1820 / 50 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 20 Jun 1820 18:00:01 GMT) scan diff

in den alten Provinzen verboten; in der Kurmark schon seit 1688. Jetzt ist sie mit 2 Rthl. für den Centner belegt, das ist durchschnittlich mit wenigstens 50 Procent. Die Einfuhr war von jeher frei, und ist es noch. So hätte, scheint es, das Hauptmaterial nie fehlen können. Denn wenn gleich auch das Aus⸗ land sich Einiges von unseren Leinwand⸗Abgängen, besonders von den feinsten, zugeeignet hat, und dies noch thut: so hatte es doch früher die Gefahr der Kon⸗ trebande, jetzt den Zoll, in beiden Fällen häufig hö⸗ here Frachtkosten wider sich. Auf der anderen Seite kamen wieder, und kommen noch jetzt ausländische Lum⸗ en zu uns. Wenn man sich den Verbrauch an Pa⸗ pier und Pappen durch das ganze Land vorstellt: so käann man wol mit Wahrheit sagen, daß er ins Uner⸗ meßliche gehe, und wir sehen ihn täglich zunehmen. Beis jetzt fehlte daher auch der Absatz nie, bei hohen Preisen. Gleichwol lieferten unsere Papierfabriken bis jetzt selbst die Quantität des inneren Bedarfes noch nicht. An mehren Papiersorten mangelt es gänzlich; aandere werden minder vollkommen verfertigt. Dies gilt im Ganzen, die Ausnahmen vorbehalten, besonders von den Fabriken des östlichen Theiles. Zwar geht von unserem Papiere, besonders aus den westlichen

Fabriken, ein bedeutender Theil ins Ausland; dagegen

kaufen wir wieder vom Auslande an Papier aller Ar⸗

ten, vorzüglich der feinsten und theuersten, jährlich über 15,000 Centner, das ist beinahe eben so viele

Ballen, oder für einen Werth von wenigstens 2 bis

500,000 Rthl., und dies bei einer Einfuhr⸗Abgabe von

2 Rthl. vom Centner, oder durchschnittlich von 10 Pro⸗

cent! Wenigstens beim Papiere sollte, scheint es, un⸗ ser Linnenland des Auslandes entbehren können. Allerdings liegt es im Wesen der veredelnden Ge⸗ werbsamkeit, und die Geschichte der Papierfabrikation beweiset es ebenfalls, daß sie lange Zeit braucht, um sich zu einer bedeutenden Höhe der Quantität und Qualität ihrer Erzeugniße zu erheben. So lange un⸗ ser Ackerbau noch so viel Kapital und Hände in An⸗ spruch nimmt, oder wir noch nicht Mahl⸗, Säge⸗, ühlen u. s. f. genug besitzen, wird das Vermö⸗ gen der Nation sich nur langsam den künstlichen Ge⸗ weerben zuwenden, zu welchen die Papierfabrikation, die neuere vollkommnere nämlich, ganz vorzüglich ge⸗ hört. Bei einer Fabrikation indes, wo die Foderun⸗ gen des Publikums so wenig veränderlich, der Ver⸗ brauch so sichtbar steigend, der Absatz so sicher, die naͤ⸗ türlichen und gesehlichen Vortheile so einladend sind, mußf man dennoch irgend besondere Hinderniße voraus⸗ setzen, wenn sie mit der ausländischen nicht wenigstens bve Schritt hält, und Eins dieser Hinderniße liegt ei uns ohne Zweifel in dem Mangel an Lumpen; nicht in dem Wirklichen, sondern darin, daß wir das Kleine nicht zu achten, den reichlich vorhandenen Papierstoff nicht zu Rathe zu halten verstehen. Schon in en. gehoͤrt der Lumpenhandel zu den ansehnlicheren ewerben. Viele der achtbarsten Familien haben ihren Sammelkasten, wo die im Kleinen aufbewahrten Ab⸗ fälle liegen bleiben, bis der Vorrath groß genug ist, um ihn den Handlungen anzubieten. Mit noch mehr Sorgfalt wird das Sammeln in Holland getrieben, welches indes den größten Theil seines Bedarfes durch den Handel erhält. In England rechnet die weibliche Dienerschaft ihren Gewinn für das Aufbewahren der Lumpen zu ihren regelmäßigen Einkünften. Sogar ist in England schon längst gesetzlich verboten, die Todten in Leinwand zu begraben.

In den meisten unserer Haushaltungen aber kom⸗ men die unbrauchbaren Abgänge alter Wäsche, und die Tausende kleiner Abschnitzel an Leinwand oder Band, die Tag für Tag beim Neunähen oder Ausbeßern ab⸗ fallen, und gar nicht weiter zu benutzen sind, in den Kehricht! Welcher Vorrath reinlicher Lumpen würde sich sammeln, wenn jede Werkstäte von Schneidern, Nätherinnen, Putzmacherinnen, wenn jede größere und kleinere Haushaltung die unbedeutende Mühe über⸗

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nähme, neben den größeren, sonst nicht weiter brauch⸗ baren Leinwand⸗Abfällen, auch die kleinsten linnenen Abschnitzel auf gleiche Art zusammenzuhalten. Wirklich scheint es nur der mäßigsten Aufmerksamkeit zu bedür⸗ fen, um durchschnittlich auf jeden Kopf im Staate jähr⸗ lich ein Viertelpfund brauchbarer Lumpen mehr, als bis⸗ her, zu gewinnen. Aber dieses Viertelpfund wird im Ganzen 25,000 Centner betragen; es wird einen Wertz bis zu 100,000 Rthl., die jetzt verloren sind, und in Pa⸗ pier verwandelt, von mehr als dem Dreifachen ent⸗

halten, und der Lohn der geringen Aufmerksamkeit

wird thalerweise vielen Tausenden zu Nutze kommen! Wenn 25 oder 50,000 Familien oder Einzelne, Jede oder Jeder, alljährlich 4 oder 2 Rthl. redlichen Ver⸗ dienstes mehr einnähmen, und sie, welches oas Beste wäre, Jahr für Jahr bei den Gemeinde⸗Spaarkaßen anlegten und so durch Zinsen und Zinseszinsen wachsen liezen: in nicht sehr langer Zeit würde sich ein Sümm⸗ chen bilden, wie sie selbst es kaum erwarten; vielleicht, wie die Erfahrung so oft gezeigt hat, die Grundlage eines künftigen Vermögens; gewiß ein erfreulicher Nothpfennig für mögliche Unfälle; gewiß ein sicherer, segenreicher Schatz im Gemüthe, in der Gewöhnung aller dieser Familien, der Kinder, des Gesindes ꝛc. zu der großen Kunst, auch das Kleine zu beachten.

Für die meisten Fabriken muß das Material, in⸗ oder ausländisches, erst hervorgebracht werden, und hat häufig auch schon im fast rohen Zustande, oder nach weniger Bearbeitung, einen gewißen Grad von Braug⸗ barkeit: die Papierfabrikation hingegen hat mit wenss gen anderen das Eigenthümliche, wodurch sie um so wichtiger wird, daß sie einen schon vorhandenen, an sich ganz nutz⸗ und werthlosen Stoff, mit vieler Ar⸗ beit in eine unentbehrliche Waare verwandelt. Frei⸗ lich fehlte bisher und fehlt noch in vielen Gegenden der Anreiz zum sorgfältigen Aufbewahren der Linnen⸗ Abgänge. Ein Paar Nahnadeln oder einige Fäden Zwirn, oder ein Stückchen Feuerschwamm, womit der herumziehende Sammler einen Bündel alte Leinwand kaufen will, sind ja kaum der Mühe werth, ihm auf sein Zeichen das Gesammelte auf die Straße zuzutra⸗ gen. Die Gegenstände unserer Bedürfniße, deren Ver⸗ mehrung hauptsächlich von unserem Fleiße abhangt, sagt Arthur Noung, müßen theurer werden, um wohl⸗ feil zu werden, das heißt: der gute Preis muß an⸗ treiben für die Vermehrung zu sorgen, damit Viele und immer Mehre dafür sorgen, und sich zuletzt durch die Konkurrenz der moͤglichst niedrige Preis stelle. Jene schlechte Methode des Lumpenkaufens wird sich indes immer mehr verlieren, und es ist ein erfreuliches Zei⸗ chen fortschreitender Kultur, daß schon bereits hier in Berlin Buden errichtet sind, wo Lumpen nach Gewicht für baare Bezahlung gekauft werden; ein Beispiel, wel⸗ ches nicht ohne Nachfolge bleiben und zu einem regel⸗ mäßigen Lumpenhandel führen wird.

Möge nur aber auch die verdienstliche Einrichtung bei dem Publikum wirksamen Beifall finden! Es ist eine alte Beobachtung, daß der Grund zu vielen der größten und reichsten Fabriken von den Hausfragen gelegt ist, die das Zurathehalten der Zeit, des Stoffes, die des Kleinen zu würdigen und in Gang zu bringen wußren; und auf diesen Theil des Publi⸗ kums wird es auch hier vorzüglich ankommen: auf unsere verständigen, stillthätigen Mitbürgerinnen, wenn sie es sich zu einer Angelegenheit machen wollen, auch hier das Gute zu fördern, sowol selbst, als durch ihre Töchter, die sie in demselben Geiste der Häuslichkeit und Sparsamkeit erziehen, und durch ihre Dienstmäd⸗ chen, denen sie nicht müde werden, Fleiß und Ord⸗ nung zur Pflicht zu machen. Mögen sie denn immer, was ihr eigener und ihrer Kinder Fleiß unterhalten helfen wird, ihren treuen Dienstboten zu gure kom⸗ men laßen; am besten, wie schon gesagt, auf das Buch der Stadt⸗Sparkaße. Redaktion in Aufsicht: von Staägemann.

8 Rieimersche Buchdruckerei.

Strelitz, von Strelitz. Se. Exc. der General⸗Lieu⸗

König haben dem Legationsrathe und Chargé d'af- faires am königl. Dänischen Maltzahn, geruhet.

meister Bohlender zu Emsderten das Allgemeine

Rath und Präsident,

Berlin, vom 20. Junius. Se. Majestät der

Hofe, Freiherrn von die Kammerherrn⸗Würde zu ertheilen

Se. Majestät der König haben dem Bürger⸗

Ehrenzeichen erster Klaße zu verleihen geruhet.

1 11u1“ Einpaßirt: Se. Hoh. der General⸗Lieutenant

und kommanoirende General des Garde⸗ und Gre⸗

nadier⸗Korps, Herzog Karl von Mecklenburg⸗

tenant und kommandirende General des 7ten Armee⸗ Korps, v. Horn, von Magdeburg. Se. Exc. der Wirkliche Geheime Rath und Ober⸗Präfidene, v. Heydebreck, so wie der Genera Major und Divi⸗ sions⸗Kommandeur, von der Marwitz, beide von Frankfurt an der Oder. Se. Exec. der königl. Dä⸗ nische Gesandte am kaiserl. Oesterreichischen Hofe, Graf v. Bernstorff, von Wien. Der General⸗Major und Ingenieur⸗Brigadier, v. Hoyer, von Stettin. Der Regierungs⸗Chef⸗Präsident, Graf zu Dohna, von Köslin. Der Wirkliche Geheime Ober Finanz⸗

Rother, aus Schlesien.

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Frankreich. Da nunmehr die neue Wahlordnung durch die Annahme des ersten Artikels des neuen Ent⸗ wurfes und der vom Deputirten Boin vorgeschlage⸗ nen Verbeßerung im wesentlichen feststeht (denn an der Genehmigung der Pairkammer, so wie an der königli⸗ chen Bestätigung, ist wol nicht zu zweifeln), so scheint es zweikmäßiger, eine kurze Darstellung des Sachver⸗ hältnißes seldst zu geben, statt einer weiteren Anführung der jetzt vorgefallenen Debatten, die vollständig zu lie⸗ fern der Raum nicht gestattet und die doch nur in dieser Vollständigkeit Intereße haben können, und dies auch selbst nur für die Wenigen außerhalb Frankreich,

welche Personen und Dinge näher kennen oder

eine anschauliche Erkenntnis einer solchen Verhand⸗

lung lieben. Das alte nun veränderte Wahlgesetz ruhete auf

den zwei wesentlichen Grundsätzen: 1) daß jeder Fran⸗ zose, der 30 Jahre zurückgelegt, der bürgerliche und poli⸗ tische Rechte genießt und 300 Fr. direkte Steuern be⸗ zahlt, an den Wahlen Theil nehmen kann, aber nur in Einem Departement; 2) daß es in jedem Depar⸗ tement nur ein einziges Wahlkollegium geben soll, welches aus allen Wahlherrn des Departements be⸗ steht und die Deputirten der Kammer unmittelbar er⸗ nennt. In Gemaͤsheit der konstitutionellen Charte, deren §. 55. lautet „daß die Kammer der Deputirten, aus den von den Wahlkollegien, deren Organisation durch das Gesetz bestimmt werden soll, erwählten Ab⸗

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Auspaßirt: Se. Königl. Hoheit der Prinz

Nachr

vW

Karl

von Preußen und der General⸗Major v. Block

nach St. Petersburg. Se. er tenant und Chef des reitenden Feldjäger⸗Korps, v.

Köckeritz, nach Neustadt⸗Eberswalde. Der ral⸗Major und Landwehr⸗Brigade⸗Kommandeur, v. Thile, nach Oranienburg. Ober⸗Finanzrath und der Schulenburg, Spanische Gesandte am hiesigen Hofe, Ritter Val⸗ lejo, nach Madrid. Kammerherr, Graf v. Kiefstein, Koppenhagen.

geben, welches enthalt:

. nehmenden,

Exc. der General⸗Lieu⸗ Gene⸗

Der Wirkl. Geheime Dom⸗Dechant, Freiherr von nach Salzwedel. Der königl.

Der kaiserl. Oesterreichische als Kourier n

Heuute wird das 8te Stuͤck der Gesetzsammlung ausge⸗ gegenseitiger Aufhebung

No. 603. Die Konvention wegen zwischen Preußen

des Abschoßes und Abfahrtgeldes und Sardinien; vom 18. Febr. d. J. No. 604. Die allerhoͤchste Kabinetsordre vom 20. Mai c. wegen der bei der Ofsicier⸗ Witwenkaße wieder aufzu⸗ exkludirt gewesenen Pensions⸗Mitglieder. No. 605. Die allerhochste Kabinetsordre vom 25. dessel⸗ ben Monats, daß die Haͤlfte der Geldstrafen füur Maaß⸗ und Gewicht⸗Vergehen der Denunziant erhalten soll. No. 606. Die Deklaration des § 157. der Staͤdte⸗Ord⸗ nung, wegen Beruͤcksichtigung invalider Militairperso⸗ nen bei Besetzung staͤdtischer Posten; vom 29. Mai d. J.

Berlin, den 20. Jun. 1820.

Zeitungs⸗Nachrichten.

Koͤnigl. Preuß. Debit⸗Komtoir f. d. Allgem. Gesetzsammlung ö1111X4*“*“

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* geordneten bestehe“ und §. 56. „daß jedes Departement soviel Abgeordnete wie bisher haben soll“ betrug daher bis jetzt die Zahl sämmtlicher Deputirten 258.

Ohne der Anfechtung dieser Wahlordnung durch den Versuch, den Barthelemy im Anfange des Jah⸗ res 1819 in der Pairkammer machte zu gedenken, weil er den beabsichtigten Erfolg nicht hatte, gehen wir nur zurück darauf, daß die gegenwärtige Sitzung der Depurirtenkammer von dem Könige schon mit der Erklärung eröfnet wurde, daß, um Ordnung und Ruhe, um den Thron, die Charte selbst und das Heil Frank⸗ reichs durch sie zu sichern, eine Verbeßzerung der Wahlordnung nothwendig sey, damit die Kammer der 8 Deputirten dem jährlichen Spiele der Partheien ent⸗ zogen und ihr eine angemeßene Dauer gegeben werde.

Gemäß dieser Verheißung wurde auch in der Sitzung vom 15. Februar ein neuer Gesetz⸗Entwurf für die Wahlen von dem damaligen Minister des Inneren, Decazes, der Kammer vorgelegt, und ging haupt⸗ sächlich dahin, daß solche künftig, statt aus 258 aus 450 Mitgliedern bestehen solle, von welchen 258 von den Bezirkskollegien, die übrigen 172 aber von den Departe⸗ mentskollegien gewählt werden müßten. Unterdeßen trat Decazes aus dem Ministerium, und von vielen Seiten her offenbarte man sich laut gegen diesen Vor⸗ schlag, weil er der Charte nicht gemäß sey. Wie viel oder wie wenig diese Opposition wirklich gegründet war, mag dahin gestellt seyn. Genu

angeblich darum, weil sich die öͤffentliche Meinung da⸗

‚jener Entwurf wurde