p Allgemeinen Preußiſchen Staats⸗Zeitung Nr. 177.

Nekrolog.

ilipp Karl Buttmann“), geboren den 5. Dec, a. M., ſtammte aus einer Familie des Franzoͤſiſchen Flanderns, welche zur Bewahrung des reformir⸗ ten Glaubdens⸗Bekenntniſſes nach der jenſeitigen Pfalz aus⸗ gewandert war. Sein Vater erlangte durch Heirath das Buͤrgerrecht zu Frankfurt, wo er einer von ſeinem Schwie⸗ gervater ererbten Papierhandlung vorſtand. Der Sohn er⸗ hiielt ſeine erſte Bildung auf dem Gymnaſium ſeiner Vater⸗ ſtadt; im Fruͤhling 1782 bezog er die Univerſitaͤt Goͤttingen und widmete ſich daſelbſt unter Heyne den philologiſchen Studien; zugleich legte er dort den Grund zu Peshafo en zeſchichtlichen Kenntuiſſen: vorzuͤglich zog ihn e 15 er ſein ganzes Leben hindurch ſehr hoch hielt, obgleich 7 ANen 1 ſeiner von ihm ſelbſt verfaßten Lebensbeſchreibung e⸗ 2. di⸗ auch knüpfte er in Goͤtringen, ungeachter ſeiner Zufa er 5 mit wiſſenſchaftlichen Jugendgenoſſen Freundf Feſchelt, wir mit großer Innigkeit das ganze Leben 89 nennen hier nur den Göttingiſchen Rechtsgelehrten Hugo, il gerade dieſer fuͤr Buttmann s Leben in vielen Hinſich⸗ weil Käe wir der Kuͤrze wegen nicht eroͤrtern wollen, ent⸗ ſcheldend wirkte. Nach ſeinen Univerſitͤtsjahren brachte er 9 acht Monate bei einem Verwandten in Straßburg zu; hier war er dem Veteranen der Philologie, Schweighauſer, bei der Ausgabe des Polybins behuͤlflich, und ſcheint ſich da⸗ durch fruͤh an jene Art von Arxbeit gewoͤhnt zu haben, mit der wir ihn ſpater oft beſchaͤftigt finden, mit nicht geringer Hingebung naͤmlich die literariſchen Zwecke Anderer zu för⸗ dern. Seit 1787 lebte er eine kurze Zeit zu Deſſau, als Lehrer des damaligen Erbprinzen; bei einem Aufenthalte in Berlin kam er in freundſchaftliche Verbindungen, welche ihm 8 —— veeee Anſtellung als Diätarius bei der Koͤniglichen Biblior verſchafften, neben welcher er mit andern ziemlich zerſtreuenden Arbeiten ſich das Noth⸗ wendige erwerben mußte; namentlich beſorgte er faſt 9 Jahre 8 27, nicht * in 8* ihm verfaßten Lebens⸗ eſchreibun reht, vom Jahre 1803 an, ſondern in der Zeit 43 Franzöſiſchen Revolution, die Redaktion dder Spenerſchen Zeitung; ein Geſchäft, welches auf die Viel⸗ ſeitigkeit ſeiner Kenntniſſe nicht ohne Einfluß blieb, und die Gewandtheit ſeines Geiſtes foͤrderte. Zugleich trat er in eenaue Verhältniſſe mit den damaligen Stimmfuͤhrern der EEbEe mit . Nicolai, Bieſter, 8 n eiten M 2 er auch ſpaͤter noch an, ohne E und Beſtrebung derſelben, die in der weiteren Entwickelung des Zeitalrers untergegangen war, feſthalten zu wollen; wie⸗ wohl die Gegenwart mahnt, ſeldſt demjenigen eine bedingte Anerkennung angedeihen zu laſſen, was man an Einigen jener Maͤnner ſo oft und lange als laͤcherlich verſpottet hat. In dieſer Zeit bildete ſich ziemlich zufäͤllig der Keim zu der nachher ſo beruͤhmt gewordenen und einflußreichen Gramma⸗ tik, wovon im Jahr 1792 die erſte Laftusr unter dem Na⸗ men eimer kurz gefaßten Griechiſchen Grammatik erſchien. Iahr erhielt Bibliotheks⸗Seereta⸗ vom Jahr 1800 bis 18 ekleidete er, ohne bedeutende fuͤr dies Fach, eine Profeſſur am Joachimsthalſchen Einen großen Theil ſeiner Thaͤtigkeit, etwa —— deht, 180 an, widmete er der beſtaäͤndigen Verbeſſe⸗ ſo vonnd Ausdehnung der Griechiſchen Grammatik, welche S08 kleinſten Anfange an mit ihm gleichſam auf⸗ hiſtoriſche Fene ihm zu altern; ihre Vollſtändigkeit, die rein ſcharfſinnige welche ſie gegruͤudet iſt, und die beſonders der Formenlehen und Ableitung der Formen ſichert iſt zu bedauern, das 8 einen dauernden Werth, und es Sorgfalt widmen konnt der Syntar nicht mehr die gleiche ſeitige Theorie und g gerade auf dieſem Gebiete ein⸗ Durch die im Jrbnse Empirie noch vielfaͤltig herrſchen. Koͤnigl. Akademie der eſf.806 erfolgte Aufnahme in die Aufforderung, ſeiner Nhecsungeſaen eehit . * f ünnn 8 en, we eiagelnes Abhandlungen aus verſchiedenen Ge⸗

*) Sein Leben bis Jahre 1806 b 1 i 1 806 v ele⸗ ben, ſteht in goͤmes Bacoageh Fetzt feenbe Lebes ſelb gegehne mit ihren Selbſtbiographieen: eine andere Rachricht über ihn Converſations⸗Lexikon; ein Verzeichniß ſeiner Schriften in dem gelehrten Berlin von 1825. 8

bieten der Alterthums⸗Studien gerichtet war, und wofuͤr er ſeit ſeiner Jugend vielfaͤltigen Stoff geſammelt hatte. Seine Muße wurde dadurch vermehrt, daß er im Jahre 1808 auf Veranlaſſung eines auswaͤrtigen Rufes des ihm läͤſtigen Schul⸗Amtes entbunden wurde; es blieb ihm ſo außer ſeiner Stelle als Akademiker nur noch das Bibliothe⸗ kariat, welches ihm ſtatt des lange verſehenen Secre⸗ tariats der Bilbiothek uͤbertragen worden war, und das bald her⸗ nach auf ihn uͤbergegangene Secretariat der hiſtoriſch⸗philologi⸗ ſchen Klaſſe der Akademie, nebſt einer freien Theilnahme an der bald nachher errichteten Univerſitaͤt. Ein Haupttheil ſei⸗ ner Studien waxen die etymologiſchen Forſchungen, wie er ſie ſpaͤter im Lexilogus, wovon ein großer Theil aus aͤltern Pa⸗ pieren zuſammengeſetzt wurde, und in mehreren kleinen Abhand⸗ lungen niedergelegt hat; dieſe ſind durch Scharfſinn und Ei⸗ genthuͤmlichkeit ausgezeichnet; er ließ ſich nie durch das Na⸗ heliegende und Scheinbare taͤuſchen, ſondern wußte gerade die entferntere und verborgene Wahrheit mit uͤberraſchender Sicher⸗ heit aufzudecken. Auch ſeine mythologiſchen Unterſuchungen haͤngen großentheils mit dem etymologiſchen Studium zu⸗ ſammen; doch baute er nicht, wie Viele, auf die bloße Ety⸗ mologie, ſondern faßte den Mythos vielſeitig an, und hehan⸗ delte ihn mit den ſinnreichſten Gedankenverknuͤpfungen, ent⸗ fernt von der Verfolgung jeder einſeitigen philoſophiſchen Theorie; auch blieb er nicht bei den Griechen und Roͤmern ſtehen, ſondern die Urkunden des Morgenlandes, vorzuͤg⸗ lich die Hebraͤiſchen, hatten faſt noch fruͤher ihn zur Be⸗ handlung angereizt. In ſpaͤteren Zeiten duͤrfte ihn die Beſchaͤftigung mit dem Mythiſchen zu mißtrauiſch auch gegen die wirklich geſchichtliche Ueberlieferung gemacht haben; doch unterſuchte er gern auch. verwickelte Verhäͤltniſſe der hi⸗ ſtoriſchen oder halb-hiſtoriſchen Zeit, wie die Geſchichte der Aleuaden, die Verhaͤltniſſe der Griechiſchen Phratrien; ſelbſt naturhiſtoriſche, aſtrognoſtiſche und aͤhnliche Unterſuchungen aus dem Gebiete der Alterthums⸗Studien ſtellte er mit aus⸗ gezeichnetem Erſolge an. Ungeachtet der vollkommenſten Selbſtſtändigkeit ſeiner Anſichten zog er es jedoch vor, viele ſeiner Forſchungen an die ſeiner ſeun⸗ anzuſchließen. Es gehoͤrte zu der Eigenthuͤmlichkeit ſeines Weſens, mit Andern zuſammen zu ſtudiren; von der Zeit an, da er zuerſt ſich ent⸗ ſchloſſen hatte, als Alterthums⸗Forſcher aufzutreten, bildete er ſich eine Gemeinſchaft fuͤr das philologiſche Studium, de⸗ ren erſter Genoſſe Spalding war, und die ſich mit dem Wachsthum dieſer Art der Gelehrſamkeit in Berlin erwei⸗ terte; den bedeutendſten Einfluß hatte er hierdurch vorzuͤg⸗ lich auf Heindorf, dem er in jeder Beziehung der huͤlfreichſte Freund war; aber auch fuͤr alle Uebrigen war er der wahre Vereinigungs⸗Punkt und der anregende und zuſammenhal⸗ tende Geiſt. Manche ſeiner literariſchen Arbeiten, wie ſeine erſt ſpäͤt erſchienene Ausgabe des Aratus, ſind aus weit fruͤheren gemeinſamen Studien dieſer Art hervorgegangen; ſo wie viele bedeutende Beitraͤge zu den Schriften ſeiner Freunde, wovon wir, da es uns auf ein Aufzäͤhlen ſeiner Schriften nicht ankommt, kein Regiſter liefern wollen. Ge⸗ wohnt, auch die geringſten litterariſchen Arbeiten nicht zu verachten, wie er ftüͤber ſogar das Gedikeſche lateiniſche Le⸗ ſebuch uͤberarbeitet hatte, gab er ſich mit gaͤnzlicher Aufopfe⸗ rung dem Geſchaͤfte hin, was ſeine Freunde unvollendet hin⸗ terlaſſen hatten, zu vervollkommnen. So vollendete er den Spaldingſchen AQuintilian, beſorgte die neuen, zum Theil faß ganz umgearbeiteten Ausgaben der Spaldingſchen Bear⸗ eitung des Demoſthenes gegen Midias, der Gedikeſchen von Sophokles Philoktet, der Bieſterſchen und Heindorfiſchen Platoniſcher Geſpraͤche. Auch ſeine Sammlung der Scho⸗ lien zur Odyſſee hat eine Aehnlichkeit mit dieſer Beſchaͤfti⸗ gung, als Redaction des Stoffes, den Andere, freilich hier nicht Freunde, geliefert hatten. Seine Liebe fuͤr eine philo⸗ logiſche Gemeinſchaft ſprach ſich auch in dem von ihm und Fr. Aug. Wolf zuſammen unternommenen Muſeum der Alterthums⸗Wiſſenſchaft aus; und wenn er mit dieſem ausgezeichneten Gelehrten ſpaͤter gänzlich zerfiel, wie unſeres Wiſſens niemals mit einem andern, ſo geſchah es gewiß auf eine Weiſe, die ſeinem Herzen Ehre machte. Allerdings entſtand durch ſolche Huͤlfleiſtungen eine gewiſſe Zerſplitterung ſeiner Thaͤtigkeit, und überdies wirk⸗ ten ausgebreitere Verhältniſſe des geſelligen Lebens zerſtreuend auf ihn ein; aber nichts deſto weniger wußte er ſich auch wieder zuſammenzuziehen, und was bei jedem Andern nach⸗

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