1830 / 119 p. 4 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

ten der Staͤbe so wie der Offizier⸗Corps der Linien⸗Truppen, ein schoͤnes Gemaͤlde uͤbergeben ließ, welches eine Scene aus der ruhmvollen militairischen Laufbahn des Gefeierten dar⸗ stellt. Hierauf stattete der Hr. Oberst⸗Lieutenant von Pusch mit dem Offizier⸗Corps des 30sten Landwehr⸗Regiments dem⸗ selben ihre Gluͤckwuͤnsche ab, und uͤberreichte im Namen des Offizier⸗Corps einen kunstvoll gearbeiteten und reich mit Golde verzierten Degen zum Zeichen ihrer Verehrung. Demnäͤchst begluͤckwuͤnschten den Jubilar, Namens der hiesigen Koͤnigl. Regierung, der Hr. Regierungs⸗Vice⸗Praͤsident v. Gaͤrtner nebst zwei anderen Mitgliedern des Kollegiums, und uͤberreich⸗ ten demselben ein Schreiben dieser Behoͤrde, in welchem die⸗ selbe ihre innige Theilnahme an diesem gluͤcklichen Ereig⸗ niß bezeigte. Auch der Herr Bischof von Trier hatte sich zur eünfcben des Jubelgreises eingefunden. Die Herren Landraͤthe des hiesigen und mehrere des Koblenzer Regierungs⸗Bezirks, der Ober⸗Buͤrgermeister der Stadt Koblenz brachten Namens resp. ihrer Kreise und genannter Stadt ihre Gluͤckwuͤnsche dar und uͤberreichten fuͤr dieselben als Ehrengeschenke, erstere eine silberne, inwendig vergoldete schoͤn gearbeitete Urne mit passenden Emblemen und den Namen der Schlachten verziert, welchen der Jubilar beige⸗ wohnt, und letztere zwei silberne kunstvoll gearbeitete Arm⸗ jeuchter. Hierauf folgten noch mehrere Deputationen, welche dem H

rn. General⸗Major v. Loͤbell gleichfalls ihre Gluͤckwuͤnsche darbrachten. Auch noch viele einzelne Personen waren ihren Gefuͤhlen gefolgt, und bezeigten dem Hrn. General ihre Ver⸗ ehrung bei dieser Feier. Der Jubilar war uͤber die Be⸗ zeigung der Gnade Sr. Majestaͤt des Koͤnigs und uͤber die allgemeine Theilnahme innigst geruͤhrt, und dankte mit ehr⸗ furchtvollen und herzlichen Worten sichtbar bewegt. Mit⸗ tags gab das Offizier⸗Corps der 16ten Division dem gefei⸗ erten Jubelgreise in dem geschmackvoll dekorirten und mit dem Bildnißs Sr. Majestaͤt des Koͤnigs ausgeschmuͤckten Saale des Kasino ein festliches Mahl, und ein Ball bei Sr. Exvcellenz dem Herrn General⸗Lieutenant v. Ryssel machte

den freudigen Beschluß des oͤnen Tags. 1

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In Bezug auf den in Nr. 47 der Staats⸗Zeitung vom 16. Februar d. J. enthaltenen Aufsatz: „Ueber die Franzoͤsi⸗ sche Gesetzsammlung“ hat uns ein im Auslande reisender Franzose, in seiner Landessprache, einige Bemerkungen mit dem Ersuchen mitgetheilt, dieselben zur Berichtigung mancher irrigen Ansicht, die im Auslande uͤber Frankreichs innere Ver⸗ fassung herrsche, zur oͤffentlichen Kenntniß zu bringen. Wir nehmen um so weniger Anstand, diesem Wunsche in nachste⸗ hender Weise zu genuͤgen, als jene Mittheilung fuͤr unsere Heser nicht ohne Interesse seyn duͤrfte. „In dem gedachten Aufsatze,“ sagt der Einsender, „wird unter Anderm bemerkt, es kaͤmen viele Dinge an den Koͤnig vpon Frankreich und wuͤrden unmittelbar von ihm entschieden, ddie anderwaͤrts gutentheils den Behoͤrden zugewiesen waͤren. Allerdings ist dieses Centralisirven, das wir zum großen Theile der Napoleonischen Regierung verdanken, eine von jenen Ein⸗ riicchtungen, woruͤber die Opposition in Frankreich am meisten klagt, und an deren Stelle sie, heute vielleicht mehr als je, ein gutes Municipal⸗ und Kommunal⸗Gesetz verlangt. Das Martignaecsche Ministerium hatte ein solches Gesetz in Vor⸗ schlag gebracht; die liberale Partei fand dasselbe aber unzu⸗ reichend. Ohne zu der Zahl derer zu gehoͤren, noch jemals gehört zu haben, die man in Frankreich die Ministeriellen nennt, darf man behaupten, daß jene Partei Unrecht hatte. In dem friedlichen und aufgeklaͤrten Deutsch⸗ land, wo die Gemuͤther von der Aufregung, die in Frankreich herrscht und nothwendig noch lange herrschen muß, so himmelweit entfernt sind, kann man sich kaum einen Be⸗ eiff machen, wie Peüench es seyn wuͤrde, die Politik und Aces, was daran ezug hat, in die Gemeinde⸗, Bezirks⸗ oder Devpartements⸗Versammlungen eindringen zu lassen. Man darf daher die Majoritaͤt der Deputirten⸗Kammer ta⸗ deln, daß sie sich in der Sitzung von 18 3z so schwierig zeigte und den Kreis der Befugnisse und des Einfiusses der Depar⸗ tements⸗ und Municipal⸗Raͤthe uͤber die Gebuͤhr erweitern wollte. Andererseits muß man sich aber auch mit Recht dar⸗ uͤber wundern, daß die Regierung uͤberhaupt eine so große Abneigung gegen ein Zugestaͤndniß dieser Art, selbst in gemaͤ⸗ ßigter Form, bezeigt, da sich doch mit Wahrscheinlichkeit annehmen laßt, daß das theilweise Interesse, das bei einem solchen a. gestaͤndnisse jede kleine Orts⸗Versammlung ihren eigenen De⸗ batten und Arbeiten zu widmen haͤtte, die Aufmerksamkeit schwaͤchen wuͤrde, womit gegenwaͤrtig ganz Frankreich in allen wichtigen Staats⸗Angelegenheiten den Verhandlungen der Deputirten⸗Kammer, oft ohne allen Nutzen, folgt.“

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„Inzwischen darf nicht unbeachtet bleiben, daß die Ente; scheidungen des Koͤnigs, wovon der Verfasser des Eingangs erwaͤhnten Aufsatzes spricht, nie von ihm allein herruͤhren. Eine Koͤnigliche Verordnung, die nur erlassen werden kann, um ein bereits bestehendes Gesetz in Ausfuͤhrung zu bringen oder irgend eine Maaßregel fuͤr die Sicherheit des Staats (Art. 14. der Charte) zu ergreifen, ist stets von ei: nem verantwortlichen Minister contrasignirt. Ueberdies wer⸗ den die wichtigsten Verordnungen vorher noch dem Staats⸗ Rathe vorgelegt, und wie sehr man auch uͤber die Zusam-⸗ menstellung dieses Staatskoͤrpers geeifert hat, es bleibt des⸗ halb nicht minder wahr, daß er ein trefflicher administrativer Gerichtshof ist. Einen Beweis, daß der Einfluß des Staats⸗ Raths auf den Gang der Regierung auch allgemein gefuͤhlt wird, haben wir bei der Bildung des gegenwaͤrtigen Mini⸗ steriums erhalten, wo mehrere Mitglieder desselben (Agier, Royer⸗Collard, Villemain u. A.) ausschieden, ein Ereige⸗ niß, das die oͤffentliche Meinung damals als hoͤchst bedeu-⸗ tungsvoll betrachtete.“

„Nach dieser Auseinandersetzung sind in Frankreich die⸗ jenigen Verfuͤgungen des Koͤnigs, die in andern Staaten von den Ortsbehoͤrden ausgehen, eben so wenig willkuͤhrlich als diese; sie sind alle den Gesetzen angemessen und werden nur von dem Monarchen sanctionirt.“

„Dasselbe gilt wohl von den Verfuͤgungen, von denen in dem fraglichen Aufsatze der St. Z. umgekehrt behauptet wird, daß sie den Kammern nicht vorgelegt wuͤrden, obgleich Gesetze an sich truͤgen.“

„Da diese Verfuͤgungen nicht naͤher bezeichnet werden, so glaube ich mit

estimmtheit versichern zu koͤnnen, daß,

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tragen, sie auch stets zur Vollziehung eines Gesetzes und nach vorheriger Anhoͤrung des Staats⸗Raths erlassen werden. Die Gesetzsammlung muß solches ausweisen.“ „Ich gehe jetzt in eine naͤhere Untersuchung der verschiedenen in jenem Aufsatze aufgefuͤhrten Verfuͤgungen ein.“ „Was die Ertheilung des Buͤrgerrechts angeht, so wird dieser Gegenstand durch den Code Napolébon und 8 besondere Gesetze der constituirenden Versammlung 9 ordnet.“ „Die Verleihung von Patenten haͤngt von beson⸗ deren Gesetzen ap.“ b „Die Anstellung von Beamten erfolgt kraft des Art. 14 der Charte.“ 3 „Die Erlaubniß zur Stiftung von Majoraten gruͤndet sich auf ein Kaiserl. Dekret; doch sind die jetzigen Majorate ganz anderer Art, als die damaligen.“ 18 „Ueber die Erlaubniß zur Annahme von Ver⸗ maͤchtnissen giebt es in Frankreich ein Gesetz, und Frank⸗ reich ist vielleicht das einzige Land in Europa, wo es einem Sterbenden nicht gestattet ist, uͤber sein Vermoͤgen zu Gun⸗ sten oͤffentlicher Anstalten unbedingt zu verfuͤgen. Kein Vermaͤchtniß darf ohne die Genehmigung des Staats⸗Raths und die Bestaͤtigung des Koͤnigs von irgend einer Anstalt angenommen werden;

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die natuͤrlichen Erben koͤnnen ihr Interesse vor dem Staats⸗ Rathe von etnem Advokaten bei dieser Behoͤrde wahrnehmen lassen; und selbst wenn kein Einspruch geschieht, tritt doch zuweilen der Fall ein, daß der Staats⸗Rath das Vermaͤchtniß vermindert; sind nahe oder arme Verwandte vorhanden, so ermaͤßigt er dasselbe bis auf eine Kleinigkeit, oder vernichtet es ganz und gar. Fromme Vermaͤchtnisse werden fast immer reduzirt. Im Allgemeinen ist man in Frankreich der Mei⸗ nung, daß dieses Gesetz vortrefflich sey.“

„Was die Erlaubniß zur Anlegung von Schlachthaͤusern betrifft, so darf keine der Gesundheit schaͤdliche oder der Reinlichkeit in den Straßen zuwiderlau- fende Anstalt im ganzen Umkreise der Stadt anders als mit Genehmigung des Staats⸗Raths und nach einer Un- tersuchung de commodo et incommodo errichtet werden. Diese Anstalten, Manufakturen, Fabriken, Dampf⸗Maschinen 8 u. s. w. sind in 4 oder 5 Klassen getheilt.“ 8

Die Anlegung von Straßen und Kanäaͤlen kann nur in Folge eines Gesetzes stattfinden, da es zur Bestrei⸗ tung der damit verknuͤpften Kosten des Geldes bedarf. Alles.⸗ was demnaͤchst die Ausfuͤhrung betrifft, haͤngt in letzter In-: stanz von dem Staats⸗Rathe ab.“ j

„Ueber die Erlaubniß zur Gruͤndung von Kloͤstern bemerke ich Folgendes: Mit Ausnahme eines oder zweier Trappistenhaͤuser, giebt es in Frankreich keine Manns⸗Kloͤster, sondern blos Frauen⸗Kloͤster oder Con⸗

gregationen. Obgleich diese Gesellschaften den Namen 1 von Kloͤstern sühren, so koͤnnen sie doch mit hansn

sie, nach gewoͤhnlichen Begriffen, den Charakter allgemeiner 6

insofern sie den Charakter eines allgemeinen Gesetzes an sich

Wahrscheinlichkeit nach, eine eben so große

1“ 8 v111A“ 1818“ aligen Kloͤstern nicht verglichen werden. Es ist ver⸗ boten, das Geluͤbde laͤnger als auf fuͤnf Jahre zu verlangen. Freilich unterlaͤßt man nicht, der Novize zu sagen, daß dieses Gesetz nur ein weltliches sey, und daß sie vor Gott sich auf immer verpflichte. Da indessen das buͤrgerliche Gesetz in Frankreich keine einzige Verpflichtung dieser Art anerkennt, d kann die Nonne, die heute ihr Geluͤbde, gleichviel ob auf fuͤnf Jahre oder fuͤr ihre ganze Lebenszeit, ablegt, morgen oder in einem Monate, oder in einem Jahre, oder wann es ihr gefaͤllt, das Kloster fuͤr immer wieder verlassen. Sie kann sich verheirathen, da die Ehe in Frankreich ein bloßer Eivit⸗Akt ist; doch wuͤrde sie alsdann wahrscheinlich ihren Bund nicht von einem katholischen Priester einsegnen lassen koͤnnen, da sie gegen die Gesetze des Katholizismus verstoßen haͤtte. Ihre Kinder wuͤrden aber deshalb nicht minder legitim Von Zwang ist also gar keine Rede mehr; steht Euch ligioöse Gesetz im Wege, gleich kommt Euch das Civil⸗ u Huͤlfe; daher man auch gesagt hat, daß das Fran⸗ zoͤsische Gesetz atheistisch sey. Die Frauen⸗Kloͤster zer⸗ fallen in Frankreich in zwei Haupt⸗Klassen: 1) die grauen Schwestern und Andere, welche die Kranken in den Spi⸗ taͤlern pflegen und 2) die schwarzen Schwestern, welche die kleinen Maͤdchen aus den niedrigen Klassen unentgelt⸗ lich lesen, schreiben, rechnen, stricken, naͤhen, sticken u. s. w. lehren, auch kleine Maͤdchen aus den wohlhabenderen Fami⸗ lien zu billigen Preisen in Pension nehmen. Ich glaube nicht, daß es in Frankreich ein einziges Frauenkloster giebt, dessen Bewohnerinnen ausschließlich ein beschauliches Leben fuͤhren. Im Uebrigen, so macht eine Bestimmung des Civil⸗Gesetzes die Existenz der Nonnen in hohem Grade ungewiß. Da naͤmlich jene Kloͤster nur geduldet sind, nicht aber als Staats⸗

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hauptes, also der Superiorin, Grund⸗Eigenthum besitzen. Da diese nun keine natuͤrlichen Erben hat, so kann sie ihr Beesitzthum nur an eine andere Nonne von derselben Kloster⸗ gemeinde vererben; Vermaͤchtnisse an Nicht⸗Verwandte sind aber in Frankreich mit einem sehr hohen Erbschafts⸗Stem⸗ pel belegt; da nun diese Abgabe haͤufig gezahlt werden muß, indem die sterbende Superiorin zu ihrer Nachfolgerin keine junge Nonne waͤhlen darf, so muß zuletzt, ohne die Gaben mildthaͤtiger Seelen, nothwendig der Fall eintreten, wo das Kednloster⸗Vermoͤgen von dem Fiskus gaͤnzlich verschlungen ist. UHMeberdies laufen die Nonnen noch bei dem Amtstantritte einer neuen Superiorin, und nachdem diese sich in den Besitz des Kloster⸗Vermoͤgens gesetzt hat, Gefahr, daß sie von ihr fort⸗ gejagt werden. Das Civil⸗Gesetz widersetzt sich diesem keines⸗ weges, denn es erkennt keine mystischen Testamente an. Die sterbende Superiorin kann daher nicht bedingungs⸗ weise, sie muß vielmehr ohne allen Vorbehalt testiren.“ „Hinsichtlich der Erhebung von Kommunalsteuern oder Anleihen ist zu bemerken, daß der Koͤnig hierbei nur den Vollziehungs⸗Modus, entweder eines Artikels des Bud⸗ gets oder eines besonderen Gesetzes, festzusetzen hat.“ „Aus dem Obigen erhellt zur Genuͤge, daß aus einer Ver⸗ gleichung der unter Hrn. v. Villèle und der unter Hrn. v.

Martignac im Verlaufe von sechs Monaten autorisirten Klö⸗

ster eben keine erhebliche Schlußfolgerung zu ziehen ist. Wollte

man damit noch einen sechsmonatlichen Zeitraum aus Napo⸗

leons Regierungs⸗Periode vergleichen, so wuͤrde man, aller

Zahl von Autori⸗ sationen, als jetzt, finden. Nur schenkte damals das Publikum

diesem Gegenstande weniger Aufmerksamkeit, da die Gewalt

des Kaisers so groß war, daß sie alle aͤnderen absorbirte, und daß ein Usurpations⸗Plan des Klerus als ganz und gar laͤ⸗ cherlich erschienen waͤre. Meiner Meinung nach wuͤrde ein solcher Plan auch heutiges Tages noch eben so laͤcherlich, ja vielleicht noch laͤcherlicher seyn. Denn, wenn auch Napoleon auf die Geistlichkeit rechnen zu koͤnnen geglaubt hatte, so fuͤhlte er sich doch in sich selbst so stark und maͤchtig, daß er

kein Bedenken tragen durfte, jenem Stande seinen Schutz zu gewaͤhren. Es wuͤrde mich zu weit fuͤhren, wenn ich hier nach Thatsachen den Beweis fuͤhren wollte, daß, wenn es in Europa kein Land giebt, wo die Geistlichkeit sich mehr, als in Frankreich, muͤht, ihren Ein⸗

fluß wiederherzustellen und zu erweitern, es auch kein Land in Europa giebt, wo die Geistlichkeit sich deutlicher, als hier, uͤberzeugt, daß solches ihr nie gelingen kann.“”“

„7Eine von jenen Thatsachen ist jedoch so bemerkenswerth, daß ich sie unmoͤglich mit Stillschweigen uͤbergehen kann. Die Jesuiten hatten unter der Benennung von kleinen Se⸗

minarien 11 bis 12 öoͤffentliche Unterrichts⸗Anstalten unter

ihrer Leitung; die kleinsten von diesen zaͤhlten mehrere hun⸗ dert Zoͤglinge ;z Saint Acheul bei Amijens hatte deren aber

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Institute gelten, so duͤrfen sie blos in der Person ihres Ober⸗

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üͤber 1000. Diese Zoͤglinge gehoͤrten theils Familien von hoͤhern Adel, theils Staatsbeamten, die ihre Aemter zu ver:⸗ lieren fuͤrchteten, theils unbemittelten Aeltern, welche die Pen⸗ sion bei den Jesuiten minder kostspielig als in einem Koͤnigl. Lyecaͤum oder Gymnasium fanden, theiss endlich bigotten und den Jesuiten wahrhaft ergebenen Familien an; das heißt, die erste Klasse verfolgte einen politischen Zweck, die zweite

zhandelte aus niedrigem Interesse oder Ehrgeiz, die

dritte aus Sparsamkeit, die vierte endlich aus Neigung. Und was bedurfte es bei diesem Allen, um die Jesuiten aus jenen Anstalten zu entfernen? zweier kleiner Verordnungen, die dem Staats⸗Rathe vorgeschlagen und (im Juni 1828) von 2 dem Koͤnige unterzeichnet wurden. Hat sich irgendwo der mindeste ernste Widerstand, die geringste Opposition, die kleinste Unruhe gezeigt? Hieraus 8 klar hervor, daß diee jenige Familien⸗Klasse, die ihre Kinder den Jesuiten aus

reiner Ergebung fuͤr sie anvertraut hatte, sehr unbedeutend, oder mindestens sehr ohnmaͤchtig war, da sie nicht pro⸗ testirt hat; und was die Bischoͤfe anbetrifft, so lieben sie, wie sie im Uebrigen sich auch geaͤußert haben moͤgen ihren eigenen Einfluß doch viel zu sehr, als daß sie nicht auf den der Gesellschaft Jesu haͤtten eifersuͤchtig seyn sollen.“ 1

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„Man wird mir vielleicht jene Masse laͤcherlicher oder ge-. haͤssiger Thatsachen anfuͤhren, die man taͤglich in den Fran- zoͤsischen Zeitungen liest und woraus Einige den Schluß zu ziehen scheinen, daß die Franzoͤsische Nation, wegen Be⸗ schraͤnktheit des Verstandes oder Mangels an Energie, schnell in den Fanatismus und Aberglauben des Mittelalters zuruͤck., versetzt werden koͤnne. Eine solche Meinung ist zwar, mei⸗ ner Ueberzeugung nach, falsch; doch ist das Ausland, wenn es derselben Glauben schenkt, zu entschuldigen; einmal, weil nicht die monarchischen und religioͤsen Blaͤtter, sondern die Gazette des Cultes, der Constitutionnel und andere, d. h. die antijesuitischsten und liberalsten Zeitungen selbst, jene That⸗ sachen verkuͤndigen; und zweitens, weil vielleicht das Ausland den Einfluß des Parteigeistes nicht in seinem ganzen Um⸗ fange kennt. Eine Betrachtung muß indessen hinreichen, um dem Beobachter die Augen zu oͤffnen: Der Franzose hat sich in Europa den Vorwurf zugezogen, daß er die Nationala Eigenliebe bis zur Eitelkeit treibe; wie ginge es also zu, daßs diese so stolze und, wenn man will, so eitele Nation sich heutiges Tages ihres Elends und ihrer Erniedrigung selbslt ruͤhmte? Man betrachte die Sache nur beim Lichte und man wird sich bald uͤberzeugen, daß hier bloßer Parteigeist im Spiele ist. Man verkuͤndigt laut, man uͤbertreibt, ja man erfindet Thatsachen, die dazu geeignet sind, die Partei, an die man sich wendet, mit Unwillen zu erfuͤllen und die Ge⸗ genpartei gehaͤssig oder laͤcherlich zu machen. So prophezeite z. B. die Gazette de France, waͤhrend der achtzehnmonat⸗ lichen Dauer des Martignaeschen Ministeriums, jeden Abend eine nahe bevorstehende Revolution, woͤhrend doch Je⸗ eene⸗c uͤberzeugte, daß im Lande die tiefste Ruhe

errschte.

„Eben so giebt es jetzt Tausende von Liberalen, die laut verkuͤndigen, daß Alles verloren sey, wenn man nicht schnell irgend einen entscheidenden Schritt thue, daß die Jesuiten Frankreich zu verschlingen droheten, daß Herr von Polignac unsere Millionen den Englaͤndern in die Haͤnde spielen wolle, und was dergleichen Possen mehr sind, womit der Partei⸗ geist sich heute in demselben Maaße beschaͤftigt, als vor 10 bis 12 Jahren mit dem Zehnten und den Lehnsrechten.“ 8

„Um das Ausland in den Stand zu setzen, diese Lage der Dinge gehoͤrig zu wuͤrdigen, sey es mir erlaubt, hier eine Hypothese aufzustellen. Gesetzt, es gaͤbe in Europa irgend einen andern Staat, in welchem die Einigkeit zwischen der Regierung und der Nation gestoͤrt und die Presse eben so frei als in Frankreich waͤre, wuͤrde es wohl schwer halten, die Journale mit Anekdoten uͤber das Treiben religioͤser Sek⸗ ten zu fuͤllen? Wuͤrden nicht z. B. die Methodisten, die Il⸗ luminaten, die Mystiker aller Art, eine reichliche Aerndte von laͤcherlichen oder gehaͤssigen Thatsachen aller Art darbieten, ganz dazu geeignet, die Leidenschaften der Gegen⸗Partei, der man sie auftischte, zu naͤhren? Wuͤrde es aber wohl recht und billig seyn, die Irrthuͤmer und Uebertreibungen jener Sekten der ganzen Nation aufzubuͤrden?.. Man sehe nur, was sich seit 1 bis 2 Jahren in den Niederlanden zutraͤgt.“

„Mag man uͤber die Franzoͤsische Geistlichkeit sagen, was man will; es bleibt deshalb nicht minder wahr, daß Frank⸗ reich von allen Europaͤischen Landern dasjenige ist, das der Masse des Volkes die meiste Unabhaͤngigkeit von der Geist⸗ lichkeit gewaͤhrt; es ist das einzige Land, wo man geboren werden, sich verheirathen, leben und sterben kann, ohne tse eines Priesters zu beduͤrfen. Und was den Geist der Na⸗ tion betrifft⸗ so frage ich, laͤßt sich die Ruͤckkehr des Fana⸗

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