Man sieht aus diesen Zahlen, daß die Aristokratie der Grundbesitzer noch stark genug ist, um 172 Depu⸗ tirte wählen zu können, und daß man deswegen dem Theilen des Bodens keine neuen Hinderniße braucht in den Weg zu legen. Denn die großen Ackerhöfe werden sich in Frankreich eben so erhalten, wie sie sich am Rheine erhalten haben, und es wird immer eine große Anzahl Personen geben, die so viel Grundeigen⸗ thum besitzen, daß sie 1000 Fr. Steuer bezahlen.
Da von allen diesen Departementswählern nach Angabe des königlichen Kommißairs nur etwa ein Fünftel zum alten Adel gehört, also zwischen 3000 und 5500, so sieht man, daß die Besorgnis ungegrün— det war, daß das Wahlgeschäft eben so in die Hande der großen Familien von Frankreich kommen würde, als das Wahlgeschäft in England in den Händen der großen Familien von England ist, wo bekanntlich 160 Lord Familien 398 Deputirte ins Unterhaus wählen, also die Majorität, da die Gesammtzahl nur 658. ist 2).
Sobald die Thatsache außer Zweifel gesetzt wor, daß in den Departemental⸗Kollegien nur ein Fünftel vom alten Adel sey, so stand gleich die Diskußion auf einer andern Stelle. Denn was auch B. Constant von einer Klientel sagen mochte, die der alte Adet sic un⸗ ter den Bürgerlichen dadurch verschafft, daß er den „bürgerlichen Eitelkeiten“ geschmeichelt, so liegt es doch in der Natur einer Klientel, daß sie sich nur zwi⸗ chen sehr von einander entfernt liegenden Stufen der Gesellschaft bilden kann, und die 2000⸗Franken⸗Män⸗ ner können sich keine Klienrel unter den 1500⸗ der unter deh 1000⸗Franken⸗Nännern machen.
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wollte man
zwei Kollegien zu gestatten;z dann 2tens Spaͤter
damals ein Fuͤnftel der Meistbeerbten haben.
einigte man sich auf ein Viertel. *) Bei den Verhandlungen uͤber das Wahlgesetz in Frank⸗ reich war es auffallend, daß man nicht gleich darauf usging, sich genaue Zahlen uͤber die Staristit der Departements⸗Kollegien zu verschaffen; denn hierauf be⸗ ruhte doch Alles, und wenn man diese harte, so hatte man sich eine große Menge heftiger Reden ersparen koͤnnen, die voͤllig ohne irgend einen Einstuß auf die Entscheidung waren. In England wuü de das Parla⸗ 8 ment sich auf eine solche Diskußien gar nicht einsesaßen haben, ohne vorher eine Kommißijon zu ernennen, die alle Papiere und alle Aufklaͤrungen sammelte, um we⸗ nigstens den Thatbestand festzustellen, da das Parla⸗ ment gewohnt ist, immer mit eigenen Augen zu sehen, und nie mit den Augen der Regierung. Daß man dieses in Frankreich unterlaßen, das fuͤhrte nachher zu eeinem großen Schwanken der Meinungen, indem mehre Reedner das Gegentheil von dem zu beweisen such⸗ zten, was der Kommißair der Regierung der Kammer mitgetheilt. So sagte Courvoisier, der sonst zu den Gemaͤßigten gehoͤrt, es sey ihm unwahrscheinlich, aß unter den 18,000 Departemenkswaͤhlern nur ein Fuͤnftel vom alten Adel seyn sollte, da man bekanntlich or der Revolution 17,000 adelige Familien in Frank— reich gehabt, und so sehr auch Viele verloren, so haͤtten die Familien doch im Ganzen ihren Grundbesitz großen⸗ theils in der Revolution gerettet. Allein Hr. Courvoi⸗ ier uͤbersah hier offenbar den Umstand, daß auch vor der Revolution diese 17,000 adeligen Familien nicht die 7,000 reichsten Familien von Frankreich waren; denn auch damals war in Frankreich schon ein zahlreicher ar⸗ mer Adel, der sein Vermoͤgen am Hofe und in der Hauptstadt verschwendet hatte. Wenn man damals die 17,000 reichsten Leute von Frankreich genommen, so waͤ⸗ en unter diesen vielleicht 12,000 buͤrgerliche gewesen
und mehr. Auch B. Constant leugnete, daß nur ein Fuͤnftel vom alten Adel waͤre. Denn, sagte er, les srat des ortunes sont indestructibles.“ Auch sey bekannt, daß, als unter Napoleon eine Statistik von den reichen Leu⸗
en aufgestellt worden sey, drei Viertel von diesen zum alten Adel gehoͤrt. Dieses ist wahr, allein es war blos von solchen die Rede, die 10,000 Rthl. Revenuͤen und druͤber hatten, und deren waren damals 1810) in ganz Frankreich 1300, und unter diesen 8. bis 900 vom alten Adel. Allein hieraus folgt nun nicht, daß man in den tieferen Schichten der Gesellschaft, die 2000 oder 3000 Rthl. Revenuͤen hat, ebenfalls drei Viertel vom alten Adel faͤnde. Im Moseldepartement waren von 183 Gliedern des Dep. Koll. nur 35 vom alten Adel.
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Die Schwierigkeit bei dem Französischen Wahlge⸗ setze vom 5. Febr. 1817 scheint dadurch entstanden zu seyn, daß man es nicht, wie in England, in zwei große Zweige getheilt, in Stadt und Land. Indem man den großen Städten eine Anzahl von Deputirten hätte zugewiesen, die sie zu wählen hätten, so hätten sie diese ganz in demokratischer Weise wählen können, weil die⸗ ses von gar keinem nachtheiligen Einfluße, wenn dann das Land die seinigen in aristokratischer Weise gewählt,
da das Land immer eine natürliche Ueberlegenheit über
die Städte hat, indem immer drei Viertel der gesamm⸗ ten Bevölkerung auf dem Lande wohnen. Jene bil⸗ deten dann die Opposition, diese die Ministerial⸗Par⸗ thei, die beim Abstimmen immer die En scheidung giebt.
Dann ist ihnen in Frankreich eine große Schwierig⸗ keit daraus erwachsen, daß sie bei vem Neubau ihrer gesellschaftlichen Einrichtungen bei der Spitze angefan⸗ gen haben und nicht bei dem Fundamente, nämlich! bei den Gemeinden. Hätten sie früher die Selbst⸗ standigkeit ihrer 39,000 Gemeinden ausgesprochen, daß diese kleine demokratische Staaten bildeten, so sich ihren Vorstand selber wählten: so hätte das demokra⸗ tische Element seine Stäte gefunden, und es kaͤme ihnen nun nicht immer nach oben und in die Gesetz⸗ gebung, wo es nur Verwirrung anrichtet, sobald es die Mehrheit hat. Eine Gemeinde ist ein kleiner Staat, in welchem sich die Dinge immer von sethe zurecht finden, eben seiner Kleinheit wegen, die die Uebersicht leicht macht und die Men⸗ schen schnell über ihre wahren Intereßen aufklärrt. Hier liegt auch die Ursache, daß die Men⸗ schen sich, wie Göthe behauptet, so treflich aufs Flik⸗ ken verstehen. Man kann daher in allen den Fällen, wo ein bloßes Flicken ausreicht, sie gewähren laßen, und im Voraus überzeugt seyn, daß sie die Sache zu Stande bringen. Wenn es also auch ein Jahr in ei⸗ ner Gemeinde aus Unverstand schlecht geht, das nächste Jahr wird es schon beßer gehen, da nun die Familien⸗ Väter der Gemeinde erkannt haben, wo die Ursache lag, daß es schlecht gegangen. Im Anfange der Revolution⸗ hatte man ein Sprüchwort: le desordre amenera Pordre. Dieses ist bei einem kleinen Gemeindewesen völlig wahr, allein nicht bei einem großen, weil dieses schwerer zu übersehen ist, und weil die Mittel schwe⸗ rer anzugeben, wodurch ihm zu helfen.
Man hat offenbar von einer Regierung mit einer
Zeitungs⸗
panien. Das von dem Könige bestätigte De⸗ zret der Cortes, durch welches die Thronfolgerechte der Geschwister des Königes, des Infanten D. Fran⸗ tesko und der Infantin O. Marie Louise (Mut⸗ ter des Herzoges v. Lucca) hergestellt worden, ist jetzt in die Regierungszeitung aufgenommen.
Durch einen Beschluß der Cortes ist die Einfuhr von Korn und Mehl in die Häfen der Halbinsel die Balearischen und Kanarischen Inseln ausgeschloßen) bis zur nüchsten Sitzung verboten, so lange der Preis nich: über 80 Realen (5 Thl.) für den Fanegas Wai⸗ zen, und nicht über 120 Realen (7½ Thl.) für den Centner Meyhl berrägt. (100 Fanegas sind etwas über 105 Berl. Scheffel.
Ein in der Versammlung der Cortes gemachter Antrag zur Abschaffung der Zehnten hat zwar Wi⸗ derspruch gefunden; es ist aber mit starker Mehrheit beschoßen worden, ihn in Berathung zu ziehen.
In der Sitzung vom 30. Jul. wurden die anwe⸗ senden Minister in Bezug auf die Neapolitanischen Angelegenheiten befrogt, ob der König von Neapel die Spanische Verfaßung angenommen habe. Der Mini⸗ ster des Inneren erklärte, daß er sich amtlich hierüber nicht äußern könne In derselben Sitzung ward der
In Ent vurf eines Gesetzes, die Errichtung einer Natio⸗
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zffentlichen Gesetzgebung eine irrige Vorstellung, wenn man glaubt, daß dadurch jemand anders ans Regieren käme, als eben die Minister, von denen die Opposi⸗ tion immer und zu allen Zeiten behauptet hat, und in Zukuust behaupten wird, daß sie das Regieren nicht ve ständen.
Ein großer Staat läßt sich eben seiner Größe we⸗ gen nur nach allgemeinen Gesetzen regieren, die das bürgerliche Leben ordnen. Jeder weis dann, was er und sein Nachbar zu thun und zu laßen hat, und Mensa en und Dinge bewegen sich dann mit Leichtig⸗ keit aneinander vorbei und ohne gegen einander zu rennen.
alle Fälle paßen, wenn man solche nicht einer öffent⸗ lichen Berathung und einem öffentlichen Widerspruche aussetzt. Indem man auf diese Weise Alles hört, was sich dagegen sagen läßt, so unterrichret man sich jedes⸗ mal vollkommen über den Gegenstand. Denn bis jeht haben die Menschen noch kein beßeres Mitrel ge⸗ funden, das Wahre an einer Sache zu entdecken, als daß sie dieses durch zwei streitende Partheyen, gerade wie vor den Gerichtshoͤfen, kontradiktorisch ent⸗ wickeln laßen. Ist aber ein Gesetz einmal mit einer völligen Kenntnis des Gegenstandes abgefaßt worden, so finden sich nachher bei der Anwendung weniger Schwierigkeiten, weil man nun auf keine mehr stößt, so bei der Abfaßung nicht vorgesehen worden.
8 (Schluß folgt.) . 5
Redaktion in Aufsicht: von Staͤgemann.
8 Reimersche Buchdruckerei,
W’ .
von Westminster Befehl erhalten, sich von diesem Tage
Es ist aber, selbst beim besten Willen unge⸗ mein schwer, zu solchen Gesetzen zu gelangen, die auf
nal⸗Schutzwache, in 5250 Mann bestehend, vorgelegt und zur Berarhung der Cortes angenommen.
England. Da der Prozeß gegen die Königin am aa2. Aug. eröfnet werden soll, obwol einige unsrer öf⸗
fentlichen Blätter auf eine Annäherung hindeuten: so haben die sämmtlichen Konstabler und Polizeibeamten
an nicht aus der Stadt zu entfernen.
Die Häuser unfern dem Parlamente, in welchen die aus Italien berufenen Zeugen gegen die Königin wohnen werden, sollen durch Aufpflanzung von Ge⸗ schütz und durch ein starkes Detaschement von Truppen gegen die etwanigen Angriffe des Pöbels gesichert werden.
Man will in der Abtei zu Connor in Irland eine Irländische Uebersetzung der Gedichte Oßians vom
Jahre 1465 gefunden haben.
b Türkisches Reich. Da die Pforte über ihre Maasregeln gegen den Pascha von Janina und über die Vorfälle in dieser Gegend nichts zur Kenntnis des Publikums bringt, so beruhen die Nachrichten von schon erfochtenen Siegen gegen die Truppen des rebellischen Pascha nur auf Gerüchten. Dahin gehört, daß ein Neffe desselben in die Flucht geschlagen, so wie, daß sein Sohn Veli Pascha bei Lepanto besiegt, und sein dasiges Schloß verbrannt worden. Gewiß ist, daß
die Pforte fortwährend Truppen, Geschütz und Muni⸗ tion absendet, und von mehren zum Gebiete von Ja⸗ nina gehörigen Ortschaften, ohne Widerstand zu fin⸗ den, Besitz genommen hat. Ein Geschwader von 12
größeren Schiffen, einigen Kanonenschaluppen und Ga⸗
achrichten.
leeren unterstützt von der Seeseite die Unternehmun⸗ gen der gegen Ali Pascha vereinten Statthalter.
In der Hauptstadt hat die Pest noch nicht auf— gehört. *
Oesterreichsche Staaten. Nachrichten aus Triest melden das Absterben der Madame Elise Bac⸗ b ciochi, Schwester Buonapartes. 1.““ 6
Großherzogthum Baden. Die Frage über die schutzbürgerliche Annahme der Juden ist in der zweiten Kammer nach langen, mitunter stürmischen Debatten, durch den Beschluß „diese Annahme zu Schutzbürgeru überall den Gemeinden zu überlaßen“ entschieden worden. (Der Abgeordnete Winter hat in der Karlsruher Zeitung, aus der die Erzählung in Nr. 67, der Staats⸗Zeitung genommen worden, seine Abstimmung dahin erklärt: er habe sich dagegen geseht, daß die Annahme der Ortbürger lediglich in die Willkür der Gemeinden gestebt, daß sie an kein Gesetz gebunden, und daß endlich der Regierung eins der wesentlichsten Rechte, das Recht der Aufsicht über den Vollzug der Gesetze, entzogen werden solle. Sein Antrag sey deshalb dahin gegangen: „den Gemeinden steht das Recht der Bürger⸗Unnahme zu, nach den bestehenden oder künftigen Gesetzen.“ Eben so laute sein Antrag wörtlich hinsichtlich des Rechtes der Gemeinden zur bürgerlichen Annahme der Juden. Gleichmäßig erklärt er sich über seinen Antrag, den Unterschied zwischen Ort⸗ und Schutz⸗Bürgern aufzu⸗ heben, daß dieser Unterschied, da er lediglich „auf dem Antheile oder Nicht⸗Antheile an dem Genuße des Ge⸗ meinde⸗Vermögens“ gegründet werde, und nach den bestehenden Gesetzen die Schutzbürger an dem Privat⸗ Vermögen der Gemeinden Antheil hätten, in denjeni⸗ gen Gemeinden, worin sich keine Gemeinde⸗Allmen⸗ den vorfinden, ganz bedeutungslos erscheine. Hin⸗ sichtlich der Schutzbürger in Gemeinden, welche All⸗ menden besäßen, vielleicht nur die Hälfte der Gemein⸗ den, habe er andere Vorschläge gemacht.)
Durch einen Beschluß der zweiten Kammer ist die Amortisationskaße zu einem Anlehn von 5 Mill. Gul⸗ den ermächtiget worden, von welchen 1 bis 1 ½ Mill. zur Heimzahlung von Stiftungs⸗Kapitalien verwendet und die Verwaltungsbehörden der Stiftungen ange⸗ wiesen werden sollen, dieses Geld in den behörigen Landestheilen wieder auszuleihen.
Die verschiedenen Kirchen⸗Sektionen haben einge⸗ willigt, ihre Kapitalien künftig nur zu 5 Procent zu belegen, und die Regierung hat die bisher unablöslichen Breisgauischen Staatspapiere für aufkündbar erklärt.
Großherzogthum Heßen. Der Stände⸗Ver⸗ sammlung ist von Seiten der Regierung der Entwurf zu einem Gesehe vorgelegt worden, das die Garantie der politischen Rechte aller Staatsbürger enthält, in⸗ dem es festsetzt, daß alle konstitutionellen Gesetze und Rechtsbestimmungen nie anderes, als mit Einwilligung
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