Wiſſenſchaftliche Nachri (Schluß des im geſtrigen Blatte abgebrochenen Briefes des Herrn Champollion des Juͤngern.)
„Es ſcheint alſo, daß die Nomaden Afrika’'s von Zeit zu Zeit die friedlichen Bewohner der Nil⸗Thaͤler beunruhig⸗ ten. Hoͤchſt merkwuͤrdig iſt es uͤbrigens, daß ich bis jetzt auf den Denkmaäͤlern in Nubien nur die Namen Aethiopi⸗ ſcher und Nubiſcher Fuͤrſten, als Statthalter des Landes, angegeben gefunden hade, ſogar unter der Regierung Rham⸗ ſes des Großen und ſeiner Dynaſtie. Nubien ſcheint ſo feſt mit Aegypten — zu ſeyn, daß die Koͤnige den Ein⸗ gebornen ihe ganzes Vertrauen ſchenkten, und ihnen ſogar den Befehl der Truppen uͤbergaben. Zum Beweiſe dafuͤr kann ich eine Stelle in dem Felſen von Ibſambul anfuͤhren, auf welcher ein gewiſſer Mai, Beſehlshaber der Köͤ⸗ niglichen Truppen in Nubien und aus der Land⸗ ſchaft von Uau (einem Bezirke Nubiens) gebüͤrtig, das Lob des Pharao Manduei I., des vierten Nachfolgers Rhamſes des Großen, auf eine ſehr emphatiſche Weiſe ſingt. Auch geht aus mehreren andern Stellen hervor, daß verſchiedene Aethiopiſche Fuͤrſten durch die Heroen Aegyptens in Nubien eingeſetzt wurden. Am Abend des 3. Januar nahmen unſere Arbeiten in Ibſambul ihren Anfang. Wir beabſichtigen, von den ſchoͤnen und großen Basreliefs in dem Saale des Tempels große und colorirte Abbildungen zu machen. Wenn man bedenkt, daß die Temperatur in dieſem Tempel (der ſich jetzt unter der Erde befindet, da die Facade deſſelben faſt anz vom Sande verſchuͤttet iſt) der eines ſtark geheizten Pürkiſchen Bades gleich koͤmmt, daß man nur halbnackt ein⸗ treten kann, und dennoch der Schweiß vom ganzen Koͤrper herabtrieft und das Papier anſeuchtet, ſo wird man den Muth und die Beharrlichkeit der jungen Leute anerkennen, welche es in dieſem Backofen täglich drei bis vier Stunden aushalten, und ihn nur verlaſſen, wenn ſie erſchoͤpft ſind und die Fuͤße ihnen den Dienſt verſagen. Heute, am 12. Jan., iſt unſer Plan beinahe ausgefuͤhrt, und wir beſitzen bereits ſechs große Gemaͤlde, die folgende Gegenſtäͤnde darſtellen: „1) Rhamſes der Große auf ſeinem Wagen, vor wel⸗ chem die Pferde galoppiren; ihm folgen drei ſeiner Soͤhne, gleichfalls auf Streitwagen; ſie ſagen ein Aſſyriſches Heer in die Flucht und belagern eine Feſtung.“
„2) Der Köͤnig zu Fuß; er hat eben einen feindlichen Anfüͤhrer zu Boden geſtreckt, und durchbohrt einen zweiten mit der Lanze. componirt.“ „3) Der König ſitzt mitten unter den Heerfuührern, und hat eben die Nachricht erhalten, daß der Feind ſein Heer angreift. Der Wagen des Koͤnigs wird angeſchirrt, und Diener ſind beſchäftigt, die feurigen Roſſe zu bändigen, welche hier und anderwaͤrts vollendet gezeichnet ſind. ei⸗ terhin 85 man die angreifenden Feinde, wie ſie auf Streit⸗ wagen ohne Ordnung gegen eine methodiſch aufgeſtellte Aegyptiſche Wagenreihe kaͤmpfen. Dieſe Parthie des Vkmal⸗ des iſt voll Leben und Handlung und mit dem ſchoͤnſten Schlacht⸗Gemäͤlde auf Griechiſchen Vaſen zu vergleichen, an welche wir hier unwillkuͤhrlich erinnert werden.“
„4) Der Triumph des Koͤnigs und ſein feierlicher Ein⸗ zug (ohne Zweifel in Theben). Der König ſteht auf ei⸗ nem prächtigen Wagen, der von reich geſchirrten Pferden im Schritt gezogen wird. Voran gehen zwei Reihen gefange⸗ ner Afrikaner, einige von der Reger“⸗, andere von der Ba⸗ rabra⸗Race *) in effectvollen und ſchoͤn gezeichneten Gruppen.“ „5) und 6) Der König weiht eefangene verſchiedener Nationen den Goͤttern von Theben und bſambul.“ „Wir haben nun noch die Zeichnung eines großen Bas⸗ reliefs, das faſt die L2nſ. rechte Tempelwand einnimmt, zu vollenden. Auf dieſer ungeheuren Compoſition ſind eine Schlacht, ein ganzes Lager, das Zelt des Köͤnigs, ſeine Leibwachen und Pferde, die Feger und das Gepaäͤck des ZPesrres, kriegeriſche Spiele und aafungen u. ſ. w. darge⸗
ſflellt. In drei Tagen ſvaͤteſtens wird dieſe große Zeichnung
*) Zu dieſer gehhren die Ur⸗Einwohner Nubiens, welche durch Geſichtsbildung, braune Farbe und durch ihre von den — voͤllig I
vollendet ſeyn,
Dieſe Gruppe iſt herrlich gezeichnet und
jedoch ohne Farben, welche die Feuchtigkeit im Tempel verwiſcht hat. Die oben angefuͤhrten ſechs Gemaͤlde ſind dagegen ganz colorirt und bis auf das kleinſte Detail ſorgfältig nachgebildet. Sie werden eine Vorſtellung von der Pracht der Coſtuͤme und Wagen der alten Pharaonen aus dem funfzehnten Jahrhunderte vor Chr. Geb. geben und durch ihre ſorgfältige und ſchoͤne Zeichnung Bewunderung erregen. In den großen Tempel von Ibſambul moͤchte 18 alle diejenigen fuͤhren, welche daran zweifeln, daß gemalte Sculptur⸗Werke der Baukunſt Eleganz und Reichthum ver⸗ leihen koͤnnen; ich ſtehe dafuͤr, in weniger als einer Viertel⸗ ſtunde wuͤrden ſie alle ihre Vorurtheile und aprioriſchen An⸗ ſichten abgelegt haben. Ich habe mir mit Roſellini das Feld der hieroglyphiſchen Legenden vorbehalten, welche jede Fi⸗ gur oder Gruppe auf den hiſtori chen Basreliefs beglei⸗ ten. Wir copiren dieſelben am Orte ſelbſt, oder nach den Abdruüͤcken, wenn ſie zu hoch angebracht ſind, ver⸗ zaiches ſie zu wiederholten Malen mit dem Original, erichtigen ſie und uüͤbergeben ſie ſogleich den Zeichnern, welche ſchon im Voraus in ihren Zeichnungen die Abſchnitte, in welche ſie kommen ſollen, gezogen haben. Eine große Stelle, die ſich zwiſchen den beiden letzten Koloſſen zur lin ken Hand im Innern des Tempels befindet, habe ich ganz copirt; ſie hat nicht weniger als 32 Zeilen. Unſer Freund Huyot hatte ihrer gegen mich erwähnt, und ich habe ſie richtig an der von ihm angegebenen Stelle gefunden; es iſt ein Decret des Gottes Phtha zu Gunſten Rhamſes des Großen, den er wegen ſeiner Verdienſte um Aegypten lobt; darunter ſteht die in den hoͤflichſten Ausdruͤcken abgefaßte Antwort des Köͤnigs an den Gott; es iſt ein intereſſantes Denkmal. Dies ſind die Fruͤchte unſerer Arbeit in Ibſambul, des muͤhevoll⸗ ſten aber auch ruhmreichſten Unternehmens auf der ganzen Reiſe. Unſere Franzoͤſiſchen und Toscaniſchen Gefährten aben an Fleiß und Eifer mit einander gewetteifert, und ich offe, daß wir den 15ten d. M. mit unſerer hiſtoriſchen eute nach Aegypten werden unter Segel gehen koͤnnen. Bei meiner Ankunft hieſelbſt hatte ich drei d9ge lang die Gicht, aber die Dampfbaͤder in dem haben mich hof⸗
fentlich fuͤr lange Zeit von ihr befreit. Ich habe erſt einen einzigen Brief aus Europa erhalten. — Hat mir Arägo ver⸗ ziehen, daß ich dieſe Reiſe ſeinen freundſchaftlichen eſor niſſen zum Trotz unternommen habe? Ich meinerſeits h es mir vergeben, ſeitdem ich bei der zweiten Katarakte ange⸗ kommen bin. Leben Sie wohl!“ 8
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Koönigliche Schauſpiele. Donnerſtag, 21. Mai. Im Schauſpielhauſe: ſeiner Ehre, Trauerſpiel in 5 Abtheilungen. (Mad.
ger: Mencia.) Freitag, 22. Mal. Im Opernhauſe: Die Dame k von Bo
loß Avenel, Oper in 3 Abtheilungen; Mu 2 ¹ of Thearer
leu. (Mad. Finke, vom Großherzoglichen
zu Strelitz: Anna.) 8 Im Schauſpielhauſe: Franzöoͤſiſche Vorſtellung.
1
g. Kinigsſtädtſches Theater. Donnerſtag, 21. Mai. Auf Begehren: Lenore.
*
Der ant Crel
Auswärtige Börsen.
*8 Amsterdam, 15. Mai. 2nenn. 5pCr Mewalug. 941. henl. Acden 1325. Pen 377. Ruass Engl. Anl. 88 %. Rus. Anl. Hamb. Cert. 86 ¼ Hamburg, 18. Mai esterr. öpCent Metallique 97 ¼ Bank-Aecden 1102.
Encl. Anl. 998 ¾.
London, 15. Mai.
Consols 87 ⅜ Kaufer, för den näücheaten Monan 52 %. Buenos-Ayres 23. 4. Rumu. 96 ½. Merie- Span. 9½. 4
— 981. Benb.-Acsen 1103 .
Acgvptern, Aräbern und verſchieden
124 ½.
blig.
8 Gedruckt bei A. W. Hayn. 85 8
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Neueſte Boͤrſen⸗Nachrichten. Frankfurt a. M., 17. Mai. Oeſterr. 5 ½— Metallig. 97 ¼2. Bank⸗Actten 1320.
Paris, 14. Mat. JpCtige Rente 78 Fr. 85 Cent.;
5pCtige 108 Fr. 5 Cent. 2 28
3 8 Redacteur John. Mitreda 8