1824 / 11 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 13 Jan 1824 18:00:01 GMT) scan diff

8 3 ligemeineres Interesse ihn der weiteren Mittheilung werth macht. .

In einer Versammlung kolumbischer Buͤrger ward einmuͤthig beschlossen, dem naͤchsten Kongresse mittels nachstehender Denkschrift, gegen die dem Vernehmen nach, zur Aufmunterung der inlaͤndischen Industrie beab⸗ sichtigten schweren Auflagen auf einzubringende Manufak— tur⸗Artikel dringend Vorstellung zu machen:

Als Bewohner eines Landstriches, dessen Wohlfahrt und Reichthum wesentlich davon abhaͤngig ist, daß sie ihre Natur⸗Produkte nach dem Auslande vortheilhaft absetzen, sind die Bittsteller bei allen Maßregeln, welche Ackerbau und Handel betreffen, wesentlich betheiligt. Mit wohlbegruͤndeter Ruͤcksicht auf ihr eigenes Inter⸗

esse und mit gewissenhafter Beachtung desjenigen, was

ihnen als dauerndes, wesentliches Interesse der Nation erscheint, sind dieselben eben so sorgfaͤltig bemuͤht, durch alle gesetzliche Mittel die Annahme des jetzt dem Kon⸗ gresse vorliegenden Zollsystems zu verhindern, als sie, mit eigener groͤßter Aufopferung bereit seyn wuͤrden, sich demselben zu unterwerfen, falls sie es dem Gemeinwe⸗ sen zutraͤglich erachten koͤnnten. Ackerbau und Handel haben dieses Land mit fast beispielloser Schnelle in den bluͤhendsten Wohlstand versetzt. Unter dem guͤnstigen Einfluß freier Institutionen und solcher Gesetze, die so selten als moͤglich die Privat⸗Interessen durchkreuzen, haben Talent, Unternehmungsgeist und Kapital sich auf diejenigen Gegenstaͤnde gewandt, zu welchen sie sich na⸗ turgemäͤß hingetrteben fanden. Das hohe Arbeitslohn, die Wohlfeilheit und Ergiebigkeit des Bodens machten uns zu Ackerbauern, waͤhrend ein verschiedener Zustand der Dinge in Europa, besonders in England, die Ma⸗ unfakturen veranlaßt und emporgebracht hat; und diese, in der Natur der Verhaͤltnisse begruͤndete, nothwendige Verschiedenheit hat zwischen beiden Laͤndern einen fuͤr sie hoͤchst vortheilhaften Verkehr veranlaßt. England bedarf und verlangt dasjenige, was wir, den natuͤrlichen Verhaͤltnissen gemaͤß, ihm geben koͤnnen, und wiederum beduͤrfen und verlangen wir das, was England, seinen Verhaͤltnissen zufolge, uns gewaͤhren kann. Dieses bei⸗ derseitige Verlangen ist durch einander dergestalt bedingt, daß es mit einander fortgesetzt werden muß oder auf⸗ hoͤrt: Die Nachfrage des Englaͤnders nach unseren Acker⸗ Erzeugnissen haͤngt lediglich davon ab, daß wir seine Manufaktur⸗Waaren suchen. Sobald wir aufhoͤren die Manufaktur⸗Waaren aus England zu nehmen, so koͤmmt dieses außer Stand unser rohes Material zu bezahlen; es wird sich andere Kanaͤle, fuͤr seinen Absatz wie fuͤr seinen Bedarf, zu unserem Nachtheile eroͤffnen.

Wir haben bis jetzt, bei freiem Handels⸗Verkehr mit Europa Und indem wir unser Kapital in der, den physischen und moralischen Verhaͤltnissen unseres Landes gemaͤßen Weise anlegten, uns eines Wachsthumes son⸗ der gleichen zu erfreuen gehabt. Unser Ackerbau hat die Waͤlder ausgerottet, ein oͤdes weites Landgebiet bevoͤl⸗ kert und mlt Wohlstand angefuͤllt; unser Handel hat

Staͤdte gebaut, die Civilisation und alle Folgen verfei⸗

nerter Beduͤrfnisse befoͤrdert, sngleich auch eine tuͤchtige, ansehnliche Marine zu unserer Vertheidigung verschafft. Wenn in beider Hinsicht nicht noch groͤßere Fortschritte

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gemacht worden sind, so lag es blos an dem Mangel an Kapital und Bevoͤlkerung; das System aber, was man jetzt annehmen will, und der projectirte Zolltarif zu Gunsten inlaͤndischer Manufakturen, wodurch ver⸗ meintlich jenen bis jetzt so reichlich stießenden Auellen unseres Wohlstandes noch ein Zuwachs verschafft werden soll, sind unseres Dafuͤrhaltens lediglich geeignet, das Gegentheil von alle dem hervorzubringen, indem sie einer Gewerbsthaͤtigkeit, die mit der Natur unserer Verhaͤlt⸗ nisse im entschiedenen Widerspruch steht, ein erzwunge⸗ nes Wachsthum geben sollen. In Europa sind jene Anstalten, jene Industrie so vortheilhaft als natur⸗ gemaͤß gewesen; England insbesondere ist bei seiner sy⸗ stematischen Aufmunterung der Manufakturen zu gro— ßer Macht und, Reichthum gelangt; doch bleibt es auch hier noch die, erfahrungsmaͤßig bis jetzt nicht entschie— dene Frage, ob solches in Folge seiner Restrictivgesetze und seiner Monopolien, oder diesen zum Trotz der Fall gewesen ist; ja man weiß jetzt sehr wohl, daß, wenn die Regierung dieses Landes nicht auf eine unaufloͤsbare Weise in jenes, alle Interessen der Gesellschaft durch⸗— dringende und umfassende System verwickelt waͤre, man jetzt andere Grundsaͤtze annehmen und anders verfahren wuͤrde.

Wollen wir nun hier dieses System annehmen, ohne Ruͤcksicht auf die Erfahrungen seiner uͤblen Fol⸗ gen?! Wir koͤnnen wohl fremde Nationen noͤthigen, ihre Handelsverbindungen mit uns abzubrechen, nicht aber, sie wieder anzuknuͤpfen. Wenn sie sich neue Handels—

Kanaͤle eroͤffnet haben, wenn unsere Schifffahrt in Ver⸗ fall geraͤth, unsere Aecker verlassen werden; wenn, in

Folge des projektirten Gesetzes, große Kapitalien in Ma— nufakturen stecken: dann moͤgen wir wohl unser Sperr— System bedauern, aber wir koͤnnen dann nicht mehr davon loskommen. 18 Ess liegt klar am

6 8 Tage, daß der in Vorschlag gekom⸗ mene Tarif kein neues Kapital verschaffen kann, sondern nur dazu dient, das Kapital aus dem einen Geschaͤft in ein anderes zu bringen, und zwar aus einem Geschaͤft,

welches der Kapitalist jetzt fuͤr vortheilhafter haͤlt, in ein anderes, bisher fuͤr minder vortheilhaft geachtetes. Der Einzelne weiß aber am besten seinen Nutzen zu beurthei⸗ len, und der Verein der Einzel⸗Interessen macht das Interesse der Nation aus. Es ist eine offenbare Unge⸗ rechtigkeit, den Besitzer von Kapitalien zu zwingen, da⸗ von einen andern Gebrauch zu machen, als er, Einsicht gemaͤß thun wuͤrde, und eben so unklug ist es,

wenn die Regierung hierin gesetzgebend die Stelle der

Einsicht und der Wahl der Individuen einnimmt.

Der geeignete Zeitpunkt fuͤr die Errichtung von Fa⸗ briken und Manufakturen tritt dann ein, wenn die Ka⸗ pitalien darin mit Vortheil angelegt werden koͤnnen. Ist dies der Fall, so werden Manufakturen von selbst entstehen.“ 899

Nachdem im weiteren Verfolg der Denkschrift die Behauptung aufgestellt und ausgefuͤhrt worden, daß das beabsichtigte Prohibitiv⸗System einen großen, nur durch laͤstige direkte Abgaben zu deckenden Ausfall in den Fi⸗ nanzen hervorbringen und die verschiedenen Klassen der Nation in ein feindliches

daß

ausfuͤhrbar

ruͤck und wiederholt die Meinung: daß der

seiner

Verhaͤltniß gegen einander

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setzen werde, fahren die Bittsteller folgendermaßen fort: „Sollte wohl das Manufaktur⸗ System irgend einige eigenthuͤmliche Vortheile haben, durch welche die eben dargestellten abschreckenden Resultate aufgewogen wuͤr⸗ den? Kann man etwa behaupten, daß es mehr als der Ackerbau, die Lebensgenuͤsse, das Wohlseyn, die Morali⸗ taͤt und die Intelligenz der arbeitenden Klasse befoͤrdern; es mehr einsichtsvolle Buͤrger oder bravere Solda⸗ ten bilde; daß es endlich geschickter mache zur Aufrecht⸗ haltung der inneren und aͤußeren Freiheit?! Freilich be⸗ hauptet man, daß ein solches System uns unabhaͤngig mache von fremden Nationen. Wenn damit soviel

gesagt ist, daß es das gesellige Band zwischen uns und anderen Nationen loͤst und uns in eine chinesische Ab⸗ geschlossenheit bringt, so entgegnen wir, daß dies weder noch wuͤnschenswerth ist. Meint man aber

damit, daß wir durch dasselbe sicher gestellt werden gegen fremde Angriffe, so antworten wir: die beste Sicherheit liegt in einem gesunden, arbeitsamen und unterrichteten Landvolk, aus welchem man ein Heer bilden, in einem weit ausgedehnten Handels⸗Verkehr, durch welchen man eine Flotte erlangen kann, um in demjenigen National⸗

Schatze, der in der, aus eignem Geistes⸗Antriebe ent⸗

sprungenen Industrie der Buͤrger, seinen Grund hat. Hierdurch wird wahrhafte Nationalunabhaͤngigkeit begruͤndet, und auch, wie die Erfahrung gezeigt hat, kraͤftig aufrecht erhalten.

Schluͤßlich protestiren die Bittsteller feierlichst gegen den gefahrvollen Versuch der Einfuͤhrung eines Systems, zu dessen Gunsten, nach ihrem Dafuͤrhalten, auch nicht ein erheblicher Grund spricht, welches vielmehr, unter allen Gesichtscunkten, ihnen als ungerecht und verderb⸗ lich erscheint.

(sFolgen einige Unterschriften).

2. Jan. Der Courier gefaͤllt sich seit kurzem in einer Vertauschung seiner sonstigen Rolle mit der, der Oppositions⸗Blaͤtter, indem er mit bedenklicher Mine zu verstehen giebt, der politische Horizont von Europa sey keineswegs so klar und wolkenrein, wie man es wohl wuͤnschen, hoffen und glauben moͤchte. In sei⸗ nem heutigen Blatte koͤmmt er auf dieses Thema zu⸗ Zustand des Continents, so friedlich und lieblich er bei oberflaͤchlichem Anblick erscheine, doch bei naͤherer Betrachtung keines⸗

weges beruhigend sey. Trotz der offenkundigsten That⸗

sachen durch welche die Uebereinstimmung der Kabinette kvon Europa sich ausgesprochen hat, will es dem Courier doch beduͤnken, als ob keine Einigkeit unter den großen Maͤchten obwalte. Nur in einem Punkte, meint er,

seyen sie uͤbereinstimmend, naͤmlich darin: Geld von Eng⸗

land zu borgen. Dabei laͤßt er allerhand Winke fallen, als wuͤrden die geborgten großen Summen zu Ruͤstun⸗ gen verwendet. Endlich meint er, daß wenn auch im

Osten Friede bleiben sollte obwohl der Horizont sich

dort mehr verduͤstere, so gebe es doch eine Angele⸗ genheit, deren friedliche Ausgleichung unmoͤglich sey, naͤmlich das Schicksal von Suͤd⸗Amerika. Frankreich sey

aller Wahrscheinlichkeit nach geneigt, dem Beispiele Eng⸗

lands zu folgen und

mit diesem Hand in Hand die Un— ligkeit von Suͤd⸗A

rika anzuerkennen, wenn nicht 11“ 1“

die Verpflichtungen gegen seine Alllirten es davon fuͤr jetzt, vielleicht fuͤr immer abhielten. Zu einiger Beruhigung fuͤr diejenigen, welche sich durch seine vorerwaͤhnten Winke und Besorgnisse zu seh allarmiren lassen moͤchten, giebt jedoch der Courier gleich hinterher die Versicherung, daß das verbreitete Geruͤcht von noch drei zu errichtenden neuen Regimentern unge gruͤndet sey. or der Wiederzusammenkunft des Par⸗ eheehe⸗ werde keine Vermehrung der Heeresmacht statt Niachrichten aus Madrid zufolge sagt der Cou- rier soll schon zwischen dem 11ten und 15ten d. M. eine aus den Ueberresten der spanischen Seemacht beste hende Expedition nach Lima abgehen. Wenn man vor zwei Jahren von dergleichen Ruͤstungen Spaniens zur Wiedereroberung seiner suͤdamerikanischen Kolonieen ge⸗ lesen haͤtte, so wuͤrde man es fuͤr etwas sehr thoͤrigtes erachtet haben, ohne eine weitere Aufmerksamkeit darauf zu richten; jetzt aber faͤhrt er fort koͤnnen wir es nicht mit derselben Gleichguͤltigkeit ansehen, nicht etwa, weil Suͤd⸗Amerika jetzt mehr gefaͤhrdet ist, sondern weil wenn jener Plan beharrlich verfolgt wird, die europaͤische Politik eine andere Gestalt annehmen muß. Denn, geradehin zu reden, Spaͤnien ist in dem Augen⸗ blicke zur gehoͤrigen Ausruͤstung einer Expedition gegen Suͤd-Amerika eben so wenig im Stande, als zur Erobe⸗ rung Frankreichs. Spanien hat keine Soldaten, auf die es sich verlassen kann, und wenn es dergleichen haͤtte so wuͤrde es ihm doch an Geld zur Bezahlung derselben fehlen. Durch den Mangel ist es an Haͤnden und Fuͤ⸗ ßen gebunden, und was es auch thun moͤge, wird daher als Folge fremden Einflusses erscheinen. 1 Gesetzt nun, schließt der Courier weiter daß die wiederholten Nachrichten von Ruͤstungen in Cadix einen authentischen Karakter haben, so muß Spanien entweder von Frankreich oder von Rußland und zwar nothwendigerweise unter Zusicherung des Beistandes, dazu angetrieben seyn. Wir maßen uns nicht an, diese Frage loͤsen zu koͤnnen; wir sehen Wir⸗ kungen und erkennen im Allgemeinen die Natur ihre Ursachen, wir koͤnnen diese jedoch nicht bestimmt bezeich nen. Was den Gang anbelangt, den das englische Ka binet unter den gegebenen Umstaͤnden nehmen wird, s herrscht in diesem Bezug das tiefste Geheimniß; nur ste viel behaupten wir, daß England nicht daran denkt, de spanischen Regierung selbst das Recht zur Wiedererobe rung seiner transatlantischen Besitzungen streitig zu ma⸗ chen, daß es aber gegen einen Versuch der Art von Sei⸗ ten verbuͤndeter Kontinental⸗Maͤchte protestirt. Bei dem vorerwaͤhnten Unvermoͤgen Spaniens zu einer Ausruͤ⸗ stung aus eigenen Mitteln, laßt nun aber eine jede wirk⸗ lich erfolgende Expedition auf ein geheimes Buͤndniß schließen; und dies ist der Gesichtspunkt, aus wel⸗ chem die angeblich in Cadix statt findenden Ruͤstun⸗ gen interessant erscheinen. Mancher moͤchte vielleich auch meinen, daß nach den Folgen, welche aus dem fruͤ⸗ heren Zusammenziehen einer zum Einschiffen bestimmten Armee bei Cadix entstanden, die Wiederholung eine solchen Versuches gefaͤhrlich sey. Doch dem ist nicht so; Cadix ist jetzt in franzoͤsischen Haͤnden, und die dort zu

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