1829 / 284 p. 4 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

welche die Erfahrung erheischen duͤrfte. 10) Der Praͤsident hat Vollmacht, die Ministerien und den Senat nach der Art zu organistren, die er am zweckmaͤßigsten findet, um den Zeit⸗ punkt schneller herbeizufuͤhren, wo die Nation durch verfaf⸗ sungsmaͤßige und definitive Gesetze reglert werden kann. 11) Die Regierung wird das Gutachten des Senats uͤber die Revision der Verfassungen, uͤber den Entwurf eines Grund⸗ Gesetzes, und uͤber Entwuͤrfe zu Gesetzbuͤchern einholen. 12) Die Regierung wird, gestuͤtzt auf die dem gegenwaͤrtigen Decrete beigesuͤgten Grundlagen zu diesen Arbeiten schreiten und, sobald dieselbe beendiget seyn werden, die gegenwaͤrtige National⸗Versammlung neuerdings einberufen. 13) Wenn, was Gott verhuͤten moͤge, das Ableben des Praͤsidenten vor Einberufung der National⸗Versammlung erfolgen sollte, soll dieselbe unmittelbar mittelst Erlasses einer Regterungs⸗Commis⸗ sion zusammenberufen werden, welche der Praͤsident fuͤr die⸗ sen Fall ernennen, und ihr seine Vollmacht kraft einer schrift⸗ lichen, eigenhaͤndig unterzeichneten und mit seinem Privat⸗ Siegel versehenen Acte uͤbertragen wird. Zwei ganz gleich⸗ lautende Abschriften dieser Acte, beide mit seinem Privat⸗ Petschaft verstegelt, sollen, eines in die Hände des Staats⸗ Secretairs, das andere dem Senate übergehen werden. 14) Die National⸗Versammlung wuͤnscht, daß der Präͤsi⸗ dent der Regierungs⸗Commission mittelst Testaments, die ddetaillirte Erläuterung des Planes zur politischen Restaura⸗

tion des Vaterlandes, mit welchem sich Se. Excellenz be⸗ 8 schaͤftiget, hinterlassen moͤge.

Grundlagen, nach welchen die Regierung bei Revision der Verfassungs⸗Acten von Eplidau⸗ rus, Astro und Troezen, wie auch bei Entwer⸗ fung des Planes zu dem Staats⸗Grund⸗Gesetze EE. hiezu gehoͤrigen Gesetzen arbei⸗ ten soll. .

Art. 1. Die Regierung soll sich bei Revision der Ver⸗ fassungen an die von den ational⸗Versammlungen zu Epi⸗ daurus, Astro und Troezen befolgten Grundsatze halten. 2. Die Gränzen und Modalltaͤten der rtheilung des Buürgerrechtes, sowohl fuͤr eingehorne Griechen als fuͤr Fremde, sollen genau werden. 3. Die erforderlichen Eigenschaften der Bürger zu dem Rechte einer Wahlstimme, so wie die Art nud se, wie see dieses Recht ausuͤben koͤnnen, sollen bestimmt und gleich⸗ foͤrmig festgesetzt werden. * i. Ein in zwei Rathe⸗Versammlungen getheilter Se⸗ nat soll die gesetzgebende, zugleich mit der vollziehenden Ge⸗ walt ausuͤben; die Zahl der Senatoren, die Art, wie die Eparchien zur Wahl derselben mitzuwirken haben, die Orga⸗ nisation der beiden Raths⸗Versammlungen, und der Antheil, welchen jede dieser Versammtlungen, gemeinschaftlich mit der vollziehenden Gewalt, an der Abfassung der Gesetze haben sscooll, werden besonders festgesetzt werden. 1“ 5. Die Justtz⸗Branche soll, mit Beruͤcksichtigung der Erfahrung, welche das gegenwärtige provisorische System lan die Hand giebt, definitiv organtsirt werden; später soll auch die oͤffentliche Justiz⸗Pflege, deren Beamte amovibel sind, organisirt werden; die Richter aber sollen auf Lebens⸗ zeit ernannt werden. .““ 6. Die vollziehende Gewalt soll nach dem Geiste, wel⸗ 1 cher die Verhandlungen in Troezen lettete, mit densenigen Meodificationen constituirt werden, welche die Bevollmäͤchtig⸗ en des Volkes in Folge der Transactionen fuͤr nöthig fin⸗ den duͤrsten, die zur Vollztehung des Lonboner Tractats Sezgtt finden können. Argos, den 3. August 1829. Der Prsident: G. Sizint. Der Vice Praͤsident: G. Marro⸗ matti. 8 die übrigen Unterschriften.) Die Secretaire:

Jakovaki Riso. N. Chrysogelo.“ 88 Ueber die Orlentaltsche Frage. Ancer dieser Ueberschrift giebt die Allgemeine Zei⸗

nung Nachstehendes: 2 Rhein, 26. Sept. Die Wendung der Dinge 2 Ih Ortente wirft ein erhellendes Licht auf die Geschichte der

ungsten diplomatischen Verhandlungen. Besonders lehrreich kann es seyn, dessen Wünsche und Interessen vorzüglich auf 8 ges gerichtet waren, sich ins Gedächtniß zu rufen. Eng⸗ an Füses. vor Allem Rußlands Vergrößerung auf Kosten des Ottomantschen Reichs; es hatte Ursache hiezu, in hung auf die künftige Sicherheit seiner Ostindis⸗ V gen, noch mehr in Bezi auf den gegenwaͤrtigen and sseiner Oberherrschaft zur Ses. Englands

den Gang der Politik desjenigen Cabinets,

8G. 8

ö f cht war gegrüͤn⸗ det, während auf dem Festlande eümha⸗

Rußland nur von den alten Ideen eines 8 1 gewichts und von der Unbekanntschaft mit den e Kraf.

rhaltung der

ten, welche einem civilisirten Zeitalter zu Gebote stehen, un⸗ terhalten wurde. Der Aufstand der Griechen war fuͤr England ein drohendes Ereigniß: im Archipel konnte sich eine neue, achtbare Seemacht bilden, welche die natuͤrliche Alliirte Rußlands seyn wuͤrde; der Kaiser aller Reußen konnte in diesem Aufstande eine einladende Gelegenheit finden, sich in die Unruhen der Türkei zu mischen, er konnte sie nach seinem Interesse zu leiten, und so die alten Entwuͤrfe Pe⸗ ters des Großen zu realisiren hoffen. Die Britische Polttik durfte sonach die Wiedergeburt der Griechen nicht beguͤnsti⸗ gen; sie konnte noch weniger den Russen den Ruhm goͤn⸗ nen, diese Wiedergeburt zu Stande zu bringen. Dies muß anerkannt werden: man ist nur dann gerecht in Beurthei⸗ lung der Politik einer Regterung, wenn man sie in ihrem eigenen Sinn und Interesse auffaßt. Englands Wunsch war auf den Bestand und die Unabhaͤngigkeit der Pforte gerich⸗ tet, und dieser Wunsch ist nicht zu tadeln. Wohl aber war zu erwaͤgen, ob die Erhaltung des Tuͤrkischen Reichs oͤglich sey. Haͤtte man diese Frage gruͤndlich untersucht, Mvitch

man großen Irrthuͤmern ausweichen koͤnnen. Selbst aber die Hypothese der moͤglichen Erhaltung angenommen, zeigt

sich die Britische Politik als unvorsichtig und inconsequent.

Es waͤre nicht zu verwundern gewesen, wenn England, gleich

im Entstehen der Griechischen Empoͤrung, zur schnellen Un-⸗ terdruͤckung derselben seine Macht angewendet haͤtte. Ge⸗

wohnt aber an die Bequemlichkeit der halben Maaßregelu,

fuͤrchtete man, so scheint es, die eigene Entschiedenheit. Un⸗ ter der Hand, gleichsam verstohlen, unterstüͤtzt man den Sultan; offen einen ehrlichen Krieg gegen die Hellenen zu fuͤhren, konnte man, aus Scheu vor dem Tadel der christli⸗ chen Meinung, sich nicht entschließen. Man war nicht ge⸗ neigt dieser Meinung zu folgen; aber man wollte sie nicht gegen sich aufreizen. ie Minister mochten auch die Kaͤmpfe der Griechen anfangs weder fuͤr bedeutend, noch dauernd

halten; sie verließen sich darauf, daß die blutige Rache des

Sultans die Tollkühnen von Fortsetzung ihres Unternehmens zuruͤck schrecken wuͤrde. Der Ersolg verrieth jedoch, daß die Minister sich verrechnet hatten. harrlichkeit, und die Mordsucht Mahmuds machte alle edlen Herzen in Europa zu ihren Verbuͤndeten. Die Humanitaͤt und die Gorge für die Ruhe der Staaten forderten unabweislich

Vermirrelung in diesem schauervollen Kriege. England, in der Verlegenheit, schloß den Vertrag vom 6. Jali, der eines Theils Rußland hindern sollte, die entscheidende Rolle der Vermittelung zu uͤbernehmen, andern Theils eine Art

Versoͤhnung mit der öͤffentlichen Meinung beabsichtigte, in:

dem wenigstens der Schein dafuͤr sprach, daß die drei ver⸗ buͤndeten Maͤchte den Schutz der Griechen uͤbernehmen woll, ten. So fein indessen die Englischen Minister den Faden 8 chrer Politik gesponnen zu haben glaubten, die Ereignisse be⸗ wiesen abermals, daß das Cabinet von St. James sich ver⸗ rechnet hatte. Der Freund in Konstantinopel litt, gewiß ge⸗ gen Sers Absicht, unter den Folgen des Vertrages, denn dieser fuͤhrte zu der Schlacht von Navarin und zur Besez⸗ zung des Peloponneses durch ein Französisches Armee⸗ Corps. Eine Türkische Flotte wurde vernichtet; das Aegyptische Heer, die kraͤftigste Huͤlfe des Sultans, mußte sich entfernen. Dies waren geslbritche Schläge füͤr die Pforte, und nicht weniger empfindliche Unfälle fuͤr die Britische Politik. England, das den Bestand der Pforte sehen Rußland sichern wollte, war behülflich gewesen, die Türken zu schwaͤchen. In diese selte same Lage hatte der Vertrag vom 6. Jult, das Meisterstück der Engsüschen Politik, seine Erfinder versetzt; er hatte Ruß⸗ land nicht gelaͤhmt, den offenen Krieg dieser Macht 9 die Türkei nicht verhindert; er hatte nur dem Englis Cabinet die Freiheit geraubt, sich entschieden für die Sache der Ottomanen zu erklären. Zu solcher Rolle hatte sich Eng⸗ land selbst verurtheilt. Es war ein lästiger Alliirter Rußlands, und konnte dem Sultan eben so wenig Trost und Huülfe brin⸗ gen. Därfte man es ungerecht finden, wenn Rußland auf die Vorstellungen der Vritischen Minister ferner nicht geachtet haͤtte? Glelchwohl entzog ihnen Rußland nicht sein Vertrauen, zeigte sich sogar nach er, als zu erwarten war; denn es gelang dem Per g von Wellington noch im Fruͤhlinge dieses Jah⸗ res, durch das Protokoll vom 22. Maͤrz sich die Mögl t zu eroͤffnen, die uͤbernommene Verbindlichkelt der Befreiung Griechenlands scheinbar zu erfüͤllen, und dann, nach Errei⸗ chung des kuͤnstlich gedeuteten Zwecks der Alllanz vom 6. Juli, wieder in den Stand der Frelheit, in Absicht auf die Wahl polltischer Maaßregein, zu treten. Dies war v großer Ge⸗ winn, wenn man ihn zu benutzen verstanden bärte. In der That, nahm die Pforte die im Protokoll vom 22. März von

Beil

Die Griechen zeigten Be⸗ 8