1819 / 101 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 18 Dec 1819 18:00:01 GMT) scan diff

3. Da man vermuthet, daß auch in dem ge

vorgeschriebenen Alter der Abgeordneten eine Abänd:⸗ rung beabsichtigt werde, so merken wir an, daß die Verfaßungs⸗Urkunde solches auf das vollendete aoste Jahr bestimmt hat. Die Königl. Verordnung vom 15. Jul. 1815 änderte dieses auf das zurückgelegte

abste Jahr ab, aber die Verordnung vom 5. Septbr.

1816 stellte das hoste Jahr, der Charte gemäß, wie⸗ der her.

Die Abänderungen, die der Koͤnig in den Jahren 1315 und 1816 zu treffen nöthig fand, sind durch

Verordnungen (ordonances) bestimmt worden. Nach den Aeuserungen im Moniteur und im Journal de Paris würden die Veränderungen, welche der König jetzt be⸗ absichtigt, in Form eines Gesetzes den Kammern zur

Berathung vorgelegt werden.

Aluf eine Abänderung des Wahlgesetzes vom 5. Febr. 1817 haben diese Gegenstände keine Beziehung; es ist nur von einer Abänderung der Verfaßungs⸗Ur⸗ kunde die Rede, insofern sie Vorschriften über die Formation der Kammer der Abgeordneten enthält.

e neue Sekte in Ostindien. Seeit die Britten in Kalkutta ein Bisthum errich⸗ tet und dadurch eine christliche Kirche in Ostindien gegründet haben, verbreitet sich das Christenthum da⸗ selbst um so schneller, je mehr die Macht der Britren selbst an Umfang und Festigkeit gewinnt. Um so merkwürdiger ist die Erscheinung einer neuen Indi⸗ schen Sekte, von welcher Herr d’'Acosta, Herausge⸗ ber der Zeitung in Kalkutta, Nachricht giebt.

Rammohon⸗Roe⸗Banoudia ist der Sohn eines reichen Braminen, der sich aus Abneigung ge⸗ gen die despotische Herrschaft des Moguls, von Mur⸗ schedabad, der ehemaligen Hauptstadt Bengalens, in

das Gebiet der Engländer begeben hatte. Er ließ den Sohn, der 1780 geboren wurde, in der Persischen und Arabischen Sprache, wie im Sanskrit unterrich⸗ ten. Seine Arabischen Lehrer machten ihn mit den Schriften des Aristoteles und Euklides bekannt. Das Studium und der Umgang mit gebildeten Mu⸗ selmännern machten ihn an dem Glauben der Brami⸗ nen irre, und führten ihn zu Untersuchungen über die Religion der Hindus, der Muselmänner und der Chri⸗ sten. Nach dem Tode seines Vaters, als er etwa 25 Jahr alt war, ließ er sich in Murschedabad nieder, und machte daselbst eine Schrift „Wider den Götzen⸗ dienst aller Religionen“ in Persischer Sprache mit ei⸗ ner Arabischen Vorrede bekannt. Diese Schrift zog ihm von Seiten der Muselmänner und der Hindus zahlreiche Feinde zu, und er sah sich im Jahr 1814 genöthigt, um ihren Verfolgungen zu entgehen, Kal⸗ kutta zu seinem Aufenthalte zu wählen. Hier kaufte er sich ein auf Europäische Art gebautes Haus, be⸗ schäftigte sich mit der Englischen Sprache, lernte La⸗ tein und ließ sich von einem Teutschen, Namens Ma⸗ kay, einem Manne von philosophischem Geiste, in der Mathematik unterrichten. Etwa 12 seiner Landsleute die durch ihren Rang und ihren Reichthum ausge⸗ zeichnet sind, ließen sich für seine religiösen Meinun⸗ gen gewinnen und mit ihrer Hilfe hat er eine Sekte gestiftet, die vielleicht 1000 Anhänger zählt. Er nennt seine Lehre den Einheitglauben, erklärt aber, daß er nur die Moral des Evangeliums anerkenne. Seine Anhänger versammeln sich jeden Sonntag bei ihm, eßen, trinken und singen Lieder in Sanskriti⸗ scher oder Bengalischer Sprache zur Ehre des Einen wahren Gotres. Die Hindus, deren Religion er ver⸗ achtet, haben ihm auf allerhand Ar chgestellt; a

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sein Verstand, seine Festigkeit, seine Kenntniße und sein Geld, haben ihn noch immer vor dem Banne ge⸗ schützt, dem er sonst schon längst unterworfen worden wäre. Er sucht ihn zu vermeiden, weil er dadurch selbst aus der Gefellschaft seiner Frau und seines ein⸗ zigen Sohnes gestoßen werden wurde. Eben deshalb bewirthet er täglich eine Zahl von Braminen bei sich, weil sie, sobald sie nur ein einzigesmal bei ihm ge⸗ geßen, in seinen Bann mitbegriffen werden würden. Er unterhält auf seine Kosten eine Unterrichtanstalt für etwa 50 Kinder, die im Sanskrit, im Englischen und in der Geographie unterwiesen werden. Seine Hauptangriffe richtet er wider das Indische Kasten⸗ Wesen, dem er alles Verderbnis der Nation zuschreidt, aber nur aus den heiligen Schriften der Indier selbst führt er seine Beweise, indem er seine Würde, als Bramine, geltend macht, um seine Lanosleute über den wahren Sinn und die wirklichen Gebote ihrer heili⸗ gen Schriften zu belehren.

Alle 6 Monate macht er eine Schrift, worin er seinen Theismus näher auseinandersetzt, in Englischer oder Inbischer Sprache bekannt, und widerlegt die

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Blätter, die zu Kalkutta und Madras wider ihn er⸗

scheinen. Ein Bramin zu Kalkutta hat in einem Werke „Ueber den gegenwärtigen Zustand des Gottes⸗ dienstes der Hindus“ das Indische Göottersystem, be⸗ stehend in 5330 Millionen Göttern und Goͤttinnen, wi⸗ der ihn zu rechtfertigen unternommen. Seine eigene Familie widersetzt sich seiner Reforma ion am lebhaf⸗ testen, und selbst seine Frau ist ihm nicht noch Kal⸗ kuͤrta gefolgt. Mit dem meisten Fanatismus geht seine Mutter wider ihn zu Werke. Wider die abscheu⸗ liche Gewohnheit einiger Gegenden seines Vaterlan⸗ des, die Wirtwen mit oen Leichen ihrer Männer le⸗ bendig zu verbrennen, hat er im December v. J. ano⸗ nym gesc⸗rieben und das Werk häufig vertheilen lapen. Sein Gemüth ist über seme Landsleute bei weitem erhaben. Er besitzt, wie sie, den Geist der Ordn ang und der Sparsamkeit, und kennt das Geld, aber er ist von allen kaufmäannischen Spekulationen, dem Haupt⸗ gewerbe der Indier en fernt, und lebt von den Ein⸗ zünfren der Landgüter, die ihm seine Eltern hinter⸗ laßen haben. Er würde zwar ein Amt von der Eng⸗ lischen Regierung annehmen, aber gewiß nicht we⸗ gen des Gehaltes, und es scheint, das diese sich hüͤten werde, ihn auf die Probe zu stellen, da es schwerlich in ihrem Intereße liegt, einen Ingebornen von sol— chem Geiste zu befördern, zumal da er im Umgange halb ernsthaft halb scherzend zu verstehen gieht, was er zu Gunsten seiner Landslenke wol im Sinne ha⸗ ben könnte. Dabei lebt er in sehr freunschaftlichen Verhaltnißen mit verschiedenen Europäern, die sich durch ihren Rang und durch ihre Verdienste auszeich⸗ nen. Seit einigen Johren sieht man ihn seltner in Gesellschaft. Er ist von großem und starkem Körper⸗ baue, sein Blick ist gewöhnlich ernst, doch sehr ange⸗ nehm, sobald er sich belebt. Sein ganzes Wesen ver⸗ räth vom ersten Augenblicke an einen ungewöhnlichen Menschen. Er spricht viel von einer Reise nach Eu⸗ ropa, doch muß er erst der Vorurtheile seiner Lands⸗ leute sich mehr versichert halten, da den Braminen eine solche Reise nicht gestateet ist, und er in den Bann zu gerathen Gefahr laufen würde. Den Um⸗ gang mit Frauenzimmenn vermeidet er ganz, woran vielleicht sein Verhältnis gegen seine Fawilie am meist n schuld ist.

Wenn die Bestrebungen dieses Weltweisen unter den Hindus nicht volitischer Natur sind, so ist doch wol zu erwarten, daß seine Reformation einen Ueber⸗ gang dieser Sekte zum Christenthume zur Folge ha⸗ ben werde. 1

Berlin, vom 18. December. Se. Majestät

Ehrenzeichen zweiter Klaße zu verleihen geruhet. f

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schen Landes⸗Kommißion vom 2. November 1818 sind

Miit Bezugnahme auf die von dem Königlichen Minist

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der König haben dem Kaiserlich Rußischen General⸗ Lieutenant Kurrutta, General⸗Aödjutanten Sr. Kai⸗ serlichen Hoheit des Großfürsten Constantin von Rußland, den rothen Adler⸗Orden erster Klaße zu verleihen geruhet.

Se. Majestät der König haben dem Dorf⸗ Schulzen Kieckhofel zu Piepenburg das allgemeine

Der Justiz⸗Kommißarius Freuding zu Großen⸗ Salze ist auch zum Notarius publicus in dem Depar⸗ tement des Ober⸗Landesgerichtes zu Magdeburg be⸗ stellt worden.

Der Justiz⸗Kommißarius Forckenbeck zu Dül⸗ men ist auch zum Notarins publicus in dem Depar⸗ tement des Ober⸗ Münster bestellt

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Nach einer Bekanntmachung der die Inhaber der sogenannten Kompensations⸗Scheine, deren Vertretung durch die Konvention vom 25. Jul. 1817 von Seiten des Königreiches Sachsen übernom⸗ men worden ist, aufgefodert worden, sich spätestens bis zum einunddreißigsten dieses Monats bei der Haupt⸗Ausgleichungs⸗Kaße zu Dresden zu melden und der baaren Einlösung der gedachten Scheine ge⸗ wärtig zu seyn. Bei späterer Anmeldung werden die Ansprüche für erloschen geachtet werden. Allen diesseitigen Unterthanen, in deren Händen sich noch dergleichen Scheine befinden könnten, wird dies zu ihrer Nachachtung hiermit bekannt gemacht. Berlin, den 15. December 1619. 1u u“ Ministerium des Inneren,

ium des Schatzes und für das Staats⸗Kredit⸗

Wesen in den öffentlichen und Provinzial⸗Amts⸗Blät⸗ tern erlaßenen Bekanntmachungen, werden sämmtliche Gerichts-Behörden hiedurch aufgefodert, die in ihrem Gewahrsam befindlichen Staats⸗Papiere, welche nach den darüber ergangenen speciellen Verordnungen theils zur baaren Einlösung, theils zur Umschreibung in Staats⸗Schuldscheine geeignet und hinsichtlich deren die festgesetzten Präklusions⸗Termine noch nicht abge⸗ laufen sind, bei eigener Verantwortung ungesäumt zur baaren Einlösung oder zur Umschreiobung einzureichen. Berlin, den 10. December 1819.

. v1 Heeute wird das 22ste Stuͤck der Gesetzsammlung ausge⸗ geben, welches enthaͤlt: No. 567. die allerhoͤchste Kabinetsordre vom 7. Mai 1818, se Beurlaubungen von Officieren es stehenden Heeres betreffend; v“ No. 568. die Verordnung wegen Anwendung der Preu⸗ ßischen Gesetze in den ehemaligen Schwarzburg⸗Rudol⸗ 1 stͤdtischen Aemtern Heringen und Kelbra, vom 20o. Oktober 1819; No. 569. die allerhoͤchste Kabinetsordre vom 29 desselb. Mconats, daß der vom 1. Jüuli 1814 bis zum letzten 8 Maͤrz 1816 gestellte Vorspann, als eine vom Staate zu verguͤtende Kriegsleistung nicht angesehen werden soll; No. 570. der Zoll⸗Tarif fuͤr die Weichsel⸗Schiff⸗ Brucke bei Kurzebrack, vom 3. November c. ; No. 571. die Verordnung wegen Anwendung des Edikts vom 14. September 1811, die Regulirung der guts⸗ herrlichen und baͤuerlichen Verhältniße be⸗ treffend, auf den Kottbuser Kreis, vom 18. No⸗ vh. 8Gb“ 8 No. 572. die Verordnüng wegen Aufhebung des §. 247. ETit. 5. Theil lt. des Allgemeinen Landrechtes, in Ruͤck⸗ siicht neuer Windmuͤhlen⸗Anlagen, de eod. dato; und

No. 573. die Verordnung wegen Zulaßung und Einrich⸗ tung einer dritten Instanz in den gursherrlichen und baͤuerlichen Prozeßen, aus dem Edikte vom 14. Sep⸗ tember 1811; de dato den 29. November d. J. Bertin, den 15. December 1819. .““ Koͤnigl. Pr. Debit⸗Komtoir f. d. Allgem. Gesetzsammlun