Dauer ihrer diesjährigen Situng ein zweckmäßiges
Repreßivgesetz zu Stande bringen werde! Herr Jac⸗ quinot⸗Pampelüne (Requetenmeister und königl. Prokureur) der schon im vorigen Jahre gegen das von den Ministern vergelegte Gesetz, durch welches den Zei⸗ tungen die Censurfreiheit bewilligt wurde, sich erklärte, setzte bei diesem Anlaße die Fehler des in 3 Abthei⸗ lungen bestehenden Gesetzes über die Presfreiheit, die allen Zweck der Gesetzgebung vereitelten, auseinander.
Der erste Theil, das Strafgesetz, enthalte zu unvoll⸗
ständige Abstufungen und eine metaphysische Nomen⸗
klatur, wovon die Folge sey, daß viele Verbrechen un⸗ bestraft blieben, und die Ueberzeugung der Geschwor⸗ nen, deren Gewißen sich wider die Spitzfindigkeiten des Gesetzes sträube, an dem Erbfehler desselben schei⸗ terten. Der zweite Theil, über die Verfahrungsart, habe das öffentliche Ministerium, eine der wesentlich⸗ sten Institutionen der Gesetzgebung, außer Wirksam⸗ keit gesetzt, indem es in Injuriensachen nicht von Amts wegen verfahren dürfe. Sein Hauptfehler aber sey,
Daß es die Vergehungen wider die Presfreiheit an die
Geschwornengerichte gewiesen habe, woraus Straflosig⸗ eit habe hervorgehen müßen. Man werfe der Regie⸗
rung vor, die Zeitungschreiber zu nachläßig verfolgt zu
haben; aber sie hätte unmöglich das Aergernis solcher
Lossprechungen, als man erlebt habe, vermehren können.
Besonders habe das Uebel zugenommen, seit die
Namen der Geschwornen in den Zeitungen öffentlich abgedruckt würden. Nur wenige dieser Männer be⸗ säßen den Muth, sich den Verfolgungen det Schwär⸗
mer Preis zu geben und den Dolchen der Verläum⸗
dung zu trotzen; sie zögen es also vor, ein Nichtschul⸗ dig, oft gegen ihre Ueberzeugung, auszusprechen. Der dritte Theil, die Zeitungen betreffend, habe den Grund⸗ satz einer Verantwortlichkeit aufgestellt, der in der Praxis bereits lächerlich geworden sey. Man suche sich den ersten besten Miethling, der für Geld seinen
Namen hergebe, und sich auch, wenn es nöthig, auf
einige Monate einsperren laße.
Herr Benj. Constant fragte den Auswärtigen Angelegenheiten, ob etwa, wit er nicht glaube, mit Absicht ausgelaßen sey, daß die periodi⸗ schen Schriften, wenn sie unter dem Censur⸗Gesetze begriffen seyn sollten, monatlich öfter als Einmal er⸗ scheinen müßten. In allen früheren Gesetzen habe man diese Beschränkung zum Grunde gelegt *). Auf die bejahende Antwort trug er auf eine Berichtigung des Gesetzes an, weil sonst auch die Encyklopädie, die Werke Voltaires und die Reisen des Herrn von Humboldt nicht ohne Censur gedruckt werden könn⸗
“) In den fruͤheren Gesetzen uͤber die Presfreiheit nicht. Das Gesetz vom 21. Okt. 1814 sagt allgemein: „Zei⸗ tungen und periodische Schriften koͤnnen nur unter koͤ⸗ niglicher Genehmigung erscheinen.“ Eben so lautet das Gesetz vom 28. Febr. 1817. Das Gesetz vom 30. Dehr. 163817 spricht eben so allgemein: „Zeitungen und andere periodische Werke, welche politische Gegenstaͤnde und Keuigkeiten abhandeln, koͤnnen bis zum Ende der Sitzung der Kammern von 1818 nur mit koͤnigl. Ge⸗ neßmigung erscheinen.“
Minister der
ten, da sie in Lieferungen erschienen und zum Theil
auch politische Gegenstände abhandelten. Die Absicht war: die Minerve, die historische Bibliothek u. dgl. der Censur zu entziehen. Der Antrag ward jedoch, wie ein anderer des Herrn Bar. Mechin „daß die Censur der Zeitungen nur bis zu dem Tage dauern möge, an welchem die königl. Verordnung über die Zu⸗
sammenberufung der Wahl⸗Kollegien erscheinen werde’“ verworfen. Der Herr B. Pasquier erklärte sich
über den Unterschied, zwischen den Flugblättern die der Censur nicht unterworfen werden, und den periodischen Schriften dahin, daß er in dem Abonnement auf die letzten zu suchen sey, welches ihnen die größte Arhn⸗ lichkeit mit den Zeitungen verschaffe.
Der zweite Artikel des Gefetzes: „keine dieser Zei⸗ tungen und periodischen Schriften darf ohne königl. Genehmigung herausgegeben werden; indes können diejenigen, die jetzt wirklich schon in Umlauf sind, auch fernerhin erscheinen, wenn sie sich dem gegen⸗ wärtigen Gesetze gemäs verhalten“ wurde gleichfalls durch überwiegende Mehrheit angenommen. Dasfelbe geschah mit dem dritten Artikel: „die Genehmigung kann nur dann ertheilt werden, wenn dem ersten Ar⸗ tikel des Gesetzes vom 9. Jan. 1819 gegnügt wird.“ Herr General Demarcay schlug hiebei vor, daß den Herausgebern die Kautionen zurückgegeben werden müßten, weil diese Maasregel mit der Censur sich nicht vereinigen laße; Herr Courvoisier bemerkte jedoch dagegen, daß der Zeitungschreiber auch bei be⸗ stehender Censur sich strafbar machen köͤnne, und man verwarf den Antrag. Zum vierten Artikel: „vor Herausgabe eines Blattes oder einer Lieferung muß das Manuskript von dem Verleger oder dem verant⸗ wortlichen Herausgeber einer vorgängigen Prüfung unterworfen werden“ schlug Herr Joße von Beau⸗ voir (Fabrikant) von der rechten Seite, den Zusatz vor, daß auch die Flugschriften unter 5 Druckbogen der Censur unterworfen werden möchten; es erhob sich aber Niemand zur Unterstützung und selbst die rechte Seite lachte. Ein anderer Vorschlag des Herrn B. Savdie⸗Rollin, von der linken Seite, daß die Verhandlungen der Kammer in den Zeitungen von der Censur ausgenommen werden möchten, ward auf die Aeußerung des Ministers der Auswärtigen Ange⸗ legenheiten, daß man den Zeitungschreibern nicht ge⸗ statten könne, den Verhandlungen der Kammern un⸗ zeitige Bemerkungen beizumischen, verworfen.
Paris, vom 1. April. Die Diskußion über das
Censurgesetz ist in den letzten Sitzungen der Kammet
der Abgeordneten mit der bisherigen Lebhaftigkeit und mit den bisherigen Erfolgen fortgesetzt worden. Die Mehrheit hat auch die übrigen Artikel angenommen und die von verschiedenen Seiten in Antrag gebrach⸗ ten Zusätze verworfen. Insbesondre ist der Artikeh der die verbindliche Kraft bis zum Schluße der Siz⸗ zungen der Kammern von 1820 erstreckt, unverändert geblieben. Bei der namentlichen Abstimunmg übet das Ganze wurben 156 weiße und z2o schwarze Ks⸗
geln gezählt, das Gesetz also mit einer Mehrheit von
25 angenommen. Der heutige Moniteur enthält be⸗
reits die königliche Bestätigung. Der König, der sich einige Tage hindurch
lich befunden hatte, ist vollkommen hergestellt.
Madrid, vom 20. März. Die Nachrichten über die Ereigniße in den Provinzen, theils vor, theils un⸗ mittelbar nach der Bekanntmachung des königl. Ent⸗ schlußes, die Konstitution der Cortes anzunehmen, gehen jetzt nach und nach ein. Wir erfahren, daß der Oberst Riego durch das Korps des General O'do⸗ nel, der mit seinem Bruder dem Grafen Abisbal in keinem Einverständniße gewesen, einigemal geschla⸗ gen, und daß sein Korps bei Moron fast ganz auf⸗ gerieben worden war. Er hatte sich für seine Person nach Cordova geflüchtet; seine Soldaten waren ge⸗ fangen in Sevilla eingebracht worden, als die königl. Bekanntmachung erschien, die der General O'donel selbst ihm mittheilte.
In Valencia hatte der General Elio bis auf den letzten Augenblick durch Maasregeln der Strenge die Ordnung erhalten, und noch am 9. d. einige Ru⸗ hestörer aufhängen laßen. Vier Andere, denen das gleiche Schicksal bevorstand, wurden durch den Ein⸗ gang der königl. Befehle, der am folgenden Morgen erfolgte, gerettet. Die Gefängniße der Inquisition wurden sofort geöffnet, und der Graf Almodovar, der darin verhaftet gewesen war, provisorisch zum Kommandanten der Stadt ernannt. Dieser sowol, als die Truppen, schützten die Person des General Elio,
der sich mit vielem Muthe zu Pferde noch unter das
Volk wagte, aber der bewegten Menge nicht widerste⸗ hen konnte. Man hatte aus Valencia, deßen Einwoh⸗ ner leichtblütiger und heftiger, als die andern Spa⸗ nier sind, die schlimmsten Nachrichten erwartet. Bis jetzt aber ist daselbst kein Blut gefloßen.
Die traurigsten Nachrichten sind aus Kadix einge⸗ gangen. Doch hat die Regierung selbst durüber noch nichts bekannt machen laßen. Die Erzählungen wei⸗ chen sehr von einander, ab und man wird erst nach vollendeter Untersuchung der vorgefallenen Unruhen, die der König bereits befohlen hat, zuverläßig urthei⸗ un können. Am glaubwürdigsten ist Folgendes. Der General Freyre hatte sich am 9. März nach Kadix begeben, und, weil er von allen Seiten gedrängt wurde, die Konstitution der Cortes am 11. zu pre⸗ klamiren versprochen. Der Tag ging ruhig vorüber. Am folgenden Morgen aber erfüllten die Soldaten die Straßen, klagten den General des Verrathes ge⸗ gen den König an, ermordeten einige Officiere, die sie beruhigen wollten, und überließen sich Ausschweifun⸗ gen, die das Volk zuletzt in Aufstand brachten, und ba sich ein Theil der älteren Garnison zu dem Volke gesellte, ein Blutbad verursachten, das nach einigen Nachrichten 300, nach andern noch mehren Menschen das Leben gekostet haben soll. Freyre war genöͤ⸗
thigt, nach Puerto de Santa Maria zu flüchten. Anch
unpäß⸗
an den folgenden Tagen hat man sich noch in den Straßen geschlagen. Am 14. war die Ruhe herge⸗ stellt, nachdem die Entschließung des Königes offent⸗ lich bekannt gemacht worden war.
Der König hat den General Don J. O“Donoju provisorisch zum General- Kapitain von Andalusien, und den General Don Cayet. Valdez zum Gouver⸗ neur von Kadix ernannt. Der erste ist vom Könige zugleich beauftragt, die Anstifter der Unruhen in Ka⸗ dix und der in Andalusien vorgefallenen Unordnungen zu verhaften und zur Untersuchung zu ziehn.
Die provisorische Junta zu Madrid hat dem Volke durch eine Proklamation vom 19. bekannt gemacht, daß sie sich mit den Maasregein zur Zusammenberu⸗ fung der Kortes beschäftige. Man glaubt, daß ihre Sitzungen im Julius anfangen werden.
In Madrid herrscht völlige Ruhe.
Der Graf Abisbal hat durch sein zweideutiges Be⸗ tragen die öffentlichen Stimmen gegen sich erregt. Man hofte hier, der König würde ihn bestrafen laßen, aber der General Ballesteros hat ihm Verzeihung ausgewirkt.
Unter der großen Zahl der Generale, die sich in keine Verbindung eingelaßen haben, nennt man beson⸗ ders den allgemein geachteten General Blake, jetzi⸗ gen Präsidenten des Staatsrathes.
Der General Mina war zu Vittoria in dem⸗ selben Augenblicke eingetroffen, als die Konstitution auf Befehl des Königes daselbst publicitt wurde.
London, vom 29. März. Sir Fr. Burdett und der Herr Hobhouse sind zu Repräsentanten für Westminster gewählt worden. Herr Brougham ist für Winchelsea gewählt.
Im peinlichen Prozeße wider die Verschwörer in Katon⸗Street hat die große Jury erklärt, daß die An⸗ klage stattfinde: wegen Hochverrathes gegen Thi st⸗ lewood, Wilson, Tidd, Brunet, Harrison, Strange, Davidson, Bradburn, Ings. Gil⸗ christ und Cooper; wegen Mord gegen die sechs ersten, and wegen strafbaren Schießens in ge⸗ fährlicher Absicht gegen die drei ersten und Ings.
Die Jury in YPork hat gegen Hunt und neun sei⸗ ner Genoßen wegen der Anklage: am 16. August v. J. in Manchester eine verfaßungswidrige Volksver⸗ sammlung gehalten und die Erregung von Unruhen beabsichtiget zu haben, entschieden. Fünf sind nicht⸗ schuldig befunden. Gegen Hunt und vier Andere haben die Geschwornen das Schuldig dahin erklärt, daß sie eine ungesetzliche Versammlung angestiftet hät⸗ ten. Das Gericht hat sie verurtheilt, auf sechs Mo nate eine Kaution für Beobachtung eines ruhigen Be⸗ tragens zu stellen. Hunt hat solche auf 2000 Pfund geleistet, dennoch aber die Kaßation durch den obersten peinlichen Gerichtshof, die Kingsbench, nachgesucht. (Es hangt bei dem Gebrauche solches Rechtsmittels, felbst gegen Todesstrafen, von dem Richter ab, ob er demselben eine suspendirende Kraft beilegen oder auf eigne vreIreehüns mit der Vollstreckung verfah⸗ ren will. ““
Brüßel, vom 27. Mätz. Unsere Zeitungen ent⸗ halten eine Darstellung, die über die vielbesprochene Angelegenheit des Herrn v. d. Strcketen und sei⸗ ner Konsulenten nähern Aufschlus giebt. 1
Herr v. d. Straeten hatte in einem Werke über die Staatswirthschaft den Ministern mit Härte vor⸗ geworfen, daß sie ein verkehrtes, das heißt, ein sei⸗ nen Meinungen nicht gemäßes Verthaltungssystem be⸗ folgten. Er ist deshald in Anklagestand versetzt wor⸗ den, weil er istrauen und Zwietracht unter den Einwohnern des Königteiches zu verbreiten gesucht habe. Während der Verhandlung erschien in einet Druckschrift ein rechtliches Gutachten don sieden Ad⸗ vokaten üder diese Anklage dahin, daß sie gesetzlich nicht begründet seh, und auch diese Advokaten sind, weil ste durch die der Sache gegebene Oeffentlichkeit das — des Herrn d. d. Straeten theilen, in Anklagestand geseht und vderhaftet werden, odwol