1829 / 231 p. 4 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

bis drei Tagen werde er sein Hoͤtel verlassen und mit seiner Familie nach Haͤvre abreisen.

Das Journal des Dobats erzaͤhlt auch folgende Tagesneuigkeiten: „Gestern machte Hr. Royer⸗Collard dem Hrn. v. Belleyme einen Besuch. Ueber 200 Personen fuͤll⸗ ten gestern den Salon des Baron Hyde de Neuville, und huldigten dadurch einem Minister, den die Achtung und das Bedauern aller derer begleiten, welche Treue und Ergeben⸗ heit gegen den Koͤnig und die oͤffentlichen Freiheiten zu schaͤtzen wissen. Man spricht von der Wieder⸗Einrichtung des schwarzen Cabinets und von der Entlassung des Gene⸗ ral⸗Post⸗Direktors v. Villeneuve.“ 1

Unter der Aufschrift: „Ueber die Koͤnigl. Praͤrogative und uͤber die Journale der Revolution“ sagt die Gazette de France uͤnter Anderm: „Die Angriffe auf die Acte der Minister sind eins der Vorrechte der Privilegien dder Presse, und nie werden wir uns gegen ein Recht erhe⸗ ben, welches wir selbst im Interesse des Koͤnigthums geuͤbt

haben. Aber nichts ist unconstitutionneller, als die Angriffe gegen Ernennungen, welche vom Koͤnige herruͤhren; denn die Wahl der Minister ist eine der Praͤrogativen der hoͤchsten Gewalt, und wenn man sagt, daß Frankreich die gewaͤhlten Mäͤnner nicht wolle, so heißt das eben so viel, als dem Koͤ⸗ nige das Recht der Ernennung absprechen und es dem Volke beilegen. Frankreich besteht nicht in 2 bis 3 Journalen, und es ist nicht noͤthig, daß man ihnen gefalle, um Minister von Frankreich zu seyn. Wartet die Thatsachen, wartet die Handlungen ab. Wenn ihr das Koͤnigthum ehrt, so laßt es bei eueren Debatten aus dem Spiele. Die Minister werden selbst der Strenge eures Urtheils die Plaͤne darbie⸗ ten, welche sie fuͤr die Wohlfahrt des Landes entworfen ha⸗ ben. Bis dahin sind euere Anklagen nur der Ausdruck per⸗ soͤnlichen Hasses.“ 1

Das Journal des Deobats sagt: „Frankreich er⸗ schrickt vor dem neuen Ministerium, und seine Besorgnisse sind gerecht. Wahrlich, es waͤre zum Verzweifeln, wenn in dem Uebermaaße unsers Ungluͤcks nicht ein Gedanke uns troͤstete, naͤmlich, daß ein solches Ministerium kein Jahr lang bestehen kann. Die Vorsehung, welche, wenn wir Karl V. glauben sollen, stets unser Land regierte, hat uns auch dies⸗ mal nicht vergessen. Man sehe nur, unter welchen truͤben Vorbedeutungen diese Maͤnner zur Gewalt gelangen. In ihrer Hast zu regieren haben sie sich nicht einmal Zeit ge⸗ nommen, sich zu sammeln, und sich uͤber das, was sie thun wollen, zu verabreden. Ihre Telegraphen wandern von Tou⸗ lon nach Freiburg, von Freiburg nach Toulouse, um Colle⸗ gen für sie zu suchen, bringen aber vielleicht nur abschlaͤgige

utworten zuruͤck. Wenn man sie selbst sprechen hoͤrt, so sind Tausende von Dienern des Koͤnigs bereit, sie mit ih⸗ ren Talenten und ihrem Eifer zu unterstuͤtzen, und dennoch koͤnnen sie jetzt nicht einmal einen Polizei⸗Praͤfekten finden; ihr tolz beugt sich vor der Popularitaͤt des

DOrn, von Belleyme; sie bitten ihn um einen Monat, eine

oche, ja um einen Tag, um einen Namen unter sich zu haben, den man in Frankreich liebt. Die Grundsaͤtze, nach welchen sie regieren werden, sind, so sagen sie, die aller Fran⸗ zosen, welche die Sicherheit des Thrones und das Gluͤck des Landes wollen, und dennoch wagen sie es nicht, diese Grund⸗ saͤtze auszusprechen. Der Moniteur schweigt noch immer. Wem waäͤre dieses Stillschweigen der Verlegenheit wohl un⸗ verstaͤndlich? Alles wird ihnen zu einem Hinderniß; sie wis⸗ sen, daß uͤberall, wo tausend Menschen versammelt sind, auch tausend Stimmen sich gegen sie erheben. Sie wissen es und schwanken zwischen Kraft, die sich gegen sie selbst wenden, und zwischen Schwaͤche, die sie in den Augen ihrer Parthei herabsetzen wuͤrde. Dennoch werden sie sich einige Monate halten und sich mit Absetzungen, kleinen Ungerechtigkeiten ꝛc. er⸗ goͤtzen koͤnnen. Aber es wird der Tag kommen, wo die Kammern zu⸗ sammen berufen werden muͤssen. Was werden sie dann thun? Die Kammer von 1827 aufloͤsen, die Wahl⸗Collegien zusammen⸗ berufen und an das Urtheil des Landes appelliren? Die Wahlverfaͤlschung ist jetzt nicht leicht moͤglich, der den Waͤh⸗ lern zustehende Einspruch und die Wachsamkeit der Gerichts⸗ hoͤfe sind zu große Hindernisse; aber selbst dann, wenn man die Wahlen verfälschen koͤnnte, wuͤrde es sich ergeben, daß die Minister nicht 60 Stimmen fuͤr sich haͤtten. Das wis⸗ sen sie selbst sehr wohl. Sie sind also gezwungen, vor der jetzigen Kammer zu erscheinen, und wodurch wollen die Or⸗ gane dieses Ministeriums uns glauben machen, daß es in der Kammer eine Majoritaͤt sinden wuͤrde? Wie? die De⸗ putirten, welche aus einem uͤbel verstandenen Geiste der Frei⸗ heit in diesem Jahre das Municipal⸗Gesetz verworfen haben, sollten im naͤchsten das Wahlgesetz umaͤndern und die facal⸗

Hr. v. Belleyme, auf seine Abdankung beharre. In zwei

Srr 8

tative Censur wieder herstellen? Die Kammer, welche das Villélesche Ministerium gestuͤrzt hat, sollte das jetzige billigen? Auch fehlt es ihm an tuͤchtigen Rednern, und wir kennen nur eine Art der Discussion, in welche das neue Ministerium sich mit Ehren einlassen kann, naͤmlich die uͤber das Militair⸗Strafgesetzbuch und zwar uͤber das Kapitel von der Desertion zum Feinde. Es giebt 8 unter unsern neuen Ministern Leute, die diese Materie aus dem Grunde kennen; aber ein Blick des General Gsrard— wird seine Beredsamkeit ausuͤben.“

Die Professoren der hiesigen Universität begeben sich heute in Masse nach Auteuil, wohin sich Herr v. Vatis⸗ ménil zuruͤckgezogen hat, um ihm aufs Neue ihre Achtung und ihr Bedauern zu erkennen zu geben. ,

Mehrere Blaͤtter nennen den Praͤfekten des Departer,. ments des Nieder⸗Rheins, Hrn. Esmangard, als wahrscheir⸗: lichen Nachfolger des Hrn. v. Besleyme.

Hr. Rives, Chef des Personals des Justiz⸗ Ministeriums unter Hrn. v. Peyronnet, ist zum Chef der Poltzei⸗Abthei⸗ lung im Ministerium des Innern ernannt worden.

Das Departements⸗Wahl⸗Collegium der Iséere hat, an die Stelle des verstorbenen Hrn. v. Chenevas, Hrn. Planelli de mit 123 unter 210 Stimmen zum Deputirten

ewaͤhlt.

8 Die Spanische Bayonner Zeitung vom 7. d. M. mel⸗ det, daß die Stadt Vera⸗Cruz am 7. Mai gaͤnzlich ausge⸗ pluͤndert worden sey. Die hiesigen Blaͤtter widersprechen dieser Nachricht, indem Briefe aus Mexiko bis zum 18. Juni derselben mit keiner Sylbe erwaͤhnten. 11

8 Großbritanien und Irland. London, 14. Aug. Der Geburtstag des Koͤnigs wurde am 12 d., an welchem Tage Se. Maj. Ihr 67stes Jahr 4 vollendet haben, feierlich begangen. In Windsor machten der Herzog und die Herzogin von Clarence, der Herzog und die Herzogin von Cumberland, so wie die uͤbrigen Mitglie— der der Koͤnigl. Familie, ihre Aufwartung, um Se. Maj. ihren Gluͤckwunsch abzustatten. Die Frau Herzogin von Cumberland wurde an diesem Tage dem Koͤnige zum ersten Male vorgestellt. An dem großen Diner, das darauf in Windsor start fand, nahmen sowohl die Mitglieder der Kö⸗ nigl. Familie, als der Herzog von Wellington, Graf von Aberdeen und andere ausgezeichnete Personen Theil. Der Prinz Leopold von Sachsen⸗Koburg reiste gestern von seinem Landsitz Claremont nach Dover, wo Se. Königl. * Hoheit sich nach dem Continent einschiffen will. b- Nach Beendigung des Cabinets⸗Rathes, der gestern statt fand, hatte der Preußische Gesandte eine Zusammenkunft mit dem Grafen von Aberdeen. 8 Der Marquis von Barbacena kam gestern hier an, hatte im I des Tages eine Conferenz mit dem Oesterreichi⸗ schen Botschafter, so wie mit dem Grafen von Aberdeen, und fuhr darauf nach der Residenz der Koͤnigin von Por⸗ tugal in Laleham. l „Dem Vernehmen nach“, heißt es im Courier, „wird Ihre Majestaͤt die Koͤnigin von Portugal am Donnerstage von hier abreisen, um in Plymouth mit der Kaiserin von Brasilien zusammen zu treffen und sich gemeinschaftlich mit ihr nach Rio⸗Janeiro zu begeben. Sehr zahlreich soll das Gefolge der Kalserin seyn; es ist daher noch ein neues Fahr, zeug, das sie nach Brasilien begleiten soll, gemiethet worden. „Man moͤchte uns gern glauben machen“, heißt es im Courier, „daß die bisherigen Minister in Frankreich nicht entlassen wurden, weil uͤberhaupt ihre Maaßregeln, insofern sie die auswaͤrtigen Angelegenheiten betrafen, schlecht waren, sondern weil sie eine zu entschiedene Vorliebe fuͤr Rußland hatten. Selsam ist es, daß eine solche Anschuldigung nie⸗ mals gegen sie vorgebracht wurde, als sie noch im Amte wa- ren und daß ihre Opponenten, lauter Maͤnner, die eben nicht unthaͤtig oder abgeneigt waren, Anklage⸗Gruͤnde gegen sie aufzufinden, doch eine solche Entdecknng nicht eher ge⸗ macht haben, als bis ihr Ministerium aufgeloͤst wor⸗ den. Doch in der That, die ganze Anklage ist nur ein Vorwand, ihre Nachfolger anzugreifen und ein Bemuͤhen, auswärtigen Maͤchte gegen Frankreich mißtrauisch zu machen. Die neuen Minister haben kaum von ihren Portefeuilles Besitz genommen sie haben noch nicht eine einzige Maaß⸗ regel verfuͤgt und doch klagt man sie schon an; man ver⸗ dammt ihre Politik, noch ehe sie Gelegenheit hatten, auch nur einen ganz kleinen Theil derselben zu entwickeln. Welche Vorliebe hatten denn die vorigen Minister fuͤr Ruß⸗ land? Sie fanden einen zwischen Rußland, Frankreich und

2

Beilage