1824 / 26 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Fri, 30 Jan 1824 18:00:01 GMT) scan diff

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gefuͤllt und die Vorlesung jenes unvergeßlichen Testa⸗ mentes, ließ kein Auge trocken. 8

Die paͤpstl. Bullen, in Betreff des Bischofs von Perpignan, hatten, wie fruͤher gemeldet worden, einige Schwierigkeiten im Staatsrathe gefunden; sie sind jedoch am verwichenen Sonnabend jenem Praͤlaten ausgehaͤn⸗ digt worden, indem man bei reiflicher Erwaͤgung es nicht fuͤr raͤthlich fand, wegen eines Versehens in der Ausfertigung der Bullen, die so⸗ lange unentschiedene Wiederherstellung der fraglichen Kirche noch laͤnger auf⸗ zuschieben.

Daß die, durch die Koͤnigl. Ordonnanz vom 10ten

d. M., erfolgte Unterdruͤckung des bekannten Hirren⸗ Briefes des Erzbischofes von Toulouse (s. Nr. 16 der St. Z.), in welchem ein Verlangen des Ruͤckschreitens zur Hierarchie deutlich genug ausgesprochen war, ein be⸗ deutendes Aufsehen erregen wuͤrde, war vorauszusehen; wer haͤtte aber vermuthen sollen, daß jene Ordonnanz auch von mehreren liberalen Blaͤttern angefochten wer⸗ den wuͤrde! Dennoch ist es geschehen, und namentlich hat der Constitutionel mit vieler Gewandtheit diesen Anlaß benutzt, um unter dem Scheine der groͤßten Un⸗ partheilichkeit (natuͤrlich weit entfernt, den Inhalt des Hirten⸗Briefes billigen zu wollen) das Verfahren der Negierung in ein uͤbles Licht zu bringen, indem er die Kompetenz des Staats⸗Rathes in dieser Sache, auf des⸗ sen Gutachten (avis) die fragliche Ordonnanz Bezug nimmt, gaͤnzlich bestreitet, und somit diese Ordonnanz als einen Akt Koͤniglicher, oder vielmehr ministerieller Willkuͤhr, als eine offenbare Verletzung der Charte dar⸗ stellt, nach welcher letzteren zwar alle Gerechtigkeit vom Köͤnige ausgeht, jedoch in seinem Namen von durch ihn ernannten und eingesetzten Richtern verwaltet werden soll. Diesemnach haͤtte, wie der Constitutionel meint, der Erzbischof von Toulouse vor die Pairskammer, als seinen gesetzmaͤßigen Richter, gestellt werden muͤssen; das Verfahren aber, was man gegen ihn eingeschlagen habe, sey ein seit dem Bestehen der Charte unerhoͤrter Akt. Das Journal des Débats entgegnet darauf in einer buͤndigen Auseinandersetzung, welche, indem sie das Ver⸗ fahren des Koͤniges siegreich gegen jene von verschiede⸗ nen Seiten gemachten Angriffe vertheidigt, zugleich ganz geeignet ist, die etwanigen Bedenken frommer Ge⸗ muͤther zu beseitigen. Zunaͤchst wird auf geschichtlicher Grundlage die Behauptung aufgestellt, daß die Ap⸗ pellation wegen widerrechtlichen Verfahrens (apel com- me d'abus gegen Akte der kirchlichen Autoritaͤt) etwas allgemein anerkanntes sey. Niemand zweifelt sagt das Journal daß auch der ehrenwertheste und reinste Eifer nicht zuweilen die Graͤnzen uͤberschreiten koͤnne, und daß die kirchliche Autorität eben so gut wie alle anderen, Irrthuͤmern ausgesetzt sey, denen man zu⸗ vorkommen oder begegnen muß. Die Beispiele des heil. Athanasius und des Eusebius beweisen, daß schon seit den ersten Jahrhunderten des Christenthums die fromm⸗ sten Menschen zu den Fuͤrsten ihre Zuflucht genommen haben, wenn die geistlichen Richter ihre Macht mißbrauch⸗ ten. In Frankreich wurde dies Verfahren sehr bald uͤb⸗ lich, und erhielt auf dem, i. J. 794 zu Frankfurt ge⸗ haitenen Koncilium, in Gegenwart des paͤpstlichen Lega⸗

serer alten Koͤnige fuͤr sich.

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A4*“*“ ten, die foͤrmliche Anerkennung. Gegen das Ende des s14ten Jahrhunderts uͤbertrugen die Könige von Frank⸗ reich die Pruͤfung und Entscheidung jener Appellationen resee en Streben gegen die Religion selbst, ließ keine jener Gerichtsbarkeit uͤbrig. Da aber die RAligion hn siegreich wieder erhob, traten auch die Appellationen we⸗ gen Mißbrauchs wieder ein, jedoch siel deren Beurthet lung nicht wieder an die Gerichts-Hoͤfe, sondern dasß Staats⸗Oberhaupt behielt dieses wichtige Praͤrogativ un⸗ Zwar hatte er in der Tham momentan den Gedanken, sich desselben zu entaͤußern, aber zu welcher Zeit und in welcher Absicht? Zur Zei jenes beruͤchtigten Konkordats von Fontainebleau, gegen welches der Papst foͤrmlich protestirt hat, und welche nie anerkannt worden ist.“

Im weiteren Fortgange der Abhandlung bewesß das Journal des Débats die, von den Gegnern bestrittem Kompetenz des Staatsrathes, durch Anfuͤhrung der die selbe ausdruͤcklich bestimmenden Gesetz⸗Vorschriften un unter Aufzaͤhlung mehrerer Faͤlle, wo dergleichen Soe chen vor dem Staatsrathe verhandelt worden; sodam beleuchtet es noch den Einwurf des Constitutionei, dag die fragliche Appellation uͤberall eine vorhergegang gene Sentenz voraussetze. Erstens, sagt es, ist dies Behauptung in sofern ohne Gewicht, als in der Koͤnig⸗ Ordonnanz nirgendwo in Bezug auf die Berathun des Staatsraths von einer Appellation wegen Mi brauchs die Rede gewesen: zweitens aber ist die Behauf tung ungegruͤndet, denn nach den Worten des Poͤniten

tiarius von Set. Johann vom Lateran, Bruno Chassai „kann man mit Recht wegen Mißbrauchs an die welt

liche Macht appelliren, in allen Faͤllen, wo die geist⸗ liche Macht einen Ausspruch oder einen Akt gethan haͤt, der den kanonischen Bestimmungen, den Privilegienn s. w. zuwider laͤuft; und drittens konnte heute zu Tag von einer Appellation wegen widerrechtlichen Va fahrens, im strengen Sinne des Wortes gar nicht d. Rede seyn, da eine geistliche Gerichtsbarkeit nach unsere Gesetzen nicht mehr besteht; das Gesetz lautet dahe auch: es findet Recurs an den Staatsrath statt, i allen Faͤllen des Mißbrauchs (dans tous les c-as d'abus)

Ein Erlaß des Erzbischofs von Poitiers wurde bekanne

lich i. J. 1820 wegen Mißbrauchs unterdruͤckt (pom cause Tabus) und eben so ist es mit dem Hirtenbrief des Erzbischofs von Tonlonse, der allerdings auch kein Sentenzß war. 1“ Die Ltoile bemerkt: Mit jedem Tage verliere de

Sache der suͤdamerlkanischen Insurgenten an Vertheid,

gern in England; besonders auffallend sei es, daß di radikalen Blaͤtter am offenherzigsten, von der, jene alg

geblich unabhaͤngigen Staaten der neuen Welt zerruͤtten

den Anarchie spraͤchen. 88 —*

London, 20. Jan. Binnen einigen Tagen win eine Anleihe fuͤr Mexiko von 3 Mill. Pf. St. zu 5 pC. Zinsen an der Boͤrse erschienen. Die HH. B. A. Gold⸗ schmidt haben dieselbe abgeschlossen, aber uͤber den Preibs zu welchem die Subskribenten die Stocks erhalten sollen, ist noch nichts bekannt geworden (die Morning-Chronicke behauptet zu 58). Von einer anderen, von verschiede⸗

Die Revolution, in ihrem ruchloz

letztg

erreichte die Hoͤhe von + 25.

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en Haͤusern hier und in Paris negociirten Anleihe fuͤr Griechenland, von 800,000 Pf. St., erwartet man morgen den Prospectus. Die Unternehmer derselben sind die HH. Hendrick u. Komp. (Die Zeitungen Globe und Tra- vller warnen vor dieser Anleihe, weil die HH. Delwitz nd Sourdzo, die sie abgeschlossen, nicht dazu autorisirt bhaͤren. 80 einem neuen statistischen Werke wird das Na⸗ ional⸗Eigenthum von England und Irland i. J. 1812 auf 2350 Mill. 600,000 Pf. St., und i. J. 1823 auf 200 Mill. Pf. St., die oͤffentlichen Lasten aber im enannten Jahre auf 64 Mill. und das National⸗ oder besteuerbare Einkommen auf 260 Mill. angeschla⸗ gen, so daß sich die Lasten zu dem Einkommen wie 25 zu 100 verhalten wuͤrden. 1A4“*“ Frankfurt, 18. Jan. In der Nacht vom 15ten um 16ten d. M. wurde der Fourgon des Mainzer Eil⸗ Wagens zwischen Mainz und der Station Zattersheim von Straßenraͤubern angefallen. Das entschlossene und geschickte Benehmen des Kondukteurs vereitelte nicht blos die Absicht des Angriffes, sondern man war selbst so gluͤcklich, sich der Person des Einen der Raͤuber zu bemaͤchtigen, der bereits den Wagen erstiegen, und sich in dem Gepaͤcke dergestalt verwickelt hatte, daß er sich, nach vereitelter Unternehmung seiner Gefaͤhrten, nicht sogleich losmachen konnte. Er ist in das Gefaͤngniß zu Host abgeliefert worden, und man darf hoffen, durch ihn zu wichtigen Entdeckungen zu gelangen, da mehrere andere Diebstaͤhle und Raͤubereien das Daseyn einer Bande in jener Gegend vermuthen lassen. Stuttgart, 22. Jan. Vergangene Nacht ist der orite Sohn Seiner Hoheit des Herzogs Wilhelm von Wuͤrtemberg, Oheims Seiner Koͤniglichen Majestaͤt, Friedrich Alexander Franz Konstantin, geboren am 6ten

Febr 1814, am Schleimsieber mit Tode abgegangen.

Wien. Das Tazebuch der meteorologischen Beob⸗ achtungen, welche im Jahre 1823 an der K. K. Univer⸗ sitäts⸗Sternwaͤrte zu Wien gemacht wurden, liefert fol⸗ gende Resultate: 8

Der mittlere Stand des Barometers in d. J. war 280 4"¼ 3“ Wiener Maß fuͤr eine Hoͤhe von 11 Wie⸗ ner Klaftern uͤber dem Pflaster der oberen Baͤckerstraße. Der hoͤchste Barometerstand traf auf den 8. Dec., wo er 2877 11“% 0“ stand, dabei war die Witterung heiter, jidoch nicht anhaltend. Der tiefste Barometerstand ereig⸗ nete sich den 3. Febr., wo er mit 26% 3 % 09 bemerkt wurde. Daraus ergiebt sich die groͤßte Aenderung des Barometers 1“ 8 7. Die mittlere Temperatur dieses Jahres war †. 7. 97 Reaumur. Die groͤßte Waͤrme 93 den 14. Jul., die groͤßte Kaͤlte aber von = 13. 06 fiel auf den 23. Jan., woraus die groͤßte Aenderung des Thermometers von 38. 09 folgt.

Ganz heitere Tage zaͤhlte man 33; Tage, an wel⸗ chen Wolken mit Sonnenschein wechselten, 229 3 an wel⸗ chen der . ganz uͤberzogen war, 103. Die staͤrk⸗ sten Nebel, deren es das ganze Jahr hindurch 64 gab, waren im November und December. Regen fiel an 89, Schnee aber an 45 Tagen. Gewitter waren 173 endlich wurden noch 8 Stuͤrme, groͤßten Theils

Die herrschenden Winde waren aus West und

merkt. Suͤdost.

Warschau, 19. Jan. Eine unserer besten Zeit⸗ schriften in wissenschaftlicher Hinsicht, der von dem Pro⸗ fessor bei der Universitaͤt, Bentkowski, bisher redigirte: Pamietnik hat aufgehoͤrt zu erscheinen.

Bei dem großen Brande in der Tuchfabrik des Hrn. Harrer in Sieradz, wovon im 19ten diesjaͤhrigen Stuͤcke dieser Zeitung Erwaͤhnung geschehen, haben leider 6 Men⸗ schen in den Flammen ihren Tod gefunden.

Nach der Zaͤhlung am 31sten v. M. und Jahres befanden sich in den beiden hiesigen Gefaͤngnissen 791 Individuen. 1g 8

Madrid, 14. Jan. Se. Majestaͤt hat den Gene⸗ ral⸗Major San Juan zum General⸗Kapitain der Provinz 1 55v

Der Baron Strogonow ist, auf der Reise nach Lis⸗ sabon begriffen, hier 8 Srn 82

In einer Proklamation des Kommandanten der Koͤnigl. Freiwilligen von Cacérés sind folgende treffende Stellen enthalten: 8

„Wir haben die Waffen ergriffen, um die legitimen Rechte des Throns unsers erhabenen Beherrschers zu vertheidigen, um die Religion unserer Vaͤter aufrecht zu erhalten, den Behoͤrden Achtung zu verschaffen und das Reich der Ordnung und Gerechtigkeit zu unterstuͤtzen.“

„Freiwillige! Das ist der Zweck Eurer Errichtung. Das Gesetz wegen unserer Organisation verlangt von uns ein gutes Betragen, anerkannte Rechtschaffenheit, Liebe zu Unserem Souverain und entschiedene Anhaͤng⸗ lichkeit an die gute Sache.“

„Wer seinen Mitbuͤrger beleidigt, seinen Obern nicht gehorche⸗ oder seine Kraft mißbraucht, der kann kein wahrer Freund der Sache sein, die er zu vertheidi⸗ gen hat, der hat keinen Anspruch auf die oͤffentliche Ach⸗ tung. Der Name eines Koͤnigl. Freiwilligen darf nicht prostituirt werden, er wuͤrde es aber, wenn wir schwach genug waͤren, das Betragen der revolutionairen Frei⸗ 8E111““ laßt uns Gerechtigkeit uͤben, das genuͤgt!

Die Gazette vom heutigen Tage meldet in Verfolg einer, in dem Blatte vom 1sten d. M. gegebenen Nach⸗ richt, aus Callao vom 21. Aug. v. J., uͤber den Marsch der Koͤnigl. Truppen nach dem Suͤden von Lima, laͤngs der Kuͤste hin, welchem die Rebellen zur See folgten, in der beiderseitigen Absicht, ein entscheidendes Treffen zu liefern, daß Briefe aus Lima vom 8. Sept. nach Kadix und Gibraltar die erfreulichsten Nachrichten in jener Hinsicht gebracht haben. Die Insurgenten sind naͤmlich an der Kuͤste von Arica gelandet, wo sie von den Koͤnigl. Truppen schon erwartet wurden. Das aus 5000 Mann bestehende Korps der Rebellen ist gaͤnzlich zerstreut; nur wenige sind dem Untergange entronnen.

Die Wiedereinnahme von Ober⸗Peru ist, wie jene Briefe hinzufuͤgen, so gut als beendigt, indem sich dort weiter keine Insurgenten⸗Haufen befinden, als die jetzt' in Callao eingeschlossene Mannschaft. .

Kingston (Jamaika), 15. Nov. Vor einigen Ta⸗

en brachte Hr. Hamilton Brown in der Legislations⸗ eehmnlung (house of assembly) die Widerrufung der