1820 / 53 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 01 Jul 1820 18:00:01 GMT) scan diff

aber dieser Auffoderung nicht Gnüge geleistet, und die Beweggründe seiner Verweigerung in einem Schreiben an den Grafen Portalis auseinander ge⸗ setzt, und das Schreiben drucken laßen. Die Unziem⸗ lichkeit dieses Schrittes, die unschickliche Schreibart, und überhaupt schon die Weigerung einer Magistrats⸗ Person, Beweise über Vergehen, die sie selbst denun⸗ cirt, zu offenbaren, wird vom Publikum gehörig gewür⸗ digt. Gleichwol hat die Deputirtenkammer die Ver⸗ weisung dieser Petition an den Präsidenten des Mi⸗ nister⸗Raths beschloßen, und dieser hat sie nun durch den vorgedachten Unterstaatssekretair dem General⸗ Prokurator zu Nismes behufs einer näheren Infor⸗ mations⸗Einziehung, zufertigen lonen. Dem gemͤß verfügte der Gerichtshof das Erfoderliche. Herr Ma⸗ dier kam am 8. zu Nismes an und den 9. vernahm ihm der Instruktions⸗Richter Gilloquin in seiner Wohnung, weil er krank zu Bette lag. Er erklärte, daß er sich mit einem Eide verpflichtet, die Personen, welche ihm die in seiner Petition bekannt gemachten Fakta entdeckt, nicht zu nennen, und daß ihn dieser Eid ver⸗ hindere, solche der Wahrheit nach anzugeben. Sonst wäre er bereit zu allen Aufklärungen, und glaube er übrigens sich nur auf die Notorität und das Zeugnis aller rechtlichen Leute berufen zu dürfen, daß die in Rede stehenden Thatsachen von solcher Art wären, daß eine tüchtige Regierung, sobald sie nur wolle, vollkom⸗ mene Kenntnis von denselben erhalten könne, ohne die Sicherheit irgend eines rechtschaffenen Bürgers zu kompromittiren. 1 Der Moniteur macht hierauf Bemerkungen, die sich jedem unbefangenen Leser, der das sonder⸗ hbare Benehmen einer Magistratspersen, die sich durch ihr Amt verpflichtet fühlt Vergehen anzuzeigen, aber von der Verpflichtung sie zu beweisen, durch einen freiwilligen Eid lossagt, aufmerksam betrachtet, von selbst darbieten müßen. (Fortsetzung des politischen Mancherlei aus dem Moniteur.) In Frankreich bekämpften sich den gan⸗ zen Lauf der Revolution hindurch immer nur zwei materielle Kräfte: die Kraft der herrschenden Ge⸗ walt, die, so lange der Widerstand vereinzelt war, ihn leicht besiegte, und die Kraft der Masse, die jedesmal, wenn die Individuen sich vereinigen konnten, jene stürzte. Da aber beiden das Rechts⸗Prinzip fehlte, so unterlagen sie auch immer der naturgemäßen Beschaffenheit aller materiellen Kräfte; nothwendig mußte die herrschende Gewalt unterdrücken, um nur bestehen zu können, und die Individuen hingegen die Unterdrückung leiden bis zu dem Augenblicke, der sie in Massen vereinigte, und dann zu den Unterdrückern machte. In einem solchen Zustande der Dinge war es natürlich, daß man den Satz: „der Aufstand sey der heiligste aller Pflich⸗ en“ proklamirte, und so in der Zerstörung die Er⸗ haltung der Gesellschaft suchte. Seit der Restaura⸗ tion ist freilich das Recht wieder hergestellt, aber die Gesellschaft nicht mehr dieselbe. Denn die Legitimität hat sie natürlicherweise nicht anders finden können, als sie durch die Revolution geworden; das heißt, die Gewalt auf der einen, die Individuen auf der andern Seite, ohne eine vermittelnde Macht, ohne eine an⸗ dere Garantie, als die der wechselseitigen guten Ge⸗ innung. Wir üͤbergehen die weitere Ausführung des Moniteur zur Begründung und Herstellung einer solchen Mittel⸗ da sie auf den hinlänglich besprochenen Punkt, die Veränderung des bisherigen Wahlgesetzes hinausläuft, und die Nothwendigkeit dieser Veränderung durch den bekannten Satz begründet, daß die gesetzgebende Gewalt auf unveränderlichen, dauernden Intereßen, nicht auf den immer wechselnden unstäten Gemüthsbewegun⸗ gen gebaut werden müße, wenn sie die gesellschaftliche Drdnung nicht umkehren, sondern erhalten solle. Eben so übergehen wir die Zurechtweisung Derer, die den Ruf „es lebe die Charte“! als Losungswort zum Auf⸗

ruhr misbrauchen, und dabei noch keck fragen, ob denn

dieser Ausruf etwas Strafbares

enthalte. Es bedarf gewiß keiner Beziehung auf Montes qu ieu, um zu

beweisen, daß das Unschuldigste und Heiligste gemis⸗

braucht werden kann, daß die Heuchelei eben Heuche⸗ lei ist, und daß Zeit und Umstände die Zeichen deuten müßen. (Nur auf die rechten Zeichendeuter kommt es an). V Aber der Schluß des Aufsatzes ist sehr erheblich, da er Thatsachen, die Veränderungen in dem Stande der öffentlichen Papiere, in Beziehung auf das Wahl⸗ gesetz, zur Sprache bringt. Unmittelbar nach den letz⸗

ten Wahlen, heißt es, sielen die Papiere im Werthe; als verlautete, daß

und sie stiegen sofort wieder, die Minister die Absicht hätten, verändern. Operationen, die gleichzeitig mit den bekannten Peti⸗ tionen gegen die Veränderung angewender wurden, um sie zum Fallen zu bringen. Im Laufe des No⸗ vembers wechselten Steigen und Fallen rasch, wie die Hoffnungen und Besorgniße, ob so oder anders das Ministerium gebildet werden möchte, und der Kours blieb hoch, als die neue Bildung geschehen war. (Be⸗ kanntlich die, wo die Gegner aller Abänderung des bisherigen Wahlgesetzes, Desolles, St. Cyr und Louis ausschieden). So hat sich ferner mit dem guten Erfolge, den die Minister in den Debatten über die Wahlordnung davon getragen, die Höhe des Kourses erhalten. Ein Wechselagent sagte an dem Tage, als die von einen Mitgliede der linken Seite der Kam⸗ mer in Antrag gebrachte Verbeßerung mit einer Mehr⸗ heit von zehn Stimmen verworfen wurde: die Thalet sind aristokratisch; und dieses vernünftige Wort (spi⸗ rituel drückt sich der Moniteur aus) hat sich in den letzten Tagen bewahrheitet; die auf 72 gefallenen Fonds sind seitdem auf 75 gestiegen. 8

Groß⸗Britannien. Auf Befehl des Königes

das Wahlsystem zu

ist die Korrespondenz über die Unterhandlungen zwi⸗ 8

schen der Königin und den Ministern beiden Häusern vorgelegt worden. Aus den denselben beigefügren 10 Dokumenten, geht hervor, daß die Königin nicht auf gefodert worden, dem Range und dem Titel einer Kö⸗ nigin zu enisagen. Vor allen verlangte die Königin ihren Namen in der Liturgie angeführt zu sehen, und eine anständige Königl. Residenz, wie z. B. die Zim⸗ mer im Kensingtonpallaste, angewiesen zu erhalten, wo sie dann bereit sey, fernere Vorschläge zu hören. Auf das erste Verlangen entgegnete Lord Liver⸗ pool, daß die Auslaßung des Namens Ihrer Maj. sich auf ein früheres Verfahren gründe, indem der Name der Gemahlin Köͤnig Georgs I. in den Kirchengebeten auch nicht genannt sey; aber auf das letzte, daß eine Königl. Residenz jetzt nicht offen stehe, und der ge⸗ wünschte Pallast von der Herzogin von Kent bewohnt werde. Die Königin fand hinsichtlich des ersten Punk⸗ tes den angeführten Fall auf sich nicht anwendbar, indem König Georgs I. Gemahlin sich außerhalb Lan⸗ des aufgehalten; hinsichtlich des zweiten aber, wolle sie, wenn auch ungern, den Wunsch hier im Lande zu blei⸗ ben, aufgeben, doch müßten die Minister Sr. Maj. des Königes den Auftrag erhalten, sie an jedem Hoft, den sie besuche, als Königin der vereinigten Königreiche zu empfangen, und bei dem Hofe, bei dem dieselben akkreditirt wären, als solche einzuführen. Hierauf ward erwidert, wie es gegen die Etikette sey, daß auswärtige Höfe eine Person empfangen könnten, welche am Hofe ihres eigenen Fürsten nicht zugelaßen werde; indeßen wenn die Königin am Mayländischen oder an einem an⸗ deren Italienischen Hofe ihren Aufenthalt zu nehmen geruhen wolle, so sollten die an diesen Höfen akkredi⸗ tirten Minister Sr. Majestät des Königes angewiesen werden, ihr die einer Königin von England gebührende Aufmerksamkeit zu beweisen. Jedoch könne der Kö⸗ nig dafür nicht einstehen, daß seine Empfehlung an⸗ dere Höfe veranlaßen werde, sie gleichfalls als Köni⸗ gin aufzunehmen; und habe sie schließlich über ihren künftigen Wohnsitz feste Bestimmung getroffen,

Und dieses Steigen erhielt sich trotz aller suchung,

läuftigkeit.

werde der König, wegen Aussetzung eines lebensläng⸗ lichen Jahrgehaltes von 50,000 Pfd. beim Parlamente die nöthigen Anträge machen. Geld⸗Angelegenheiten, antwortete die Königin in Bezug auf den Schluß⸗ Punkt, müßten ganz aus dem Spiele bleiben; sie un⸗ kerhandle nicht des Geldes wegen, und sie wünsche, daß dieser Punkt nicht wieder berührt werde; auf be⸗ dingungsweise Empfehlungen an fremde Höfe könne sie sich nicht einlaßen, und sie müße daher auf ihre früheren Anträgen ohne beschränkende Bedingniße beste⸗ hen. Hierauf wurden die Unterhandlungen abgebro⸗ chen, jedoch will man behaupten, daß eine gütliche Aus⸗ einandersetzung, mit Umgehung der öffentlichen Unter⸗ noch zu Stande kommen werde. Die ge⸗ heime Komitté wird nun ihre Geschäfte nach einer abermaligen Vertagung den 25. Juni endlich eröfnen. Jos. Banks, ehemaliger Präsident der Königl. Societät der Wißenschaften, ist am 19. d. M. auf seinem Landsitze bei Hounsland mit Tode abgegangen; zinen gnoßen Theil seines bedeutenden Vermögens hat er auf die Beförderung des Studiums der Na⸗ turgeschichte verwendet. Pprinz Gustav (Sohn des vormaligen Königs von Schweden) und der Fürst Lichtenstein, wurden am 18. d. M. dem Könige vom Ruß. Kaiserl. Gesand⸗

ten vorgestellt.

Spanien. Ein früheres Dekret der Cortes,

welches die Strafe mit der Peitsche untersagt, ist vom

Könige erneuert und bestätiget worden.

Unter mehren in Portugal angekommenen Spani⸗ schen Auswanderern befindet sich auch der vormalige Günstlüäng des Königes, Graf Torremusquiz, der sich in Madrid vor dem Klubb Lorencini nicht mehr sicher gehalten.

Die Versammlung der Cortes b““

* ““ 8 6 Königreich der Niederlande. Die Sitzung

ber Generalstaaten ward am 12. geschloßen. Bei der Diskußion über die von der Regierung vorgeschlagene Gerichtsverfaßung äußerte sich der Justizminister Herr van Maanen gegen das Verlangen, die Französi⸗ schen Institutionen unverändert beizubehalten, und gegen das Bestreben, sich jedem, auch dem besten Vor⸗ schlage zu widersetzen, sehr kräftig; nur ward sein Vorschlag halb verstanden, weil er ihn in holländischer Sprache hielt, deren die südlichen Abgeordneten nicht mächtig sind. Von Rotterdam und andern Pläz⸗ zen werden die unbemittelten Waisen⸗ und andere Armenkinder nach Frederikboord transportirt; man er⸗ wartet noch tausend solcher jungen Ankömmlinge.

. 1

Breslau. Die hiesige seit dem Jahre 1811 er⸗ richtete Universität gehört zu den vielen ausgezeichne⸗ ten Wehlthaten der glorreichen Regierung Sr. Ma⸗ jestät des Königes, und sie wird als solche beson⸗

ders in Schlesien dankbar anerkannt. Dies beweisen die ungemein ergiebigen Freitisch⸗Kollekten⸗Beiträge aus Schlesien. Sie betrugen etatsmäßig im Jahre 1812 nur 600 Thlr., gegenwärtig aber hat sich deren Betrag mehr als vierfach jährlich vermehrt.

Die hiesige Universität ist auf das wißenschaftlich⸗ literarische Bedürfnis von 3 Mill. Inländern berech⸗ net, nämlich auf das Bedürfnis von Schlesien, von dem Großherzogthume Posen und von Westpreußen, besonders der katholischen Theologen in letzterwähn⸗ ter Provinz.

Die hiesige Universität befindet sich in einer höhe⸗

ren Mittelstadt; sie hat also nicht die Nachtheile ei⸗

ner für Studienzwecke übergroßen Hauptstadt, nament⸗ lich weder große Theurung der Wohnungen, noch we⸗ niger der Lebensmitttel, oder zu große örtliche Weit⸗ Eben so wenig hat sie die bekannten Nachtheile kleiner Städte, in denen beson s wiß

schaftliche Institute

ist auf den 9. Jul.

1“ 1 38 u . und Sammlungen sehr schwer zu Stande kommen und sich Ee Ven der hiesigen Universität gilt ganz das, was Tacitus im Leben des Agricola damals von Marseille sagt, „esse sedem ac magistram studiorum, locum comi- tate et provinciali parsimonia mistum ac bene compositum.“

ie Zahl der von Ostern bis jetzt hier angekom⸗ menen neuen Studirenden beträgt 66. Zu Michae⸗ lis v. J. vermehrte sich die Summe derselben über⸗ haupt um 121, und sie beträgt jetzt, da zu Ostern d. J. ab abgegangen sind, 475, nämlich 64 Ausländer und a09 Inländer. Im Oktober 1819 war die Zahl 418 und hat mithin um 55 zugenommen. Nach den Fakultäten beträgt die Zahl der Anwesenden 188 Theo⸗ logen (wovon 69 katholische und 119 protestantische) 142 Juristen, 76 Mediziner, 18 Kameralisten, und a9 Philologen und Philosophen. Von den zu Ostern d. J. Neuangekommenen kamen 11 von anderen Uni⸗ versitäten. Die Zahl der Vorlesungen, welche von à6 Profeßoren und Privat⸗Docenten seit dem 10. April angefangen sind, beträgt 151.

Trier. Die beunruhigenden Nachrichten über den wahrscheinlich sehr geringen Ausfall der Getraide Erndte in Frankreich, sind die Ursache von dem Steigen der hiesigen Getraidepreise. Auch haben die Weinpreise eine seltene Höhe erreicht; es rührt dies hauptsächlich von der anerkannten Güte des vorjährigen Produkts und von dem bedeutenden Vorrathe an baarem Gelde her, welcher jetzt hauptsächlich auf Spekulation im Weinhandel verwendet wird.

Der Feldbau erweitert sich durch den Verkauf von Gemeindegrundstücken und von einzelnen Waldparzelen über viele bisher öde Strecken. Der Beförderung der Wiesenkultur liegt der Uebelstand im Wege, daß die Anlieger eines Baches sich zur Regulirung desselben und zu Einrichtung zweckmäßiger Bewäßerungsanlagen selten vereinigen können.

Die Foderungen, welche unsere Provinz für Krieg Lieferungen an Frankreich zu machen hatte, werden nu berichtiget; so sind z. B. die Gelder, welche wir Verproviantirung der Festung Mainz im J. 1815 zu fodern hatten, bezahlt, und den betheiligten Gemeinden ausgeantwortet worden; diese bezahlen damit ihre Schulden, und die, welche dergleichen nicht haben, verwenden die auf sie fallende Summe auf gemei same Zwecke, z. B. auf den Bau neuer Schulhäuser, auf Anschaffung von Feuerlöschgeräthschaften u. dergl.

An den Straßen veon Trier nach Merzig, von Prüm nach Adenau, und von Bernkastel über den Hunds⸗ rücken nach Birkenfeld und die Pfalz wird fleißig ge⸗ arbeitet.

Im Bau der Gemeindewege haben sich die Bürger⸗ Meistereien Aach, Trierweiler und Rahlingen unter der verdienstlichen Leitung ihres gemeinschaftlichen Bürgermeisters Aldringer rühmlichst ausgezeichnet. Diese sonst Luxemburgische Gemeinden liegen auf dem steilen Ufergebirge der Sauer, welche die Gränze mit den Niederlanden bildet, und entbehrten bisher aller Verbindung mit Trier und unter sich. Diese ist nun⸗ mehr mittels breiter, gerader, und größtentheils in Be⸗ steinung gesetzter Wege erreicht, und dadurch der Ab⸗ satz ihrer Produkte nach dem Hauptorte gesichert.

„Eben so lobenswerth ist die Bereitwilligkeit der Bürgermeistereien Fraulautern, Wallerfangen, Itters⸗ dorf und Rehlingen, welche die durch die Anfuhr der Festungsmaterialien sehr ruinirte Straße von Saar⸗ Louis nach Metz durch freiwillige Anfuhr der Steine und Leistung der Grundarbeiten in kunstmäßigen Zu⸗ stand wieder hergestellt haben.

Die bekannt gewordene Zusicherung Sr. Majestät, hiesiger Stadt Ihr Brustbild zum Geschenk machen zu wollen, ist mit einstimmigem und tief empfundenem Danke aufgenommen worden. Mit diesem Ehren⸗ Geschenke soll der Rathhaussaal geschmückt werden.