1829 / 270 p. 6 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

1“ Hoffnung, die Erlaubniß zu zu erhalten, eine Hoffnung, in der sie sich, mit wenigen Aus⸗ nahmen, getaͤuscht sahen, obgleich sie die ihnen willkuͤhrlich aufgelegten Taxen bezahlt hatten. Natuͤrlich vermehren sich unnter solchen Umstaͤnden die Kosten, die Waaren verderben, unnd bedeutende Kapitalien liegen unbenutzt, oder gehen verloren. Noch vor Kurzem wurden von Odessa nach dem westlichen Eluropa bestimmte, mit Talg beladene Schiffe in Konstanti⸗ naopel angehalten. Solchergestalt blokiren die Tuͤrken mit der gyroͤßten Strenge die Ein⸗ und Ausfahrt des Schwarzen Mee⸗ rees einem jeden Fahrzeuge, einer jeden Waare, und zwar ge⸗ gen den Buchstaben bestehender Vertraͤge und ohne davon eine vporlaͤufige Anzeige gemacht zu haben. Was ganz Europa da⸗ durch verliert, ist gar nicht zu berechnen; es handelt sich da⸗ bei um Treu und Glauben der Vertraͤge, um die Wuͤrde, um die theuersten Interessen des nämlichen Europa's, und ddennoch hoͤrt man keine Klage, keine Vorstellung gegen diese agbscheuliche und ungesetzliche Tuͤrkische Blokade. 8 Ich uͤberlasse diesen Gegenstand dem Nachdenken gewis⸗ ser Publicisten. Sie werden hoffentlich dabei Stoff zu Be⸗ sschwerden gegen die Tuüͤrkische Blokade finden, wenigstens aber doch of zum Stillschweigen in Betreff der Russi⸗ sscchen, und wenn sie etwas reiflicher nachdenken wollen, wird slsiicch ihnen wahrscheinlich auch noch hinlänglicher Stoff zur 8* Berichtigung ihrer zeitherigen Declamationen darbieten. Wäre ihnen etwa das F Meer der Chane und Turken lie⸗ ber, so wie es vor dem Vertrage von Kainardschi war, wo eeinige elende Horden von Saporoger Kosaken und Tartaren in der Ukraine und an den Kuͤsten hauseten, wo Georgien sogar fuͤr Missionaire unzugaͤnglich und die Kuͤste Abasiens wilder und gefaͤhrlicher war, als die von Guinea? Ich glaube es nicht; denn trotz der verschiedenartigsten Ansichten, der Irrthuͤmer und der Leidenschaften gewisser Geister, behäͤlt die gewoͤhnliche gesunde Vernunft immer die Oberhand, besonders wenn sie allgemein anerkannte und im richtigen Lichte betrachtete Thatsachen vor Augen hat. Ganz gewiß wird Europa das heutige Schwarze Meer vorziehen, das (mit einigen Tuͤrkischen Aus⸗ nahmen) der ganzen Welt offen steht, das in allen Richtun⸗ gen und von allen Nationen mit 1500 Schiffen befahren wird, deren Ladungen als Austauschmittel in Europa und einem Theile Astens dienen, und das hundert Millionen in Umlauf setzt, mit der Aussicht, diesen ohnehin schon bedeutenden Um⸗ satz unter der schaffenden und schuͤtzenden Herrschaft Ruß⸗ lands noch immer zunehmen zu sehen. Es muß Europa und seinen individuellen Interessen zur Genugthuung gereichen, daß ungeheure der Herrschaft der Civilisation und des Han⸗ dels unterworfene Laͤnder, Ackerbau treiben, consumiren, sich bbervoͤlkern, Ankoͤmmlinge aus der Fremde aufnehmen, und diese an den Beguͤnstigungen werdender Gebiete Theil neh⸗ men lassen. Ja, ich wage zu behaupten, daß Europa, sei⸗ nen wahren Vortheil reiflich erwaͤgend, es mit noch gröͤßerer Genugthuung sehen wird, wenn sich dieser Kreis allgemeiner 8 Wohifahrt mehr und mehr ausdehnt, und den der Varbarei, der noch den schoͤnsten Theil der Kuͤsten des Schwarzen Mee⸗ res umschließt, immer weiter zuruͤckdraͤngt. Man stelle sich zum Beispiel nur vor, welche neue Quelle von Wohlfahrt ich fuͤr ganz Europa eroͤffnen wuͤrde, wenn einst die der Alles laͤhmenden Tuͤrkischen Herrschaft entrissen, und es erlaubt seyn wird, freie Schifffahrt von Ulm an bis zur Kuͤste von Trapezunt zu treiben! 8 Auch diese Zeit muß einst kommen; denn die politische Welt wird, einiger Declamationen wegen, nicht von ihren nothwendigen Gesetzen abweichen, und die Russische Nation sich jederzeit Gluͤck zu wuͤnschen haben, daß sie in ihrem In⸗ teresse und in dem mit dem ihrigen auf das innigste verbun⸗ denen Interesse der ganzen Welt rasch vorwaͤts geschritten ist. Am spaͤtesten der Civiltsation theilhaft geworden, ist es ihre Bestimmung, mehr als die irgend einer andern Euro⸗ paͤischen Nation, dieselbe weiter zu verbreiten, und sie folgt dieser Bestimmung mit unerschuͤtterlicher Ausdaner. Allent⸗ healben, wo ihre Eroberungen sie hinfuͤhrten, schuf, civilisirte sie, fuͤhrte ganze Vöͤlker in den Gemeinbund Europa's ein, und von allen Punkten ihrer Eroberungen aus brechen neue DSOtrahlen hervor, die sich von Tage zu Tage zu immer gro⸗ FPeren Lichtmassen vereinigen. 2 Daß dieser oder jener Staat eine Europäische Provinz ecrobere

daß Tyrol Oesterreich oder Baiern gehoͤre, das kann

. Interesse eines oder des andern Staates angemessen seyn; Europa aber im Allgemeinen gewinnt dadurch nichts n oͤkonomischer Hinsicht, da weder erwas Neues geschaffen, noch fuͤt einen Heller mehr consumirt wird. Eine ganz an⸗ dere Sache aber ist es, wenn das von Rußland eroberte wuͤste

und wilde Sibirien sich organisirt und bevölkert; wenn die 8 an 0 brei⸗

Erzengnisse seine; Bergwerke . dur

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und die Weine, die Oele, die getrockneten Fruͤchte des Archipels und eine —— Luxus⸗Gegenstaͤnde Frankreichs und Englands bis nach Irkutzk hin, ihre Consumenten finden; wenn die Ukraine, die Krimm, Bessarabien und die anstoßenden Laͤnder Russisch sind, wenn allen Raͤubereien, Pluͤnderungen, und unauf⸗ hoͤrlichen Kriegen zwischen Kosaken, Tartaren und Polen ein Ziel gesetzt ist, und die unabsehbaren Steppen, die keine Herren, keine Gesetze, keinen Ackerbau, keine Beduͤrfnisse und keine Genuͤsse kannten, sich mit Erzeugnissen, Aerndten und Vieh bedecken*), und die Anstrengungen des Landmanns hundert⸗ fach belohnen. Odessa und hundert andere Stäͤdte stiegen wie durch Zauber aus der Erde empor, und in dem kurzen Zeitraume von 30 Jahren werden Europaͤische Bevöoͤlkerung, Kuͤnste und Lebensgenuͤsse auf die ehemals wilden und un⸗ wirthlichen Ufer des Schwarzen Meeres verpflanzt; Schiffe und Handelsleute stroͤmen von allen Punkten Europa's her⸗ bei, um ihres Vortheils wegen die ihnen neu eroͤffneten Maͤrkte zu benutzen; sie werden dort aufgenommen und be⸗ schuͤtzt, und fuͤr hundert Millionen der verschiedenartigsten Erzeugnisse werden an Orten ausgetauscht, zu denen vor 30 Jahren noch jedem Europaͤer der Zugang versagt war. Kaum ist Georgien den Russischen Waffen unterworfen, so eroͤffnen sich bisher kaum dem Namen nach bekannte Provinzen dem Reiselustigen, der sie mit eben der Sicherheit durchfährt, als irgendwo in Europa, und dem Kaufmanne aller Laänder, der jetzt seine Unternehmungen eben so gut nach Tiflis und Eriwan machen kann, als nach jedem andern Punkt von Europa. Ich koͤnnte noch den indolenten Ostiaken, den umherschweifenden Kalmuͤcken, den wilden Kirgisen und eine Menge anderer Voͤlkerschaften ci⸗ tiren, die durch Rußlands Leitung allmaͤhlig der Herrschaft der Gesetze, dem Ackerbau und folglich der Civilisation ent⸗ gegen gefuͤhrt sind. Ich will kein Lobredner seyn, sondern nur Thatsachen herzaͤhlen. Ich will allenfalls zugeben, daß es Rußlands Lage ist, der es diese gluͤckliche Uebereinstim⸗ mung mit der Zunahme und der Entwickelung seiner eigenen Macht und des allgemeinen Bestens der Menschheit mit seinem eigenen Nutzen und dem augenscheinlichen directen Nutzen von ganz Europa, verdankt; Und dennoch kann man thatsaͤchlich keine andere Schlußsolge ziehen, als daß Ruß⸗ land, die Ursachen und Huͤlfsmittel mögen seyn, welche sie wollen, im Laufe eines halben Jahrhunderts die Schoͤpferin einer ungeheuren Volksmasse war, daß es Civilisation, Acker⸗ bau, Consumtion, Lebensbeduͤrfnisse und Phlellschaftliche Ge⸗ nuͤsse hervorgerufen, und Europa und Asten aufgemuntert 52 an den schon ins Leben getretenen gluͤcklichen Resultaten owohl, als an allen noch bevorstehenden und nicht zu berech⸗ Entwickelungen derselben, unbeschraͤnkten Antheil zu nehmen.

Das sind die mit Thatsachen belegten Folgen der aus⸗ dauernden Anstrengungen Rußlands; das sind, nach dem, was geschehen, zu ürtheilen, seine Plaäne fuͤr die Zukunft. In sich selbst tragen diese die Buͤrgschaft einer allgemeinen Mit⸗ wirkung, so lange als die Liebe fuͤr das Gemeinbeste die nn uͤber kleine Leidenschaften und große Irrthuͤmer ehaͤlt.“

Verzeichniß der Vorlesungen, welche auf der Universitaͤt zu Konigsberg im Winter⸗Halbjahr 18418 gehal⸗ ten werden.

Gottesgelahrtbeit. Die historisch⸗kritische Einleitung in die Buͤcher des Alten Testaments, giebt Prof. Dr. Sieffert, 5 Stunden privatim. Von den 1 enannten Vorbildern des Alten Testaments handelt Derselbe, tunden bffentlich.

Derselbe traͤgt christliche Lehre von der Natur und Bestim⸗ mung des Menschen oͤffentlich 2 Stunden vor. 5

Ln historisch⸗kritische Erklaͤrung der Genesis giebt Prof. Dr. v. Bohlen, 4 Stunden privatim.

Die messianischen Welssagungen des Alten Testaments erklärt Prof. Dr. Rhesa, 2 Stunden privatim.

*) Nach Peyssonel lieferte die Provinz Dubassar, die zu den fruchtbarsten und zu den damals am meisten heyölkerten gehörte, nach Kauschan und seinen Umgebungen jaͤhrlich ohngefahr 8000 Tschetwert Getreide, 300 Pud Talg, 4 bis 5000 Schafe, 3 bis 400 Ochsen, und einige andere unbedeutendere Artikel. Heut Tage, wo die Senh bei weitem geringer ist, verzehrt —2 und exportirt jährlich üher Odessa mehr als 125,000 Tschet⸗ wert Getreide, 50,000 Pud Talg und andere Gegenstaͤnde in dem⸗ selben Verhaͤltnisfe Es giebt jetzt dort Grundbesitzer, von denen einer allein 8 bis 10,000 Tschetwert Getreide jaͤhrlich äͤrndtet, und ein anderer 1500 Ochsen mästet, oder mehr als 15,000 ver⸗ edelte Schafe besiht. 8

1.“

v. 8 * 2. 2 . *