wo moͤglich noch glaͤnzender, als seine Ankunft.

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gung, mit welcher die zur Erhaltung der Ordnung aufgestell⸗ ten Tuͤrkischen Soldaten und Civil⸗Beamten ihre Pflicht, namentlich gegen Franken, erfuͤllten. Es ging so weit, daß die Soldaten, welche mit großer Anstrengung fuͤr ihre in der brennenden Sonnenhitze aufgestellten Kameraden Wasser in ledernen Schlaͤuchen herbei schleppten, ihre Vorraͤthe den umstehenden Franken willig mittheilten, und durch deren Un⸗ genuͤgsamkeit selbst zu kurz kamen, ohne auch nur einen Blick der Unzufriedenheit sich zu erlauben.

Das Geschenk, welches der Hr. R. Gordon dem Groß⸗ herrn darbrachte, bestand in einer Agraffe von Diamanten, von hohem Werthe.

Die Allgemeine Zeitung enthaͤlt Folgendes:

„Semlin, 20. Juli. Die Nachrichten vom Kriegs⸗ Schauplatze lauten fuͤr die Tuͤrken nicht scsr erfreulich, und die Behoͤrden zu Belgrad zeigen große Besorgniß. Die Rus⸗ sische Armee findet keine anderen als Natur⸗Hindernisse mehr, um uͤber den Balkan zu gehen, und sie scheint diese bereits uͤberwunden zu haben, da, nach Handels⸗Briefen aus So⸗ phia, am 12ten d. leichte Russische Truppen bei Sagara auf der Straße von Idos nach Burgas und bei Karnabat ge⸗ sehen worden sind. Hussein Pascha, der bei Burgas mit 60,000 Mann steht, soll auf diese Nachricht alle zu seiner

Verfuͤgung gestellten Truppen an sich gczoßen⸗ aber nichts eegen den Feind unternommen haben, weil allen Tuͤrkischen

efehlshabern nach dem ungluͤcklichen Gefechte vom 11. Juni eingeschaͤrft worden ist, sich auf zweifelhafte Erfolge hin nicht in Wagnisse einzulassen und sich in der Defensive zu halten. Die Nachrichten aus Konstantinopel sind auch nicht befriedi⸗ gend, und aͤußern Besorgnisse fuͤr die Ruhe der Hauptstadt; der Partheigeist, der groͤßte Feind des Sultans, wird unter

den jetzigen Umstaͤnden wieder rege, und so viele Muͤhe sich

auch die Regierung giebt, den Gang der Ereignisse verbor⸗ gen zu halten, so finden die Mißvergnuͤgten doch Mittel⸗ sich zu unterrichten und das Publikum von Allem in Kennte⸗ niß zu erhalten. Der Sultan e wirklich in einer miß⸗ lichen Lage zu seyn und seine Charakter⸗Staͤrke verdient Ach⸗ tung. Freilich kommt ihm die Anwesenheit der Botschafter von England und Frankreich trefflich zu statten, um sein Ber tragen in der letzten Periode in den Augen der Moslims ge⸗ In fehen, und von Harssmikteln zu sprechen, die er in der Englischen Marine finden werde, sobald seine Kraͤfte der Russischen Uebermacht unterliegen sollten. Er glaubt, daß die Pforte zur Aufrechthaltung des Europaͤschen Gleichgewichts einen Grundpfeiler darbietet, den man nicht schwaͤchen koͤnnen ohne diesem den Untergang zu bereiten, und laͤßt es mithin aufs Aeußerste ankommen. Das Erscheinen Russischer Truppem in der Nähe von Konstantinopel (es scheint, daß der Russische Ober⸗General im Sinne hat, der Russischen Garnison von Sisi⸗ polis die Hand zu bieten) moͤchte ihn doch in Verlegenheit setzen, und ihm die Ueberzeugung geben, wie wenig man auf fremdet Beistand rechnen kann. Der Persische Gesandte, welcher fruͤhet auch nach London reisen wollte, hat seit Ankunft des Englischet Botschafters seinen Plan geaͤndert. Er wird in Kurzem nach Teheran zuruͤckkehren, wo man noch immer mit Angst an die socher denkt, welche die graͤßliche an der Russischen Gesandt⸗ chaft veruͤbte That nach sich ziehen koͤnnte. Man erzaͤhlt sich⸗ daß nach diesem ungluͤcklichen Exeignisse zwei Englander die ersten Europaͤischen Reisenden waren, die in Teheran gesehen wurden. Sie erhielten alle erdenklichen Hee Frhas

und eine Deputation der Stadt verfuͤgte sich zu ihnen, um uͤber das Vorgefallene Aufklärung zu geben, und so viel als möoͤglich das des Volks zu entschuldigen, welches uͤberhaupt einen großen Werth auf die Freundschaft der Eng⸗ länder setzt.“ Der Courrier de Smyrne enthaͤlt folgende älterk Nachrichten aus Konstantinopel, vom 9. und 10. Junts „Die seit einiger Zeit verbreitete Nachricht von der Freht lassung einer bestimmten Anzahl von Russischen Gefangenen hat sich endlich bestaͤtigt. Die Gefangenen, welche zwei Taßt porher von der Insel Halki nach der Kaserne des Arsenals eebracht worden waren, um mit dem ersten Südwinde 49 ord gehen zu koͤnnen, wurden am 3isten v. M. auf einem Oesterreichischen und einem Sardinischen Fahrzeuge einge“ schifft; es waren 6 Officiere und 100 Soldaten. Die fret⸗ gelassenen Officiere sind der Masor Matztenkewitz, der Haupt⸗ mann Ignatieff und die Lieutenants Doctoroff, Batschinskye Rostepzoff und Milorandowich. Die Diplomatie hat an die⸗ ser Freilassung keinen Antheil; diese ist allein ein Resultat des Interesses, welches die Gefangenen einer Türkischen Mi⸗ litair⸗Person einfloͤßten, welche diese Gunst vom Großherrn erbeten hatte. Man versichert, daß in dem daruͤber lauten

1 Beilage