160. Dieser von einer Versammlung bis zur an⸗ dern dauernde Ausschus ist vorzüglich bestimmt, über die Vollziehung der Verfaßungs⸗Urkunde und der Ge⸗ setze zu wachen, und in den vorgeschriebenen Fällen die außerordentlichen Cortes zu berufen. 161. Diese außerordentlichen Cortes, die in den Mitgliedern der ordentlichen Cortes während der ge⸗ setzlichen zwei Jahre bestehen, werden zusammengeru⸗ fen: a) wenn die Krone erlediget wird, b) wenn der König auf irgend eine Weise an der Regierung ver⸗ hindert würde oder der Krone zu Gunsten seines Nach⸗ ollte, c) wenn der König in drin⸗ Zusammenberufung begehrt. 163. Die außerordentlichen Cortes beschäftigen sich nur mit dem Gegenstande, der ihre Zusammenbe⸗
ufung veranlaßt hat; und tritt vor dem Schluße ihrer
Sitzung die Versammlung der ordentlichen Cortes ein: so setzen diese die Berathung der außerordentlichen Ver⸗ (Fortsebung folgt.)
sammlung fort.
Ueber das Kataster. Von Benzenberg. Bonn,
22* bei Weber. 2 Theile in 8.
Das Kataster eines Landes ist nichts als eine ge⸗ naue Statistik über das unbewegliche Eigenthum in eder Gemeinde. Man sieht in ihm, wie viel Häuser,
Mühlen und Gewerke in ihr sind und wie hoch deren reiner Ertrag ist. Dann die Zahl der Morgen an Gärten, Ackerland, Wiesen, Wald, Haiden und den reinen Ertrag, sowol des einzelnen Morgens, als der Gesammtheit. Endlich sieht man in ihm, wem jedes
Haus, jede Mühle, jedes Grundstück gehört, damit
man weiß, an wen man sich zu wenden, um die aus⸗
geschriebene Steuer einzuziehen.
Bei der jetzigen Einrichtung der Staaten, wo sich alle Dienste in Gelde ausgleichen, ist ein ungemein großer Geldverkehr unter den Menschen entstanden, der die Grundlage von jedem Privat⸗ und von jedem
Staats⸗Haushalte macht, und auf deßen Sicherung man
bei allen gesellschaftlichen Einrichtungen am ersten zu
sehen hat.
Dieser Geldverkehr des Staates beruhet auf einem Steuersysteme, welches alle Verhältniße der Gesell⸗ schaft durchwurzelt, und, indem es Leben von ihnen
empfängt, auch ihnen wieder Leben mittheilt. um dieses Steuersystem wohl zu ordnen, ist eine genaue statistische Kenntnis über die Verhältniße der
Gesellschaft und über ihr Besitzthum unentbehrlich.
Die Statistik des unbeweglichen Besitzthumes liefert
das Kataster. Die Statistik des beweglichen liefern zum großen Theile die Zoll⸗ und Steuer⸗Register über
die indirekten Steuern, wenigstens von den Gegenstän⸗ den, welche wegen gesellschaftlicher Zwecke mit Steuern belegt worden.
Es ist an sich klar, daß ein Steuersystem nur in sofern vollkommen seyn kann, als es mit einer klaren Uebersicht über die statistischen Verhältniße der einzel⸗ nen Provinzen sowol, als des ganzen Reiches entwor⸗ fen worden.
Für die Grundsteuer, die in jedem ackerbauenden
Staate unter allen Steuern die bedeutendste ist, lie⸗ fert diese Uebersicht das Kataster.
Indes sind die meisten Versuche, ein genaues Ka⸗ taster aufzustellen, gescheitert, sobald sie in einem Staate gemacht wurden, der von einigem Umfange
war. Die Ursache, daß sie scheiterten, lag nicht in dem guten Willen der Minister, sondern darin, daß sie ein so großes Geschäft mit einer zu geringen Kenntnis des
Gegenstandes unternahmen, und besonders, daß sie
nicht gleich von Anfang die großen Schwierigkeiten in
Betracht zogen, die sich einem Unternehmen nothwen⸗
dig entgegenstellen mußten, das so viele Intereßen
verletzte. Bis zur Französischen Revolution war Mai⸗ land der einzige Staat, wo ein Kataster, das auf der
Vermeßung und Abschätzung eines jeden Grundstückes beruhte, zu Stande gekommen war. Der Prinz Eu⸗
gen hatte den Plan dazu entworfen, und es wurde
1759 unter Maria Theresia vollendet.
Auch in Frankreich waren alle Versuche, die man seit Colbert gemacht, fehlgeschlagen. Den letzten machte der Minister Delaverdy im Jahre 1765, als die Finanzen durch den siebenjährigen Krieg so er⸗ schöpft waren, daß der Minister kein Mittel wußte, die Staatsmaschine im Gehen zu erhalten. Das Ka⸗ taster sollte die Güter der Krone, der Prinzen, der Geistlichkeit, des Adels eben so wie die Güter des Bürger⸗ und Bauernstandes umfaßen. Eine solche Unternehmung verletzte aber zu viele Intereßen, als daß sie wäre durch zusetzen gewesen.
Als 1789 die Revolution ausgebrochen, und die Nationalversammlung im Jahre 1791 die Allgemein⸗ heit der Grundsteuer dekretirt hatte, mußte die Ver⸗ theilung von 240 Mihionen, auf die man sie festge⸗ steltt hatte, sehr unvollkommen werden, indem sich, sonderbar genug, im Finanzministerium gar keine sta⸗ tistischen Nachrichten uͤber die Größe, die Bevölkerung, die Häuserzahl, die Grundstücke und die Kulturen der verschiedenen Gemeinden, aus denen die ehem ligen Provinzen und die jetzigen Departements zusammen⸗ gesetzt waren, vorfanden.
Eine unmittelbare Folge von diesem Mangel an sta— tistischen Kenntnißen war nun, daß ein Departement das Doppelte, und das andere nur die Hälfte von dem bezahlte, was ihm vermöge seiner Steuerkräfte zukam. Die Kommißion, die für die Vertheilung der 240 Millionen auf die 85 Departements niedergesetzt war, fühlte selbst die Unvollkommenheit ihrer Arbeit, aber auch daß wegen gänzlichen Mangels an statisti⸗ schen Nachrichten über die Steuerkräfte der Departe⸗ ments keine beßere möglich sey. Sie theilte diese Ent⸗ deckung den vorzüglichsten Gliedern der National Ver⸗ sammlung mit, und man beschlos die Vertheilung durch Akklamation anzunehmen und keine Diskuvion darüber zuzulaßen, da diese doch zu nichts führen könne. Dieses geschah. Als die Kommißion ihren Bericht abstattete, stand der größte Theil der Natio⸗ nalversammlung auf, und nahm den Beschlus der Kommißion an, ohne einen Redner darüber zu hören. So wurde dann eine höchst ungerechte Vertheilung gesetzlich.
Man beschlos zugleich die Verfertigung eines ge⸗ nauen Katasters. Allein dieses war nicht so leicht ge⸗ macht als dekretirt, und während der Stürme der Revolution konnte ohnehin nicht daran gedacht werden.
Erst als Bonaparte nach dem 18. Brümaire die Verwaltung neu geordnet hatte, wurden die Ka⸗ tasterarbeiten aufs nene aufgenommen. Denn obgleich man von den 2a0 Millionen nach und nach 68 Mil⸗ lionen nachgelaßen hatte, indem man den am meisten beschwerten Departements Abschreibungen gemacht, ohne diese den anderen zuzuschreiben, waren die Kla⸗ gen über die Ungerechtigkeiten der Vertheilung doch dieselben geblieben; und wirklich bezahlten, wie sich nachher fand, nicht allein die einzelnen Departements, sondern auch die einzelnen Kantons und die einzelnen Gemeinden, oft das Doppelte und oft nur die Hälfte von dem, was ihnen gebührte. Denn die Vertheilung im Inneren der Departements war eben so fehlerhaft, als die allgemeine Vertheilung unter den Departements.
Nach mancherlei Versuchen, die der Finanzminister Gaudin (der jetzige Herzog von Gasta) in seiner 15jährigen Administration machte, um mit halben Maasregeln zum Ziele zu gelangen, nahm er end lich 1808 den jetzigen Plan des Katasters an, der im Grunde nichts anders ist, als der Mailändische. Denn jede Gemeinde wird in 6, 8, 10 oder 12 Fluren (Sektio⸗ nen) getheilt. In jeder Sektion werden alle einzeine Stücke aufgemeßen und in eine Flurkarte gebracht und numerirt. Dann wird ein Verzeichnis gemacht, wie groß jede Nummer ist und wem sie gehört. Ueber die ganze Gemeinde wird nachher eine Generalkarte gezeichnet, gewöhnlich im Maasstabe von 10,000 zu 1. k (Siehe Beilage.)
33 ste
81“
—— 8
11““ jeber das Kataster ꝛc. (Fortsetung.) Diese Karten werden nun zusammengebunden und lden den Atlas der Gemeinde. Damit die Karten vesto leichter können zusammengezeichnet werden, und such damit eine Kontrolle für die einzelnen Meßun⸗ een vorhanden sey, wird die Gemeinde vorher mit ei⸗ nem Dreiecknetz überzogen. Nachher werden alle Grund⸗ cke in 3, 4 oöber 5 Klaßen gestellt, und von jeder Flaße der reine Ertrag abgeschätzt, bei dem die Pacht⸗ Preise der verpachteten Parcellen als Anhaltpunkte die⸗ nen, da der Pachtpreis als dasjenige angesehen wird, was dem reinen Ertrage am nächsten kommt. Ge⸗ öhnlich ist in den Gemeinden ein Achtel des gesamm⸗ Bodens in Pachtungen befangen, in einigen mehr, den anderen weniger.
Nachdem alle Stücke auf diese Weise gemeßen und ggeschätzt sind, werden die Flurbücher, die Erd⸗ und hbebücher und die Mutterrollen angefertigt, und nach jeseer neu aufgestellten Statistik werden dann die steuern vertheilt.
Der Verf. hat im ersten Theile des angeführten gertes die Geschichte der Katasterarbeiten erzählt, sche die Regierungen, die sich seit 25 Jahren am hheine in stetem Wechsel gefolgt sind, in diesem Zeit⸗ ume unternommen haben. Zuerst die Geschichte des hergischen Katasters, wobei er die Leitung der allge⸗ geinen Landesvermeßung hatte. Dann die des Ka⸗ asters im Herzogthume Westphalen, das die Heßen⸗ HarwsKädtische Regierung unternahm. Endlich die des ranzösischen, das auf dem linken Rhein⸗Ufer unter⸗
nommen wurde. Indem auf diese Weise dargelegt, was bereits geschehen, ist dem Schwanken der Mei⸗ mungen über das, was noch zu thun, eine engere Gränze gesteckt.
Alle diese Katasterarbeiten haben den gemeinschaft⸗ schen Fehler, daß sie unvollendet geblieben. Eine un⸗ pollendere statistische Arbeit ist aber nur von einem chr geringen Nutzen für den praktischen Gebrauch, nd der Nutzen, den sie gewährt, steht in gar inem Verhältniße mit den Kosten, die an auf sie verwendet hat. Die Ursache, daß le diese Arbeiten unvollendet geblieben, ist schon an⸗ führt. Sie ist die, daß Diejenigen, die an der Spitze Geschäftes standen, eine zu geringe Kenntnis da⸗ in hatten, und die Schwierigkeiten nicht vorher sa⸗ en, die sich ihnen nothwendig entgegenstellen mußten, och die Hilfmittel kannten, wodurch sich diese Schwie⸗ igkeiten besiegen ließen.
Jedes Kataster hat Feinde, sey es daß es die In⸗ ereßen der privilegirten Stände des Adels und der Geistlichkeit durchschneidet, sey es daß einzelne Pro⸗ inzen und einzelne Privatpersonen, die bis jetzt zu venig bezahlt haben, merken, in die Höhe kommen zu
‚nüßen, sobald alle Grundstücke gemeßen und abge⸗ scätzt werden.
Ein Geschäft, das im besten Falle einen Zeitraum on 8 bis 10 Jahren zu seiner Vollendung gebraucht, nd das zugleich von einem solchen Umfange ist, daß ine Kosten tief in die Millionen gehen, hat natür⸗ ich eine sehr starke Friktion, und es braucht nur twas übler Wille hinzuzukommen, oder es brauchen ur einige Personen, die es begünstiget haben, vom Schauplatze abzutreten, so kommt es zum Stillstehen. Und doch ist der üble Wille noch bei weitem die linste Schwierigkeit, welche die Minister zu über⸗ binden gehabt, die sich ernsthaft mit der Verfertigung ines genauen Katasters beschoftiget haben. Die größte Schwierigkeit machten sie
8
894 gs B e j 8 1 4 g e 8 n Stuͤcke der Allgemeinen Preußisch
vom 22sten April 1820.
sich immer selber dadurch,
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Anfange
daß sie nie den Anfang mit de
machtem
und sich vor allem eine klare Ansicht des Gegenstandes
verschafften, welches sie nur dadurch gekonnt, daß sie sich eine Zeitlang ausschließend mit ihm beschäf⸗ blos nur ein bischen nebenher, neben
tigt, und nicht den laufenden Geschäften, die sich in jeder Stunde um sie drängen und ihre Erledigung verlangen. Die⸗ sen Fehler hat besonders Gaudin begangen, der in seiner 15jährigen Administration nie dahin gelang’ ist, eine klare Ansicht vom Kataster zu erhalten, obgleich er den reinsten Willen hatte, Frankreich eine gleich⸗ förmige Steuervertheilung zu verschaffen. Weil er selbst nicht klar sah, ließen ihn seine Untergebenen auch nicht klar sehen, sobald ihr wechselseitiger Vortheil sich inmal glücklich verbündet hatte, an welchem den im Kataster Angestellten doch am Ende noch mehr lag, als an der gleichförmigen Steuervertheilung in Frank⸗ reich. Eben weil nun der Minister selbst nicht kla im Geschäfte sah, verlor er 6 Jahre, und in diesen 7 Mill. Franken mit Umhertappen und übel angeleg ten Versuchen. Hätte er die Zeit, die er in diese 6 Jahren nach und nach aufs Kataster verwendet, auf einmal daran gesetzt, und sich 2 Monate ausschließend mit ihm beschäftigt, statt daß er jetzt jede Woche nur ein bischen nebenher darüber nachdachte, wenn gerade der General⸗Kommißair, Herr Hennet, ihm Vortrag hielt, so würde das Kataster von Frankreich jetzt größ⸗ tentheils vollendet und seine Vollendung nicht mehr zweifelhaft seyn, statt daß jetzt nur ein Viertel mit einem Kosten⸗Aufwande von 36 Millionen fertig, und dabei noch sehr ungewis ist, ob die übrigen drei Vier⸗ tel fertig werden, weil die großen Kosten und die Un⸗ gewisheit des Erfolgs immer als Gegengründe von denen angeführt werden, welche die Vollendung des⸗ selben nicht gerne sehen, zu denen besonders der ehe⸗ malige Parlamentsadvokat Graf Beugnot gehört.
Hätte Gaudin das Kataster gekannt, hätte er die große Menge Arbeiten übersehen, die aus der Auf⸗ meßung eines ganzen Landes folgen, bei der in jeder Gemeinde jeder Garten, jeder Hausplatz, jedes Feld muß einzeln gemeßen, aufgezeichnet und berechnet werden, hätte er sich die Schwierigkeiten der Kon⸗ trolle einer so großen Arbeit klar gemacht, bei der an 2000 Geometer aufnehmen, zeichnen und rechnen: so würde er eingesehen haben, daß zu so einer Arbeit eine große Vorbereitung gehört, wenn man sicher seyn will, daß man sie nicht blos anfange, son⸗ dern daß man sie auch vollende.
Die große Ungleichheit in der Steuervertheilung vom Jahr 1791 ist dadurch entstanden, daß man sie in der Eile und beinahe ohne alle statistische Kenntniße des Staates machte, auf den man sie anwandte. Hätte man seit der Zeit im Finanzministerium ein statisti⸗ sches Büreau errichtet, auf dem man alle statistische Nachrichten über die verschiedenen Provinzen gesam⸗ melt, so hätte man auf diesem eine neue Vertheilung entwerfen können, die auch zwar immer noch unvoll⸗ kommen gewesen, aber doch schon viel beßer geworden seyn würde, als die vorige, bei deren Entwerfung man beinahe gar keine statistischen Nachrichten hatte. Ein Kataster ist die speciellste und vollkommenste Statistik von einem Lande, die es giebt, allein es ist hieduech nicht gesagt, daß man nicht auch ohne Kataster schon eine gute Statistik von einem Lande haben, und nach dieser die Steuern vertheilen könne. Ist diese Vertheilung auch nicht ganz vollkommen, so ist sie doch beßer als die bestehende, die man in einem Zeit⸗ punkte machte, wo
Kenntniße vom Lande besaß.
man fast gar keine statistischen