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Berlin, 4. Oet. Madame Crelinger trat geſtern, nach
* ihrer Ruͤckkehr aus Wien, wo ihrem Gaſtſpiele die bereits fruͤher gefundene Anerkennung aufs Neue geworden iſt, zum eerſten Male wieder auf. Sie wurde von dem zahlreich ver⸗ 3 Fammetten Publikum — von dem Publikum, das einſt die Anfaͤngerin in der Kunſt durch ſeinen Beifall ermunterte, 2 und ihr bis zur kuͤnſtleriſchen Vollendung Stufe fuͤr Stufe theilnehmend gefolgt war — mit rauſchendem Gruße empfan⸗ gen. Die Rolle der „Gabriele“, welche ſich Madame Cre⸗ Ese zum Wiederauftreten gewaͤhlt hatte, ſcheint mit vielen 1 anderen ſchwachen Rollen das Gluͤck zu theilen, daß ſie von Kahnſtlern, die ſich ihrer Kraft bewußt ſind, gerade erwaͤhlt werden, um dieſe daran darzuthun und zu zeigen, daß auch ohne des Dichters Huͤlfe ein Kunſtwerk aus dem rohen Stoff gebildet werden kann. Das Stuͤck traͤgt alle Schwaͤchen ſei⸗ naes Franzoöͤſiſch⸗Deutſchen Urſprungs; ohne naturtreu zu ſeyn und doch auf die Wirkung des natuͤrlichſten Gefuͤhls — des Mitgefuͤhls — berechnet, wuͤrde es ohne kuͤnſtleriſche Darſtellung eeeiihn hohles Gerippe ſeyn, das den Beſchauer eben ſo, wie jetzt die Deutſchen Ruͤhrſpiele einer nicht laͤngſt vergangenen dece zuruͤckſcheucht. Madame Crelinger ſtellt jedoch in der —Bllinden — einer Figur, die eigentlich nur in ihrer tragiſchen Bedeutung, wie etwa im Lear, oder als Beliſar, auf die “ Baͤhne gehöͤrt — ein ſo anziehendes Bild dar, daß wir mit 4 immer neuer Bewunderung dabei verweilen, und den unkuͤnſt⸗ leriſchen Hintergrund vergeſſen, den der Maler uns dazu ge⸗
geben hat.
Ein ſchreckliches Ereigniß hat vorgeſtern Abend in dem nahegelegenen Etabliſſement Neu⸗Moabit ſtatt gehabt. Nach 11 Uhr traten zwei unbekannte Männer in die Woh⸗ nung des Victualienhaͤndlers Gantzer, daſelbſt und begehrten vpoon der allein anweſenden Ehefrau deſſelben eine Nachther⸗ berge, welche ihnen jedoch verweigert ward. Nachdem ſie hiernaͤchſt noch Brandtwein verzehrt hatten, forderte der Eine derſelben den Andern auf, die Zahlung zu leiſten; alsbald
verſehte dieſer der verehelichten Gantzer mittelſt eines, in ei⸗ nem Schnupftuche eingewickelten Steines einen Schla auf den Kopf, daß ſie Huͤlfe rufend zu Boden ſank. Diie Unbekannten, welche ſich hiernaͤchſt entfernten, wurden vpon dem herbeigeeilten Ehemann der Gantzer und deſſen Kgnechte Schoͤnberg verfolgt, eingeholt, und mit ihnen hand⸗ geemein, wobei jedoch letztere Beide, und zwar der Gantzer durch einen Stich ins Herz, der Schoͤnberg aber durch meh⸗ rere Stiche ermordet wurden. Auch der im Nachbarhauſe eefe⸗ Gaͤrtner Schadow, der Jenen auf ihr Geſchrei zu Huͤlfe eilen wollte, ward von dem ihm an der Thuͤr ſei⸗ nes Hauſes ent “ Boͤſewicht uͤberfallen, und ihm dder Leib aufgeſchlitzt. Die Verbrecher ſind entflohen, die vperehelichte Gantzer aber, und der tödlich verwundete Scha⸗ dow wurden zur Charité gebracht, woſelbſt Letzterer geſtern Nittag geſtorben iſt. 1 — Bei mehreren Landwirthen des Anclamſchen Kreiſes war durch das Entſtehen des Vereins fuͤr Pferdezucht und ferdedreſſur in Berlin, ſo wie auch durch das Beiſpiel der enachbarten Mecklenburgiſchen Gutsbeſitzer, der Gedanke an⸗ eregt worden, ein Pferderennen zu veranſtalten und dadurch das Intereſſe an dieſem wichtigen Zweige der landwirthſchaft⸗ lichen Induſtrie zu ſteigern. an hatte zu dem Ende ein Comité gebildet und mehrere Preiſe . Am 20. Sep⸗ Hee das Rennen auf dem dazu eingerichteten Platze i2
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i der Naͤhe von Spantekow bei Anclam ſtatt gefunden, und s ward dabei die ½ Deutſche Meile im Umfang betragende Beahn von einem Pferde des Oberamtmanns Muͤller in n. Maͤhlenhogen am ſchnellſten, nämlich in der erſten Abtheilung ddes Hauptrennens in 2 Minuten und 20 Secunden, in der weiten aber in 2 Minuten und 25 Secunden durchlaufen, iud daher dieſem der, in einem ſilbernen, inwendig vergol⸗ deten und mit einer Inſchrift verſehenen Pokal beſtehende —auptpreis zu Theil. — — Aus Breslau wird gemeldet: Die unter ſtaͤndiſcher
rers — .
Verwaltung ſtehenden Irren⸗Anſtalten bilden ſich immer
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mehr zu einer angemeſſenen und nuͤtzlichen Wirkſamkeit aus. Die Irren⸗Heil⸗Anſtalt zu Leubus kann zwar noch nicht er⸗ poͤffnet werden, da die bedeutenden Einrichtungsbauten, welche in dem, der Anſtalt uͤberwieſenen Conventgebaͤude gefuͤhrt werden muͤſſen, bei aller Thaͤtigkeit doch nur langſam vor⸗ ruͤcken, weil die beſte und tuͤchtigſte Ausfuͤhrung derſelben ſtreng ins Auge gefaßt wird. Dagegen haben die, im Praͤ⸗ jlaturgebaͤude zu Aufnahme von Gemuͤthskranken aus den hö⸗ heren und wohlhabenden Staͤnden als Penſionairs beſtimm⸗ ten Zimmer ihre vollſtaͤndige Einrichtung erhalten und wer⸗ den in ſolchen mit dem 1. November dieſes Jahres, Pen⸗ ſionairs aufgenommen werden. Bei der Aufnahme derſel⸗ ben werden alle Wuͤnſche zu befriedigen geſucht und wird denſelben neben der gruͤndlichſten aͤrztlichen Behandlung eine beſonders gewaͤhlte Verpflegung und Abwartung zu Theil. Bei der ganz zur Heilung Seelengeſtoͤrter geeigneten Lo⸗ kalitaͤt, laͤßt ſich daher ein erſprießlicher Erfolg der neuen Anſtalt erwarten. Viele Anmeldungen zur Aufnahme in ſolche ſind bereits eingegangen. Die Irren⸗Auf⸗ bewahrungs⸗Anſtalten in Brieg und Plagwitz werden ebenfalls zu Erfuͤllung des Zwecks, fuͤr welchen ſie beſtimmt ſind, angemeſſen eingerichtet und trennt ſich das erſtere In⸗ ſtitut von der Strafanſtalt, mit welcher es bisher verbunden war, völlig. — Vor Kurzem ſind 600 Tonnen, angeblich Ri⸗ gaer Leinſaamen enthaltend, in Breslau, als mit unaͤchtem Sgamen verpackt angehalten worden. Die Bezeichnung der Tonnen ward von Bechverſtändigen als verfaͤlſcht und die Waare als unäͤcht anerkannt. Da der Verkauf dieſer un⸗ aͤchten Waaren gleichwohl nicht gehindert werden konnte und ſelbige frei gegeben werden mußte, ſo bleibt den Landwirthen dringend anzurathen, ſich wegen ihres Saamenbedarfes an die aae ⸗ Handlungshaͤuſer, welche den
andel mit Leinſaamen ſeit —2— betreiben und in ſcherer Verbindung mit den Oſtſee⸗Handelsplaͤtzen ſtehen, zu wenden.
Koeoͤnigliche Schauſpiele. Montag, 5. Oct. Im Schauſpielhauſe: lotti, Trauerſpiel in 5 Abtheilungen, von G. E. Leſſing. Dienſtag, 6. Oet. Im Opernhauſe: Roſe, die Mulle⸗ rin, laͤndliches Singſpiel in 2 Abtheilungen, von Adalbert vom Thale; Muſik von A. Baron von Lauer. (Neu einſtu⸗ dirt. Roſe: Fraͤulein von Schaͤtzel.) Hierauf, zum Erſten⸗ male: Der Triumph der Liebe, anakreontiſches Ballet in 2 Abtheilungen, vom Koͤnigl. Solotänzer Briol; Muſik von Mandanice.
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Koͤnigsſtaͤdtſches Theater.
Montag, 5. Oct. Peter und Paul, Luſtſpiel in 3 Atk⸗
ten. Hierauf: Das Feſt der Handwerker.
Auswartige Boörsen.
Amsterdam, 29. Sept. QOesterr. 5p Ct. Metall. 97 ¾. Bank-Actien 1445. Russ. Engl.
Anl 94 ⁄. Russ. Anl. Hamb., Cert. 92 ⁄. — — 5 z0 ö .2. Oct. esterr. Dt. Metall. 99 ⅞. Part-Ob . Bank-Actien 2 Russ. Engl. . Cna⸗, uf 121. der Hamb.
Poln. Oblig. pr. 1. Nov. 1041.
4 St. Petersburg, 25. 2 n Hamburg 3 Mon. 9¼1. Silber- Rubel 5pCtige Iuscrip-n tionen 93 ⅞. 35
WIen, 29 Sept 5p Ct. Metall. 100 g9. Banf-Actien. 1184. Loose zu 100 Fl.
— Part.-Oblig. 129
— · ö9 S.8 * — Neueſte Boörſen⸗RNachrichten. . , Fnnn, 28. Sept. 3pCtige Rente 81 Fr. 30 Cent. 5 9 Ctige Rente 107 Fr. 30 TCent. .
8 100 zl. 171. furt a. M., 1. Oct. Oeſterr. 58 Metallig. 100 17. Bank⸗Actien 1427. Partial⸗Obligat. 129 . Looſe zu
. * Gedruckt bei A. W. Hayn.
Redacteur John. Mitredacteur Cottel.
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