1820 / 69 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 26 Aug 1820 18:00:01 GMT) scan diff

Daß der Ackerboden im Ripuarischen Franken ge⸗ setzlich gar nicht gebunden war, sondern sich immer nach Zeit und Umständen theilen und wieder zusam⸗ menlegen konnte, wie es die Loge der Familien mit sich brachte, daß also schon damals eine völlige Ge⸗ werbfreiheit herrschte: dieses ist wol die Ursache der starken Bevölkerung gewesen, die immer in den Frän⸗ kischen Stämmen war, und die sie, als ihnen in den Merowingern und später in den Karolingern ein gro⸗ ßes Herrschergeschlecht aufging, zu „Siegern erst über die Schwäbischen, dann über die Sächsischen Stämme gemacht, so wie auch über die Völkerschaften, die in zallien wohnten. g Will 88 Heere haben, so muß man Menschen ha⸗ ben. Will man Steuern haben, so muß man eben⸗ falls Menschen haben, und in beiden Fällen je mehr je beßer, was man auch von der Uebervölkerung re⸗ den mag So lange das alte Gesetz bleibt, daß auf einem Morgen Gartenland so viel Lebensmittel wach⸗ sen, als auf drei Morgen Ackerland und auf neun Morgen Weideland: so lange werden die Menschen schon die Entdeckung machen, daß, wenn einem hun gert, man den Boden nur zu theilen hat, und es hun⸗ gert einem nicht mehr. In dem Regierungsbezirke Düßeldorf wohnen 6000 Menschen auf der Quadrat⸗ Meile. Diese Dichtigkeit der Bevölkerung haͤtte nie entstehen können, wenn die Bewohner des Berg chen nicht früh das Geheimnis gefunden, das im Theilen des Bodens liegt. In diesem Theilen wurden sie durch nichts beschränkt, da nirgend Guts⸗Nexus oder Do⸗ minium war, sondern die Bauern die ganze Acker⸗ Fläche mit derselben Unabhängigkeit besaßen, wie der Bürger seinen Garten. Dieselbe Erfahrung wird man in den östlichen Pro⸗ vinzen machen, sobald die Gesetzgebung von 1810 und 1811 einmal eine Generation hindurch ihre Wirkung geübt haben wird. Das Gesetz vom 14. Sept. 1811, das in diesen Provinzen einen neuen Stand von freien Acker⸗ Bauern geschaffen hat, ist von einer unendlichen Wohlthat für die Landschaft. Diese kleinen Ackerbauern sind ie eigentliche matière premiere des National⸗ Reichhums, weil ste den Boden einen Rein⸗Ertrag abengewinnen wißen, den keine andere Art von Acker⸗ Baͤuern hervorbringen kann, wie man solches an den Pachtungen und an den Steuern fieht, die sie auf⸗ bringen, und mit denen man alle Agronomen veren würde, wenn man ähnliche von ihnen foderte. Das Geheimnis liegt in dem Möserschen Worte: Die Natur liebt Eigenthum; und darin daß nach dem Sprüchworte der Bauer seinen Schweiß und seine Haut geringe anschlägt. Ist diese matière premièere des National⸗Reichthumes vorhanden, so steigt der Ackerboden im Werthe. Zuerst in den Pachtungen, dann in den Kaufpreisen. Denn für diese kleinen Bauern ist der Ackerbau ein Gewerbe, und indem sie ich auf ihrer Hände Arbeit verlaßen, heurathen sie früher und vermehren sich schnell, gerade wie ein Fa⸗ brikvolk. Der Ackerboden ist ihr Webstuhl und ihre Spinnmaschine, und Jeder greift danach, sobald ein Slück zu kaufen oder zu pachten ist. Indem sie blos auf den Ertrag sehen, und ihre Mühe und Arbeit geringe anschlagen, so bieten sie hohe Preise, und die— ses ist es, was den Kaufwerth des Ackerbodens in die Höhe bringt. Hiezu kommt, daß durch das Gesetz vom 2. Novemb. 1810 die Zünfte aufgehoben sind und eine völlige Gewerbefreiheit eingeführt ist „so daß jeder 2 Staatsbürger seine Kräfte frei und nach eigener „Einsicht gebrauche k Die Gewerbe also kön⸗ nen sich aufs Land zerstreuen und den Ackerbau durch⸗ dringen und diesen mit zu einem Gewerbe machen. Wenn diese Gesetze ihre Wirkung eine Reihe von Jahren geübt haben, so werden die Gutsbesitzer finden, daß ihr Vermögen bedeutend zugenommen, und daß keine Maas⸗ regel möglich gewesen, wodurch man den Preis der SEüter daurend so hoch hätte halten können. Jetzt wird dieses noch nicht der Fall seyn, da man mehr Land hat als Menschen. Sobald aber einmal mehr

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Ende der Besitzer des

Bauern da sind als Land,

der Länderei eben so wie bei uns am Rheine ).

In der Allgemeinen Zeitung vom 5. Aug. ist un⸗ ter der Ueberschrift „Preußen“ ein angebliches Schrei⸗ ben aus Berlin vom 19. Jul. aufgenommen worden, welches eine Menge Angaben und Aeußerungen über die künftig in der Preußischen Monarchie einzufüh⸗ rende Verfaßung enthält. Der ruhige Ton, in wel⸗ chem dieser Ariikel abgefaßt ist, und die Menge De⸗ tails, in welche er eingeht, sind berechnet, um ein sünstiges Voruntheit für die Richtigkeit des Inhalts zu erwecken. Um so mehr glaubt man erklären zu müßen, daß er fast eben so viele Unrichtigkeiten und falsche Ansichten als Zeilen enthält. Eine Widerle. gung der einzelnen Sätze wäre vollkommen unzweck⸗ mäßig; es wird hinreichend seyn zu sagen, daß in An⸗ sehung der Konstitution nichts an demjenigen geän⸗ dert ist, was das Köncgl. Edikt vom Jahre 1815 ver⸗ heißen hat.

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*) Der General Graf von Maison (Gouverneur von Paris) bietet jett in der Koͤlner Zeitung sein Gut Langwaden, zwei Stunden von Neuß, zum Verkaufe aus. Dieses besteht nach der Anzeige aus 700 Magdb.

Morgen Ackerland. Aus 50 Morgen Wiesen, 100 Mor⸗

gen Hochwald, 250 Morgen Schlagholz und 35 Mor⸗

gen Gaͤrten, Baumhofen und Teichen, nebst einem großen Wohngebaͤude. Wahrscheinlich wird dieses Gut auf 150 bis 60,000 Berl. Thl. kommen, da es in einer fruchtbaren Gegend liegt, und was mehr sagen will, in der Naͤhe zweier Doͤrfer, Langwaden und Weveling⸗ hofen, wovon das letztegenannte voller Gewerbe ist. Dieser haben jetzt den Magdeb. Morgen zu 6 bis 7 Berl. Thl. gepachtet (da Maison keine eigene Oekonomie auf dem Gute hath, und werden ihn wahrscheinlich fur 60 bis 180 Thl. kaͤuflich an sich bringen. Dieses Gut enthaͤlt die Geschichte des Ackerbodens im Kleinen. Zuerst

war es ein Frauenkloster, und das, was dieser Lieine

Frauenstaat in einigen Jahrhunderten an Laͤndereien

gesammelt, indem reiche Erbinnen beredet wurden deae Schleier zu nehmen, das bekam, als die Revolutien und das Burgerthum Europa erschuͤtterten, ein gluc⸗ licher Krieger Von diesem bekommt es nun wasr⸗ scheinlich der geldreiche Wechsler, und von diesem, der es parcellenweise verkauft, der Bauer, der immer am Bodens bleibt. Alle die großen Hofe, so die Geistlichkeit so lange zusammengehatten, schmelzen jetzt, nun sie in den buͤrgerlichen Verkehr kommen. Die so 400 Morgen hatten, kommen auf 1o0o, und indem die Bauern weniger Land unterm Pfluge

haben, finden sie jetzt schon in manchen Gegenden, daß

das Brachen nicht durchaus nothwendig gewesen. Die anderen 300 Morgen eines Soͤhne und Schwiegersoͤhne, die sich in den benachtbar⸗ ten Doͤrfern angebaut, zu sich genommen, und in den Verkehr der Dorfflur gezogen. Diese Laͤndereien durch⸗ dringen nun in einem Jahrhunderte alle Familien eines Dorfes, ebenso wie die Laͤndereien der Saͤchsischen Bauer⸗ Hoͤfe alle Familien der Stadt Eßen durchdrungen, de⸗ ren Feldflur sie jetzt bilden. Allein große Ackerhofe bleiben jene Hoͤfe immer, theils der Gebaͤude wegen,

die fast alle neu und in Ziegeln aufgefuͤhrt sind, theils

weil geldreiche Leute vielfach dieselbe Liebhaderei fuͤr einen schonen Hof haben, die fruͤher die Moͤnche hatten. Besonders wird dieses der Fall seyg, wenn die Staats Institutionen an die Acker⸗Aristokratie ausgezeichnet ehrenvolle Verrichtungen knuͤpfen, weil jeder Hof⸗Be sitzer ein geborner Aristokrat ist, und kein Besitzthum so sicher zur Aristokratie fuͤhrt, als eben Landbesitz Denn dieser liegt offen vor Jedermanns Augen und eirn Bauer, der 100 Morgen pfluͤgt, besitzt immer das vier fache von dem, der nur 25 baut, und hat also gleich einen Maaßstab, nach dem er seinen Werth und den seines Nachbars mißt. Geldreichthum hingegen ist vielfach verborgen und gibt stets einen unsicheren Maas⸗ stab. Dieses ist nach Möser auch die Ursache gewesen, warum die Sachsen sich so hartnaͤckig der Einfuͤhrung des Geldes und der Staͤdte widersetzt, da diese ihre aristokratisch eingerichtete Verfaßung in Verwirrung bringen mußten. Redaktion in Aufsicht: von Staͤgemann.

72b2 Buchdruckereix.

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dann steigt dort der Werth

solchen Hofes haben schon

Amtliche Nachrichten.

Der Knigl. Hof legt morgen den 25. dieses die Trauer für Ihro Königl. Hoheit die Frau Herzogin von York, Schwester Sr. Maj. des Königes, auf 14 Tage an. Berlin, den 26⁴6. August 1820.

v. Buch, Schloßhauptmann.

Berlin, vom 26. August. Se. Majestät der König haben dem vormals in Kurheßischen Diensten gestandenen Geheimen Kabinetsrath Kopp den Rothen Adler⸗Orden dritter Klaße; dem Königl. Baierschen Rittmeister im zweiten Husaren⸗Regimente, Grafen Georg von Ysenburg⸗Philippseich den Mi⸗ litair-⸗Verdienst-Orden zu verleihen; den bisherigen gand⸗ und Stadtgerichts⸗Direktor Vetter zu Kulm zum Kreis Justizrach zu Stargardt in Westpreußen zu ernennen; den Justiz Kommißarius Fuchs zu Beve⸗ rungen zum Notarius publicus im Departement des Ober⸗Landergerichres zu Paderborn zu bestellen, und den Privat⸗Docenten bei der hiesigen Universität, Dr. Eiselen, zum außerordentlichen Profeßor in der phi⸗ losophischen Fakultät derselben Universität zu ernen⸗ nen geruhetrt.

Se. Königl. Hoheit der Kronprinz si tin abgereiset. 1

Bekanntmachung.

Se. Königliche Majestät von Preußen haben durch die Verordnung, wegen Einrichtung des Hypo⸗ thekenwesens in dem mit den Preußischen Staaten ver⸗ einigten Herzogthume Sachsen vom 16. Jun. 1820, der Allgemeinen Hypotheken⸗Ordnung vom 20. December 178⁵, nebst den späteren Gesetzen, wodurch dieselbe er⸗

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Ausland.

Frankreich. Seit die Debatten der Kammer der Abgeordneten geschloßen sind, liefern unsre Tag⸗ Blätter keine Nachrichten, die, besonders für das Aus⸗ land, ein öffentliches Intereße gewährten. Die Par⸗

thei⸗Zwistigkeiten der Journalisten und die Bühne be⸗

schäftigen am meisten. (Wenn

bei Gelegenheit des

es

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18,1 läutert oder abgeändert ist, in den erwähnten Landes⸗ theilen Gesetzkraft ertheilt. Nach dieser Verordnung müßen alle Hypothekenrechte bis zum 1. Januar 1822 bei den kompetenten Hypothekenbehörden angemeldet werden, und es sind hierunter auch diejenigen begrif⸗ fen, welche durch Giltigkeit ihrer Bestellung nach Sächsischen Gesetzen zur Eintragung geeignet sind. Die⸗ jenigen, welche sich nicht melden, behalten zwar ihre Rechte gegen die Person ihres Schuldners, und kön⸗ nen sich auch an das ihnen verhaftete Grundstück, in sofern solches noch in den Händen des gegenwärtigen Besitzers befindlich ist, halten; gegen einen Dritten aber und zu deßen Nachtheile soll ein solcher Gläubi⸗ ger kein Realrecht an das Grundstück auszuüden im

E1“ 1“*“ Srande seyn vͥ34113141414*“*

Die Hypothekenbehörden verfertigen nach dem 1.

Januar 1822 Tabellen aller älteren Hyporheken, und es steht allen Intereßenten frei, vom 1. Jul. bis zum 31. August 1822 diese Tabellen einzusehen und ihre Erinnerungen dagegen der Hypothekenbehörde anzuzei⸗ gen. Nach Ablauf dieser Zeit köͤnnen keine Erinne⸗ rungen mehr vorgebracht werden. 8

Dies wird für Jeden, der bei dieser Einrichtung ein Intereße hat, besonders sämmtlichen Ober und Un tergerichten, wegen der in ihrem Verwahrsam befinli⸗ chen Dokumente, zur allgemeinen Kenntnis gebracht, und dabei auf den vollständigen Inhalt der Verord⸗ nung selbst verwiesen, welche durch das 10te Stück der Gesetzsammlung dieses Jahres bekannt gemacht wor⸗ den ist. Berlin, den 12. August 1820. I“

Der Justiz-Minister Kircheisen.

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fortdauernden Beifalles, den die Le Brunsche Bear⸗ beitung der Schillerschen Maria Stuart auf der Französischen Bühne findet, einige uns befremdende Urtheile über die teutsche dramatische Dichtkunst, welche allgemein die romantische genannt wird, und über un⸗ sere Dichter gehört werden, so sind sie schwerlich zu tadeln, weil sie nur aus dem Gesichtpunkte der Fran⸗