A“

N

1“ um 3 Uhr

perroſße worden waren, am 24. Juni (6. Juli) achmittags, den fruͤheren Janitſcharen⸗Befehlshaber Ma⸗ miſch⸗Aga, den wir am 19. Juni (1,. Juli) zum Gefange⸗ nen gemacht hatten, und der bei den Einwohnern der Stadt großes Vertrauen genoß, nach Erzerum. In der Proclama⸗ tion, die ich ihm mitgab, forderte ich die Einwohner drin⸗ gend auf, ſich unſern maͤchtigen Waffen nicht zu widerſetzen, und gab ihnen die beſtimmte Verſicherung, daß freie Reli⸗ gionsuͤbung, Sicherheit der Perſonen, und Sicherheit des Privat⸗Eigenthums, auf das Heiligſte wuͤrden reſpectirt wer⸗ den. Mamiſch⸗Aga, den meine gute Behandlung Hagki⸗ Paſcha's und der andern Gefangenen, auf das lebhafteſte durchdrungen hatte, uͤbernahm es mit Freuden, meine Proclamation in die Stadt zu bringen, und thaͤtig dazu beizutragen, die Einwohner zu freiwilliger Unter⸗ werfung zu uͤberreden, indem er aͤußerte, daß er, nach⸗ dem er in den Gefechten vom 19. und 20. Juni (1. und 2. Jult) Zeuge der großen militairiſchen Eigenſchaften der Ruſ⸗ ſiſchen Armee geweſen ſey, er jeden Widerſtand, als das un⸗ vermeidliche Verderben der Stadt nach ſich ziehend, betrach⸗ ten muͤſſe. In der Fwiſchenzeit ruͤckte das ganze Armee⸗ Corps mit dem Gepäͤck gegen Haſſan⸗Kalé vor, und am 25. Juni (7. Juli), als am Geburtstage Ew. Kaiſerl. Majeſtät, ſieß die Armee des Kaukaſus ihre innigen Gebete fuͤr die Erhaltung Ew. Kaiſerl. Majeſtät und Allerhoͤchſt Ihrer er⸗ habenen Familie, und ihren Dank fuͤr die uns verliehenen Siege, zum Himmel emporſteigen. 1 Waͤhrend des Mittageſſens erhielt ich von Mamiſch⸗Aga einen Bericht, mit der Meldung, daß er unter den Bewoh⸗ nern Erzerum's die groͤßte Gaͤhrung vorgefunden haͤtte; daß der groͤßte Theil derſelben vor ſeiner Ankunft feſt entſchloſſen geweſen ſey, ſich zu vertheidigen, daß aber meine Proclama⸗ tion ſie ſchwankend gemacht habe; „die Mollahs und die vor⸗ nehmſten Einwohner“, ſchrieb er mir, „nahmen Ihre Vor⸗ ſchlaͤge mit Achtung entgegen; ſie unterwerfen ſich den Waffen Rußlands, und das Volk, von der Herablaſſung und der Guͤte unterrichtet, welche den Bewohnern von Kars und Achal⸗

zik zu Theil geworden war, ſchließt ſich Ihnen an Der Seras⸗

kier und ſeine unruhigen Truppen regen noch das Volk auf; Ihre Verſprechungen werden jedoch die Ruhe wieder herſtellen.“ Um dieſe gute Stimmung der Bevoͤlkerung von Erzerum ohne Zeitverluſt zu benutzen, verließ ich mit meinem ganzen Corps Haſſan⸗Kals um 5 Uhr Abends, und ließ alles Gepäck, zu einer Wagenburg gebildet, unter dem Schutz der Feſtung zuruͤck.

Am 26ſten Juni (Sten Jult) Morgens, langten ein, vom Seraskier abgeſandter Capidgt⸗Baſcha und unſer Ma⸗ miſch⸗Aga, als Deputirter der Einwohner in meinem, den von Erzerum belegenen Bivouak, an; Mam a uͤberreichte mir eine Schrift, in welcher die Aelt der Stadt mir die Verſicherung von der Einwilligung aller Be⸗ wohner in meine Vorſchlaͤge ertheilten. Der Capidgi⸗Ba⸗ ſcha ſeiner Seits verſicherte mir naͤmlich, daß der Seraskier in die Uebergabe der Stadt willige; zu derſelben Zeit aber druͤckte er mir auf eine ſehr zweideutige Weiſe die Beſorg⸗ niſſe aus, die ihm die Annaͤherung unſerer Truppen verur⸗ ſache, denn, ſagte er, der Anblick der Ruſſiſchen Armee unter den Mauern von Erzerum koͤnnte die Einwohner außer ſich bringen, ihren Fanatismus aufregen und ſie zu einer hart⸗ naͤckigen Vertheidigung reizen, weshalb er mich dringend bäte, mit unſerem Anmarſch Halt zu machen. Obgleich es unter ſolchen Umſtaͤnden immer ſchwer iſt, der Wahtheit auf den Grund zu kommen, ſo hielt ich es doch füͤr beſſer, vorzuruͤk ken, in der Vorausſetzung, daß mein Naͤherruͤcken einer⸗ ſeits die Beſorgniſſe des Seraskiers und ſeiner Truppen vermehren, und andererſeits den gutgeſinnten Bewohnern mehr Kraft und Nachdruck geben wuͤrde, um ſich der wider⸗ ſpenſtigen Parthei entgegen zu ſtellen und auf der Uebergabe der Stadt zu beſtehen.

Das Corps ruͤckte durch einen Engpaß vor, der zum Gipfel des Berges fuͤhrte, von dem es in das Thal hinad⸗ marſchirte, wo ſich die volkreichen Vorſtaͤdte Erzerum’s aus⸗ dehnen, und die gezackten Mauern der Feſtung und der Ci⸗ tadelle erheben. Fuͤnf Werſt vor der Stadt machten die

Truppen Halt, weil weiterhin kein Waſſer mehr zu finden war. So wie ſich unſere erſten Regimenter vor den Hoͤhen Erzerums ſehen ließen, ruͤckte ein anſehnlicher Haufen feind⸗ licher Reiterei aus der Stadt heraus, und begann auf unſere vorgeruͤckten Pikets ein Kleingewehr Feuer, das bis zum Abend dauerte, aber nicht durch ainen einzigen Schuß erwie⸗ Ich hatte auf dem Berge Halt gemacht, und

dert wurde.

9

I 8

* 8 1 8 5 that alles Moͤgliche, um die Deputirten von Erzerum fuͤr mich zu gewinnen; ich ſertigte eine ſchriftliche Antwort auf die ebenfalls ſchriftliche Erklarung der Einwohner aus, und eine zweite Antwort, im naͤmlichen Sinn, an den Seraskier; beide uͤbergab ich den Deputirten, die ich um 5 Uhr Abends, unter Begleitung des General⸗Majors, Fuͤrſten Bekowitſch⸗ Tſcherkasky, zur Stadt zuruͤckſandte; Letzterem hatte ich ſehr umſtaͤndliche Verhaltungsregeln uͤber die Art und Weiſe ertheilt, wie er ſich gegen die Einwohner und den Seraskier zu be⸗ nehmen habe, um ihnen noch mehr Vertrauen zu meinen Verſprechungen einzufloͤßen.

Im Angeſicht Erzerums und gegen Oſten erhebt ſich ein Berg, Namens Top⸗Dag, der die Stadt und die Citadelle beherrſcht, und nur einen kleinen Kanonenſchuß von letzterer entfernt iſt; die Tuͤrken hatten dort eine Batterie errichtet, welche die Straßen von Kars und Achalzik und das ganze Terrain beſtrich das ſich nach Oſten zu vor dieſer Stellung ausdehnte, die mit der Stadt durch lange Verſchanzungen in Verbindung ſtand. Um dieſen Berg far den Fall kennen zu lernen, wo ich mich in der Nothwendigkeit befinden koͤnnte, ihn mit Gewalt nehmen zu muͤſſen, wenn ſich die Stadt etwa vertheidigen ſollte, naͤherte ich mich Abends den feind⸗ lichen Batterien, von denen die Scharfſchuͤtzen ein Flinten⸗ feuer eroͤffneten, und nachdem ich ihn von allen Seiten un⸗ terſucht hatte, uͤberzeugte ich mich, daß es der Stadt ſchwer ſeyn wuͤrde, ſich zu halten, ſobald ich nur erſt Herr dieſer be⸗ ſeſtigten Hoͤhen waͤre; ich entſchloß mich mithin, wenn der Feind bei ſeiner Hartnaͤckigkeit bleiben wuͤrde, ſie am naͤchſten Morgen anzugreifen.

Dem Fuͤrſten Bekowitſch Tſcherkasky, den ich nach Er⸗ zerum zurück ſandte, hatte ich unter Anderm befohlen, mich vor 10 Uhr des Morgens von dem Erfolge ſeiner Unter⸗ handlungen zu benachrichtigen; wirklich ließ er mir auch durch einen der Aelteſten der Stadt, der um 9 Uhr Mor⸗ gens zu mir kam, anzeigen, daß das Volk, welches ſich ver⸗ ſammelt hatte, um über ſein Schickſal einen Beſchluß zu faſſen, die ganze Nacht mit der Berathung uͤber die Frage zugebracht habe, und daß, wiewohl die Mehrheit der Stim⸗ men ſich auf unſere Seite hinneigte, doch, ſobald der gerin ſte Zweifel ſich erhob, ein allgemeines Murren ſich bemerk⸗ bar machte und die bewegte Volksmaſſe ausrief: „Laſſet

2

—huns nicht unſere Religion entehren!“7 Vier Mal hatte

man dieſen Ausruf ertönen hoören und viele Mal war das Haus, in welchem Fuͤrſt Bekowitſch Tſcherkasky ſich befand, von wuͤthenden Volkshaufen umringt worden. Das Volt aͤnderte uͤberhaupt mit jedem Augenblicke ſeine Meinungz denn bald ſchien es zur Uebergabe geneigt, bald aber wi zu dem Entſchluß gekommen zu ſeyn, ſich hartnäͤckig zu vertheidigen. End atte der Fuͤrſt Bekowitſch Tſcherkasky es gegen Morgen, vermöoͤge ſeiner Vorſtellun⸗ gen, dahin gebracht, daß der Seraskier und die Aelteſten der Stadt mir jenen Deputirten zuſandten, um ihren definitiven Entſchluß anzukuͤndigen, mir die Thore Er⸗ erums um 4 Uhr Nachmittags zu öffnen. Da ich jedoch hechnete, daß, wenn etwa der Feind von Neuem ſeine Meinung änderte und wieder zu dem Entſchluß käme, ſich zu vertheidigen, mir alsdann von 4 Uhr Nachmittags bis zum Einbrechen der Nacht zu wenig Zeit bleiben wuͤrde, um den Platz durch Sturm zu nehmen, ſo ſandte ich den Ae teſten und dem Seraskier die Erklärung, daß ich ihnen bis 3 Uhr Nachmittags Zeit laſſen koͤnne, da ich, wenn bis dahin die Schluͤſſel der Stadt nicht uͤbergeben ſeyn den, meine ganze Macht gegen ſie richten wolle. 8 Von des Morgens an hatten inzwiſchen die Batteri⸗ von Top⸗Dag nicht aufgehoͤrt, unſere Vorpoſten und F rageurs zu beſchießen, auf welche auch die Türkiſchen Tira leurs ein beſtaͤndiges Gewehrfeuer unterhielten. Da ich ein unnützen Verluſt von Menſchen zuvorkommen wollte, ſo fahl ich dem Fuͤrſten Bekowitſch Tſcherkasky, den Seraski peremtoriſch aufzufordern, ſeine Truppen aus Top⸗ Dag ruͤckzuziehen, widrigenfalls ich die Weigerung als einen Ent ſchluß anſehen wuͤrde, die Stadt ferner vertheidigen zu woll Drei Uhr kam heran und ich hatte noch keine Ant erhalten. Schon vorher war mir durch den Bedienten Daputirten, welchen mir der Fuüͤrſt Bekowitſch Tſcherkaskth geſandt hatte, ſehr unerwarteter Weiſe mitgetheilt worden” daß der Seraskier in der Stadt eine maͤchtige Parthei haben die ſich der Uebergabe des Platzes widerſetze; ferner, daß bt Truppen ihm ſehr ergeben ſeyen und daß er auf alle unböte liche Weiſe Zeit zu gewinnen ſuche, da er in jedem Augent

5 8

8