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dar er, daß die vom Storthinge von 1827 verlangten naeuen (reduzirten) Plaͤne zur Fortsetzung des Schloßbaues dem gegenwaͤrtigen Storthinge nicht wuͤrden vorgelegt wer⸗ den. e. Maj. hatten angenommen, daß der, in Ueberein⸗ stimmung mit jenem Verlangen und Ihrem Befehle, ver⸗ faßte Entwurf noch weiter beschraͤnkt werden koͤnne, in Folge dessen Sie denn auch einen neuen Plan zu machen befah⸗ len. Allein Norwegens, wie der meisten Laͤnder Handel und Gewerbe leiden jetzt durch die weniger guͤnstigen Konjunktu⸗ ren, und Norwegen hat außerdem das Ungluͤck gehabt, ei⸗ nen großen Theil der Staͤdte Bergen und Frederikstadt in Asche gelegt zu sehen; unter welchen Umstaͤnden jetzt nicht der Augenblick zur Ausfuͤhrung solcher Plaͤne sey. — Hauptm. Mariboe schlug eine Dank⸗Adresse an Se. Maj. und die Verweisung an den Budgets⸗Ausschuß vor, und der Storthing beschloß einstimmig, sich die Sache noch naͤher zu uͤberlegen. Gestern uͤberbrachte Staatsrath Holst aufs neue drei Koͤnigl. Vorschlaͤge, worunter einer zu einem Verbot des
Nachdrucks von Schriften, auf welche fremde Unterthanen Justiz⸗ und
deas Verlagsrecht haben. —
Polizei⸗Ausschuß verwieseern.
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PEIEeur ch land.
Karlsruhe, den 12. April. Ihre Koͤnigl. Hoheiten
der Großherzog und die Frau Großherzogin empfingen heute,
in einer Privat⸗Audienz, den Herrn Grafen von Montlezun,
welcher Namens seines erhabenen Monarchen, Sr. Majestaͤt
des Koͤnigs von Frankreich, dieselben theilnehmenden und freundnachbarlichen Gesinnungen, wie gestern der Herr Graf vpon Buol⸗Schauenstein, ausgedruͤckt hat.
Wolfenbuͤttel, 10. April. Die Nacht vom S8ten d. war jedem hiesigen Freunde der Wissenschaften eine furchtbare. Unsere herrliche Bibliothek war dem Untergange ganz nahe. Eine in deren Naͤhe gelegene und mit ihr, durch die Woh⸗ nung des Biblothekars, in Verbindung stehende sehr weit⸗
ige Lohgaͤrberei ging in Feuer auf. Der herrschende maͤ⸗ uͤdost trieb jedoch die Flammen nach der entgegenge⸗
n Seite, wo auch noch eine Reihe von Privat⸗Gebaͤuden verbrannt ist. Bei den urspruͤnglichen und unbegreiflichen
Er ward an den
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Fortschritten des Feuers ruͤckte es aber auch, besonders in den
Boͤden der Haͤuser, gegen den geringen Wind an, und nur große Anstrengungen schuͤtzten die Bibliothek, deren Hand⸗ schriften eingepackt wurden. Jetzt ist das Feuer gaͤnzlich ge⸗ joͤscht; zwoͤlf große und kleine Gebaͤude liegen in Asche. Hamburg, 16. April. Der heutige Korrespondent enthaͤlt Folgendes: „Den im Hamburger Korrespondenten Nr. 56 aufgenommenen Artikel, nach welchem ich in den Grafen⸗Stand erhoben seyn soll,*) erklaͤre ich hiermit seinem ganzen Inhalte nach fuͤr ungegruͤndet und bin uͤber den Zweck desselben nicht zweifelhaft. Obwohl von der Anma⸗ ßung außerordentlicher Verdienste um die Herzogl. Lande weit entfernt, glaube ich jedoch ein unparteiisches Urtheil uͤber die Erfuͤllung meiner Pflichten nicht scheuen zu duͤrfen. 18 Braunschweig, 10. April 1830. “ 1 8 E1.““] rgischer
Herzoglich⸗Braunschweigisch⸗Luͤne urgis 89 erster Kammer⸗Direktor.“
Oesterreich.
Wien, 17. April. Nachrichten aus Kroatien zufolge, haben die wohlthaͤtigen Folgen der von Sr. Majestaͤt dem Kaiser gnaͤdigst bewilligten (letzthin erwaͤhnten) **) Amnestie sich bereits zu zeigen begonnen. Am 28. Maͤrz war dieselbe allgemein kund gemacht worden, und schon am 29. kamen siebzehn Familien an der Graͤnze an, um reuevoll in ihr Vaterland zuruͤckzukehren. 8 — Aus einem von der Allgemeinen Zeitung mitge⸗
theilten Schreiben aus Wien vom 5. April entlehnen wir Folgendes: „Nachdem der Friede mit Maroeco hergestellt ist und der dortige Kaiser die von unserm Hofe verlangte Ge⸗ nugthuung geben will, so wird naͤchstens eine außerordentliche Gesandtschaft von hier dahin abgehen, und man beschaͤftigt sich schön mit Anschaffung der bei solchen Gelegenheiten uͤb⸗ lichen Geschenke. — Unsre Staats⸗Effekten sind fortwaͤhrend im Steigen, auf welches die hohen Franzoͤsischen Course und das Vertrauen, das die Boͤrse auf das jetzige Franzoͤsische Ministerium setzt, vortheilhaft einwirken. — Auf Vorstellung der hiesigen Buchhaͤndler hat unsre Regierung, bis zu defini⸗ tiver Entscheidung uͤber diesen fuͤr die Wissenschaften so wich⸗ tigen Gegenstand, eine einstweilige Verfuͤgung gegen den Nach⸗
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C6T Fachstehendes ist der Schluß des (gestern abgebrochenen) Schreibens aus der Schweiz: 8 „Nach neuen Berathungen, bei denen es unter der bestehen⸗ den Spannung nicht moͤglich war, den einen oder anderen Grund⸗ satz rein durchzufuͤhren, und man blos in wechselseitigen Konzes⸗
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sionen einige Annaͤherung erzielen konnte, kam endlich untemm
8. Sept. 1814 derjenige Bundes⸗Vertrag zu Stande, der dann spaͤter wirklich angenommen wurde.“ 28
„Hier lautet nun im 11ten Artikel die Vorschrift uͤber den Verkehr woͤrtlich also: „„Fuͤr Lebensmittel, Landes⸗Erzeugnisse und Kaufmannswagren ist der freie Kauf, und fuͤr diese Gegen⸗- staͤnde, so wie auch fuͤr das Vieh, die ungehinderte Aus⸗ und Durchfuhr von einem Kanton zum andern gesichert, mit Vor⸗ behalt der erforderlichen Polizei⸗Verfuͤgungen gegen Wucher und schaͤdlichen Verkauf.“% Diese Polizei⸗Verfuͤgungen sollen fuͤr die eigenen Kantons⸗Buͤrger und die Einwohner anderer Kan⸗ tone gleich bestimmt werden.“
„Es ist hier auffallend, daß vom freien Verkaufe und von der ungehinderren Einfuhr keine Rede mehr ist, und das
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schlaͤgen stattgefunden habe, geht aus der Vergleichung mit die⸗ sen selbst deutlich hervor. Bei der Abrede dieses Bundes⸗Ver⸗ trags blieben als unausgemittelt dem Entscheide des Wiener Kon⸗ gresses vorbehalten die Territorial⸗ und Eigenthums⸗Fragen, welche erst spaͤter durch die von den Stellvertretern der acht Maͤchte unterzeichnete Erklaͤrung vom 28. Maͤrz 1815 erledigt wurden. Diesemnach wurde auͤch dieser unterm 8. Sept. 1814 abgeredete Bund erst 11 Monate spaͤter, naͤmlich den 7. August 1815, unterzeichnet und beschworen.“ 8 „In der Zwischenzeit hatte die Eidgenossenschaft, nach Na⸗ poleons Ruͤckkehr von Elba, ihre Waffenmacht aufzustellen. Zur Deckung der außerordentlichen Kosten mußten auch außerordent⸗ liche Huͤlfsquellen eroͤffnet werden. Bern, welches bereits seit
1813 wegen der eingetretenen Dissonanz unter den Kantonen
durch viele außerordentliche Ausgaben erschoͤpft war, mußte zur
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g88 Auslassung vorsaͤtzlich in Abweichung von den fruͤheren Vor⸗
eidgenoͤssischen Bewaffnung an Mannschaft ½, an Geld zu den Ko⸗ sten ³ beitragen. Als daher im Juni 1815 der große Rath mit Auf⸗-⸗ findung finanzieller Mittel sich beschaͤftigte, wurde beschlossen: 1. Allen in den Kanton zum Verbrauch einzufuͤhrenden Wein,
(d. h. den nicht blos transitirenden, welcher unbelegt blieb)
Schweizerischen und fremden, gleich mit 5 Rpp. auf die Maas
zu belegen, hingegen 2. den im Kanton selbst gewachsenen zu einiger Erleichterung des die Konkurrenz nicht aushaltenden Reb⸗ landes frei zu geben. Diese Verordnung wurde alsobald in Voll⸗ ziehung gesetzt, und als der Bund unterzeichnet und beschworen werden sollte, befand sich Bern in dem wirklich⸗oͤffentlich aus⸗ geuͤbten und unwidersprochenen Besitz seiner Ohmgeld⸗Ver⸗ ordnung, in welcher uͤbrigens fuͤr diejenigen Bernischen A gehorigen, welche außer dem Kanton Reben besaßen, ketner⸗ lei Verguͤnstigung weder vorbehalten, noch auf irgend eine Weise gestattet ward, so daß der Grundsaß der Gleichstellung an- derer Schweizerbuͤrger mit den eigenen Kantons⸗Angehoͤrigen seine volle Anwendung fand.“ — Sg „Waͤhrend der Fehljahre 1816 und 1817, bei den hohen Prei⸗ sen von 1818, bei der außerordentlichen Weinlese von 1819 blieb Waadt still. Als aber bei geringerem Ertrag in den Jahren 1820 und 1821 die Weinpreise sich nicht sehr höben und die Waadt⸗ laͤndischen Weinbauer zu klagen anfingen, da trat ihre Regierung
mit der Behauptung auf: „es sey das Bernische Ohmgeld keine
Consumtionssteuer, sondern eine eigentliche Eingangsgebuͤhr, dem Sinn des 11ten Artikels des Bundes zuwider.“ Waadt suchte hierbei nicht sowohl eine seine Interessen keinesweges foͤrdernde Belegung des geringen eigenen Bernischen Gewaͤchses, als eine Heruntersetzung der Gebuͤhr auf seine und eine Erhoͤhung der⸗ jenigen auf die Franzoͤsischen Weine, welche bei einigermaßen er⸗ hoͤhten Preisen bei gleich starker Abgabe mit den Waadtlaͤndischen, 2 des weitern Transports ungeachtet, zu konkurriren vermoͤgen. Diese erste Klage blieb deswegen unerortert, weil bald hernach das gegen die neuen Verschaͤrfungen der Franzoͤsischen Mauth⸗
Unbilden gerichtete sogenannte Retorsions⸗Konkordat zu Stande
kam, durch welches manches entbehrliche Franzoͤsische Produkt mit einer etwas hoͤhern Gebuͤhr belegt wurde, der Wein unter an⸗ dern mit 10 Rpp. die Maaß. Waadt fand in diesem Konkordat, welchem Bern beitrat, die gewuͤnschte Abhuͤlfe. Verstaͤndig durch⸗
efuͤhrt, haͤtte, bei den obwaltenden Verhaͤltnissen und den siska⸗ 8 8
ischen Einrichtungen anderer Staaten, ein solcher Retor⸗ sions⸗Grundsatz der Schweiz fuͤr Handels⸗Vertraͤge viel⸗ leicht eine huͤnsttger⸗ Stellung zugesichert; allein Abneigung gegen Mauth⸗Anstalten, verbunden mit dem Widerstand Iöager dem Konkordat nicht beigetretenen Kantone (voran Zuͤr — 1 reichs, bereiteten dessen Aufloͤsung, welche nach zwei Jahren er⸗
folgte. Mit demselben siel auch die hoͤhere Auflage auf den Fran-
f87 en Wein dahin, und bald nachher erneuerte Waadt seine Beschwerde, welche Bern mit Hinweisung auf die deutliche Fas⸗ sung des Bundes⸗Vertrags ablehnt. Zu Abzahlung der von der Bewaffnung des Jahrs 1815 und von den Theurungs⸗Jahren 8 1816 und 1817 herruͤhrenden betraͤchtlichen Staatsschulden hat 8 Bern im Jahr 1820 einige außerordentliche Auflagen angeordnet .
und Basel) und mit den offenkundigen Bestrebungen Frank⸗ “
Beilage zur Allgemeinen Pre
ter welchen eine Konsumo⸗Steuer von 10 Batzen auf jeden Centner 88 in den Kanton zum Verbrauch einzufuͤhrenden Waa⸗ ren. Freiburg fuͤr den Taback, Solothurn fuͤr das Eisen, ver⸗ langten Enthebung, welche auch gern gestattet wurde, jedoch blos aus freiwilliger Zustimmung, keinesweges in Anerkennung des Rechts. Eben so wurde eine Gebuͤhr auf das einzufuͤhrende Ge⸗ treide gelegt, von derselben aber alles mit Schweizerischen Ur⸗ sprungscheinen versehene ausgenommen. In diesen Verhaͤlt⸗ nissen glaubte die Waadtlaͤndische Regierung eine Begruͤndung fuͤr ihre Forderung zu sinden und brachte daher dieselbe an die Tagsatzung../ — S „Der Tagsatzung sicht zu: alle durch den Bundes⸗Vertrag gewaͤhrleisteten Rechte zu handhaben. Alle Anspruͤche und Strei⸗ tigkeiten zwischen Kantonen uͤber Gegenstaͤnde, die nicht durch den Bundes⸗Vertrag gewaͤhrleistet sind, werden an das eidgendͤs⸗ sische Recht gewiesen. Waadt bemuͤhte sich, zu zeigen, daß freier Verkauf und freie Einfuhr als nothwendige Korrelative des freien Kaufs und der ungehinderten Ausfuhr, wenn nicht dem Buch⸗ staben, doch dem Geiste nach, durch den ;sten Artikel des Bundes gewaͤhrleistet seyen, und daß also der Tagsatzung die Entschei⸗ dung zustehen muͤsse. Bern verwies auf den Wortlaut des Bun⸗ des, den geschichtlichen Hergang, um sein Souveraginitaͤts⸗Recht in Beschuͤtzung seiner eigenen Angehoͤrigen zu behaupten und den Gegenstand als dem WII116“ der Tagsatzung fremd zu erklaͤren. Die Tagsatzung selbst war durch die Waadtläandische Beschwerde in große Verlegenheit gesetzt. Haͤtte sie ohne Weite⸗ res dieselbe von der Hand gewiesen, so haͤtte sie auch mittelbar auf einen wichtigen zur Wohlfahrt der gesammten Eidgenossen⸗ schaft nothwendigen Einfluß verzichtet und die Kantone an das gefaͤhrlichste aller Mittel unter Verbuͤndeten — die Selbst⸗ huͤlfe — verwiesen. Noch mißlicher haͤtte es seyn muͤssen, dem deutlichen Wort⸗Inhalt des Bundes⸗Vertrags zuwider eine Ent⸗ scheidung zu versuchen, der eine Interpretation des Vertrags oder vielmehr eine wesentliche Ausdehnung desselben zum Grunde gelegen haͤtte, und der sich dann zumal die dissentirenden Staͤnde bestimmt zu widersetzen haͤtten veranlaßt sehen koͤnnen. Die Tag⸗ satzung begnuͤgte sich daher vorerst, den wohlthaͤtigen Sinn des Bundes⸗Vertrags in Anspruch zu nehmen, um alle betreffen⸗ den Staͤnde einzuladen, ihre Konsumo⸗Verordnung nach dem Grundsatz der Gleichstellung des eigenen und des Schweizerischen Produkts anderer Kantone einzurichten. Denn es hatte sich bei dieser Gelegenheit gezeigt, daß sehr viele Kantone, und sonderbar genug Waadt selbst, nach dem gleichen Grundsatz verfuhren, auf welchem die Bernsche Ohmgelds⸗Verordnung beruhte, die so nach⸗ druͤcklich angefochten wurde; so z. B. verbot oder erschwerte Waadt die Einfuhr anderer Weine, vornehmlich der Genferschen und Walliserweine: aber freilich walteten bei keinem andern Ver⸗ haͤltnisse gleich große materielle Interessen. Waadt setzt an Bern ungefäͤhr ³ oder 4 des Weines ab, der bei ihm erzeugt wird; es behauptet die Abgabe laste eher auf dem Erzeugnisse, als auf dem Konsumenten, und sie sey in einem allzustarken Mißverhaͤltnisse, da sie, je nach den Jahren, ¾ bis 1 des urspruͤnglichen Preises des Erzeugnisses gleich komme; die Waadtlaͤndische Regierung scheint von der irrigen Ansicht auszugehen, daß die Weinpreise durch dieselbe gedruͤckt werden, was kaum der Fall seyn duͤrfte, da die eigenen Bernschen Weine von allzu geringer Qualitaͤt und Quantitaͤt sind, um den Marktpreis zu bestimmen, sondern faktisch senem der Waadtlaͤndischen folgen, diesem aber freilich naͤher ste⸗ hen, als wenn sie ebenfalls verohmgeltet werden muͤßten. Fuͤr Bern waltet das unbedeutende fiskalische Interesse des Ertrags der Abgabe und das noch groͤßere Interesse fuͤr ein Rebland, das einen Kapitalwerth von circa 6 bis 8 Millionen Franken vorstellt, das nicht leicht zu einer andern Kultur verwendet wer⸗ den koͤnnte und zu Grunde gehen muͤßte, wenn von den 2 bis 4 Kreuzern auf die Maaß, welche nach Abzug der Arbeitskosten als Rente des im Grundstuͤcke liegenden Kapitals uͤbrig blie⸗ ben, 2 Kreuzer an Abgabe entrichtet werden muͤßten. Waadt erzeugt beense das Doppelte an Wein, als es braucht, und setzt mehr als die Haͤlfte seines Ueberflusses an Bern ab, Bern pro⸗ duzirt ungefaͤhr v seines Bedarfs und kauft ½ von Waadt und von Frankreich.“ ne “] „Unter solchen Umstaͤnden konnte die Einladung der Tag⸗ satzung keinen Erfolg haben. Bern vermochte nicht ohne große wesentliche Compensationen, welche gar nicht zum Vorschein kamen, die höͤchst bedeutenden Opfer zu bringen, welche man zuerwarten schien, ohne deren Umfang auch nur einmal erforscht zu haben. Es erklärte also, der ergangenen Einladung nicht Folge leisten zu koͤnnen, sondern auf seinem Rechte beharren zu muͤssen. Waadt aber ließ von sei⸗ ner Klage nicht ab, und so beschaͤftigten sich sueccessive die Tag⸗ satzungen der Jahre 1825 bis 1829 mit dieser Frage, ohne die⸗ selbe einer Erledigung naͤher zu bringen. Wenn es die Ab sicht Berns gewesen ist, die Tagsatzung einer mißlichen Lage zu ent⸗ heben, so mag die Erklaͤrung sehr folgerecht erscheinen, durch wel⸗ che Bern 1829 sich gegen jede Einmischung der Bundes⸗Behoͤrde erhob und derselben Inkompetenz vorschuͤtzte; inzwischen haͤtten Viele gewuͤnscht, daß zur Vermeidung von staatsrechtlichen Er⸗ oͤrterungen, welche selten gute Fruͤchte tragen, wenn sie in casn vorgenommen werden, andere Auswege eingeschlagen worden waäͤ⸗ ren, welche jeden Vorwand zur Beschwerde gehoben haͤtten, ohne an den wesentlichen Verhaͤltnissen etwas zu veraͤndern. Denn es
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Ek⸗Zeitung N 108.
erhob sich nunmehr die schwierige Frage, ob die Tagsatzun in einem Falle, fuͤr welchen kein andres Austra agsath I2 ten wurde, ihre Kompetenz aussprechen wolle. Die oberste Bun⸗
des⸗Behoͤrde wich um so eher der Loͤsung dieser Frage gern aus,
als die Erfahrung es lehrt, daß in dergleichen Angelegenheiten die Zeit ein guter Rathgeber sey; sie ergriff also den einstweiligen
Ausweg, zwei Vermittler zu bezeichnen, welche den Streit in
Guͤte zu schlichten versuchen sollten. Sie uͤbertrug dieses ehren⸗
volle Amt den in vaterlaͤndischen Angelegenheiten erfahrnen, in
hoͤchster Stelle und Ansehen stehenden, Gesandten von Zuͤrch und
Feea. Buͤrgermeister von Reinhard und Schultheiß von Ruͤtti⸗
me .
Als nun die Vermittler bei Bern anfragten, ob sie sich zur Erfuͤllung der ihnen uͤbertragenen Pflicht nach Bern verfuüͤgen koͤnnten, hatte der große Rath daruͤber seinen Entschluß zu fas⸗ sen. Es fragte sich, ob die Vermittelung anzunehmen oder was allenfalls vorzukehren, sey. Die Betrachtung, daß eine von der
Tagsatzung angeordnete Vermittelung mit der von Bern entschie⸗ den vorgeschuͤtzten Inkompetenz derselben im Widerspruch erschei⸗ ne, und mehr noch die Ueberzeugung, daß der moͤgliche, wenn auch ganz unwahrscheinliche, Erfolg der Erledigung einer beson⸗ deren Streitsache, die Hauptfrage uͤber die Zubafstgkeit der For⸗ derung Waadts, als aus dem Bundes⸗Vertrag hergeleitet, nicht entscheide, daß ferner jede einseitige Erlaͤuterung oder Abaͤndernng
im Bundes⸗Vertrag gefaͤhrlich sey, diese Betrachtungen walteten
allgemein gegen die Zulaͤssigkeit der Vermittelung ob. Es wurde
daher dieselbe abgelehnt, zugleich aber der Ablehnung ein Antrag zu einem allgemeinen Verstaͤndniß uͤber diese wichtige Frage bei⸗ gefuͤgt und nachstehende Erklaͤrung an alle Kantone der Eidge⸗ nossenschaft erlassen. (Folgt die beiliegende Erklaͤrung im Text.)
Somit wurde die Frage von der Bahn eines einzelnen Anstandes zwischen zwei henachbarten Kantonen ab und auf einen weitern
Bereich geleitet. Freilich wird es schwer halten, ein allgemeines
Einverstaͤndniß herbeizufuͤhren, allein wenn es mit Ernst versucht, mit Sorgfalt fortgefuͤhrt, mit Beharrlichkeit verfolgt wird, so
duͤrfte es doch gelingen, und dann waͤre Großes gewonnen. Es muß
aber so viel als moͤglich die Frage von Verwickelungen rein er⸗ halten werden; wollte man zu viele Gegenstaͤnde dabei in Anre⸗ gung bringen, so wuͤrde man das Ziel unnoͤthiger Weise verruͤk⸗ ken und entfernen; voraus aber ist zu wuͤnschen, daß die nicht gl⸗ lein fruchtlosen, sondern blos zu gegenseitiger Entfremdung fuͤh⸗ renden Fragen uͤber Systeme und Theoricen von Bundes⸗Staat und Staaten⸗Bund sorgfaͤltig vermieden werden. Moͤchten Dieie⸗ nigen, denen es zukommen wird, diese Aufgabe zu loͤsen, der Bei⸗ spiele und der Grundsaͤtze eingedenk seyn, welche die Freiheit der
Eidgenossenschaft begruͤndeten, so fest, daß sie besteht bis auf die⸗
sen Tag nach Johannes Muͤllers Worten: „„Ewig in enger Ver⸗
bindung zu beharren in Krieg und Frieden, zurch vaterlaͤn⸗ dische Sitten und Freuden gemeinschaftlicher Feste, eine Nation, wie eine Familie!““
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Deerr Stand Bern hat sowohl durch den Bericht seiner Ge⸗
sandtschaft auf der vorjaͤhrigen Tagsatzung, als durch das ihm
mitgetheilte Protokoll von den Verhandlungen derselben in Be⸗ treff der vom hohen Stande Waadt gegen das Bernische Ohm⸗ geld erhobenen Beschwerde Kenntniß erhalten und die jetzige
Lage dieser Angelegenheit in reifliche Berathung genommen. Un⸗ ter Berufung auf die verschiedenen, theils von der Regierung den eidgenoͤssischen Staͤnden uͤbermachten, theils von den Gesandt⸗ schaften des Standes Bern auf mehreren Tagsatzungen, und be⸗ sonders auf derienigen vom Jahre 1829, in Folge ihrer Instruc⸗ tionen gegebenen, Erklaͤrungen, sieht sich derselbe im Fall, die von der hohen Tagsatzung angeordnete Vermittelung unter dankbarer Anerkennung der dabei gehabten wohlmeinenden Absichten abzu⸗ lehnen, weil sie eine den Souverainitaͤts⸗Rechten unterliegende de 88 dem Bundes⸗Vertrage nicht beschlagene Angelegenheit etrifft.
Es will jedoch der Stand Bern, in Beruͤcksichtigung der zur Sprache gekommenen Ansichten und Wuͤnsche uͤber moͤglichste Beguͤnstigung des Verkehrs im Innern der Schweiz, neuerdings beweisen, wie gern er zu Allem beitraͤgt, was die Festigkeit des eidgenoͤssischen Bundes und die freundnachbarlichen Verhaͤltnisse zwischen einzelnen Kantonen befoͤrdern kann. In dieser Absicht spricht der Stand Bern seine Bereitwilligkeit aus, mit den uͤbri⸗ gen Staͤnden in Unterhandlung zu treten, um durch gegensetige freiwillige Uebereinkunft die Bestimmungen, welche den Verkehr im Innern der Schweiz betreffen, zu dessen Erleichterung und Sicherung zu modifiziren und zu vervollstaͤndigen.
Diese Erklaͤrung soll sowohl der vordrtlichen Behoͤrde, als den saͤmmtlichen hohen Staͤnden und den von der hohen Tag⸗ satzung ernannten Vermittlern uͤbersendet werden.
Bern, den 1. Maͤrz 1830. (Folgen die ) 11“ S- 11““
11“ Privat⸗
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Das Journal des Débats meldet in Schreiben aus Madrid vom 1. April: „Gestern Nachmit⸗ tag um 5 Uhr wurde auf allen öͤffentlichen Plaͤtzen der Haupt⸗
stadt die Aufhebung des Salischen Gesetzes laut verkuͤndet.
Der Zug bestand aus den Mitgliedern des Kriminal⸗Gerichts⸗