1820 / 47 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 10 Jun 1820 18:00:01 GMT) scan diff

Fayette und sagte unter andern: er sey überzeugt, daß das geehrte Mitglied, als er sich an die Spitze derer gestellt, welche die Monarchie umstürzten, nur mit exaltirter Gemüthstimmung, jedoch aus edlen Ab⸗ chten gehandelt; aber er solle doch auch gerecht ge⸗ gen die Männer seyn, denen Pflicht und Ehre gebo⸗ en, die alte Monarchie zu vertheidigen; er sollte doch ch die Lehren der Zeit und durch eigene Erfahrungen klug geworden seyn und ein⸗ daß die Grundsätze, wie er sie verkündige nd das Lob der Revolution und der dreifarbi⸗ gen Fahne, wie er es ausgesprochen, und die Aeuße⸗ 8 ung, daß die Kontre⸗Revolution da und er an seinem eleisteten Eid nicht mehr gebunden sey, wahrhaft den ufruhr predige. Ob er es denn vergeßen, was er selbst erfahren, daß eine einmal aufgeregte Masse in ihren Bewegungen nicht mehr aufzuhalten und man sogar gezwungen sey, ihr zu folgen, ja selbst sie zu eiten, wenn sie auch zu Verbrechen führe. Das neuste Wichtige, was die Pariser Blätter bis um 5. Jun. bringen, ist Folgendes: Im lebhaftesten ortgange der Debatten über den vielbesprochenen Ge⸗ genstand, hatte der Deputirte Delauney die Verbes⸗ serung vorgeschlagen, die Wahlkollegien eines jeden De⸗ partements in zwei gleiche Kollegien zu theilen, welche zwei Kandidaten zur Deputirsen⸗Wahl zu präsentiren hätten. Camille Jourdan aber schlug vor, eine Verbeßerung, welche die direkte Wahl aufrecht erhalten sollte und zu dem Ende, daß eben so viel Wahlkolle⸗ gien gebildet werden möchten, als Deputirte zu er⸗ nennen seyen. Es entstand zuerst ein Streit über die Priorität beider Verbeßerungen, und ob nun gleich durch Namenaufruf die Priorität für Camille Jourdan, jedoch nur mit Mehrheit einer Stimme gewonnen wurde, so ist doch nach der lebhaftesten Diskußion, in welcher besonders der Siegelbewahrer eine lange Rede gegen die Verbeßerung hielt, dieselbe verworfen worden. Bei dieser Abstimmung kam es abermals zum Namenaufruf und unter 256 gegenwärtigen Mit⸗ gliedern fanden sich 125 dafür und 1355 dagegen; also hatten die Minister eine Mehrheit von 10 Stimmen. Dieses Resultat berechtigt um so mehr zu der Vermu⸗ thung, daß sie auch die Mehrheit über den Gesetz Vor⸗ schlag selbst erhalten dürften, da auch demnächst bei einer Diskußion über eine Verbeßerung von Devaisseur eine gleiche Stimmenmehrheit für sich ergeben hat. So eben will verlauten, daß der erste Artikel des Wahlgesetzes mit einer Mehrheit von fünf Stimmen, endlich angenommen worden sey. Die in 12 Bänden zu Paris herausgekommene Sammlung der Französischen Staatsgesetze vom Jahre 789 bis zum Umsturze des Kaiserthumes, enthält beinahe 30,000 gesetzliche Vorschriften, nach welchen fast ein viertel Jahrhundert hindurch, das Schicksal von 40 Millionen Französischer Unterthanen bestimmt worden ist. 1

Spanien. Einem Königl. Dekrete zufolge soll, zur Verminderung der Ausgaben, kein Staatsposten mehr als a0,000 Realen 2 Gr.) jährlich eintragen, doch sind die Generale, Admirale und die Gesandten an auswärtigen Höfen u. s. w. hievon ausgenommen.

Die eröfnete Staatsanleihe von 40 Mill. Realen soll schon im kommenden Jahre wieder zurückgezahlt werden.

Der Marquis de Lazan hatte vom Könige den

efehl, den General⸗Kapitain von Arragonien, D. Haro, zu Saragoßa abzulösen; der letzte weigerte sich

eßen, und es kam in der Nacht zwischen dem 14. und 15. Mai dieserhalb in den Straßen von Sara⸗ goßa zu blutigen Auftritten; die Truppen und viele angesehene Bürger stellten indeßen am Morgen die öf⸗ fentliche Ruhe wieder her, jedoch ist Truppenverstärkung erbeten, auch ein Kriegsgericht bereits angeordnet, um den Schuldigen das Urtheil zu sprechen. Mehre Geist⸗ liche, und selbst der Erzbischof, sollen als Theilnehmer an diesen Vorfällen angeklagt seyn. Wenn einer spä⸗ teren Nachricht Glauben beizumeßen ist, hat D. Haro dem Marquis de Lazan das Prävenire gespielt und ihn

verhaften laßen. Madrid drohte zu gleicher Zeit der Schauplatz ähnlicher Scenen werden zu wollen. Der im Kaffehause Lorenzini bestehende Klubb, trug auf die Absetzung des Kriegsministers an, weil deßen Anhäng⸗ lichkeit an die Konstitution zweifelhaft sey, und deßen Oheim, General Castannos, das Kriegsministerium im Geheimen leite. Der Kriegsminister bat um seine Entlaßung; ihm folgten die übrigen Minister, die der Gefahr so ungesetzlicher und unbegründeter Anklage sich nicht Preis geden wollten. Da ließ der König ei⸗ nige der lautesten Schreier des Klubbs, der fortwäh⸗ rend auf seiner Foderung bestand, festnehmen, und weil man die Freigebung der gefänglich Eingezogenen mit Un⸗ gestüm begehrte, die Garnison unter's Gewehr treten.

Die Ausstoßung der Jesuiten soll, trotz der Ver⸗ wendung des Staatsrathes, beschloßen seyn.

Groß⸗Britannien. Lord Bulkeley fragte im Oberhause, ob nicht eine Taxe auf die vielen Englän⸗ der zu legen sey, die jetzt ihr Vermögen außer Lan⸗ des verzehrten. Man erkannte, besonders da die Sucht anderwärts zu leben, von Jahr zu Jahr zunehme, eine solche Taxe allerdings für sehr wünschenswerth, meinte jedoch, daß sie in der Ausführung unübersteiglichen Hindernißen unterliegen würde.

Brasilien. Der Major v. Varnhagen, ein Teutscher, ist wegen der durch ihn bewirkten Kanonen⸗ und Eisen⸗Gießerei vom Köntge zum Rieter vom Chri⸗ stus⸗Orden ernannt worden.

Niederlande. Um die BVertheidigung der süd⸗ lichen Provinzen des Königreiches zu vervollständigen, soll, wie man sagt, mit Befestigung der Höhen von Mont St. Jean nach welchen bekanntlich die Fran⸗ zosen die erfolgreiche Schlacht vom 18. Jun. 1815 be⸗ nennen) unverzüglich der Anfang gemacht werden.

Wrbna zuständige Eisengießerei zu Horczowitz in Böh⸗ men liefert gegenwärtig Waaren, die mit den Erzeug nißen der Oberschlesischen Gießereien, hinsichtlich der Güte, Form und Feinheit sich vergleichen dürfen. Der großen Klage über die Schlechtigkeit der theuern Eng⸗ lischen Feilen hofft die Feilenfabrik zu Neumarkt in Krain nunmehr abzuhelfen, deren Waare von prakti⸗ schen Arbeitern einstimmig gelobt wird.

Die K. K. Nationalbank setzt, zum Besten des Pu⸗ blikums, die früher etwas theuer ausfallenden Aufbe⸗ wahrungsgebühren um ein Bedeutendes herab und giebt die Gegenstände an, welche sie als Depositen an⸗ zunehmen autorisirt ist. Diese sind Gold⸗ und Silber⸗ Barren, Geräthe aus edlen Metallen, Münzen die vom Verkehre nicht ausgeschloßen sind, Staatspapiere aller Art und Dokumente.

Großherzogthum Baden. Die Verordnunz wegen Zusammenberufung der Stände soll bereits vom Großherzoge unterzeichnet seyn. Der bisherige Bun⸗ destagsgesandte, Herr v. Berkheim wird, heißt es, als Hofkommißair die ständische Versammlung eröffnen.

Statt des bisherigen Handgelöébnißes sollen die Staatsbeamten künftig bei dem Eintritte in die lan⸗ desherrlichen Dienste einen förmlichen Eid leisten.

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1“ Inland. 8 8 Trier. Mittels allerhöchster Kabinetsordre vom à. May 1820, wurden bei dem Landgerichte zu Trier ernannt:

Zum Praͤsidenten, der General⸗Prokurator bei dem ehemaligen Apellhofe zu Trier, Herr Birck; zu Land⸗ Gerichtsrärhen, die Räthe bei demselben Gerichts⸗ Hofe, Herrn Stephani, Rosbach, Müller, Ar⸗ tois, Simon; der Kriminal⸗Prokurator zu Koblenz, Herr Gattermannz der Präsident des Kreisgerich⸗ tes zu Trier, Herr Runken; der Staats⸗Prokurator bei dem Kreisgerichte zu Saarbrück, Herr Röch⸗ ling; der Substitut des General⸗Sraats⸗Prokurators bei dem vormaligen Appellationshofe, Herr Eßerz der Richter bei dem Kreisgerichte zu Trier, Hert Hoffmannz der Assessor bei dem Land⸗ und Stadt⸗ Gerichte zu Straßburg, Herr von Scheiblerz der

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Oesterreich. Die dem Oberstkämmerer Grafen v.

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Richter bei dem Kretsgerichte zu Düßeldorf, Herr v. Haupt, und der Richter bei dem vormaligen Kreis⸗ Gerichte zu Prüm, Herr Bender.

Zum Ober⸗Prokurator, der Assessor bei dem Ober⸗ Landesgerichte zu Breslau, Herr Heintzmann; zum ersten Prokurator, der Substitut des Staats⸗Prokura⸗ tors bei dem Kreisgerichte zu Trier, Herr Zeinin⸗ ger; zum zweiten Prokurator, der provisorische Rich⸗ ter bei dem Kreisgerichte zu Aachen, Herr Morit; zum dritten Prokurator, den Friedensrichter zu Her⸗ meskeil, Hert Hisgen; zum vierten Prokurator, der

Richter bei dem vormaligen Kreisgerichte zu Saar⸗

brück, Herr Schlink. 12

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Stargard, vom 4. Jun. Des Königs jestät, welche am 1. d. M. hier eingetroffen waren, um an den beiden folgenden Tagen über die in der Stadt und nächsten Umgegend seit 10 Tagen und zum Theil noch länger zusammenge!ogene 3te und 5te Mi⸗ litair⸗Division, unter dem Oberbefehle Sr. Königlichen Hoheit des Kronprinzen, große Revüe zu halten, ha⸗ ben nicht nur zu wiederholten Malen Ihre allerhöchste Zufriedenheit mit Ihrem hiesigen Aufenthalte, beson⸗ ders aber mit dem gegenseitigen Benehmen der ein⸗ quartirten Truppen und der quartiergebenden Bürger, öffentlich ausgesprochen, sondern auch, vor Ihrer heute früh erfolgten Weiterreise nach Kolberg, das nachste⸗ hende gnadige Kabinerschreiben an den hiesigen Ma⸗ gistrat zu erlaßen geruhet:

„Ich habe mit besonderem Wohlgefallen erfahren, daß ohngeachtet die Stadt Stargard bei der diesjähri⸗

Zur Statistik des Besitzthumes der Geist⸗ lichkeit im Herzogthume Jülich im 8 Jahre 1795. (Schluß.) 1

Nach der damaligen Steuereinrichtung kannte man nur sogenannte moderirte Morgen. Um nämlich nicht genöthigt zu seyn, bei der Steuervertheilung auf die Güte der Ländereien Rücksicht nehmen zu müßen, rech⸗ nete man in mittelmäßiger Länderei 3 Morgen für 2, und in schlechter Länderei 2 Möorgen für 1. Hiedurch entstanden die sogenannten moderirten oder Steuer⸗ Morgen, wobdurch ein solches Chaos in die Berechnung der Ackerfläche kam, daß es fast unmöglich war, sich durchzufinden und sich irgend ein Urtheil zu bilden, ob die klagenden Gemeinden nun wirklich überbürdet wären oder nicht.

Die geistlichen Ländereien wurden nun nach dem Verhältniße reducirt, welches in dem Amte stattfand, in welchem sie lagen.

Folgende Tafel enthält in der ersten Kolonne die wirkliche Morgenzahl, und, in der zweiten die redueirte oder die Steuermorgen, nach denen nun die Verthei⸗

lung gemacht wurde: Köln. Morg. reducirte K. M

29,440 25,05 17,732 12,453

8 Kommenderien besaßen. 31 Stifter ö 12626

LL“ 29,687 21,721

In allem 81,046 j60,970 Die Kommenderien, die Stifter, die Abteien und Klöster besaßen also eine Flaͤche, so ungefähr gleich war einem Viertel der Fläche des gesammten steuer⸗ baren Ackerlandes, das in der Matrikel von 1719 auf 278,000 Morgen angegeben worden. In der vorigen Tabelle sind die Waldungen mit

angeschlagen worden. Moraen Waldungen. deren Krpitalwerth.

Die Kommenderien besaßen. 84]/ 2,403 Rihl. Die Stifter 9, 226 685,ͤ⸗09 14116114A4*A*“ E “*“

In allem 9,197 321,112 Rchl.

Der Durchschnittpreis des einzelnen Morgens war 85 Rthl.

8

Die Waldungen wurden von Sachverständigen ab⸗

Ma⸗

.

auf eine Einwohnerschaft von etwas über 8000 See len, 9400 Mann Einquartirung gekommen sind, we⸗ der von Seiten der Bürger noch des Militairs die mindeste Beschwerde eingelaufen ist. Dieser Beweis gegenseitiger Einigkeit ist ein sicheres Zeichen guter Gesinnung, und giebt Mir die angenehme Veran⸗ laßung, dem Magistrate und der Bürgerschaft Meine Zuftiedenheit hiedurch zu bezeigen. Zugleich füge Ich für die Stadt⸗Armen 200 Rthl. in Golde bei, deren Verwendung Ich der städtischen Behörde überlaße Stargard, den 4. Jun. 1830. . (gez.) Friedrich Wilhelm.)

Großherzogthum Posen. Die aus Rußlan gewiesenen Jesuiten werden bei ihrem Eintritte in die Preuß⸗ Staaten befragt, wohin sie sich außerhalb der Monarchie zu begeben gedenken, und sodann wird je⸗ dem Einzelnen in möglichst nächster Richtung ein mit 8 Angabe der Reiservute ausgefertigter Paß ertheilt. 11“

Preußen. Im Martienwerderschen Reg. Bezi

haben im voͤrigen Jahre 21,000 Geburten und 11,636 Sterbefälle stattgefunden, mithin giebt diese auffal⸗ lende Erscheinung einen Ueberschus von 9,354 Köpfen für die Bevölkerung ab. In Danzig galt im Mai d. J. die Last Waizen (56 Berl. Schfl.) 105 bis 143 Rthl. 8 Gr., der Rog⸗ gen 68 Rthl. 8 Gr. bis 73 Rthl. 8 Gr., der Hafer à3 bis 55 Rihl. 8 Gr. Vom 1. bis 20. v. M. liefen daselbst 63 Schiffe ein und 155 aus.

geschätzt und ihr Kapitalwerth zu 3 Procent Rein⸗Er⸗ trag gerechnet. Von dieser Summe wurden dann 4 Rthl. gleich 1 reducirten Morgen gesetzt.

Ebenfalls sind die Zehnten in obiger Tabelle mit⸗ gerechnet und in Morgen Ackerland verwandelt wor⸗ den, indem maäͤn 10 Morgen Zehnten gleich 1 Morgen Ackerland setzte.

Fpolgende Tabelle giebt die Fläche von dem gro⸗ ßen Zehntsprengel an, in welchem die Geistlichkeit im Herzogthume Jülich ihre Zehntrechte übte:

Die Kommenderien harten an Zehnten 3,412 Morg. Die Stifter . 118 968

Die Abteien. . 25,12a4 Die Klöster. AEIII

. In allem 165,127 Morg.

Da die sämmtliche steuerbare Länderei des Her⸗ zogthumes Jülich nur 278,000 Morgen betrug, die Zehnten der Geistlichkeit aber 165,000 Morgen: so sieht man, daß die Geistlichkeit in mehr als der Hälfte der gesammten steuerbaren Länderei das Zehntrecht übte; in der anderen hatte es der Landesherr oder der Adel.

Aus diesen Zahlen ist der große Wohlstand des Landmannes auf dem linken Rheinufer leicht zu er⸗ klären. Als die Zehnten aufgehoben wurden, fiel das größte Hindernis, das sich dem Flor des Ackerbaues und der Thätigkeit des Bauern entgegenstellte, auf einmal weg.

Hiezu kam der Krieg und in deßen Gefolge eine ungemein schnelle Cirkulation des Geldes. Bekaonnt⸗ lich kostete dieser vem Lande im Ganzen ungemein wenig, indem er blos einzelne Orte traf, die an der Heerstraße lagen. Den übrigen Theil des Landes machte er wohlhabender, eben durch die schnellere Cir⸗ kulation der repräsentativen Zeichen, wie das vielfach bei Kriegen beobachtet worden. Einzelne verarmten, allein der mittlere Wohlstand des Volkes wurde be⸗ deutend erhöht., Und so nahm denn das linke Rhein⸗ ufer an allen wohlthätigen Folgen der Revolution An⸗ theil, ohne in ihre blutigen und grausamen mit ver⸗ wickelt zu werden. Denn auf dem gangen linken Rhein⸗ Ufer hat keine einzige Hinrichtung wegen politischer Meinungen stattgefunden.

Es muß hier noch bemerkt werden, daß die obe angeführten Kommenderien, Stifter, Abteien und Klö⸗