1820 / 18 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 29 Feb 1820 18:00:01 GMT) scan diff

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Ueber Spanien enthalten unsre Blätter Nach⸗ richten bis zum 7. aus Madrid und bis zum 3. aus Kadix. (Sie stimmen mit demjenigen überein, was wir im vorigen Stücke dieser Zeitung schon angeführt haben. Es scheint, als ob Freyre Hofnung habe, die Rebellion ohne ferneres Blutvergießen zu dämpfen, und von Seiten der Aufrührer eine Kapitulation er⸗ warte. Das von ihnen nach Tarifa abgeschickte De⸗ taschement ist auch nach diesen Nachrichten zerstreut,

doch weniger bedeutend gewesen.)

London, vom 15. Februar. Die feierliche Beer⸗ igung des Herzogs von Kent geschah zu Windsor am 12. d. und morgen wird das Leichenbegängnis des Königes stattfinden, welchem Se. Majestät, nach der Erklärung der Aerzte, nicht beiwohnen können. Der König hat nunmehr das Kirchengebet abgeän⸗ dert. Bis auf die Fürbitte für den Prinzen und die Prinzeßin von Wales, welche wegfällt, bleibt die bisherige Liturgie.

Nach unsern Zeitungen haben die Niederländischen Truppen bei der Belagerung von Palembang, auf der Insel Sumatra, einen bedeutenden Verlust erlit⸗ ten und sich bereits auf die kleine Insel Banka zu⸗ rückziehn müßen. Der Sultan von Palembang, den sie zum Anerkenntnis ihrer Oberherrschaft nöthigen wollten, ist derselbe, den die Niederländische Regierung selbst, mit Vertreibung des von den Engländern wäh⸗ rend ihres Besitzes von Java anerkannten Sultans, eingesetzt hatte. v“

Konstantinopel, vom 10. Februar. Das Ge⸗ rücht von der Absetzung des Großwesirs, wel⸗ ches seit längerer Zeit im Umlauf gewesen, ist am 5. Jan. d. J. mit Tagesanbruch in Erfüllung gegangen, indem Derwisch Mohammed Pascha, seit zwei Jah— ren oberster Wesir des Osmanischen Reiches, an ge⸗ dachtem Morgen das großherrliche Siegel abliefern müßen, wobei ihm angedeutet worden, daß der Sul⸗ tan ihn zwar im Besitze seines gesammten Vermögens laße, ihm aber Gallipoli zum ferneren Aufenthalte anweise, wohin derselbe auch sogleich abreiste. Der neu-ernannte Großwesir, seit kurzem erst von dem Paschalik Morea nach dem von Brußa übersetzt, heißt Eßeid Ali Pascha, und ist noch nicht 40 Jahre alt. Ueber die Ursache der Absetzung des bisherigen Großwesirs, welche man übrigens dem bekannten politischen Grundsatze der Sultane, nie dasselbe In⸗ dividuum zu lange auf diesem hohen Posten zu laßen, zuschreiben darf, spricht sich das, bei Eßeid Ali Pascha's feierlicher Installirung promulgirte Hatti⸗ Scherif (kaiserliche Handschreiben) folgendermaaßen aus:

Mein geehrtester Wesir Ali Pascha!“

Nachdem Ich dir durch die wohlwollendsten Grüße Meine Gnade und Wohlgefallen bezeugt, mache Ich dir Folgendes kund: Da Ich neuerlich die Ueberzeu⸗ gung erlangt habe, daß dein Vorgänger, Derwisch Pascha, sowol seiner schwächlichen Gesundheit hal⸗

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als wegen seiner zu milden und nachgiebigen Gr⸗ l

müthsart zur Leitung und Verwaltung der Geschäftt

Meines Kaiserreiches und der rechtgläubigen Bewoh⸗ ner desselben, nicht die gehörige Kraft und Energie be⸗ sitze, so habe Ich bekannt mit deinem Eifer und der Rechtlichkeit, welche du bei den dir früher über⸗ tragenen Angelegenheiten bewiesen hattest dich aus der Mitte der Wesire deines Gleichen erlesen und dir das Staatssiegel anvertraut. Zeige dich demnach dieses hohen Vertrauens würdig. Trage eifrige Sorge für die Angelegenheiten der Rechtgläubigen und für Ueberfluß an Lebensbedürfnißen in der Hauptstadt Meines Kaiserreiches. Mache, daß die Armen und die Raaja's (nicht⸗mohammedanische Unterthanen) für die Dauer Meiner Macht beten mögen, und schließe dich mit Geist und Herz an Jene an, die sich mit Ei⸗ fer und mit Redlichkeit dem Dienste Meines Reichen widmen. Alle, die im Verein mit dir, Fleiß, Eifn und Thätigkeit in den Geschäften Meiner hohen Pforte bewähren, sollen in beiden Welten der Erfül⸗ lung ihrer Wünsche theilhaftig werden. Amen!“ Spanisches Amerika. Nach Londner Blät⸗ tern hatte Lord Cochrane die Blokade von Limaͤ abermals aufgehoben und war mit seiner auf 18 Se⸗

gel vermehrten Flotte nach Valparaiso in Chili zu⸗

rückgekehrt. Die Marinesoldaten dieser Flotte werden von einem jungen Teutschen befehligt, der als Frei⸗ williger unter den Preußischen Truppen an den Feld⸗ zügen von 18 ½2 Theil genommen, nachmals in Han⸗ delsg eschäften nach Buenos⸗Ahyres gereist, und aus ein⸗ mal gefaßter Neigung für den Soldatenstand in die Dienste des Staates von Chili getreten war. (Seine letzten Nachrichten sind noch vom August v. J. und aus San Jago datirt. Sie enthalten nichts Erheb⸗ liches. Doch spricht er günstig über die Lage der Chi⸗ lesen. Nach seiner Versicherung hat der Staat von Buenos⸗Ayres 40,000 Indianer unter den Waffen.) Inkanb.

Berlin, vom 23. Februar. Da die bisherige Gestaltung der Garnison⸗Bataillone, wie die Erfah⸗ rung gezeigt hat, weder ihrem eigentlichen Zwecke noch dem bestehenden Ergänzungssysteme entsprach, indem sie hienach nicht an dazu geeigneter Mannschaft voll— zählig zu erhalten waren, sondern mit Leuten ergänzt werden mußten, die dem stehenden Heere verpflichtet waren, um den Festungsdienst, der diesen Truppen hauptsächlich obliegt, versehen zu können; so haben des Königs Majestät beschloßen, denselben die

vor 1813 gehabte Einrichtung wiederzugeben und hie⸗

bei, durch ihre Verminderung auf die prinzipmäßig dazu geeigneten Leute, zugleich eine Ersparnis im Militair⸗Etat eintreten zu laßen.

Die jetzt bestehenden Garnison⸗Bataillone (über⸗ haupt 72 Kompagnien) werden dem gemäß auf 54 Garnison⸗Kompagnien, jede höchstens 100 Köpfe stark, reducirt. Jedes Linien⸗Infant. Regt. erhält zur Aufnahme seiner Halb⸗Invaliden eine Garnison⸗ Komp., und einer jeden Division wird außerdem 1

deral. Komp⸗ zugetheilt, in welcht die halb⸗invalidrn

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““ dDeute der Kavallerie und der übrigen Waffen aufge⸗ nommen werden. Se. Majestät haben demnächst der Behörde aufgetragen näher zu prüfen, inwiefern es zuläßig und mit dem Etat vereinbar seyn dürfte, die Lage dieser Veteranen zu verbeßern, welche ihre Kräfte im Dienste des stehenden Heeres aufgeopfert und da⸗ her auf besondere Berücksichtigung Anspruch haben.

Aktenmäßige Nachrichten über die revolu⸗ tionairen Umtriebe in Teutschland. (Fortsetzung.)

Wenn schon aus der Tendenz der teutschen De⸗ magogen hervorgehet, daß Haß gegen die monarchi⸗ sche Regierungsform und gegen die Fürsten zu ihren

Grundsatzen gehört: so entholten auch die bis jetzt

vorliegenden Akren viele Beläge dieses Fürstenhaßes,

der oft in Billigung des Fürstenmordes und selbst in

Auffoderung zu demselben überging. 1 Besonders äuserte sich der Haß in den, auf meh⸗

ren Universitäten bestehenden, engeren Vereinen, wie

nachstehende gerichtliche Geständniße bestätigen. Es gesteht nämlich: u.“ Jb“ Der Student P. zum Protokoll vom 10. Juni 1829. „Soͤviel weiß ich, daäß in der Zusämmenkunft zu W. übel über die Fürsten gesprochen worden, welches einen übeln Eindruck auf mich und Einige machte und uns bestimmte, uns von den Schwarzen zurückzuziehen.’“ Der Student B. zum Protokolle vom 7. Juni 1819: „In einer Versammlung zu W. ward auf eine mich empörende Art über bie Fürsten raisoönnirt und sich sogar, von wem weiß ich nicht, die Aeuse⸗ rung erlaubt, man wünsche ihnen einen Dolch in die Brust stoßen zu können; ich zog mich von dieser Ge⸗ sellschaft zurück, da sie keine günstigen Gesinnungen gegen die Regenten zu hegen schien;“ welchem er in dem Protokolle vom 10. desselben Monats hinzufügt: „ich muß zur Berichtigung anführen, daß ich zwaͤr die Aeuserung wegen Erdolchung der Fürsten mich bestimmt erinnere von den Schwarzen vernommen zu haben, und auch glaube, daß dies bei dem Spazier⸗ gange nach W. und dem Aufenthalte daselbst gesche⸗ hen ist, doch aber das letztere nicht mit völliger Gewis⸗ cacc111444*“ Der Student B. gesteht zum Protokolle vom 5ten August 1819: „In W. wurde der in dem Rescripte gebrauchte Ausdruck „Unterthanen“ als unpassend ge⸗ tadelt, und auch sich bei dieser Gelegenheit etwas hef⸗ tig gegen die Fürsten geäusert.“ Und der Student G. zum Protokolle vom 25. August 1819: „Es wur⸗ den zu W. noch mehre Reden geführt, die mir nicht gefielen. P. F. sagte bei Gelegenheit des in einem Rescripte gebrauchten Ausdruckes „Unterthanen“ über welchen Ausdruck gelacht ward, daß der Ochse seinem Herrn auch unterthan sey. Sodann warf S. die Frage auf: Wenn der Jemand etwas Ungerechtes unternähme, z. B. einen unge: rechten Krieg, ob man in diesem Falle auf die Seite des Landesherrn oder des Anderen treten müße? wel⸗ che Frage dahin beantwortet ward, daß man in einem soölchen Falle nicht auf die Seite des Landesherrn treten dürfe.“ 11“ Der E..... ausert in einem, bei einem seiner Kommilitonen in Beschlag genommenen Aufsatze, in Beziehung auf das Turnverbot: „Will man Euch, Söhne des Vaterlandes, noch länger mit der Regie⸗ rungsfolter zwicken, um Euch z“ Knechten der Ty⸗ rannen zu machen? Nein! das kann, darf und muß nicht seyn; so lange noch einer von Euch ein gesun⸗

des frisches Herz im Leibe hat, so lange sollt Ihr wacker gegen die Zwingherrn⸗Wuth und Brut käm⸗ pfen, und sie vernichten, daß kein Gebein von dieser schändlichen Race bleibt.“”O I1 Der A. B. erklärt zum Protokolle vom 3. August 1819: „Wie ich damals gehört habe, ist auf der

ersammlung zu St. von einem Individuum, dießen

Diejenige Mannschaft in den bisherigen Garnison⸗

Bataillonen, welche zum Dienste im stehenden Heere

noch verpflichtet, wegen des Festungs⸗ und Garnison⸗ Dienstes aber unentbehrlich ist, wird in 16 Feld⸗ Kompagnien den Reserve⸗Regimentern zugetheild, so daß in der Folge 8 Reserve⸗Regimenter, jedes zu 2 Bataͤlllonen, bestehen werden. 8

Namen mir aber nicht bekannt ist, die Frage aufge⸗ worfen, ob es jetzt Zeit sey, die Fürsten zu moͤrden? es ist aber, ohne darüber zu streiten, diese Frage so⸗ gleich verworfen worden.“ Der Student H. äusert in einem Briefe vom 23. April 1819: „Sand ist ein edler Mensch, er hätte aber seinen Dolch einem Beßeren spaͤren sollen. Wäre durch Sands Dolch ein Fürst gefallen, ein solches Aas hätte die Adler zuüm Kampfe herbeigelockt, hätte die Völker geschuüttelt und die gebundene Kraft ge⸗ Selbst der Gymnasiast L. beschäftigte sich mit sol⸗ chen Gegenständen, und versicherte: „Alle Acht und Dreißig (nach seinem nachherigen Geständniße die Fürsten des teutschen Bundes) zu tödten, ist ein leichtes Ding, ein Werk des Augenblicks!“”“ Der Student W., Mitglied des engeren Vereines zu J. äuserte in einem undatirten Briefe an seinen Bruder. „Man hat cs mir vielfältig und sehr in meine Seele hinein verargen wollen, daß ich nicht einstimme in das Geschrei des Berges, die meinen, maͤn müße den König enchaupten; worin noch nicht alle einstim⸗ men, das halte ich noch nicht zeitizg.

Wenn der W. hierüber vernommen, diesem Aus⸗ drucke einen bildlichen Sinn dahin giebt, daß er gegen mehre Andere, die, wie im Konvente der Verg, über⸗ spannte Anträge gemacht, sich erklärt habe: so gehet doch selost aus diesem Geständniße hervor, daß im Vereine zu IJ... bereils eine Parthey vorhanden gewe sen, welche in ihren Anträgen dem Bekge im Konvent gleich zu stellen, und daß der W. diesen Anträgen sich nur deshalb widersetzt hobe, weil ziee noch nicht zeitig, und daß sie deshalb noch nicht zeitig, weil noch nicht Ganz vorzüglich waren aber die, für das Volk und besonders für die Turner⸗Jugend und Turnplätze ge⸗ dichteten, Lieder zur Verbreituͤng solcher empörenden Grundsätze bestimmt. So heißt es z. B. in Linem bei F. ⸗** gefundenen Liede: 8 WMWMie nach dem Himmelreich, So nach dem Teutschen Reich Trachtet Bruͤder AUund mit der 38 Tracht nieder und in dem sogenannten „Turners G Der Volksmacht Wiege, Dein 8 Tyrannei. Wird gezimmert aus dem Baume der Turnerei.

Stimmen frischer Jugend von Ad. Lud. Follenius 1819“ herausgegebenen Sammlung von Turn⸗ und Jugendliedern unter andern: Einfach und Zläubig sey, Kräftig und keusch und frey, Herrmanns Geschlecht. Zwingherrnmacht, Knechtewih Malmt Gottes Racheblitz; Euch sey der Königssitz 8 IFreihrit und Recht In Linem aubern Liede— Ja, bei Gott und Vaterland! verdercchh Wolhnn wir der Gewaltherrn letzte Spur. HPHeeil Dir, Bruderbund! den wir beschworen. Heil Dir, Freiheitswiege, Zwingherrngröft! Und in einem anderen: b Fürsten, Eure Gauklerkunst, SGSott spricht Ja, Ihr aber Nei„, Bis Er fährt im Donnerschein Au. Euch zu zermaluun