Wiſſenſchaftliche Die gelehrten Geſellſchaften in London. (Schluß.)

Dr. Galls Kraniologie und Gehirn⸗Entwickelungen ha⸗ ben ſeit 14 Jahren in England und Schottland weit mehr Anhaͤnger 3888 und trotz alles Widerſpruchs gezen ſeine

Organenlehre tiefere Wurzel geſchlagen als in Paris, wo

der Schöͤpfer dieſes Syſtems in den letzten Peh. blos als

praktiſcher Arzt eines großen und verdienten Anſehens genoß, ſeine uͤbrigen Forſchungen aber faſt ganz in Vergeſſenheit gerathen waren. Man hielt das Ganze dort fuͤr eine geniale und materialiſtiſche Schaumblaſe. So neunt auch Damiron in ſeinem viel Wiſſenswerthes enthaltenden: Essai sur l'his- toire de la Philosophie du XIX siecle den Dr. Gall einen

Hzuptling der Ecole sensualistique. Nicht ſo in Großbri⸗

tanien. Dort hat der weit gewandtege und die Liebhabe⸗

rei des gelehrten John Bull ſchnell erfaſſende Gehuͤlfe

Galls, Dr. Spurzheim, als Licentiat beim Collegium

der Londoner Aerzte gefirmelt, und alſo nichts dem, was

man in England ſo gern einen German Quock beritelt durch ſeine verſtändlichen Vorleſungen in allen großen Städ⸗ ten Englands und Schottlands, und ene zahlreichen

Schriften ſich ein großes und glaͤubiges Publikum gewonnen.

Unter den 8 Schriften, die er nach und nach in Engliſcher

Sprache herauszab, iſt ſein Phrenology (denn dies Wort iſt

für dieſe Lehre ausgepraͤgt worden), und ein Compendium

baraus, Outlines, am meiſten geleſen, aber auch angefochten worden. Die im Jahre 1826 unter der Aufſchrift: Charak⸗ ters, mit 34 lithographiſchen Tafeln verſinnlichte Lehre der

Verſchiedenheit der Geſchlechts⸗, Temperaments⸗ und Natio⸗

nal⸗Phyſiognomieen an lauter benannten Koͤpfen, hat die Sache

noch beſchaulicher gemacht. Aber ſeinen groͤßten Triumph feierte Spurzheim d daß ſich ſeit einigen Jahren, ſo⸗ wohl in kenbon als in Edinburg und Glasgow drei Schwe⸗ ſter⸗ Verrine bildeten, die ſich Phrenological Socicties nen⸗ nen, jeden Monat regelmäßig verſammeln, pſychologiſche und craniologiſche Erfahrungen ſich mittheilen, und durch

Beſorgung einer eigenen Zeitſchrift, worin ſie ihre wichtig⸗

ſten Beiträge niederlegen, ihe Phrenological Journal and

Miscellany (Anderſon in Edinburg, Simpkins in London,

Robertſon in Glasgow, fortgeſchritten in den neueſten Num⸗

mern bis XXI.), überall große Theilnahme zu erregen wiſſen.

Spurzheim und ſeine Anhaͤnger ſind klug genug, um den

Grundſatz gegen alle Verdächtigung geltend zu machen, daß

ein weſentlicher Unterſchied zwiſchen der angebornen organi⸗

ſchen Dispoſitien, und ihrer, durch die ganze Conſtirution des Körpers, durch Erziehung und Vernunft⸗Uebung modiſi⸗ cirten Thaͤtigkeit ſey. Dem unbefangenen Beurtheiler aller diefer Seudien kann es nicht entgehen, daß durch die ſo viel⸗ fach angeregte Aufmerkſamkeit auf den Zuſammenhang aͤuße⸗ rer Conſizuration mit dem Menſchen im geſunden und krank⸗ haften Zuſtande wenig fuͤr die Moral, aber viel fuͤr die Pſy⸗ chiatrie gewonnen werden koͤnne, und daß daher dieſe, in Großbritanien mit ſo vieler Liebhaberei Beobach⸗ tung auch den Aerzten und Pſychologen auf dem Feſtlande nicht verborgen bleiden dürfe. In der Sitzung der phreno⸗ logiſchen Geſellſchaft in London (deren Praͤſldent der be⸗ kannte Dr. Joſeph Moor, Vice⸗Präaͤſident Dr. Wright iſt) ain 4. Mai wurde zuerſt die Verſammlung auf ein, vom

Peaſidenten der Royal Medical Socicty in Edinburg, Tho⸗

mas Stone, vorgelegtes Pamphlet uͤber den Mordſinn der

¹ bekannten Erguetſcher Burk, Hare und etniger anderer be⸗ richtigten Möͤrder, mitgetheilt mit Verichtigungen des Dr. Epps, aufmerkſam gemacht. In der Sitzung vom 18ten deſſelben Mo⸗

b nats trug Elliotſon zwei merkwuͤrdige phren ologiſche Faͤlle aus ſei⸗

ner eigenen Praxis vor, worunter beſonders der, von einer Frau

im großen St. Thomas⸗Hospital auffallend war, der ihr ann ihr Kind weggenommen hatte, und die nun von furcht⸗

barem Schwindel ergriffen, gerade an der Stelle des Kopfes,

wo das Organ der Kinderliebe bemerkt wird, das hefttgſte

Kepfweh bekam, weiches zunahm, als man ihr das auf kuͤrze

2 gebrachte Kand wieder entzog. Zwei Pläne über Galls yſtem von Foſſati, uüber Lavater s Phyj ognomik von Dr.

Ottie in Paris warden ten Sitzung der

1 geprüͤft. In der letzte h nun bis zum Rovember vertagenden Ceſegcoft las Tho⸗ mas Alcok eine ſcharfſtanige Athandlung üͤder die beſten

Ausmeſſungen der Schädel mit Borzeigung vieler dazu ge⸗

ho igen Zeichnungen, Schädel und Modelle vom Gehirn vor. Ha kms zeigre eine neue ſchr beaueme Methode, von Leben⸗

achtichten.

FI den abgüſſe ihres ganzen Kopfs zu nehmen, wobei der 2 die unbegueme Lage au 829 Ruͤcken ſich er

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ſparen, und aufrecht ſitzend in dem Stuhl gebüſtet werden kann. Alle ſonſt faſt unvermeidliche Verzerrungen der Ge⸗ ſichtsmuskeln fallen dadurch gaͤnzlich weg. Edward Lance v. Lewesham zeigte den Schaͤdel⸗Abguß eines 30jährigen Stumpfkopfes, an deſſen zuruͤckgedruͤckter Stirn faſt alle Vr⸗ gane fehlten; Henri Behns hingegen die friſch genommene Maske des großen Engliſchen Staatsmannes und Parthei⸗ haupts der Whigs, des Grafen Grey, die den auffallend⸗ ſten Gegenſatz von jenem bildete. Dreißig Abguͤſſe der ver⸗ ſchiedenſten Nationalſchaͤdel in Beſitz der Edinburger Geſell⸗ ſchaft wurden angekuͤndigt.

Ungemein vortheilhaft wirkt auch die vom Herzog von Suſſex praͤſidirte Geſellſchaft der Kuͤnſte Society of Axrts. Sie foͤrdert durch reichliche Preis Vertheilungen und Aufga⸗ ben jeden Zweig mechaniſcher Verbeſſerung auch in den bildenden Kuͤnſten, vorzuͤglich aber die Erfindung neuer Werk⸗ zeuge fuͤr Gewerbe und Ackerbau, wobei auch Preiſe fuͤr Ver⸗ beſſerung der Viehzucht nicht ausgeſchloſſen ſind. Die Preiſe beſtehen in Gold, und Silber⸗Medaillen, wobei auch eine dop⸗ pelte Medaille von einer Cambridge⸗Stiftung, die man Isis- medals nennt, vorkommt. Die aus eifrigen Patrioten beſte⸗ hende zahlreiche Geſellſchaft giebt eine eigene Zeitſchrift heraus, und haͤngt mit dem trefflichen Vereine, Society for the Dif- ſfusion of useful Knowledge genau zuſammen, der ſchon ſo unberechenbaren Nutzen geſtiftet, und an dem edlen Brougham einen ſo thaͤtigen Befoͤrderer hat. Schon einige hundert kleine Fracts, die ganz andere und hellere Anſichten verbrei⸗ ten, als die ſchwaͤrmeriſchen und froͤmmelnden Tracts-Socie- ties in England und auf dem Feſtlande, machen dieſe wohlfeile Bibliothek aus, die auch der Aermſte ſich anſchaffen kann. Das neueſte, was dieſe Library of usefil Knowledge (bei Balrda. win und Crabdock) beſorgt, iſt ein Schul⸗Atlas, jedes Blatt (auf 50 berechnet) 11 Zoll hoch 14 breit aufs Sauberſte in Stahl geſchnitten. Schwarz abgedruckt koſten zwei Karten in einem Umſchlage 1 Shill., colorirt 1 Shill. 6 Pence. Mit dem 1. September erſcheint die erſte Lieferung, das alte und neue Suͤd⸗Griechenland. Die Probe zeigt von der genaueſten Benutzung aller Mittel, und einer in Aufzeich⸗ nung und Schrift lobenswuͤrdigen Genauigkeit. Ueberhaupt fuͤhlt man jetzt auch im Guineen⸗Lande die Nothwendigkeit der wohlfetlen Schillings⸗Ausgaben, und es iſt merkwuͤrdig, daß gerade der Alles uͤberfluͤgeinde Buchhaͤndler John Mur-⸗ ray in Abemarle ſtreet mit ſeiner Family Library, wovon bereits 5 Bärndchen mit Holzſchnitten ausgegeben ſind, den Anfang ſolcher Wohlfeil⸗Ausgaben gemacht hat.

Wie viel andere Vereine, theils fuͤr den Ackerbau, theils fuͤr das Maſchinen, und Fabrikenweſen (wohin die treffliche Society of civil Engineers gehoͤrt) theils fuͤr religiöſe und Sanne aenen gne ſo wie ve- und rein politiſche

wecke, theils für die bildenden Kuͤuſte, und ihre Schauſtel⸗ lungen ſind hier noch zu erwaͤhnen übrig! Dies erfordert wieder eigene Muſterungen, die nicht ausbleiben duͤrfen. Daran ſchließen ſich endlich die zahlreichen Literary and phi- losophical Societies mit ihren Muſeen und Apparaten zu Vorſeſungen, die Horticultural Societies (unter welchen ſich die zu Windſor und Roß auszeichnen) und die Mechantes Institutions, die Scientific Institutions, bie mineralogiſchen Geſellſchaften u. ſ. w. in allen namhaften Hanbels“ Und Fabrikſtädten Englands und Schottlands, welche als ſo viele Radien der Vereinspunkte in der Metropole anzuſehen ſind. Auch dieſe verdienen, nach ihren Satzungen, Einrichtungen, Bibliotheken und Verzweigungen 2 gekannt zu werden.

Wite erwoͤhnen hier nur votläuſig noch der Hoyal Geoo logical S ciety of CGornwal, die 1814 geſtiftet, wohl mit der Linnavan und Wernerian Society in London die thͤaa’ tigſte in ihren Verhandlungen im Fache der Naturgeſchichte iſt. Ihr eigentlicher Sitz iſt in Cornwall ſelbſt, wo die wichtigen Kupfer, und Zinn⸗Bergwerke ſtets nenen Stoff ur Beobachtung und zu Verſuchen in der Metallurgie dar⸗ Die FPransactions of the R. Geological Soclety 01 Cornwall, wovon der dritte Band in Penzance, dem Haupt⸗ ſitz der Geſellſchaft in Cornwall 1827 (378 S. in gr. 8 9) erſchienen iſt, gehören zu den ſachreichſten, und ſind zu went gekannt. Die gediegenſten Beitraͤge dazu liefert der dur⸗ ſeine Reiſen in Griechenland aus einer finſ⸗ ühmte John Hawkt in es s. rüͤhmte John Hawkins, der einer der dankbe

ankbarſten Schuͤler

2* in Freiburg, wo er einige Jahre ebte, noch jetzt eine große Vorlie 9

und Literatur in ſich bewahrt 8 fan Dautſche Ferſchäns .

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