1829 / 272 p. 4 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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sollten? Wir hatten kein Gesetz,

was es war. Unterdruͤcken und Rauben, oder Knecht seyn und dem Herrn gehorchen, das war unsere Weis⸗ heit und unsere Tugend. Jetzt sehen wir zum erstenmal buͤr⸗ gerliche Ordnung und fuͤhlen ihren Schutz. Wir segnen die großmuͤthigen Maͤnner, die uns das christliche Europa schickt, um uns das Recht und die Bildung zu zeigen und die Mit⸗ tel zu lehren, durch welche die Schlechten im Zaume gehalten wurden; aber nun fuͤhlen wir auch, was uns fehlt. Es ist kein Grieche, der nicht wuͤnschte, etwas zu lernen Kennt⸗ nisse oder eine Kunst, wir sind nach Allem begierig, was uns und den Unsrigen nuͤtzen kann.“ Als die drei Knaben ihre Kleider mit der Uniform der Koͤniglichen Cadetten ver⸗ tauschten, sagte er: „Werft den Kram von Euch, er ist Tuͤr⸗ kisch oder erinnert doch an die Tuͤrken; aber zieht mit den Kleidern auch Europaͤische Gesinnungen an, solche naͤmlich, wie der Koͤnig hat, Euer Wohlthaͤter.“ Auch der Fuͤrst der Wallachei, Ghyka, hat drei seiner Soͤhne mit ihrem Er⸗ zieher hierher geschickt, von denen die zwei juͤngsten, Knaben von 13 und 14 Jahren, ebenfalls in das Cabetten⸗Corps eingetreten sind, wo mit ihnen zwei Soͤhne des Bojaren Cholesko, des wahrscheinlichen Nachfolgers vom Fuͤrsten Ghyka, erzogen werden, um einst zur Bildung der National⸗

v ihrer Heimath beizutragen. ayreuth, 24. Sept. Auf der Ruͤckreise von Berch⸗ tesgaden und Wien nach Bieberich trafen gestern Abend, uͤber rag und Reuß⸗Schleitz kommend, Se. Hochfuͤrstliche Durch⸗ aucht der regierende Herr Herzeg Wilhelm von Nassau nebst Gefolge in unserer Stadt ein, uͤbernachtete im Gasthofe zum ünen Anker, und setzte heute Morgen die Reise uͤber Bam⸗

erg und Wuͤrzburg weiter fort.

Heidelberg, 22. September. In der bereits erwaͤhn⸗ ten dritten oͤffentlichen Sitzung deutscher Naturforscher und 2 verlas der zweite diesjaͤhrige Geschaͤftsfuͤhrer, Geh. Hofrath Gmelin, ein, vom Baron von Ferussac im Namen er Societé anonyme du bulletin universel zu Paris an die Versammlung gerichtetes Schreiben, eine Eimladung zur Theilnahme der genannten Gesellschaft betreffend. Man be⸗ schloß die Ernennung eines Ausschusses zur Pruͤfung der da⸗ rin enthaltenen Vorschlaͤge. Hofrath Oken erstattete Bericht uͤber die zur Ausgabe des Plinius gemachte Vorarbeit, na⸗ mentlich was die Vergleichung der Codices in Italien, Spanien, Frankreich und England betrifft. Hofrath Wuche⸗ rer aus Karlsruhe theilte Bemerkungen mit, uͤber die Cassi⸗ nische Mittagslinie im Marmorsaale des Großherzoglichen Residenz⸗Schlosses zu Karlsruhe angestellt, so wie uͤber die dermalige Abweichung der Magnetnadel und uͤber die Ir des Karlsruher Sekunden⸗Pendels. In der Section fuͤr Mineralogie und Geognosie zeigte Professor Leuckart Abbil⸗ dungen der Schaale von Aspergillum vor, und bemerkte, daß nach der Organisatien des Thieres dasselbe wirklich zu den Acepha⸗ len klassificirt werden muͤsse. Pfarrer Wilhelmi von Sinsheim lud die Mitglieder ein, die in einem der Museums⸗Zimmer aufge⸗ stellten Alt⸗Germanischen Ueberreste aus den Grabhuͤgeln bei Sinsheim in Augenschein zu nehmen. rof. Ferd. Gmelin aus Tuͤbingen zeigte ein Wollastonsches Reflexions⸗Goniome⸗ ter mit mehreren von ihm angebrachten Verbesserungen vor. Dr. Beckmann aus Goͤttingen sprach uͤber ein neues Mine⸗ ral aus dem Zillerthale. Dr. Rud. Wagner aus Erlangen zeigte ein Bruchstuͤck von einem Truͤmmer⸗Gestein aus der Gailenreuther Höͤhle vor, den Beweis bietend, daß Baͤren und Nagotthiere jene Grotte gleichzeitig bewohnt haben. Hö⸗ ninghaus aus Krefeld legte Exemplare des bis jetzt meist als Rhein⸗Geschiebe gefundenen Coniatites sphaericus vor, und bewies, daß derselbe urspruͤnglich im Uebergangskalk von Vi⸗ set vorkomme. Prof. Goldsuß zeigte ein Exemplar einer vielleicht neuen Pterodactylus⸗Art von Sohlenhofen vor, und sprach daruͤber, wie manche Tentaculiten von Poteriocri⸗ niten⸗Huͤlfsarmen herruͤhren duͤrften. Dr. Klipstein aus Darmstadt hielt einen Vortrag uͤber die geognostische . heit des Odenwaldes. In der Phvysikalisch⸗chemischen Sec⸗ tion trug Dr. von Holger aus Wien einige Bemerkungen uͤber Ger⸗ bestoff vor, Hofrath Brandes theilte die Resultate einer chemischen

ntersuchung der Cocosnuß mit. In der Section fuͤr Botanik las Dr. Schimper uͤber die Gesetze des Blattstan⸗ es. Dr. Gaͤrtner aus Calw trug Bemerkungen vor uͤber Bastardpflanzen, wobei derselbe seine Abbildungen uͤber die⸗ sen Gegenstand und getrocknete Exemplare von Pflanzen⸗ Bastarden vorsegte. In der Section fuͤr Zoologie, Anato⸗ mie und Phpsiologie trͤg Dr. Cretzschmar einige Bemerkun⸗ sen zur Diagnose der Hausthiere vop. rofessor Debmann prach uͤber das Verhalten der Lmohgef ze beim Menschen, und Dr. Ruͤppell uͤber Aspergillum vaginikerum aus dem besen Meere. Professor Eschholz legte

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und wußten auch nicht,

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neuen wirbellosen Thieren des Oceans vor, und Ober⸗Medi⸗ zinalrath von Froriep Zeichnungen eines Werks seines Soh⸗ nes, betreffend Ligaturstellen des menschlichen Koͤrpers. Hof⸗ rath Oken redete uͤber das bebruͤtete Kuͤgelchen im Ey. Dr. Wagner theilte Bemerkungen mit uͤber einige Anneliden und neue Fische des Mittelmeeres. Professor Leuckart lieferte Beitraͤge zur vergleichenden Anatomie der Echinodermen. Prasee Lauth aus Straßburg verlas einige anatomische otizen. Dr. Bartels aus Goͤttingen hielt einen Vortrag

uͤber die Metamorphose der Schaͤdelknochen von Lutra vul--

garis. In der Medicinischen Sektion: Dr. Stiefel aus Frankfurt las uͤber die Frage: welche Krankheitsconstitution haben wir wahrscheinlich zu erwarten? Dr. Schnurrer trug

einen Bericht vor uͤber eine Fieberepidemie, welche durch kur-⸗

zen Verlauf, Schweiß und Frieselausbruch ausgezeichnet war. Dem Vernehmen nach wird uͤbermorgen die letzte Sitzung statt finden.

Oesterreich.

Wien, 24. Sept. Der K. K. Haus“, gef⸗ und Staats⸗Kanzler, Fuͤrst von Metternich, ist heute Vormittag aus Linz hieher zuruͤckgekehrt. 8 1

It alien.

Ein (von der Allgemeinen Zeitung mitgetheiltes) Schreiben aus Rom vom 12. September sagt: „Ein Paar aus Rom datirte Artikel in der Hamburger Boͤrseuhalle und der Bremer Zeitung, die zum Theil auch in die Alge⸗ meine Zeitung uͤbergegangen sind, enthalten eine Menge von falschen und verdrehten Nachrichten. Sie geben anmaaß⸗ licher Weise Aufschluͤsse uͤber die Verhandlungen beim Con⸗ clave, den Gang der Geschaͤfte am Paͤpstlichen Hofe, und die 85 Triebfedern, welche die Parchelen in Bewe⸗ gung setzen, uͤber die Angelegenheiten des Englischen Klerus, die Jesuiten u. s. w. Die ersten grundlosen Behauptungen betreffen die Wahl des neuen Jesuiten⸗Generals. Es heißt, Leo XII. habe die Wiederersetzung desselben ein Jahr lang verweigert*) und sie sey zehn Cardinaͤlen, die C. Albani's Parthei bildeten, vom jetzigen 88 versprochen worden, der auf diese Art die Stimmenmehrheit erhalten. Die Wahl eines neuen Vorgesetzten der Jesuiten zu hindern, was nur mittelst eines 5 Verbors geschehen konnte, waͤre ein Eingriff in die Rechte und Freiheiten des eben wieder hergestellten Ordens gewesen, dessen Grund aufzufinden schwer seyn moͤchte, und der in geradem Widerspruche mit den Be⸗ guͤnstigungen und der oͤffentlichen Aufmerksamkeit gestanden haͤtte, welche der verstorbene Papst dieser thaͤtigen und aus⸗ gezeichneten Geistlichkeit ließ. Auch fuͤhrt der Referent keinen Grund an. Hier weiß Niemand etwas, weder von der Weigerung des verstorbenen Papstes, noch von der Bedingung, welche die zehn Cardinaäͤle gemacht ha⸗ ben sollen. Aber ganz laͤcherlich ist es, den Grund der Wahl des jetzigen Papstes in einer solchen Concesston zu suchen, da die persoͤnlichen Eigenschaften desselben ein hinlaͤngliches Licht uͤber die Verdienste verbreiten, welche seine Erhöhung veranlaßten, ohne daß der Reserent nöͤthig gehabt hätte, auf seine Art mit „Kennerblick im Dunkein“ nach andern Ursachen zu forschen. Wir wenden uns zu den Nachrichten der Bremer Zeitung. Vierunddreißig Kar⸗ dinäle, heißt es, wollten im Jahre 1823 den Kardinal della Somaglia zum Papste waͤhlen, unterließen es aber, weil dieser den Kardinal lbani zum Staats⸗Secretair zu ernen⸗ nen beabsichtigte. Nun fragen wir, wo blieb die Opposition der 314 Kardinäaͤle bei der setzigen Papstwahl, bei welcher, laut des Referenten Aussage, das Staats⸗Secretariat fuͤr den Kardinal Albani stipulirt wurde, da diese Opposition noch existiren und dem angeblichen Abfsolutismus des Staats Secretairs im Wege stehn soll? Was ferner auch hier wie⸗ derum von einer Parthei von zehn Kardinaͤlen und den Be⸗ weggruͤnden, welche sie leiteten, gesagt wird, ist dem, was allbekannt ist, zu sehr entgegen, als daß es noͤthig wäre es zu widerlegen. Die sich widersprechenden Berichte der bei⸗ den Zeitungen hierüber sind der eine so falsch wie der an⸗ dere. Von der getraͤumten Opposition der 34 Kardinäle wird eine Spaltung hergeleitet, welche alle Maaßregeln der Regierung hemmen soll. Als zweite Ursache von Uneinig⸗ keiten werden die Legatenstellen angefuͤhrt, und was noch sonderbarer klingt, die nahe Nachbarschaft der bischoͤflichen Sitze von Bologna, Imola und Forli. Der Kardinal Giu⸗ 1

*) P. Fortis starb den 27

anuar und Leo XII. den 10. Febr. desselben Jahres.