8

Karlsruhe, 29. Juni. Ein Schreiben aus Zwingen⸗ berg am Neckar, vom 24. Juni meldet: „Ein ſchweres furcht⸗ bares Hagelwetter, von Nord⸗Oſt kommend, entlud ſich die⸗ ſen Nachmittag um 3 Uhr in unſerer Gegend, beſonders uͤber die naͤchſten Umgebungen des hieſigen Schloſſes und der Ge⸗ meinde, verderblich fuͤr die meiſten Gewaͤchſe und Baum⸗ fruͤchte, wodurch die Hoffnung vieler Grundbeſitzer auf eine gedeihliche Aerndte ploͤtzlich vernichtet wurde. Betruͤbend war der Anblick einer unerwartet ſchnell entſtandenen reißen⸗ den Waſſermaſſe und dichten Schloſſendecke uͤber den kurz zu⸗ vor im Flor geſtandenen nahen Grundflaͤche, von welchen man ſie am Abend hin und wieder noch nicht ganz befreit ſah. Es fielen mitunter Eisſtuͤcke von der Groͤße der Baumnuͤſſe. Nachſchrift vom 25. Juni, Morgens 6 Uhr. In die⸗ ſem Augenblick liegen die Schloſſen innerhalb der Schloß⸗ mauern und in den Gaͤrten hier an mehreren Orten noch 12 bis 14 Zoll hoch; auch iſt die ganze Gemeinde da⸗ mit beſchaͤftigt, die von theils ſchweren Steinen welche mit dem ſtromweis gefloſſenen Schloſſenwaſſer von den Bergen herunter rollten, verſchuͤttete Thalſtraße wieder fahrbar zu machen. Leider erfaͤhrt man heute, daß die Verwuͤſtungen des geſtrigen Wolkenbruch aͤhnlichen Hagelwetters ſich weiter, namentlich in der Richtung gegen Mosbach, Aglaſterhauſen tc. ausdehnen, und daß der Blitz in einige Gebäude der be⸗ nachbarten Orte zerſtoͤrend einſchlug.“ 8 Hldenburg, 29. Juni. Se. Koͤnigl. Hoh. der Groß⸗ herzog reſidirt ſeit der Todesnachricht noch immer in Raſtede, und kommt nur zu den Geheimeraths⸗Sitzungen woͤchentlich einige Male zur Stadt. Alles geht noch ganz den gewoͤhn⸗ lichen Gang wie fruͤher, und o es, dem Vernehmen nach, dabei auch bis zum Jahreswechſel verbleiben. Allgemeine Huldigung hat nicht ſtatt gefunden, ſondern es iſt von allen * eamten ein gleichfoͤrmiger Revers ausgeſtellt worden, der 8 4 deediglich auf den bei der Beſtallung geleiſteten Eid 6 Wegen der Beiſetzungsfeier iſt das Reglement erſchienen. Der verewigte Herzog hat ausdruͤcklich verordnet, daß bei

der Beiſetzung ſeiner irdiſchen Reſte durchaus keine Anſtalten

1 84 ,r

* E] e. * 25

zu Trauerfeierlichkeiten getroffen, ſondern daß dieſe in einen Ainfachen Sarg gelegt und ohne Geſolge 4 e bei nachtlicher Zeit nach der Familiengruft gebracht, daſelbſt vor 2 Stätte kuͤnftiger Ruhe niedergeſetzt werden und ſtehen Hleiben ſollen, bis in Gegenwart derer, die daran einen naͤ⸗ heern Antheil nehmen, ein Gebet geſprochen, und dem Hoͤch⸗ ſten auch bei dieſer Veranlaſſung die gebuͤhrende Verehrung böezeigt ſeyn werde. Der Großherzog hat es als Pflicht er⸗ keäannt, dieſem auf das Genaueſte nachzukommen, und ſorg⸗ fältig alles zu vermeiden, was damit nicht vereinbarlich ſeyn b Alle auf die Hierherfuͤhrung und Beiſetzung der Leiche abzweckende Einrichtungen ſind mithin in dieſem Sinne ggetroffen worden.

8 Es wird daher der Sarg, welcher die entſeelte Huͤlle des Verewigten enthaäͤlt, in der Stille den Rhein abwarts nach Holland und von da auf der Weſer und der Hunte hierher gefuͤhrt, ſodann auf gleiche Weiſe zunaͤchſt in der Hauptkirche der Stadt Oldenburg einſtweilen niedergeſetzt, unnd von da nach der fuͤrſtlichen Begräbnißkapelle gebracht 8 und daſelbſt aufgeſtellt werden. An dem folgenden Tage

wird in der Kapelle das verordnete Gebet ſtatt finden. Se. 3 Konigl. Hoheit hat es fuͤr angemeſſen erachtet, daß Nie⸗ 7

manden beſondere Veranlaſſung gegeben werde, bei dieſer Trauer zugegen zu ſeyn, daß aber auch Niemand davon aus⸗ geſchloſſen, und die Anweſenheit dem eigenen Gefuͤhle eines ꝛZeden uͤberlaſſen werde. Dieſem gemaͤß wird Jedem der Ein⸗ rritt in die Kapelle geſtattet werden, ſo weit der Raum es erlauben wird. Es wird die Kapelle nach beendigtem Gebet noch mehrere Stunden eroͤffnet bleiben, um Allen, welche wegen des beſchraͤnkten Raums beim Gebet nicht zugegen ſeyn koͤnnen, Gelegenheit zu geben, ſich dem Sarge zu naͤ⸗ hern. Man erwartet, daß der Wunſch des Verſtorbenen allenthalben, wo die Leiche paſſirt, durch ruhige Stille geehrt und alles Hinzudrängen vermieden werden wird. Die Vuͤrgerſchaft der Stadt Oldenburg hat es ſich als vbeſondere Verguͤnſtigung erbeten, an dem Tage der Bei⸗ ſſetzung h unter Leitung des Ferlhes und eeiniger an erſonen, die erforderlichen Dienſtleiſtungen uüͤbernehmen zu duͤrfen. 8 f 8 ſileiſtuns Frankfurt a. M., 29. Juni. (Aus dem Hambur⸗ ger Correſpondenten). Kärzlich iſt hier folgende, an eine hohe Verſammlung des Durchlauchtigſten Deut⸗ ſſchen Bundes gerichtete „Darlegung der zwiſchen dem Deuarchlauchtigſten Sen⸗9⸗ Karl von Braunſchweig⸗Luͤne⸗ 8 burg und Hoͤchſtdeſſen andſtaänden obwaltenden Differenz, die unterm 25. April 1820 publicirte erneuerte Landſchfts⸗

Ordnung betreffend, mit desfallſigem unterthaͤnigen Antrage

von Seiten der dazu angewieſenen Mitglieder des engern und groͤßern Ausſchuſſes der vereinten Braunſchweig⸗Wolfen⸗ buͤttelſchen und Blankenburgiſchen Landſchaft,“ im Druck erſchienen. Dieſe (62 Folio⸗Seiten ſtarke) Schrift beginnt mit folgender Einleitung:

„Hohe Deutſche Bundes⸗Verſammlung; 2

Zwiſchen Sr. Hochfuͤrſtlichen Durchlaucht dem jetztre⸗ gierenden enoge von Brauſchweig und Hoͤchſtdeſſen Landſtaͤn⸗ den iſt eine Meinungs⸗Verſchiedenheit uͤber die Frage entſtanden:

ob die Modificationen der alten ſtaͤndiſchen Verfaſſung, welche

waͤhrend der Minderjaͤhrigkeit des Herzogs durch Verhandlun⸗ gen der vormundſchaftlichen Regierung mit der Landſchaft verab⸗ redet, und in der unterm 25. April 1820 erlaſſenen erneuerten Land⸗ ſchafts⸗Ordnung enthalten ſind, fuͤr rechtsbeſtaͤndig angeſehen werden müſſen oder nicht? Se. Hochfuͤrſtl. Durchl. haben das Letztere deshalb angenommen, weil Hoͤöchſtſie der vormund⸗ ſchaftlichen Regkerung das Recht nicht zugeſtehen, dergleichen Aenderungen der Verfaſſung bei den Staͤnden in Vorſchlag zu bringen; die letztern haben dagegen, in Betracht der Aua⸗ litaͤt jener Aenderungen und der Umſtaͤnde, welche den Vor⸗ ſchlag derſelben veranlaßten, ſich davon nicht uͤberzeugen koͤn⸗ nen, daß die Landſchafts⸗Ordnung aus jenem runde fuͤr nichtig zu halten ſey, und nach vereitelter Hoffnung, die Meinungs⸗Verſchiedenheit auf dem Wege der Unterhandlung ausgleichen zu koͤnnen, uns, den unterzeichneten Mitgliedern der ſtaͤndiſchen Ausſchuͤſſe, aufgegeben, eine Entſcheidung jener Frage bei der hohen Bundesverſammlun auszuwirken. Die nachfolgende Ueberſicht der ſtaͤndiſchen Verheltniſſe⸗ wie ſie waren, und ſich in Folge der oberwähnten Verhandlungen umgeſtaltet haben, wird dazu dienen, um jene Frage aus dem richtigen Geſichtspunkte beurtheilen zu koͤnnen, zugleich aber die Unerläßlichkeit des gegenwaͤrtigen Schrittes darſtellen; denn wenn daraus hervorgeht, daß die fraglichen Neuerungen ſolche Einrichtungen betreffen, welche das ganze Publikum ſortwaͤhrend als weſentliche Verbeſſerungen des oͤffenrlichen Zuſtandes betrachtet und von der Landſchaft in ſo hohem Maaße dafuͤr erkannt worden ſind, daß die Mehrzahl ihrer Mitglieder bedeutende Privat⸗Rechte freiwillig aufopfern zu

„muͤſſen geglaubt hat, um ſie ins Leben rufen zu koͤnnen: ſo

wuͤrden die Staͤnde ein durch unabwendbarliche Nothwendig⸗ keit nicht gebotenes Aufgeben der Reſultate jener Verhand⸗ lungen mit ihren Pflichten nicht vereinbar halten duͤrfen, ſich dadurch des Vertrauens der Regierung und der Achtung ihrer Mitbuͤrger fuͤr unwerth erachten muͤſſen.“

Hierauf folgt nun unter Abſchnitt I. eine „Darſtellun der ſtaͤndiſchen Verhaͤltniſſe, wie ſie bis zum Jahre 1806 ſich ausgebildet hatten;“ unter Abſchnitt II.; „Lage der ſtändi⸗ ſchen Verhaͤltniſſe von der Franzoͤſiſchen Oecupation des Lan⸗ des bis zur Berufung der Landſchaft im October 1819, und Darlegung der vom Publikum gewuͤnſchten Modificationen;“ unter Abſchnitt III.: „Ergebniſſe der waͤhrend der Minder⸗ jährigkeit des Durchl. Herzogs Karl mit den Staͤnden ge⸗ pflogenen Verhandlungen;“ und unter Abſchnitt IV.: „Lage der ſtaͤndiſchen Verhaältniſſe waͤhrend der Regierung des Durchl. Herzogs Karl, und Begruͤndung des Antrags bei einer hohen Bundes⸗Verſammlung.“ Sodann folgt nach⸗ ſtehendes Schreiben:

„Hohe Deutſche Bundes⸗Verſammlung!

RNachdem der Antrag der Staͤnde des Herzogthums Braun⸗ ſchweig vom 23. Mai d. J. von dem Oberhauptmann von Kalm und mir, als deren Deputirten, der hohen Bundesver⸗ ſammlung eingereicht worden, habe ich, nach der Abreiſe des Erſteren, von meinen Committenten die Abſchrift eines un⸗ term 25. deſſ. Mon. an die ſtaͤndiſchen Ausſchuͤſſe erlaſſenen hoͤchſten Reſcripts und der am 30. Mai von deren Mitglie⸗ dern bei Sr. Hochfuͤrſtl. Durchl. darauf uͤbergebenen Erklärung, mit dem Auftrage erhalten, jene Actenſtuͤcke einer hohen Bun⸗ desverſammlung als neue Argumente * die Begruͤndung der Kompetenz unterthäͤnig vorzulegen. Ganz gegen den Art. 56 der Wiener Schlußacte vom 15. Mai 1820 ſoll näͤmlich durch den in jenem Reſcripte ausgeſprochenen Ruͤckſchritt zu der alten auf die Privilegien von 1770 ſich ſtützen⸗ den Verfaſſung, der von der vormundſchaftlichen Regie⸗ rung, in Gemaßheit des Art. 13 der Deutſchen Bundes⸗ Acte und im Einklange mit den Art. 54 und 55 der oberwähnten Schlußakte, unter Zuſtimmung der Braun⸗ ſchweig⸗Wolfenbuͤttelſchen und Blankenburgiſchen Landſchaf⸗ ten, im Geiſte des monarchiſchen Princips und mit Beruͤck⸗ ſichtigung. der Landesbeduͤrfniſſe ins Leben gerufenen erneuer⸗ ten Landſchaftsordnung auch die Wirkſamkeit entzogen wer⸗ den, welche ſeit dem 25. April 1820 ſtattgefunden hat, und

Beilage