1820 / 22 p. 3 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 14 Mar 1820 18:00:01 GMT) scan diff

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hiielten mit den Steuerpflichtigen Kerbstöoͤcke.

leicht, doch nicht wahrscheinlich, unter dem Kurfür⸗ sten Johann Cicero im Jahr 1488, gewis aber noch vor 1534, also unter der Regierung Joachim I. ward das Erhebe⸗ und Rechenwesen in die Hände der Stände gelegt, welche zur Aufrechthaltung eines ge⸗ hörigen Verfahrens aus ihrer Mitte. Deputirte er⸗ hannt hatten, die den Namen der Verordneten führten.

Die Kräfte des aufblühenden Staates hatten sich unter einem so großen Fürsten, als Albrecht Achil⸗ les war, nach allen Seiten entwickelt. Die beschränk⸗ ten Staats⸗Einkünfte konnten den vermehrten Be⸗ dürfnißen nicht gnügen, und der Kurfürst Johann Cicero sah sich genöthiget, schon im Jahre 1488, dem zweiten seiner Regierung, über eine neue Auf⸗ lage mit den Ständen zu Rathe zu gehen. Man fand es am angemeßensten, diese Auflage auf das Bier in den Städten zu legen, und so entstand die Abgabe, welche unter dem Namen der alten Bier⸗ Zise *) bekannt ist. Sie ward ursprünglich nur auf 7 Jahre bewilligt.

Die Regierung dieses Fürsten war ruhig und das Land im Wohlstande, trotz der Bierzise, die anfangs einige Städte der Altmark zum Aufstande gebracht hatte.

In eine schwere Zeit sielen die Tage seines Soh⸗ nes, des Kurfürsten Joachim 1, der nach eben vol⸗ lendetem 15ten Lebensjahre, 1399, doch vom ersten Augenblicke an mit fester und sicherer Hand die Zü⸗ gel der Regierung übernahm. Die Bierzise ward un⸗ ter ihm im Jahre 1515 als eine beständige Abgabe eingeführt, und die Landbede, als außerordentliche Personensteuer, mehrmals ausgeschrieben. Daß die Staͤnde bei dem Rechenwesen theilnehmender einge⸗ witkt, ergiebt eine Verfügung vom Montage nach decollationis Johannis 1554, worin den Landreitern anbefohlen wird, den von der Landschaft bewilligten Schoß von den Steuerpflichtigen einzuziehen und sammt dem Register den Verordneten von der Landschaft zu überantworten. ö

(Die Fortsetzung folgt.)

Aktenmäßige Nachrichten über die revolu⸗ tionairen Umtriebe in Teutschland. (Fortsetzung.) .

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Die Teutschen Revolutionairs waren entschloßen, ihre Pläne auf alle Art, sowol durch Gewalt als

durch Volkverführung durchzusetzen.

Die Akten enthalten auch hierüber merkwürdige Be⸗ läge. Es schrieb der Profeßor W.... unterm 16. No⸗ vember 1815: „Wo Aas ist, sammeln sich die Abler. Auf Atzung sind unsre heutigen Adler überhaupt mehr gerichtet, als nach dem Antlitz der Sonne. Aber viel werden wir noch erleben und es ist gut, daß die Noth einleuchtend und die Ueberzeugung schnell werde. Dazu sind immer noch stille Reibungen und Unterhölung der Zeit nöthig Schüre nur jeder die heilige Flamme fort, die und erloschen war.“ 1 Der Student T... im Jahre 1818 an A. „Du fragst wie es hier geht? O, so schlecht als nur möglich und eigenrlich noch schlechter als möglich. Doch von wem hörst du denn, daß ich Feuer anblase? Ach leider! muß erst geschürt werden, ehe man das Feuer anbläßt.“”“

DD. (Mitglied des engeren Ver⸗

eines zu H.) am ersten Ostertage 1819. an H. „Vo⸗ rige ganze Woche war ich is D. bei unseren

*) Die Benennungen der Zise und Arcise sind in den u Kerbstoͤcken zu suchen, die wir zum Theil noch jetzt in uunsern Landwirthschaften kennen. Die Steuerbeamten woöhnliche Abgabe, wenn sie eingekerbt wurde, hieß cisa, die außergewoͤhnliche, die noch hinzugekerbt wurde,

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Handlung gegenwärtig zu Stande kommen.“

Freunden. Zusammenkunft war. springen ob all dem Jammer; 1 männlich Leben aufopfernd zu leben. Im H— schen lernte ich ganz herrliche Bauern kennen. Die herr⸗ lichsten Begriffe sind hier im Umlaufe und werden weidlich von den Bauern besprochen. Wir leben in einer großen Zeit, aaf uns ruhet Großes.“

A. F... .im Februar 1819 an den St. P. v. M. „In einer erbärmlichen Zeit ist es nicht sowol darum zu thun, daß bekannt wird, was geschehen, als darum, daß laut ausgesprochen wird was nicht geschieht, so daß die Beßeren schaudernd sich abwenden und Blicke und Streben zu einem Bösen aber gegen die muthvollen Kämpfer der Wahr⸗ heit einen wüthenden Haß fangen und mit sffener Fehde beginnen. Es kann nach meiner Meinung nur gerade durch ein Schrecken von dieser Art eine 38 n eben derselbe im Jahre 1817 an S. . „Gieb Dir Mühe, daß alle Menschen, mit denen Du lebst, den S der in Dir herrfcht, der uns einte, bald er⸗ ennen.“

Der Dr. M.. unterm 16. November 1818. an den Dr. B.. Es ist nur nöthig, daß wir sichere Punkte haben, von denen aus wir handeln und daß wir dann suchen an solchen Orten Mehre herbeizu⸗ ziehen, um eiwas Gemeinschaftliches unternehmen zu können.“ G

Der Dr. H... im Jahre 1818. an drn Dr. B. J. „Hast du recht geworben? das intereßirt mich mehr, als Deine Folianten. Hast Du oie ganze Zeit ge⸗ fischt und nichts gefangen? Theile doch nicht das Loos⸗der Apostel.“ Und unterm 16. May 1819 an den⸗ selben: „Wir bereiten vor, ziehen zu uns, wen wir können.“ 1I1I1

Der Dr. P. unterm 21. Februar 1819 an W. „Feinde und Widersacher werden noch viele auszurotten seyn, der Schwächlinge und Halben noch manche zu heben und zu gewinnen.“”

Der Student M.... unterm 1 ½. May 1819. an den Dr. B.. „Wir geben uns alle Mühe, die empfänglichen Gemüther für uns gänzlich zu gewinnen.“ Der Student K.. gesteht zum Protokolle vom 18. May 1819: „Es ist allgemein der Grundsatz un⸗ ter uns angenommen, für unsern Verein so viel tüch⸗ tige Mitglieder als möglich zu gewinnen, weil es Zweck ist, unsere Ueberzeugung, die Einheit in Teutsch⸗ land zu bewirken, immer allgemeiner zu machen⸗“

Denke,“ schreibt W. S. unterm 2 ½⁄. Febr. 1816 an den v. M.. „wie wir weder Wit⸗ terung, weder Verlust, noch Gesundheit scheuten, um befreundete Seelen uns näher zu bringen.“

Der C.⸗R. S.. beschäftigte sich 1814 mit dem Entwurfe eines Vereines der „mit seinen Armen das ganze Volk unsichtbar umfaßen und so zu Einem um⸗ schlingen sollte.“ Und schrieb unterm 1. September 1816 an den v. MNM. Wir wollen soviel als möglich suchen auf unsere Nation zu wirken. Ist dann Hopfen und Malz verloren, so fahre sie wohl!“

H. äußerte unterm 28. Dezember 1815. zu M „Was mir aber am meisten nöthig scheint, ist Ermuthigung und Aufklärung des weniger gebilde⸗ ten Theiles des Volkes.“

AN. (Mitsglied eines en bei ihm gefundenen Aufsatze: „Wir werden dahin stre⸗ ben, unsere Gedanken auszubreiten, nicht nur unter Burschen, sondern in ganz Teutschland.“ Und in ei⸗ nem Briefe an L vom 31. Jul. 1818: „Wir müßen noch mehr Leute erziehen. Wie können wir dem Volke eine Verfaßung geben, ehe es dieselbe ver⸗ dient, ehe es nur fühlen kann, daß es ihm Bedürfnis ist. Nein, das geht unmöglich; erst das Volk hinauf⸗ gebildet, das wird schneller gehen als wirs denken, und dann, dann Alles daran es verdient.“ 2

(Siehe Beilage.)

I1“

Du kanhnst Dir denken, was es für eine Das Herz mögt' einem zer⸗ aber es gilt ein

schöneren Bilde erheben, die

es seine Pflicht sey, zu leisten was er

geren Vereines) in einem

gesetzt, um ihm zu geben was

er Allgemeinen Preußischen

*

I het vom 14ten Maͤrz 1820.

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Aktenmäßige Nachrichten über die revolu⸗ tionairen Umtriebe in Teutschland. (Fortsetzung.)

Der Student K.. (Mitglied des engeren Ver⸗ eines zu F.) schrieb unterm 11. April 1819 an den Dr. B. „Die gegenwärtige Stimmung spricht ziemlich allgemein aus, daß das echte Volkleben noch nicht vothanden sey bei uns. Es muß eine beßere Zeit kom⸗ men, mehr Saamen muß ausgestreuet werden, daß die Saat dichter reife.“ Und unterm 14. Mai 1819: „Wir bereiten vor, ziehen zu uns, wen wir können, nicht ins Geheimste, doch was man so sagen kann, um zu gewinnen Rechtsprediger, Freiheitprediger, aber behutsam sind wir.“

Der Kandidat der Theologie .. (Mitglied des engeten Vereines zu J.) benachrichtigt unterm 8. Mai 1818 den A —: „Ich habe unterweges mir angele⸗ gen seyn laßen, einen jungen Mann zu bearbeiten und ihm Ideen über Volk, Staat und unsere Verhältniße zum Staate einzupflanzen; ich habe es mir überhaupt jetzt zur Pflicht gemacht, jedem jungen Kerle, der nur einige Rezeptivität zu haben scheint, und dem ich bei⸗ kommen kann, meine Ideen, soviel ich vermag, bei⸗ zubringen zu suchen, und dann ihm eine gewiße Mei⸗ nung von sich selbst, daß er etwas leisten könne, und vermöge, einzu⸗ Ich halte es für nothwendig, wenn nicht Alles untergehen soll.“ Er erläutert dieses zum Protokolle vom 24 Jul. 1819 dahin: „Ich gab mir Mühe, ihm zu zeigen, daß man unmöglich die Mängel unserer teutschen Verfaßung mit Gleichgiltigkeit ansehen könne, daß namentlich die Zersplitterung in so viele unabhan⸗ gige einzelne Staaten dem Gedeihen des teutschen Volkes als eines solchen, hinderlich erscheine; endlich wies ich ihn darauf hin, daß das bloße Klagen über Gebrechen des öffentlichen Zustandes zu nichts führen könne, u. s. w.“ 8

So gesteht der Student K. 18. Mai 1819: „Allerdings wat es die Absicht (des Vereines zu G.), Teutschland zu Einem Staate zu verbinden, und zwar durch das Mittel, daß wir die Idee der Nothwendigkeit der Einheit des teutschen Staates unter das Volk zu bringen willens gewesen sind, und daß nun durch das Volk selbst diese Einheit hervorgebracht werden möge.“ Und der Student B. zum Protokolle vom 7. Jun. 1819: „Nach den Aeußerungen einzelner Schwarzen muß ich glau⸗ ben, daß Viele derselben der Meinung gewesen und noch sind, man müße das Volk für dergleichen Ideen empfänglich machen, auf die Beschraäͤnkung der Herr⸗ schergewalt in den Monarchien einwirken und durch beides nach und nach den beabsichtigten Freistaat her⸗ beiführen.“

Auch Zeitungen und Zeitschriften wurden hiezu benutzt. Es äußert sich darüber unter andern der Stu⸗ dent H. (Mitglied des Vereines zu J.) in einem Briefe vom 8. Febr. 1819 an H. „Es wäre sehr zu wünschen, daß wieder ein recht freies Blatt herauskäme, und glaube ich, daß ein Blatt für die ungebildeten Stände von noch weit größerem Nutzen seyn würde. Denn die gebildeten Stände sind meist von dem Gegensatze hinlänglich unterrichtet und haben sich auf die eine oder die andere Seite geschlagen. Die sich zur schlechten Seite hingewandt haben, mit denen ist nicht viel mehr zu machen; beim Bürger und Bauer aber ist viel zu gewinnen, und es kommt hier nur darauf an, ihm alles recht klar zu machen. Die Ich⸗ heit ist bei ihm nicht zu befürchten, denn er kann dlos gewinnen.“ Den A. H

flößen.

um Protokolle vom

zu D.. unterm 28. Dezbr.

1815 an den v. MWM. „Was mir aber jetzt am meisten nothwendig scheint, ist Ermuthigung und Aufklärung des weniger gebildeten Theiles des Volkes, und da muß ich mit Vielen meiner Freunde eine Idee wieder aufgreifen, die, soviel ich weiß, von Dir aus⸗ gegangen war, die Stiftung eines teutschen Volks⸗ Blattes. Bei der Auswahl des Aufzunehmenden dürfte nicht blos auf strenge Wahrheit und Thatsachen gese⸗ hen werden, sondern auch bloße Gerüchte und Mei⸗ nungen müßten, aber als solche, aufgenommen werden. Ich meine daß man sich eine Preße und eine Drucke⸗ rei anschaffe, und sobald wir Wind bekommen, daß uns die Polizei stören wolle, beide zu einem anderen Freunde wegschaffe; die Versendung könnte im Noth⸗ falle heimlich geschehen, durch Briefe und auf anderen Schleichwegen.“ Und der Kandidat 11u“ nem Briefe an den Dr. J.. „Die Zeitungsblätter haben einen ganz ungeheueren Einfluß, mehr als ich je ahnete,“) deswegen müßen wir ein Blatt in der Ge⸗

walt haben.“ . 8

So sind z. B. das berüchtigke Lied: die teutsche Jugend an die teutsche Menge, das Frage und Ant⸗ wortbüchlein und eine Menge aufrührischer Lieder in den Vereinen verfertigt und von denselben unter das Volk vertheilt, wobei selbst Schul⸗ und Turnlehrer und öffentliche Beamte thätig gewesen. So schrieb z. B. ein Staatsbeamter dem Dr. IJ. unterm 25. October 1818: „Wir werden nach benn 22 Exem⸗ plare (des von F. herausgegebenen höchst aufrühri⸗ schen: Freie Stimmen teutscher Jugend) senden; be⸗ rede mit R., wie wol der Absatz am leichtesten; in den Buchhandel dürfen nicht so gar viele, denn ich hoffe, sie werden bald verboten.’.“ Und der H. A. v. B.. 1818 an F —: „Ich schicke Dir hier etwas, es sind zwei Bücher; das eine über Landstände, wo⸗ von Du soviel Exemplare nehmen darfst, als Du un⸗ terzubringen gedenkst. Es ist berechnet für Buͤrger und Bauern, und kann ohne weiteres an dieselben ver⸗ theilt werden, wo möglich gegen Zahlung von 2 Kreu⸗ zern pro Stück, ist dies nicht gut thunlich, umsonst. Das andere Büchelchen ist gewichtigeren Inhaltes, eben⸗ falls für Bürger und Bauern berechnet. Da eine derbe Sprache in demselben herrscht, so ist vorsichtig damit umzugehen bei der Vertheilung, und hast Du Dich in Acht zu nehmen, daß Dir Niemand darüber zu Leibe geht; am besten ist es, wenn es unter die Sprecher in den Dorfschenken kommt.“

Insonderheit hatten, wie schon früher (Stück 15.) erwähnt ist, die Revolutionairs es darauf abgesehen, die akademische und Schuljugend mit ihren Grundsätzen zu vergiften. Aus der großen Menge darüber vorlie⸗ gender Beläge mögen folgende dies bestätigen:

Es äußert ein Lehrer C. W.. in einem unda⸗

tirten Briefe: „Ich sehne mich nach prakrischer Thä⸗ tigkeit in Ständen und für Stände und Verfaßung, doch berge ich mir auch nicht den hohen Werth der Wirkung auf die Jugend, und daß doch bei der Lang⸗ samkeit, womit in Teutschland Alles gedeihet, vorzüg⸗ lich auf das kommende und heranwachsende Geschlecht gerechnet werden muß. *ꝗ Der Dr. M.. unterm 16. Nev. 1818 an B „Die Hauptsache für jetzt bleibt immer, daß man suche die Jugend für das Große zu begeistern und ihr stär⸗ kende ideale Leitsterne gede; das geschieht am besten auf den Hochschulen.“

*) Sehr wahr! das hat Leoudel von neuem bestaͤtigt, da man in seiner Wohnung eine Menge don ihm ge⸗ machter Auszuͤge verschiedener seit 2 dis 3 Jahren in Zeitungen und Journalen abgedruckter, Haß gegen dages Haus Bourbon athmender Artikel fand. 1