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Rufen unſrer Truppen und dem Allah der Muſelmaͤnner.

Die ganze Stadt gerieth in Bewegung; junge Tuͤrkiſche Reiter erſchienen jenſeits des Kur und begannen ihr Wett⸗Rennen, zu deſſen Beiwohnung die Aelteſten der Stadt den Commandanten und die Officiere einluden; eine Menge Einwohner kamen ihnen an den Thoren mit Muſik und allen Zeichen friedlicher Geſinnungen und allge⸗ meiner Freude entgegen; ſelbſt die Frauen erſchienen auf ih⸗ ren Hausterraſſen, um die gemeinſchaftliche Freude der Ruſſen und der Ihrigen zu ſehen. Bis Mitternacht wogte durch die erleuchteten Straßen von Ardaghan die jauchzende Volksmenge von einem Orte zum andern, mit Muſtk, Tanz und oͤfterem Abfeuern ihrer kleinen Gewehre. 2 Dieſes Feſt iſt deshalb um ſo merkwuͤrdiger, da, bis zu den erſten Tagen des November⸗Monats, die Garniſon von Ardaghan und alle unſere daſigen Truppen, in der Meinung, es herrſche die Peſt in der Stadt, ſich außerhalb der Feſtung gehaͤlten, und mit den Einwohnern keine Gemeinſchaft ge⸗ habt hatten, die daher ſchon zu glauben anſingen, die Pe niſon ſey ſchwach und von Krgigeh eh beh . * wie erſtaunten ſie nun, da ſie auf einmal ſo ee e geſunder und froͤhlicher Soldaten erblickten. Dieſes Zest ſel einen ſolchen Eindruck auf ſie gemacht haben, daß hen 28 davon ſich bis in die benachbarten Sandſchacks der Paſcha⸗ lies Kars und Achalzich verbreitet hat. , 8 Die hieſige Handels⸗Zeitung enthaͤlt Folgendes: „Der charakteriſtiſche, man koͤnnte vielleicht ſagen, launen⸗ hafte Gang des Getreidehandels, hat ſich im gegenwaͤrtigen Jahre beſonders bemerklich gemacht. Zweifeln, Schwanken, ploͤtzliches Steigen, unbegruͤndetes Fallen, Unbeſtimmtheit und Unſicherheit aller Art, ſind ſtets bemerkte Phaͤ⸗

nomene des Getreide⸗Handels in kritiſchen Jahren ge⸗ weſen. Die ganz beſondere Natur des Getreide⸗Handels

hat ihren Grund in deſſen abweichenden Verhaͤltniſſen von andern Verkehrs⸗Zweigen. Auf den Getreide⸗Handel haben Alle und Alles Einſtuß, Jeder hat damit zu ſchaffen und Jedes wirkt auf ihn. Zugleich entzichen ſich die Reſul⸗ tate der Getreide⸗Erndten lange den Schluͤſſen des Publi⸗ kums, und daher kommt es, daß die Preiſe des Getreides je⸗ derzeit mehr durch ein Ahnden und hinterdreinkommendes Fuͤhlen, als durch irgend eine approximative Vorausberech⸗ nung beſtimmt werden; daher trifft es ſich, daß oft die Noth da iſt, ehe man ſie anklopfen gehoͤrt, und die Preiſe das Maaß uͤberſteigen, che man hat einig werden können, ob ſie wachſen muͤſſen. Wo Jeder kauft und die Meiſten verkau⸗ fen, da koͤnnen ein Paar Procente Waaren, die am Markt zuviel ſind, den Preis des Ganzen um viel mehr⸗Procente herabdruͤcken und, umgekehrt, uͤber alles Verhaͤltniß erhoͤhen. Nun kommen Spruͤnge; Spekulation und Beſorglichkeit ſtei⸗ gern die Waare zu ſchwindelnder Hoͤhe, Vertrauungsloſigkeit und Entmuthung druͤcken ſie zum Nichts herab. Nur die unabhaͤngigen Getreide⸗Niederlagen, wie z. B. die Nieder⸗ lande und verſchiedene andere Haͤfen, treiben die Sache noch nach merkantiliſcher Berechnung, doch auch bei großem Spiel.“

„In fruͤhern Jahrhunderten hat es wirklich zuweilen Hungersnoth gegeben. Kultur⸗Fortſchritte, Kartoffeln, Frucht⸗ wechſel, Sicherheit und Fleiß, ſcheinen Natur⸗Revolu⸗ tionen ausgenommen Europa vor wahrer Hungersuoth zu verwahren; aber Theurung iſt moͤglich.“

„Der Menſch, ſelten zufrieden mit dem natuͤrlichen Gang der Dinge, hat ſich auch hier nicht damit begnuͤgt, ſondern der Natur ſeine Syſteme aufdringen wollen. Daher die Idee, auf maäͤßige gleichbleibende Getreide⸗ Preiſe hinzuarbeiten, ohne zu bedenken, daß temporaire Theurung das einzige Mittel iſt, den Ackerbau zu erhalten und zu beleben, und uͤberhaupt die Thaͤtigkeit des Menſchen zu ſpornen. Man hat auf zwei Wegen die Getreidepreiſe in ein gewiſſes Gleichgewicht bringen wollen, erſtlich durch Magazinſyſteme oder ſogenannte Greniers d'abondance (beſſer Greniers de famine), zweitens durch Zollſyſteme.“ 8

„Die Magazinſyſteme, wenn ſie wirklich durchzuſetzen waͤren, wuͤrden die Folge haben, in guten Jahren den Preis des Getreides unnoͤthig zu erhoͤhen, in Mitteljahren ihn, durch den Verkauf aus den Magazinen der Erneuerung we⸗ gen, herabzudruͤcken, und in ſchlechten Jahren den Ackerbau der verhaͤltnißmaͤßigen Belohnung und des Erſatzes fuͤr Un⸗ faͤlle zu berauben. Ein ſolches Syſtem, indem es die Erwar⸗ tungen des Ackermannes ſchwaͤcht, arbeitet weſentlich dem Verfall der Landwirthſchaft und kuͤnftiger Theurung in die

Hand. Eine Abart des Magazinſyſtems iſt ein Getreidemo⸗

nopol, wie die ehemalige Annona, und praktiſch genommen

vielleicht nicht das Schlechtere, wenigſtens im Kleinen.“ „Das Regrliren des Getreideweſens durch Zollſyſteme

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hat auf der einen Seite dieſelben Tendenzen, auf der anderu bringt es Uebel neuer Art. Wenn es keine Jahreszeiten gaͤbe, das Meer immer und uͤberall gleich offen waͤre, wenn die Kornlaͤnder ſo thoͤrigt waͤren und ſeyn koͤnnten, neun Jahre ihr Korn auf den Speichern faulen zu laſſen, um im zehnten Etwas an die Syſtemfreunde zu verkaufen, ſo moͤchte es hingehen. Aber da dem nun nicht ſo iſt, ſo bringt das Zollkuͤnſteln an faͤhr folgenden Gang der Dinge hervor: Die Erndte iſt un⸗ gewiß, bedenklich; der Natur der Sache nach bleibt man lange zweifelhaft, man traut zwar dem Vorrath nicht, will aber keine unſichern Spekulationen machen. Unterdeſſen ſteigen die Preiſe. Der Landmann, durch ſie gelockt, bringt ſein vielleicht ſchlechteres Korn zu fleizig an den Markr. Zu⸗ gleich wird auch Einiges vom Auslande zugefuͤhrt. Nun fallen die Preiſe wieder. Alles dies vermehrt die Ungewiß⸗ heit; bald fuͤrchtet man Theuerung, bald haͤlt man die Idee des Mangels fuͤr Taͤuſchung. Nur Eines iſt dabei gewiß: daß immer mehr Zeit verloren geht. Endlich uͤberwiegt die Beſorgniß, und nun ſtuͤrmt man nach den Getreide⸗Laͤndern Aber die Zeit iſt groͤßtentheils verloren, der Winter iſt da, die Länder haben der Anhaͤufung von Getreide⸗Vorraͤthen entſagt oder ſelbſt Mißerndten gehabt. Nun uͤberbietet 22 ſich, kauft zu ungemeſſenem Preiſe, und vielleicht kommt wie zum Theil 1817, das theure Getreide an den Orten der Verzehrung erſt dann an, wenn ſchon eine gute neue Erndte da iſt. Nun kommen Banquerotte hinterdrein, und der Staat hat, leider, einen Theil ſeines National⸗Vermo⸗ gens zweckwidrig verloren.“

„Keines dieſer Uebel iſt bei einem freien Getreide⸗Handel zu befuͤrchten. Die Getreide⸗Preiſe werden ſeyn, wie ſie ſeyn müuͤſſen; dagegen moͤgen Regierungen und Reiche den Aerm⸗ ſten unter die Arme greifen. Im natuͤrlichen Laufe der Dinge wird die Handels⸗Spekulation allmaͤhlig Getreide⸗ Vorraͤthe zufuͤhren, der Ackerbau wird nicht gerade in den Jahren, wo er es am meiſten bedarf, durch uͤbermaͤßige Zu⸗ fuhr ſeiner Erſatze beraubt, kurz Alles bleibt in dem von der Natur vorgezeichneten Geleiſe. Moͤchten doch die Men⸗ ſchen zupeilen nicht kluͤger ſeyn wollen als klug!“

Odeſſa, 3. Jan. Vorgeſtern fand die Eroͤffnung der, von Sr. Majeſtaͤt beſtaͤtigten, Ackerbau⸗Geſellſchaft in der Behauſung Sr. Excellenz des Herrn General⸗Gouverneurs ſtatt. Se. Excellenz eroͤffneten die Sitzung und machten der Verſammlung ſowohl die Allerhoͤchſte Beſtaͤtigung bekannt, als auch, daß Se. Majeſtaͤt geruhet haͤtten, der Geſellſchaft einen jaͤhrlichen Zuſchuß von 3000 Rubeln auf die Kaiſerliche Kaſſe anweiſen zu laſſen. Nachdem darauf das Reglement der Geſellſchaft vorgeleſen worden war, und einer ihrer Stif⸗ ter, der Commerzienrath Herr Sicard, eine den Umſtaͤnden angemeſſene Rede gehalten hatte, ſchritt man zur Wahl der ackiven Mitglieder. Zum Praͤſidenten des Conſeils ward der Graf Woronzoff und zum Vice⸗Praͤſtdenten obenerwaͤhn⸗ ten Her. ie ee Die naͤchſte Sitzung iſt auf den Sten d. M. feſtgeſett worden. 2 eim, Ee nn

Polen. 2

½% . bee Warſchau, 14. Jan. Einer von dem Ver * Rathe des Koͤnigreichs Polen ergangenenn eee. folge, iſt die freie Einfuhr der Weberdiſteln aus dem Aus⸗ lande, gegen Entrichtung der in der Bekanntmachung vom 9. Mai 1826 beſtimmten Zoll⸗Abgabe, bis Ende Deeemb 1829 Hächgegeben worden. 85 Mit Benutzung der 25jährigen von dem Mitgliede der Koͤnigl. Geſellſchaft der Wiſſenſchaften, Päecttzestir ſelbſt angeſtellten Wetter⸗Beobachtungen, iſt hier cine . teorologiſche Karte von Warſchau, mit Erkläͤrungen in Pol⸗ niſcher und Franzoͤſiſcher Sprache, erſchienen. Geſtern iſt die Weichſel bei unſerer Stadt zugefroren.

Frankreich.

Paris, 11. Jan. Vorgeſtern nach der Meſſe il⸗. ligte 2. Koͤnig den Deputirten, Herren Caſimir Plencg Grafen von la Bourdonnaye, Privat⸗Audienzen.

Der Meſſager des Chambres enthalt in ſeinem neueſten Blatte das nachſtehende Buͤlletin uͤber die Krankheit des Miniſters der auswaͤrtigen Angelegenheiten: „Der Ge⸗ ſundheits⸗Zuſtand des Grafen von la Ferronnays iſt ziemlich derſelbe wie geſtern; jedoch iſt Anſchein zu einer fortſchreiten⸗ den Beſſerung vorhanden. Se. Excellenz ſind noch immer ein wenig ſchwach.“ Einige wollen jetzt wiſſen, daß der Graf von Rayneval das Portefeuille des auswaͤrtigen De⸗ partements interimiſtiſch uͤbernehmen werde. 8 Ueber die Abberufung des Marquis von Angleſea aus Irland ſagt das Journal des Débars: „Dieſe Maah⸗

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Veduͤrfniſſen der erſten Nothwendigkeit unge⸗