1829 / 318 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

I“ Der Praͤsident der Kaiserlichen Akademie der Wissen⸗ sschaften, Geheime Rath Ouwaroff, ist am 4ten d. in hiesi⸗ geerr Residenz eingetroffen. I“ Gestern Abend zeigte sich Treibeis in der Newa und veranlaßte das Abnehmen der Isaaks⸗Bruͤcke. 8 Der Adjunkt der hiesigen Akademie der Wissenschaften, . Herr Heß, hat am 2ten dieses Monats seine fruͤher angekuͤn⸗ digten Vorlesungen uͤber Chemie begonnen, und sich den allge⸗ meinen Beifall seiner zahlreichen Zuhoͤrer erworben; sie wer⸗ den kuͤnftig alle Montage statt finden. 18 Odessa, 31. Oct. Von der Zahl der in die Hafen⸗ AQAeuarantaine gebrachten Kranken sind 4 gestorben, und von denen, die eingesperrt worden waren, weil sie mit jenen in Verbindung gestanden hatten, erkrankten bis jetzt 5. Unter Anndern zeigte sich die Ansteckung bei einer Frau in dem ab⸗ gesperrten Stadttheil und bei einer andern, die man mit einem kleinen Kinde zwischen der Stadt und der Vorstadt P eressip gefunden hatte. Ein Jude, der in dem abgesperr⸗ een Stadttheil wohnte, und bei dem sich verdäͤchtige An⸗ zeichen vorfanden, ist in die Quarantaine gebracht worden. MNachdem die Obrigkeit alle noͤthigen Maaßregein getroffen, um die Stadt während der Dauer der allgemeinen Auaran⸗ taine mit Lebensmitteln zu versorgen, hat sie nach genomme⸗ ner Ruͤcksprache mit den Commissairen beschlossen, alle Heaäaͤuser schließen zu lassen, und keinem Einwohner das Aus⸗ gehen zu erlauben, als mit Zeichen von Blech versehen, die von den Commissairen solchen Personen ertheilt werden sol⸗ len, die Vertrauen verdienen. Die zur Versorgung der Ein⸗ wohner mit Lebensmitteln eingesetzten Commissionen sind aufs Neue in Thäͤtigkeit getreten. Schon werden die nöͤthi⸗ gen Vorraͤthe von Lebensmitteln in die Haͤuser gebracht; die Armen erhalten sie auf Kosten der Krone; mehrere Be⸗ amten sind beauftragt, Feuerungs⸗Vorraͤthe zu besorgen, und wir haben alle Ursache zu hoffen, daß wir, so unguͤnstig auch ddie Jahreszeit ist und so schwierig auch der Transport der Lebensmittel wird, keinen Mangel an den nothwendigsten . Gegenstaͤnden haben werden.

Polen. Warschau, 12. Nov. Seine Majestät der Kaiser ha⸗ ben dem Titularrath im Kaiserlichen Reichs⸗Collegium der aauswäͤrtigen Angelegenheiten, von Golenitscheff⸗Kutusow, den Ppolnischen Stanislaus Orden Iter Klasse verliehen. 3 Durch eine Verordnung ist die Annahme der Russischen Platina⸗Rubel in den offentlichen Kassen anbesohlen worden.

Man ist jetzt hier mit der Herausgabe einer Polnischen Uebersetzung des Conversations⸗Lexicons beschäftigt, wodei dden unser Land betreffenden Artikeln neue Ausfsatze beigefuͤgt werden. Bei dem großen Umfange des Werks werden jeden

. Monat mehrere Bogen herausgegeden, wodurch der Ankauf erleichtert wird. 1 Es befindet sich jetzt bei uns eine Druckerei mit Engli⸗ scchen Sterrotyp⸗Lettern, in welcher die Werke der Polnischen Klassiker gedruckt werden.

3 Der Violinspieler Lafont wird hier erwartet. Unsere Pfandbriefe stehen 96, und werden die Partial⸗

Obligationen von 300 Fl. mit 333 Fl. bezahlt. 38 Frankreich.

Pparis, 8. November. Se. Maj. der Köͤnig werden Sich morgen fruͤh nach Rambouillet begeben, jedoch bereits zur Nacht wieder hierher zuruͤckkehren.

Der Contre⸗Admiral Baron Lemarant ist zum Groß⸗ Officier der Ehrenlegion, und die Contre⸗Admiräle Viella und Duranteau sind zu Commandeurs dieses Ordens ernannt worden. Die Tontre⸗Admirale Baron Roussin und von Martinencg haben das Commandeur, Kreuz des Sanct⸗Lud⸗ wigs⸗Ordeus, und der Baron des Rotours, Director der Gobelins⸗Manufaktur, das Offäcier⸗Kreuz der Ehrenlegion halten.

Der Courrier frangais bemerkt, daß die Deputir⸗ ten des Seine⸗Departements sich diesmal am Namens⸗Tage des Köͤnigs nicht wie sonst im Schlosse der Tuilerien eimnge⸗ funden hätten; man halte allgemein dafuͤr, daß die gedach⸗ ten Deputirten auf solche Weise ihre Abneigung gegen das Ministerium stillschweigend haͤtten zu erkennen geben wollen.

In dem heutigen Blatte des Moniteurs liest man unter der Rubrik: „Vermischte Nachrichten“, einen Aufsatz uͤber das Zeitungswesen in Frankrrich, welchen dieses Blatt dem Echo francais entlehnt hat, und woraus wir

aus Folgendes mittheilen: „Ueber die Journale eine un ige Meinung abgeben, ist heutiges Tages kein kleines ck

Der liberale Zeitungsschreiber waͤre solches gar ncht im Stande, denn er muͤßte mit Recht befuͤrchten, dadurch etwas

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von seiner Popularitaͤt zu verlieren. Wir wollen es versu⸗ chen, diese wichtige Frage mit der groͤßten Ruhe zu eroͤrtern⸗ Die gegenwaͤrtige Volksstimmung verdient gewiß die ernsteste Aufmerksamkeit; daß die Journale darauf einen großen Ein⸗ fluß haben, leidet keinen Zweifel. Wir wollen daher mit der Kaltbluͤtigkeit des wahren Publicisten untersuchen, ob dieser Einfluß, sobald er in Despotismus ausartet, je ersprießliche Folgen fuͤr das Land haben koͤnne, ob er demselben nicht vielmehr hoͤchst nachtheilig sey. Zuerst erklaren wir freimuͤthig, daß wir selbst die Heffentlichkeit, und zwar im aus edehntesten Sinne des Wortes begehren, daß wir sie sür das Wesen des Repraͤsentativ⸗Systems halten, und daß wir mithin weit davon entfernt sind, die Preßfretheit in irgend einer Art be⸗ schraäͤnken zu wollen. Die Preßfreiheit solh der wachsame Huͤther der Volksfreiheiten seyn; sie soll zu der Regierung eine offene und loyale, zugleich aber auch eine ehrerhietige Sprache reden; sie darf weder das Land, noch die Regierung herabwuͤrdigen. Diejenigen unserer Zeitungsschreiber, die die oöͤffentliche Meinung zu ihrem Monopole gemacht haben, wis⸗ sen wahrscheinlich nicht, daß in dieser Welt Alles unter ein⸗ ander verkettet ist, und daß man gegen das Ministerium nicht das ganze Woͤrterbuch der Schimpfreden erschoͤpfen kann, ohne zugleich dem uͤbrigen Europa einen seltsamen Begriff von dem Lande beizubringen, wo dergleichen Zuͤgellosigkeiten politischer Muth heißen; ein Muth, der deim Lichte betrachtet, nichts als ein Haß und Empoͤrung der denge ist. Wenn die Preßfreiheit die Huͤterin der Volksfreiheiten ist, so ist sie auch die Huͤterin der Regie⸗ rung, die ihrerseits wieder die Hüͤterin der Volks freihei⸗ ten ist. Die Presss muß daher, wenn sie nutzenbringend seyn soll, in einer Monarchie, wie die unsrige, zwar voͤllig frei seyn, sie darf aber nicht an die Ausschweifungen der absoluten Demokratie erinnern; sie soll keinen Ostracismus ausuͤben, nicht beleidi⸗ gen und verunglimpfen; sie soll aufklären. Erfuͤllt sie diese Pflicht nicht, so vergeht sie sich gegen das Land wie gegen die Regierung, und müßte es lediglich sich selbst beimessen, wenn sie aufs Neue die Aufmerksamkeit der gesetzgebenden Gewalten auf sich zöge. Vielleicht duͤrfte es nicht unange⸗ messen seyn, um dem Volke uͤber die gegenwartige Tendenz der Jvurnale die Augen zu öͤffnen, eine aus Mitgliedern bei⸗ der Kammern bestehende Commission zur Untersuchung der⸗ selben niederzusetzen. Es wuüͤrde schon ein großer Vortheil seyn, wenn eine solche Maaßregel auch keine andere Folge hätte, als daß der Despotismus der Zeitungsschreiber öͤffent⸗ lich geruͤgt wuͤrde. Denn was will die Presse heutiges Ta⸗ ges anders als das Publikum beherrschen, durch das Publi⸗ kum die Wahlen an sich reißen, und durch die Wahlen sich der Deputirten⸗Kammer bemeistern. Im gewöͤhnlichen Style nennt man dies intriguiren, im politischen conspi⸗ riren. Das Wort Freihelt ist ein schoͤnes Wort, und die Sache an sich ist noch schoͤner. Die Freiheit muß aber gleichmäßig fuͤr Alle bestehen, und dies ist bei der Presse nicht der Fall; waͤre sie gerecht, so wuͤrde sie auch die entge⸗ gengesetzte Meinung hoͤren, die sie statt dessen aber durch ihr ewiges Geschrei erstickt. Man erwiedere uns ja nicht, daß, wenn das Publikum die Oppositions⸗Blätter lese, die ministeriellen aber nicht, solches blos deshalb ge⸗ schehe, weil die Vernunftgrüͤnde der einen ihm einleuchteten, die der andern aber nicht. Wollten die ministeriellen tungen sich auch wirklich derseiben Mittel als die lideralen bedienen, so wuͤrde der Kampf zwischen beiden doch noch nicht gleich seyn; denn diese agiren offensiv, waͤhrend jene blos vertheidigungsweise zu Werke gehren, und es ist ganz natür⸗ lich, daß man lieher die Reihen derer, die einen Platz bela⸗ gern, waͤhlt, als daß man sich in diesem Platze einschließen läßt. Drei Blätter sind es vorzuͤglich, die sich zu sogenann⸗ ten Organen der oͤffentlichen Meinung gemacht und den Wah⸗ len einen gewissen Impuls gegeden haben. Sie lassen Nie⸗ manden von ihren Gegnern irgend Gerechtigkeit widerfahren: sie wollen nicht gerecht seyn, aus Furcht, ihre Macht zu schwächen. „Man errichte Tribune Tribune“ sa⸗ gen diese Blaͤtter. Dies wuͤrde nichts als einen Kampf lee⸗ rer und unschicklicher Deelamationen geben, und niemals darf die Regierung sich in solchem Maaße an ihrer Wuüͤrde vergeben; sie hat es auch nicht noͤthig, denn sie darf um so weniger an dem gesunden Sinne der Menge verzweifeln, als die meisten Schrift⸗ steller, die hier in Zeitungen schreiben, nach den gemachten Er⸗ fahrun „sehr incompetente Richter uͤber die Gegenstaͤnde sind, denen sie ihre Feder leihen, weshalb sie sich auch wohlweis⸗ lich hinter die Anonymität verschanzen. Unter zuohn Arti⸗ keln findet man kaum einen, der der Beachtung werth wäͤre. Daß es diesen Artikeln an Geist fehle, wollen wir gicht behaupten; aber gerade dadurch, daß die Mehrheit der keser