1820 / 18 p. 3 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 29 Feb 1820 18:00:01 GMT) scan diff

8 In einem, in mehren Gegenden Teutschländs un⸗

ter dem Volke verbreiteten Liede, kommen folgende

Strophen vor: 1 Dann wirds, dann bleibts nur gut, Wenn Du an Gut und Blut, Wagst Gut und Blur; b Wenn Du Gewehr und Art Schlachtbeil und Sense packst, Zwingherrn den Kopf zerhackst, Brenn alter Muth! Bruder in Gold und Seid, Bruͤder im Bauernkleid, Gebt Euch die Hand. G Allen ruft Teutschlands Noth Allen des Herrn Gebot: Schlagt Eure Plager todt

8 Rettet das Land! ““ Niachstehendes, in Beschlag genommene, junger Hu⸗ ronen wahrhaft würdige Turnlied beweiset die Gesin⸗ nungen des Verfaßers, so wie diejenigen, zu welchen man die teutsche Jugend vorzubereiten und zu ver⸗ leiten beabsichtigte:

8 Volksschmerz Freiheitsblut,

Zuckt das Erz Auf dein Herz Zwingherrnbrut? RNuͤhrt Dich solch Leiden nicht, Teufelsmolch? Freiheits⸗Dolch, Zaudre nicht!

Wie nach dem Himmelreiche,

So nach dem teutschen Reiche

Trachtet, Bruͤder! 1u1“ Und mit der acht und dreißi 2acht nieber; Doch es summen die Zuüngers ü Frisch, fröhlich und frei, 1¹]

Die muthigen Soͤhne der Turnerei. Stern⸗Augen funkeln,

Die Schwerrer sind blos,

So klingt der Freiheit

Drommeten⸗Stos.

Auf den Kalk

Gießt die Fluth.

Bebst du Schalk?

Freiheits⸗Falk

Auf die Brut! v Tod des Herrn, wie des Knechts, Fodert der Engel des Menschengeschlechts!

Das Herz spricht zum Herzen,

Die blutigen Kerzen

Mach hell in der Rechten,

Die Wage des Rechts!

Freiheitsmeßer gezuͤckt, Hurrahl den Dolch in die Kehle gedruͤckt! Mit Purpurgewaͤndern b

Mit Kronen und Buäͤndern

Zum Rache⸗Altar 8

Ist das Opfer geschmuͤckt

Wißenschaftliche Nachricht. Man liest jetzt in Paris die Rede, die Herr Sta⸗ pfer, Mitglied des Verwaltungsausschußes der dorti⸗ gen Protestantischen Bibelgesellschaft in der General⸗

Versammlung der Gesellschaft, deren Präsident der Pair und Staatsminister Marquis von Jaucourt ist, am 6. Decbr. v. J. gehalten, und unter dem Ti⸗ tel „Historische Betrachtungen über die Arbeiten der Bibelgesellschaft, und daß sie mit den Wegen der Vor⸗ sehung und mit den Angelegenheiten des Christenthu⸗ mes übereinstimmen“ zum Drucke befördert hat. Die Schrift ist von einem Anhange begleitet, der einige vom Abbe de la Mennais erhobene Einwürfe wi⸗ der die Zwecke der Gesellschaft, einer gründlichen, ob⸗ wol wenig schwierigen Prüfung unterwirft. Herr

Hns

Stapfer schein

Gegner auch nur deshalb beschäftiget zu haben, weil derselbe sich des Organes des ons ateur, einer Zeit⸗ schrift bedient hat, welche sich eines sehr großen Ein⸗ flußes auf die höheren Klaßen der Gesellschaft erfreut. Die in einer würdigen und überzeugenden Sprachs abgefaßte Rede verdient von Allen gelesen zu werden, denen die Angelegenheit des Ehristenthumes, nicht blos der Protestantischen Kirche, wahrhaft am Herzen liegt. „Wollen, was der Herr der Welten will, (heißt es S. 3.) ist eine Lehre, die schon von den Weisen Grie⸗ chenlands eingeschärft wurde. Welchen heiligen Ka⸗ rakter aber empfängt sie nicht in den Augen des Chri⸗ sten, der im Gange der Weltbegebenhei en nicht blos die nothwendige Wirkung der un bänbderlichen Gesetze und Beschlüße eines unerbittlichen Verhäugnt es, sondern überall die gnädigen Verfügungen ines Va⸗ ters und eines Beschützers erblickt! Grobe und sch ef⸗ finnige Geister, Geschichtforscher die sich eben so sehr durch ihr freies Urtheil und burch die Un bhangigkeit ihrer Meinungen, als durch ihre Einsichten unod chen Tiefsinn auszeichneten, haben an dem sanellen Fort⸗ schritte, dem unwiderstehlichen Wachsthaͤme und dem entschiebenen Triumpfe des Christenthumes, eine Schuft von der Hand Gottes in den mannichfaltigen Scick⸗ salen des Menschengeschlechtes wahrzenommen. Die⸗ ser Gedanke liegt vem orzüglichsten Werke Bossuers zum Grunde; dies ist die Meinung des geistreichen Robertson (in einer Rede über den Zustano der Welt bei der Ankunft des Heilandes; diese uch Leßings, eines der Universal⸗Geister, aber a”uch der größten Zweifler des vorigen Jahrhunderts (in der Schrift „Die Erziehung des Menschengeschlechtes”); Dieses war die Ueberzeugung eines Gelehrten, des gründ⸗ lichsten Geschichtforschers den das aufgeklärte Eyropa deseßen, Johaunes v. Müller, der diesen Glauben vekannt und vertheidiget, nachdem er lange Zeit dem Naturalismus angehangen hatte, dem die desten K.⸗ pfe seines Jahrhunvderrs zugethan waren.“ „Wer ist niche ergriffen (heißt es an einer anderen Stelle) von dem Geiste der Ordnung, der Liebe ur Arbeit, der Sit⸗ tenreinheit, den Gesinnungen einer wahren Fromnig⸗ keit und einer hingegebenen Treue an ihre Fürten,

von diesen Tugenden, die bei denjenigen Vülkern Eu⸗

ropas inheimisch sind, wo das Lesen der heiligen Schrift sich am meisten verbreitet, wo sich in vieser jüngst vergangenen Zeit eine so rührende und aufeich⸗ tige Zuneigung zu ihren Beherrschern, in den Tagen ihrer Widerwärtigkeiten offenbaret, hat?“ Wenn ovie Widersacher des Bibellesens, die wir aus sehr begreif⸗ lichen Gründen vorzüglich unter den Apostaten an⸗ treffen, nur der Kirche das Recht einräumen, die Bibel lesen und erklären zu dürfen: so fragen wir billig, ob das nicht allein die Christliche Kirche sey, die durch das Lesen der Bibel dieses Christenthum, diesen ei⸗ chen Schatz religieuser Gesinnungen erworben hat? Stelle man nur nicht die öffentliche Meinung von anderthalb Jahrtausenden der öffentlichen Meinung dreier Jahrhunderte entgegen. tti die öffentliche Meinung in diesen anderthalo Jahr⸗

Tausenden? Wenn wir uns übrigens noch einige Jahr⸗ Hunderte unbedenklich hievon zueignen, und wenn

wir die tiefe Finsternis der rohsten Barbarei in Ab⸗

zug bringen, was wird ohnehin von diesen Funfzehns Hundert Jahren übrig bleiben, in denen sich nach

der Versicherung eines Bibelfeindes die öffentli

Meinung wider das Lesen der Bibel, ohne ürunr. der sogenannten Kirche, erklärt hat? Wir sind indes gar nicht der Meinung, als ob das Heil des Christen⸗ thumes in den Bibelgesellschaften zu suchen sey; es

giebt, nach Zeit und Umständen, vielleicht beßere Mit⸗

tel, als das Lesen der Bibel zu befördern, obwol die

in „Beils wöchentlichen Nachrichten“ beschuldiget

wird, namentlich die Hervorbringung fanatischer Sek⸗

ten, mehr auf Rech gehören scheinen.

ng der Traktat ngesellschaft zu

eeaa

it sich mit seinem, hierin sehr schwachen

Frankreich maß man sich

Welches Organ harte

8

Ueber ö andlungen über das Wahlgeseb in I an die Statistik e je der Minister Laine im Jahre 1817 in der Kam⸗ 88 mittheilte, als er den Gesetz⸗Entwurf vertheivigte. Die erste Frage war die: Wie viel Wähler giebt es in Frankreich, wenn Jeder, der 100 Rthl. oder 300 Fr. Steuer vezahlt, Wähler ist? Man fand, daß die⸗ ser 120,000 wären, und daß sie ein Orittel der ge⸗ sammten Grundsteuer von Frankreich bezahlten. Die zweite Frage war: Sollen die Gewerbtreiben⸗ den Theil an diesen Wahlen nehmen, und sollen die Steuern, welche sie in der Patenrtrolle zahlen, mitge⸗ gezählt werden? Diese Frage wurde nach einer g8 gen Berathung dahin entschieden, daß man den Ge⸗ werben gleiche Ehre wie dem Ackerbaue gönnen müße, und daß alle Steuern zählen follten, welche nach Rel⸗ len erhoben würden. Der Minister theilte eine Liste von 62 Departements mit (die übrigen 21 waren da⸗ mals noch nicht eingegangen), aus der sich ergab, daß in diesen, 90,878 Wähler zu 500 Fr. Steuersatz wären wenn man die Patente mitzählte; hingegen nur 74,900, welche blos in der Grundsteuer 500 Fr. be⸗ zahlten. Solcher aber, die blos in Patenten 300 Fr. bezahlten, waren nur 5836. Hieraus ergab sich denn, daß der Ackerbau bei weitem das größte Gewerbe der Nation sey, und daß vier Fünftel der Wähler blos in Grundsteuern 500 Fr. bezahlten, weshalb es gar nicht gefaͤhrlich schien, den Gewerben und dem eeee thame einen verhältnismäßigen Antheil an der Ge⸗

setzgevung zu gönnen. 1“ Früher waren aus den 120,000 welche

ungefähr 8000 Elekteurs ausgewählt werden, Deputirten in die Kammer wählten. Da jetzt alle 120,000 Höchstbesteuerte zum Wahlgeschäfte beru⸗ fen wurden: so befürchtete man, daß, weil die Ver⸗ sammlungen zahl eich, die Wahlen tumultuarisch wer⸗ den mögten. Die Wahlversammlungen wurden daher in jedem Departement in Sektionen getheilt, so daß die Anzahl der Wähler, so sich an einem Orte versam⸗ melten, nicht über 600 steigen konnte, welches beson⸗ ders für das Seine⸗Departement wichtig war, da Paris allein 9000 Wähler hat so 100 Rthl. Steuern bezahlen. Die Erfahrung hat seit der Zeit bei den Wahlen von 50 Departements gezeigt, daß nirgend Unordnungen vorgefallen sind, welches besonders dem Umstande zuzuschreiben ist, daß die Wähler lauter reiche Leute sind, die sich bei solchen Gelegenheiten nicht be⸗ trinken, wie die unteren Stände der Gesellschaft solches fast immer bei Volksversammlungen thun, daher diese denn leicht tumultuarisch werden. Selbst im Gard⸗ Departement, wo im vorigen Jahre die Wähler drei Tage versammelt blieben, als der Präsident die Wahl aussetzte, fielen keine Unordnungen vor, obgleich ein Theil der Wähler in den Wirthshäusern kein Unter⸗

kommen fand.

Als der König die Kammer von 1815 durch die merkwürdige Ordonanz vom 5. September 1816 auf⸗ gelöst hat:e und eine neue Kammer, in welcher das

damalige Ministerium (die Herrn Herzog v Riche⸗ lieu, Gr. Decazes und Laineé) die Majoritäaät ge⸗ wonnen, zusammenberufen war, legte die Regierung durch das Organ des Herrn Lainé, damaligen Mi⸗

nisters des Inneren, das Wahlgesetz vom 5. Febr. 1817 vor, welches nach einigem Widerstande die gung beider Kammern erhielt. Bekanntlich ward es

8

um 18ten Stuͤcke der Allgemeinen Preußischen Staats⸗g

das Französische Wahl⸗Gesetz.

Genehmi⸗

8 JA1XA“

ch die Kammer der Pairs, die Anderen besonnen, angefoch en, doch durch die Minister mit Hilse der Kammer der Abgeordneten aufrecht erhalten, bis bald darauf auch die Minister, erschreckt durch die Wahlen der driten Wahlreihe, besonders durch oie Wahl des Herrn Gre⸗ goire von Seiten des Isere⸗Departements, eine Ab⸗ ünderung für die Wohlfahrt des Staates nothwendig zu halten anfingen. Man scheint jetzt also eine on ere Ansicht vom Wahl⸗Systeme zu haden, indem man an⸗ nimmt, daß in den 120,000 Hochstbesteuerten, wo nicht ein feindseliges Element, voch nicht hinreivende Ein⸗ sicht vorhanden sey, um gure Deputirte „u wählen, welches Geschäft vielmehr einer noch auserlesenern Zahl von Bürgern anver raut werden müße . Man stellt das Beispiel Englenos auf. „Hier lieg⸗ das Wahl⸗ geschaft zum großen Theile in ven Handen der großen Familien, die das Ministerium bildeten, indem bekannt sey, daß von den 489 Repräsentanten, so das eigent⸗ liche England ins Parlament schicke, nur 93 von waͤhr⸗ haft unabhängigen Wählern gewählt wuürden, und daß die übrigen 396 von etwa 160 Personen von hohem Range ernann ürden, deren Namen aus dem Staatö⸗

Almanach bekannt wären.“

Da man die Englische Einrichtung mit den Rot⸗ tenboroughs nicht nachmachen kann, so muß man auf eine andre Maasregel zurückgehen, um denselden Zweck zu erreichen, nämlich die Wahlen in die Hände der⸗ jenigen Bürger ausschließlich zu bringen, von denem man das reinste Intereße für die Woylfahrt des Va⸗ terlandes, den wärmsten Eifer für die Erhaltung der Monarchie, den zuverläßigsten Schutz für die bürger⸗ liche Ordnung erwartet. 8

Es ist an sich gar nicht zu leugnen, daß das Wahl⸗ System Frankreichs, so wie es jetz: beschaffen ist, viele Vorzüge besitzt, indem es eden dadurch, daß es die Wahlen in die Hände der Meistbegüter en gelegt, sel⸗ bige sehr unabhängig gemacht hat Es ist dasjenige System, welches verständige Männer in England bei einer Parlaments Reform, die nicht von Ravikalen geleitet und ausgeführt wird, in Augen haben, näm⸗ lich die, welche ein Pitt, Perceval, Grey und ähnliche geehrte Namen für ausführbar erachtet.

Aber in Frankreich scheint den Männern, die wir auch für verständig, wohlgesinnt und dem Vaterlande treu ergeben erkennen müßen, diese Form nov nicht zu gnügen. Es scheint ihnen erfoderlich, den großen Familien ein Uebergewicht auf die Wahlen verschaffen zu müßen. Und das ist der eigentliche 1 troverse. Die großen Gu sbesitzer behaapten; ein präsentativ⸗System mit einer öffentlichen Gesetzgebung

*) Es scheint befremdend, daß der Urheber des Wahlge⸗ setzes von 1817, Herr Laine, nunmehr als deßen ent⸗ schiedener Gegner auftritt Die Schriftsteller, nament⸗ lich der Herr B v. Stael, haben ihn beschuldigt, daß

er selbst das Gesetz nicht begriffen, da er 1

mer vorgelegt. Aber die Staatsweisheit unterscheidet

sich von der Staatswißenschaft, der Staatsmann von

dem Profeßor durch die Erfa 1

Lebens. Der Feldherr aͤndert die Schlachtordnung

wenn der Feind ihn zu uͤberfluͤgeln droht. Herr Laineé,

der in schwierigen Augenblicken eine große Rechtlichkei

uüunnnd Staͤrke des Karakters gezeigt, der sich nicht u

ein Linsengericht verkauft, gehoͤrt zu den ausgezeichn ten Karaktern, die innerlich zu einer groͤßeren Konse⸗ quenz genͤthiget sind, als gewoͤhnliche Menschen be⸗

im vorigen Jahre du sich inzwischen eines

greifen. Sie wißen daher auch immer, was sie thun.

da er es der Kam⸗