1820 / 38 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 09 May 1820 18:00:01 GMT) scan diff

Crig, rüögte den Irrthum des Herrn Bastereche,

als ob das Prohibitiv⸗System durch Bonaparte ein⸗ geführt sey und als ob das Bonapartische System von der gegenwärtigen Regierung fortgesetzt werde. Das Prohibitiv⸗System gründe sich auf der Gesetzge⸗ dung von 1795. Bonaparte habe durch das De⸗ keet von Trianon und durch seine Anordnung über die Licenzen unangemeßene, unerschwingliche und da⸗ her nur dem Schleichhandel bequeme Tarifsätze einge⸗ führt, welche die jetzige Regierung unmittelbar nach ihrem Eintritte auf ihr Maas zurückgeführt habe.

Herr Lainé bestritt die Meinung des Herrn L. von Villevesque über den Ostindischen Handel. Schon seit langer Zeit hätten Englische, Französische und Holländische Schriftsteller den Ruin von Staaten und Personen, die sich in Unternehmungen auf Indien einließen, geweissagt. Aber das Gegentheil habe sich begeben. Man sehe mit Augen, zu welchem Grade von Wohlstand der Ostindische Handel die Englische Natien geführt habe. Der Handel nach Ostindien sey die vorzuͤglichste Schule der Seeleute, wegen der Länge und der Gefahren der Reise. Man müße nicht ver⸗ geßen, daß die Ostindienfahrer in Indien selbst von Drt zu Ort einen Handel treiben, daß sie nach Kal⸗ kutta, nach den Philippinen, nach China und Cochin⸗ china gehen, wo sie auch den Französischen Manufak⸗ turwaaren einen Markt eröfnen. 1b

Diese Erörterungen über den Handel nach Ostin⸗ dien kamen hauptsächlich bei der Berathung über die einzelnen Tarifsätze, namentlich bei dem Zucker, zue Sprache, indem Herr Bastereche antrug, daß die Zoll⸗Abgaben vom Zucker aus den Französischen Kolos⸗ nien in den Antillen um 5 Franks pro Quintal er⸗ mäßiget und die Abgaben von den aus Ostindien kom: menven Zuckern nicht erhöhet würden, welches nach dem Gesetz Entwurfe mit 5 und 10 Fr., je nachdem die Einfuhr auf Französischen oder auf fremden Schif⸗ fen geschehe, vorgeschlagen worden. Herr von Vil⸗ lele und Herr Lainé traten diesem Antrage bei, dem besonders Herr Laisné von Villevesque lebhaft widersprach. Herr von Saint Crig gab einige faktische Aufschlüße, um die Meinung zu wi⸗ derlegen, als sey zur Ermunterung des Zuückerbaues in den westindischen Kolonien eine größere Begünsti⸗ gung erfoderlich oder rathsam. (Der Rohzucker zahlt 45 Fr. pro 200 Kilogramm 400 Pfund wenn er aus den Westindischen Kolonien kommt, und 60 bis 90 Fr., wenn er andern Ursprunges ist.) Die Kolo⸗ nien haben mit Widerspruch der inländischen Kaufleute ein gänzliches Verbot gefodert, die Regierung hat eine Erhöhung der Zollsätze von fremden Zuckern zu 5 und 10 Fr. hinreichend gefunden, und daß die Kolonien nicht gefährdet seyen, beweise Folgendes. Im Jahre 1813 habe Frankreich bei 42 Mill. Einwohnern und bei einer Auflage von 300 Franks pro 200 Kilogramme Mill. Kilogr. verbraucht. Am 25. April 1814 sey die Abgabe von 300 Fr. auf 40 Fr. herabgesetzt und die Volksmasse Frankreichs auf 28 bis 29 Mill. ver⸗ mindert worden. Dennoch habe der Verbrauch in den beiden Jahren 1814 und 15 jährlich 22 Mill. Kilogr. betragen, sey im Jahre 1816, bei einer Ab abenerhoͤ⸗ hung zu 45 Fr. auf 24,580,000 Kilogr. gestiegen und habe im Jahre 1819 = 59,245,000 Kilogr. betragen. Von dieser in Frankreich verdrauchten Quantität Zucker wären im Jahre 1816 = 17,551,000 Kilogr. aus den Kolonien, und 7,490,000 Kilogr. aus der Fremde, im Jahre 1819 = 54,065,000 Kilogr. aus den Kolonien, und 5,180,000 Kilogr. aus der Fremde eingeführt wor⸗ den. Vermindre man die Abgabe um 5 Fr., so ver⸗ liere die Staatskaße gegen 2 Mill. Fr., und der Preis des Zuckers werde um 2 Liard pro Pfund (etwas über einen halben Pfennig) ermäßigt.

Der Zucker⸗Ertrag in den Westindischen Inseln ist auf 50 Mill. Kilogr. angenommen, so daß sie den jetzigen Verbrauch Frankreichs vollständig hergeben kön⸗ nen. Der Pflanzer gewinnt nach Abzug aller Kosten etwa 1 Sol an jedem Pfunde .“ 8

¹ Der Beschus der Kammer verwarf

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die angetro⸗

ne Ermäßigung für die Westindischen Kolonien, be⸗ stärigte den um 5 und 10 Fr. erhöheten Tarif für die Einfuhr aus nicht Französischen Kolonien, und ermä⸗ ßigte nur auf den eigenen Antrag des Herrn von Saint Crig die Sätze auf die Einfuhr der Lumpen⸗ Zucker, die 60 bis 95 Fr. für 100 Kilogr. versteuert und nur auf Französischen Schiffen eingeführt werden, da der Rohzucker auch auf fremden Schiffen einge⸗ führt werden kann.

Der König hat einen Gesetz⸗Entwurf wegen Be⸗ willigung einer Zulage von 125 Franks für eine große Zahl von Mitgliedern der Ehrenlegion, die bisher nur 250 Fr. empfingen, im Hauptbetrage von 1,700,000 F vorlegen laßen. 8

Von Ludwig Bonaparte sind abermals erschi nen „Historische Urkunden und Betrachtungen über die Regierung von Holland,“ vielleicht eben so unächt, wie die demselben Verfaßer zugeschriebene, on ihm be⸗ reits abgelehnte Geschichte des Englischen Parlamentes. Die Gräfin Oldi (Königin von England) ist aus Italien zu Lyon eingetroffen. Man gläubt, sie gehe

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Spanien. Der König bezieht sich in seiner Ver⸗

fügung wider die Rückkehr der sogenannten Josephi⸗ nos auf Dekrete der Cortes vom Jahre 1813. Man bemerkt hiegegen, daß damals von dieser verweigerten Rückkehr noch nicht die Rede hat seyn können, weil die Josephinos noch in Spanien waren. Das eigent⸗ liche Dekret der Cortes ist vom 2. Febr. 1814, in wel⸗ chem es Art. 8. heißt: „Der Eintritt in Spanien mit dem Könige soll keinem Spanier erlaudt seyn, der von Napoleon oder von seinem Bruder Anstellungen, Pensionen oder Ehrenzeichen, von welcher Art es sey, angenommen habe; wie auch denjenigen Spaniern nicht, die den Französischen Heeren auf ihrem Rück⸗ zuge gefolgt sind. Se. Maj. können solche nicht in Ihrem Dienste behalten.“ Aber die Cortes hatten allerdings schon im Jahre 1823 Verfügungen wider die Afrancesados oder Josephinos erlaßen, und konn⸗ ten es auch, weil der Marschal Soult 8— im Sept. und Okt. 1812 Andalusien geräumt hatte und der König Joseph schon im Jun. 1815 nach Frankreich

flüchtete. Die Cortes hatten sogar schoͤn die Konfis⸗

kation des Vermaögens der Verräther, womit sie die Afrantesabos bezeichneten, durch ein Dekret vom 135. Sept. 1815 festgesehzt, und es scheint, als ob haupt⸗ sächlich hierin die Schwierigkeit liege, bie Zurückkehr der Verbannten vor der Zusammenkunft der Cortes zu gestatten, weil der König bei seiner Rückkehr im Jahre 131 ½ dieses Dekret der Cortes namentlich be⸗ stätiget hatte. Die Schwierigkeit wird vielleicht da⸗ durch noch vergrötzert, daß die Josephinos einen gro⸗ ßen Theil ber Klostergüter an sich gebracht haben mö⸗ gen, nachdem unter der Regierung des Joseph Bo⸗ naparte im Jahre 1809 die Klöster aufgehoben und ihre Güter veräußert worden. 3

Durch eine Verfügung vom 9. April hat der Kö⸗ nig, in Bezug auf ein früheres Dekret der Cortes vom 8. Jun. 1814 verordnet, daß die wandernden Merinos⸗ Herden das Privat⸗Eigenthum der Gemeinden oder einzelner Gutsbesitzer nicht mehr, wie bisher, beweiden dürfen. (Eine Aufhebung der Privilegien der soge⸗ nannten Mesta, einer Verbrüberung der Eigenthümer der wandernden Schaafherden, vermöge deren die Ei⸗ genthümer der Hutungen, auf welchen das Nutzungs⸗ Recht der Mesta ruhete, an jeder Urbarmachung ihrer Weiseländereien verhindert waren. Die periodische zweimal des Jahres, im Frühlinge und Herbste, wie⸗ derholte Wandetung der ehemals zahllosen Schaaf⸗ Herden auf dem ausgedehnten Striche Landes zwischen den Gebirgen von Leon und Estremadura wird jedoch die Beibehaltung des Rechtes der Triften, und hie⸗ nach einer gewißen Beschränkung des Eigenthumes, obwol gegen angemeßene Entschädigung, nöthig ge⸗

macht haben, da die Wanderungen der Schaafe

der Lokalität des Landes zur Erhaltung der Schaaf⸗ Zucht nicht unterbleiben können)

Groß⸗Britannien. Im Parlamente werden sehr wichtige Gegenstände zur Sprache gebracht wer⸗

den. So will man im Unterhause z. B. am 11. Mai die Frage wegen der Ansprüche der Katholiken anre⸗ gen. Verschiedene Schiffeigner haben eine Bitt⸗ schrift um Aufhebung des höheren Zollsatzes auf die Einfuhr ausländischer Wolle einreichen laßen. Herr Lambton hat eine Motion zu einer Parlaments⸗ Reform, Lord Hamilton über die Vertretung Schott⸗ lands angekündigt. Lord Rußell wird den kurz vor Auflöfung des letzten Parlamentes bereits erörterten Gegenstand, dem Flecken Grampound wegen erwie⸗ sener Bestechung das Wahlrecht zu entziehen und das⸗ selbe auf Leeds zu übertragen, wieder aufnehmen und einen Gesetzvorschlag darüber vorlegen. Lord Hamilton machte das Unterhaus auf die Noth in den unruhigen Gegenden Schottlands aufmerksam, und wünschte übder die Fortschritte der von der Regierung, besonders nach dem Brittischen Amerika, zu begünstigen⸗ den Auswanderungen Auskunft zu erhalten. Der Kanzler der Schatzkammer gab diese Auskunft dahin, daß die zur Unterstützung der Auswanderung nach dem Vorgebirge der guten Hoffnung bewilligten 50,000 Pfund zur Expedition von 5000 Personen verwendet worden wären. Bevor man weiter gehe, sey es rath⸗ sam, den Erfolg dieser Unternehmung abzuwarten. Man wird hieran gewahr, welche kostbare Zurüstun⸗ 8 der Transport einer Kolonie erfodert, wenn die

egierung ihn unternimmt, 10,000 Kolonisten wird

Zlur Geschichte des Steuerwesens im

Kurfürstenthum Köln. Das Kurfürstenthum Köln bestand aus drei Thei⸗

len, d. h. aus dem Erzstifte am Rheine, dem Her⸗

zogthume Westphalen, und endlich dem Veste Reck⸗ linghausen. Das Ganze betrug etwa 140 Quadrat⸗ Meilen mit 300,000 Einwohnern.

Die gewöhlichen Landtage wurden zu Bonn im Kloster der Kapuziner gehalten wahrscheinlich weil dort ein großer Saal war. Auf diesen erschien ein Kurfürstlicher Kommißair, der die landesherrliche Pro⸗ position überbrachte. Außer dem Landtage versam⸗ melte sich viermal im Jahre ein Ausschus der Land⸗ stände in Köln. Quartal⸗Konvente, und auf ihnen wurden die Landes⸗ Rechnungen revidirt.

Im Jahre 1465 hatten die Landstände eine Ver⸗ einigung mit dem Erzbischofe geschloßen, welche unter dem Namen der Erb⸗Landes⸗Vereinigung (unio rhe- nanae patriae) das Grundgesetz des Staates bildere. Die Landstände bestanden damals aus fünf verschiede⸗ nen Korporationen: 1) dem Domkapitel, 2) den Gra⸗ fen, 3) den Edelmannen oder bem Lehnadel, a) der Ritterschaft oder dem Dienstadel, 5) den Städte.n

In den geistlichen Staaten, wo keine regierende amilie in ungestörter Folge die oberste Staatsgewalt besaß, sondern der Stuhl des Erzbischofes bei jedem Todesfalle durch eine neue Wahl des Domkapitels besetzt wurde, hatte sich die Souverainität bei weitem nicht so in der Spitze des gesellschaftlichen Gebäudes koncentrirt, wie in Ie Reichslehnen, die ein regie⸗ tendes Geschlecht gesammelt, erobert oder durch Kauf und Erbschaft in eine Hand vereinigt hatte. Die oberste Gewalt war daher mehr vertheilt, und die Verfaßung mehr republikanisch. Dieses ist der Geist der Erb⸗Lan⸗ des⸗Vereinigung oder des Kölnischen Staatsgrundge⸗ setzes, so das Kapitel im Jahre 14635 entwarf, als der Stuhl durch den Tod des Erzbischofes Diede⸗ tich erledigt worden, der ein Fürst von einem sehr

nach *

Diese Versammlungen hießen die

wol das Maxrimum seyn, was jährlich ausgeführt wer⸗ den kann; es wird aber, wenn die Kolonisation ge⸗ lingt, die freiwilligen der Regierung nichts kostenden Auswanderungen mit der Zeit sehr befördern. In Bezug auf die Auswanderungen nach dem Brittischen Amerika bemerkte der Lord der Schatzkammer, daß die Auswanderer daselbst nur Ein Elend mit dem anderen und größeren vertauschten. Die Regierung habe diese Auswanderungen durch Anweisung von Land bisher begünstigt, allein die Zahl der Ausgewanderten sey schon viel zu groß. Sg

Die beabsichtigte Bittschrift des Londoner Han⸗ delstandes um Abschaffuug des Prohibitiv⸗Handel⸗ Systemes erweckt ein lebhaftes Intereße, wie zu er⸗ warten war. Der einsichtvollere Theil der Natiöon hält wenigstens wesentliche Modifikationen nothwendig.

Herzogthum Naßau. Die in einigen öffentlichen Blättern verbreitete Nachricht von der plötzlichen Ver⸗ siegung der warmen Heilquellen zu Wiesbaden ist un⸗ gegründet. Die zufällige Auffindung eines bisher ganz unbekannt gewesenen Kanales voll heißen Mineral⸗ waßers hatte veranlaßt, um ihn näher zu untersuchen. Dieses erregte bei den Eigenthümern der Badehäuser erst Besorgniße, denen bald die An⸗ zeige, daß der Waͤßerspiegel einer der stärksten Mine⸗ ralquellen sinke, und hienächst die grundlosesten Ge⸗ rüchte folgten. Zur Beruhigung ließ daher die obere Verwaltungsbehörde die waßerdichte Verschließung des Kanales und aller damit in Verbindung gestandenen Ausgrabungen sofort verfügen, und jede Besorgnis ist dadurch gehoben, da sich jedermann von dem Daseyn

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der heißen Quellen überzeugen kanmnm.

eigenwilligen Karakter und dabei kriegerisch gesinnt war. Damals traten die Ritterschaft und Städte des Marschal⸗Amtes Westphalen und die Ritrer und Städte der Grafschaft Arnsberg in einen Bund, und dieses war die erste Veranlaßung, daß die zerstreut liegen⸗ den Besthungen, die der Erzbischof von Köln um den hohen Asten, an den Quellen der Ruhr und der Lenne liegen hatte, sich zu einem Lande vereinig⸗ ten und eine Landschaft bildeten. Diese Landschaft, die auf dem Wege eines Bunbes entstand, betrug 66 Quadratmeilen mit 155,000 Einwohnern.

Nach den Bestimmungen der Erb⸗Landes⸗Vereini⸗ gung wurde keinem Erzbischofe gehuldigt, bis er diese angenommen und beschworen. Ohne Wissen und Wil⸗ len des Kapitels und der gemeinen Landschaft konnte er keinen Krieg anfangen *). 8

Auch durfte er die Unterthanen und ihre Güter nicht verschreiben, und die Güter der Ritterschaft we⸗ der mit Waßer⸗ noch mit Landzöllen belegen. Das Domkapitel konnte, so öoft es solches für nöthig hielt, einen Landtag mit Edelmannen, Ritterschaft und Städten bei sich verschreiben, ohne daß der Erzbischof es verhindern durfte. Ein solcher Landtag wurde „durch den Erffmarschalk des Gestifts von Köln“ ausgeschrieben. Wenn der Erzbischof die Erb⸗Landes⸗Vereinigung verlezte, und hierin ungeach⸗ tet der Gegenvorstellungen des Domkapitels verharrte, war die 12 ihres Eides enrbunden, und ver:; pflichtet bvem Demkapitel zu folgen.

Da man zmar kriegerisch gesinnte Erzbischöfe ge⸗ habt, allein nie kriegerisch gesinnte Domkapitel, so ist

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) Der Erzbischof Diederich hatte mit denen von der

Mark und Kleve den schweren Krieg wegen Soest an⸗ gefangen, wodurch die umliegende Gegend soö sehr ver⸗ heert wurde, daß ganze Doͤrfer verschwunden sind, de⸗ ren leere Stellen man noch findet, und wodurch end⸗ lich Boͤhmische Kompagniefuͤhrer ins Land gerufen wur⸗ den, die dem Erzbischofe Soest belaägern halfen, obwol vergeblich. .““

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