ungs-Nachrichten. ö1AA“
Rußland.
St. Petersburg, 1. Mai. In der Sitzung der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften vom 15. Febr. verlas der Adjunkt derselben, Herr Mertens, eine Abhandlung unter dem Titel: „Be⸗ schreibung der Oikopleuras, einer neuen Molluskengat⸗ tung. Der Akademiker Fraͤhn uͤberreichte 9 Persische aus den Persischen Contributionsgeldern herstammende Muͤnzen, die sich noch nicht in der Akademischen Sammlung befanden. Der Ad⸗ junkt Herr Schmidt verlas seinen Bericht uͤber ein Manu⸗ skript des Pater Hyacinth: „Geschichre von Tuͤbet und Chuchunor;“ der Druck dieses Berichtes ward beschlossen. In der Sitzung vom 22. Februar theilte der Praͤsident ein Schreiben des Architekten Bernardazzi mit, nebst 3 Zeich⸗ nungen von 2 alten Kirchen und einem großen steinernen Kreuze, die in den Gebirgen jenseit des Kuban, in den neu erworbenen Provinzen gefunden worden sind.
Saͤmmtliche Einwohner von Orenburg, um ihrem bis⸗ herigen Kriegsgouverneur, General Peter von Essen, der zum Militair⸗Gouverneur von St. Petersburg ernannt worden ist, fuͤr seine 13jaͤhrige gute Verwaltung ihren Dank zu be⸗ zeugen, gaben demselben ein glaͤnzendes Abschiedsmal, bei welcher Gelegenheit unter Anderem zwei Zoͤglinge der dorti⸗ gen Militaͤrschule, Soͤhne Kirgisischer Nomaden, der eine in
Russischer und der andere in Deutscher Sprache, Reden an
den Gefeierten hielten, in denen sie ihre Erkenntlichkeit fuͤr alle ihnen erzeigten Wohlthaten aussprachen. Den Morgen nach dieser Festlichkeit trat der General, von tausend Segens⸗ wuͤnschen begleitet, seine Reise zu seiner neuen Bestim⸗ mung an. 4
In einem Schreiben des Herrn Professor Parrot aus Nowotscherkask vom Februar dieses Jahres heißt es un⸗ rer Anderem: „Durch die unermuͤdete Sorgfalt, welche un⸗ sere Regierung auf die Erhaltung der Kaukasischen Straße verwendet, auf diesen fuͤr die Verbindung so wichtigen Ge⸗ genstand, ward es uns moͤglich, mitten im Winter uͤber den schoͤnen und erhabenen Kaukasus zu gehen, und dies sogar mit mehr Bequemlichkeit, als selbst im Sommer. Hierauf reisten wir durch das liebliche Thal, welches von der Sund⸗ scha bewaͤssert wird, und langten in der Festung Grosnaja an, dem Sitze der Beamten, denen die Regierung die Auf⸗ sicht uͤber die unbezaͤhmbaren Tschetschenzen anvertraut hat.“ Am Schlusse dieses Schreibens erwaͤhnt Herr Parrot zweier Bruͤder Arsanoff, Eleven der Moskauer Universitaͤt, welche vor einem Jahre in der Stadt Kisljaͤr die erste Erziehungs⸗ Anstalt angelegt haben; letztere hat sehr guten Fortgang.
Aus Kischeneff schreibt man unterm 30. Maͤrz, daß eine am 22sten und 23sten im Bezirk von Akerman in Folge des Austretens mehrerer Fluͤsse stattgehabte Ueberschwemmung viele Bruͤcken und Daͤmme fortgerissen und durchbrochen habe; in einem Dorfe waren 13 und in einem anderen 9 Haͤuser zerstoͤrt worden; uͤber 300,000 Pud Heu wurde von den Fluthen hinweggeschwemmt und alles an den Ufern der Salz⸗Seen aufgehaͤufte Salz geschmolzen. Alle Verbindungen in jener Gegend waren unterbrochen. Ein Postillon, der Briefschaften aus der Moldau nach Kischeneff mit sich fuͤhrte, hatte, aller Anstrengungen ungeachtet, ein Felleisen ins Wasser fallen lassen, das die nach St. Petersburg bestimmten Briefe enthielt und bis zum Abgang des Schreibens noch nicht wieder gefunden worden war. 1 Wasser der großen Menge des in diesem Jahre gefallenen
Schnee's zu und erinnert sich seit Menschengedenken keines
so heftigen Winters in jenen Gegenden, als des diesjaͤhrigen;
die Kaͤlte war bis 25 Grad gestiegen.
Ein vom Russischen Invaliden mitgetheiltes Schrei⸗ ben aus Kisljaͤr vom 13. März meldet, daß Tags vorher ein Erdbeben gespuͤrt worden, das etwa 10 Sekunden anhielt. Die Armenier, vom Schrecken ergriffen, hatten sich zum Ge⸗ bete in den Kirchen versammelt; die Tataren mit ihren Mul⸗ lahs die Straßen durchzogen und Almosen eingesammelt, um Schaafe zur Vertheilung an die Armen einzukaufen. Im Dorfe Andrejewskaja, zwei Tagereisen von Kisljaͤr, war der Erdstoß weit heftiger: die Armenische Kirche stuͤrzte ein, einige Moscheen und uͤber 400 Einwohner wurden unter den Erd⸗ daͤchern ihrer Huͤtten begraben. Ein Berg spaltete sich mit gewaltigem Getoͤse, und die eine Haͤlfte desselben senkte sich
tiefer. Dieses Erdbeben in Andrejewskaja hielt uͤber neun
Tage an. Paris, 3. Mai. Gestern Mittag fuͤhrten Se. Maje⸗ laͤt den Vorsitz im Minister⸗Rathe. — Der zeitige Direktor
Man schreibt dieses hohe
der Franzoͤsischen die Ehre, dem Koͤnige die Wahl des H an die Stelle des w v von Lally⸗Tollendal, zur Geneh⸗ migung vorzulegen. e. Majestaͤt haben derselben Ihren Beifall geschenkt. „
Der Dauphin ist am 28sten v. M. Abends unter dem b
Donner des Geschuͤtzes in Lyon eingetroffen und im Praä⸗ fektur⸗Gebaͤude nseeeea. Am folgenden Morgen in aller Fruͤhe musterten Se. Koͤnigl. Hoheit auf dem Ludwigs⸗Platze die Truppen der Garnison, empfingen nach Ihrer 8
9 Uhr die Reise nach Toulon fort. — Der Kriegs⸗Minister
ist bereits am 28sten Abends in Toulon angelangt und hatt
im dortigen Rathhause sein Absteige⸗Quartier genommen. In Mahon wird, heißt es, ein ausschließlich fuͤr die Expeditions⸗ Truppen bestimmtes Lazareth fuͤr 12 — 1500 Kranke eingerich⸗ tet werden.
JJ. MM. der Koͤnig und die Koͤnigin von Neapel sind, wie die Reise⸗Route solches besagte, am 27sten v. M. im be⸗
sten Wohlseyn in Bayonne eingetroffen und von dem Her⸗ 8 Der Fuͤrst von
zoge von Blacas hewillkommnet worden. Cassaro war IJ. MM. vorangegangen.
Man glaubt, daß der Koͤnig von Spanien schon im Jahre 1818 die Absicht hegte, das Salische Gesetz abzuschaf⸗
fen und die alten Kastilischen Gesetze wiederherzustellen. 8 8
Die Gazette versichert uͤbrigens, trotz der entgegengesetzten Behauptung eines hiesigen Blattes, daß der Koͤnig von Neaa⸗ pel von jener Maaßregel erst im Augenblicke ihrer Bekannt⸗
machung in Kenntniß gesetzt worden sey und sein lebhaftes
Leidwesen daruͤber zu erkennen gegeben habe.
Die Gazette de France kommt heute neuerdings auf
den 14ten Artikel der Charte zuruͤck. „In dem Leben der Staaten“” aͤußert sie, „treten zuweilen, wie im Privatleben, kritische Tage ein, die man von den gewoͤhnlichen wohl un⸗ terscheiden muß. In dem alltaͤglichen Laufe der Dinge gilt das Gesetz, wie solches von dem Koͤnige ersonnen, von den Kammern ausgearbeitet und demnaͤchst wieder dem Koͤnige zur Bestaͤtigung vorgelegt worden ist. geben, daß der Staat von innen oder von außen, oder von innen und von außen zugleich bedroht wird, und in diesem Falle ist die Mitwirkung der Kammern unnuͤtz, ja sie koͤnnte sogar gefaͤhrlich werden; weshalb auch die Gesetze, die den Staat in seinen Verhaͤltnissen mit den auswaͤrtigen Maͤchten regieren, d. h. die Traktaten, direkt und ohne irgend eine Kontrolle von dem Koͤnige ausgehen. Waͤre dem nicht also, so wuͤrde der maͤchtigste Staat fast immer in Gefahr schwe⸗ ben, von seinen Gegnern unterjocht zu werden. Wenn sich der Staat von innen bedroht sieht, oder, was noch schlim⸗ mer ist, wenn Verderbniß sich eines der Koͤrper bemaͤchtigt hat, die bei der Verwaltung mitwirken sollen, mit einem Worte, wenn die Staats⸗Maschine in Unordnung gerathen ist, — so zeigt sich die Hand des Herrn, die Regierung ver⸗ faͤhrt mitrelst Reglements und Verordnungen, der Koͤnig erinnert sich, daß er alle Staatsämter besetzt, die Ver⸗ waltung konzentrirt sich. Man sieht hieraus, daß das Koͤnig⸗ thum nicht ganz verlassen ist, daß ihm vielmehr Alles zu Ge⸗ bote steht, dessen es bedarf, um die Wohlgesinnten zu beruhi⸗ gen und den Unternehmungen der Schlechtgesinnten ein Ziel zu stecken. Da der Monarch allein Richter uͤber die Zeitge⸗ maͤßheit der großen Mittel ist, so kann man auch darauf rechnen, daß er die Anwendung derselben bis aufs Aeußerste verschieben wird. Berechtigt ist er aber dazu, sowohl kraft der Charte, als in Folge seines in Rheims geleisteten Eides. Es haͤngt von den Wahl⸗Kollegien ab, ob das Koͤnigthum sich dieses Rechts bedienen solle oder nicht. Wenn sie nur wollen, so ist der 14te Artikel der Charte nichts, als ein Schwerdt in der Scheide. Sofern sie ihr wahres Interesse erkennen und auf die Stimme der Ehre und Gerechtigkeit hoͤren, entwaffnen sie auch das Koͤnigthum, das gern entwaff⸗ net bleibt, waͤhrend sie zugleich Frankreich den Frieden und die Wohlfahrt zuruͤckgeben, die der zuͤgellose Ehrgeiz einiger Unruhestifter fuͤr immer aus unserem Vaterlande verbannen
moͤchte.“ 4b Das Journal des Débats bemerkt hierauf: „Das
amtliche Iurnal der Contre⸗Revolution ist der Meinung,
daß, wenn die Wahl⸗Kotllegien nur wollten, der 14te Ar⸗ aeaf der Chser. geg., als ein Schwerdt in der Scheide seyn wuͤrde. Gegen solche Grundsaͤtze gelten freilich keine Argumente weiter; wir beschraͤnken uns daher auf Thatsachen. Jede Deputirten⸗Wahl, die, kraft welches Artikels der Charte es auch immer sey, nach einem Systeme erfolgte, das dem gegen⸗ waͤrtigen Wahl⸗Gesetze zuwiderliefe, waͤre an und fuͤr sich null und nichtig; die Waͤhler waͤren keine Waͤhler, die ge⸗ waͤhlte Kammer keine Kammer, das votirte Budget kein
Akademie, Herr von Fäletz, hatte demnaͤchst Budget. Umsonst mischt Ihr den erhabenen Namen Karl's X.
errn von Pongerville,
die Militair⸗ und Civil⸗Behoͤrden der Stadt, und setzten um
Es kann sich aber be⸗
in Cure straͤfliche Polemik; umsonst huͤllt Ihr Euch in den Königsmantel, damit dieser Euch gegen das empoͤrte Land schuͤtze. Wir wollen doch sehen, was jene grobe Entstellung des 14ten Artikels der Charte uͤber die gewissenhafte Ueber⸗ zeugung des Monarchen vermoͤgen wird.“ Vor einigen Tagen hat ein trauriger Vorfall zweien Personen das Leben gekostet. Der Englische General Nugent wollte sich naͤmlich in einem offenen Wagen von Saint⸗Ger⸗ main ⸗en⸗Laye hierher begeben; er selbst fuͤhrte die Pferde; an dem abschuͤssigen Wege dicht bei der Stadt gingen diese durch, der General wurde vom Wagen geworfen und blieb auf der Stelle todt. Im weiteren Laufe begegneten die S einem Kabriolet, dessen Fuͤhrer durch den gewaltigen Stoß hinausgeschleudert wurde und ebenfalls todt blieb. Gestern begab sich eine Deputation der hiesigen Buͤhnen⸗ dichter zum Polizei⸗Präͤfeken, um ihn zu ersuchen, Herrn Foutan aus der Strofanstalt zu Poissy wieder nach dem Ge⸗ faͤngnisse Sainte⸗Pélagie bringen zu lassen. Herr Casimir Delavigne, der in Abwesenheit des Herrn Etienne das Wort fuͤhrte, erhielt aber von Herrn Mangin die Erklaͤrung, daß ihm in dieser Sache keine Entscheidung zustehe, sondern daß dieselbe von dem Minister des Innern abhaͤnge; daß er in⸗ dessen bereit sey, das Gesuch zu unterstuͤtzen. Unter den Mit⸗ gliedern der Deputation bemerkte man die Herren Scribe, Boyeldieu, Bouilly, Moreau, Epagny, Mélesville und Ma⸗ zeres. Der Letztere ist kuͤrzlich zum Vorleser des Koͤnigs er⸗ nannt worden. e. hen Großbritanien und Irland. London, 2. Mai. Das gestrige Buͤlletin uͤber den Gesundheits⸗Zustand des Koͤnigs, wurde erst um 2 ½⅞ Uhr Nachmittags, oder eine halbe Stunde spaͤter als gewoͤhnlich ausgegeben. In Folge dieser Verzoͤgerung hatten sich sehr viele Menschen an den Thuͤren des St. James⸗Pallastes, wo die erste Publication der Buͤlletins immer stattfindet, versammelt. Man war unruhig uͤber das Ausbleiben neuer Nachrichten, und als die Thuͤren geoͤffnet wurden, draͤngte
sich die Menge mit ungeheurer Hast in die Hallen des
Pallastes. 8
Das Morning⸗Journal aͤußert: „Auf Privatweg ha⸗ ben wir die Nachricht erhalten, daß die heftigen Anfaͤlle, welche die Krankheit Sr. Majestaͤt als gefaͤhrlich andeuten, jetzt oͤf⸗ ter wiederkehren, als fruͤher, und Se. Majestaͤt so schwaͤchen, daß es selbst dem Premier⸗Minister nicht gestattet wurde, sich der Allerhoͤchsten Person zu naͤhern.“
Der Sun berichtet, daß, Nachrichten aus Konstantinopel zufolge, Oesterreich und England Unterhandlungen mit der Pforte angeknuͤpft haben, um in Handels⸗Angelegenheiten dieselben Vorrechte zu erlangen, die Rußland durch den letz⸗ ten Friedens⸗Abschluß sich erwirkt hat. Der Sultan soll auch gar nicht abgeneigt seyn, allen Nationen dieselben Beguͤnsti⸗ gungen einzuraͤumen.
Der Morning⸗Herald sagt: „Man wird sinden, daß Herr Brougham in seinem Vortrage uͤber Justiz⸗Reformen in der Unterhaus⸗Sitzung vom 29sten v. M. Anlaß zu der Bemerkung nahm, daß ihm die hoͤchste Rechtsstelle, welche die Krone zu verleihen habe, angeboten worden, er sie aber aus politischen und aus ihm persoͤnlichen Gruͤnden ausgeschlagen habe. Dies muß denn natuͤrlich die Lord⸗Kanzler⸗Stelle seyn. Zu welcher Zeit ein Posten so hoher Art ihm angeboten und von ihm abgelehnt worden, sagte das geehrte und gelehrte
Nitglied nicht, aber er richtete die Erklaͤrung sehr bestimmt gegen ein Regierungs⸗Mitglied auf der Ministerbank, als for⸗ derte er die, welche am besten von solchen Unterhandlungen wissen, heraus, ihm zu widersprechen oder das Gegentheil zu beweisen.
öJo114““ Bruͤssel, 5. Mai. Se. Majestaͤt der Koͤnig werden
gegen Ende dieser Woche wieder nach dem Haag zuruͤckkehren.
Gestern ist Se. Koͤnigl. Hoheit der Prinz von Oranien von dort hier eingetroffen. E“
Im verwichenen Monate sind 66 fremde Schiffe in den Hafen von Antwerpen eingelaufen.
Vorgestern haben v. Potter, Tielemans, Bartels und
v. Neve gegen das Urtheil des Assisenhofes appellirt. Im Buͤreau des „Catholigue“ in Gent sind mehrere Beitraͤge fuͤr
die von den Verurtheilten zu zahlenden Prozeßkosten einge⸗
gangen.
Der optische Instrumentenmacher Roelof Hessels Hom⸗ mema zu Leuwarden in Friesland ist gegenwaͤrtig mit der Anfertigung eines parallaktischen Telestops und eines Mi⸗ kroskops von neuer Erfindung beschaͤftigt. Beide Instrumente
—
8” fuͤr die bevorstehende hiesige Gewerbe⸗Ausstellung be⸗ „Herr Mollisre Tabuteau ist zum diesseitigen Konsul in Dublin ernannt worden. 1 Bruͤssel, 27. April. (Fortsetzung und Schluß.) Aus allen Briefen, welche Potter und Tielemans mit einander wechselten, er⸗ giebt sich, daß Letzterer die eigentliche Seele der Faction war, daß er Rathschlaͤge ertheilte, Plaͤne entwarf und seinen Parteigenossen immer neue Angriffsmittel gegen die Regierung an die Hand gab. Selbst der sonst so eitle und stolze Potter holte hinsichtlich der Leitung der Journale haͤufig seinen Rath ein. Auch uͤbte Tielemans auf die Blaͤtter einen viel groͤßeren Einfluß als jener. Potter versorgte nur den Belge und den Courrier des Pays⸗Bas mit Stoff, den er bald aus sich selbst, bald aus Tielemans Briefen nahm; dieser dagegen stand außerdem mit dem Catholique und dem Courrier de la Meuse in ge⸗ nauer Verbindung, und so kam es, daß oft Stellen aus Tiele⸗ mans Briefen, aus welchen Potter Artikel fuͤr den Belge und den Courrier des Pays⸗Bas gemacht hatte, fast mit denselben Worten und an demselben Tage in den beiden je⸗ suitischen Blaͤttern erschienen. — Dies waren die Mittel, welche die Partei anwandte, um eine Verwerfung des zehn⸗ jaͤhrigen Budgets herbeizufuͤhren. Journale, Sammeln von Bittschriften, Broschuͤren, Intriguen bei den Mitgliedern der zweiten Kammer, schaͤndliche Einfluͤsterungen uͤber die Absichten der Regierung, kurz Alles wurde in's Werk gesetzt, um die Regierung im Falle einer Verweigerung des Budgets in die Nothwendigkeit eines sogenannten Staatsstreiches zu versetzen. Inzwischen empfing die zweite Kammer der Generalstaaten am 11. Dezember. v. J. eine Koͤnigl. Botschaft *) nebst einem Gesetz⸗Entwurfe gegen die Zuͤgellosigkeit der Presse. Diese Botschaft, ein Denkmal hoher Weisheit und glaͤnzender Ge⸗ nugthuung fuͤr die Minister, ein Denkmal, das eine der schoͤn⸗: sten Seiten in der kuͤnftigen Geschichte der Regierung Wil⸗ helms IJ. einnehmen wird und so ganz geeignet war, die Ge⸗ muͤther zu beschwichtigen, reizte eben dadurch den Haß der Unruhestifter, welche fuͤhlten, wie nothwendig es sey, den er⸗ freulichen Eindruck, den das feste, edle und tiefergreifende Wort des Monarchen hervorgebracht hatte, zu schwaͤchen. Sogleich mußten ihre Trompeten das Wort „Staatsstreich“ ertoͤnen lassen, und Potter schickte unter dem Titel: „Demo⸗ philos Schreiben an den Koͤnig, uͤber den neuen Gesetz⸗Ent⸗ wurf und die denselben begleitende Koͤnigl. Botschaft“ eine neue Broschuͤre in die Welt, welche in einem frechen, empoͤ⸗ renden Tone abgefaßt war. Trotz dieser schmaͤhlichen und strafbaren Umtriebe ging das Budget in der zweiten Kammer durch, was von Seiten der Blaͤtter, namentlich des Catho⸗ ligue, des Belge und des Courrier des Pays⸗Bas einen neuen Ausbruch der Wuth veranlaßte. Tielemans wurde durch die Annahme des Budgets auf einen Augenblick entmuthigt. „Ich werde meinen Brief morgen fortsetzen; heute mangelt es mir an Kraft dazu“, schreibt er unterm 19. Dez. an Potter, in⸗ dem er ihm die Bewilligung des Ausgabe⸗Budgets anzeigt. Aber bald faßte er wieder Muth und sann nunmehr, nach⸗ dem diese Krisis voruͤber war und sich voraussehen ließ, daß dem Preßunfuge bald durch ein strengeres Gesetz werde ge⸗ steuert werden, auf neune Mittel zu Angriffen gegen den Staat; er glaubte dieselben im Klerus und in zu stiftenden Associationen gefunden zu haben. Ueber den Plan, den er fuͤr die katholische Geistlichkeit entworfen hatte, spricht er sich selbst in einem Schreiben an Potter in nachstehender Weise aus: Alm das Band, das jetzt die Liberalen und die Katho⸗ liken vereinigt, zu zerreißen, muͤßte die Regierung dem Kle⸗ rus so viel Zugestaͤndnisse machen, daß sie selbst daruͤber zu Grunde gehen wuͤrde, wenn sie ihn ganz zufrieden stellen wollte. Um zu verhindern, daß sie sich nicht in die Arme der Katholiken wirft, muͤssen wir diese in ihren Fösderungen so hoch hinaufschrauben, als die Freiheit Aller dies zulaͤßt. Sie muͤssen Alles verlangen, was nicht die Graͤnzen der Glaubens⸗ und Gewissensfreiheit uͤberschreitet, mit einem Worte, eine gaͤnzliche Unabhaͤngigkeit von der Regierung. Je mehr sie fordern, desto weniger wird man Willens seyn, sie zu befriedigen. Es muß aber vorsichtig und langsam zu Werke eegangen werden, denn wir muͤüssen die Majoritaͤt, die erste edingung jedes Gelingens, zu gewinnen oder zu erhalken streben, und wenn die Katholiken mehr verlangen wollten, ass die Freiheit Aller gestattet, so wuͤrden sie der Sache auf einer andern Seite schaden. Jedenfalls muͤssen sie ohne eige⸗ nes Bewußtseyn, und ohne das Fearacs zu erkennen, vor⸗ waͤrts getrieben werden.“ (Dieselbe Taktik hatten sie beob⸗: achtet, als sie die Volksmasse beim Unterzeichnen der Peti⸗
* S. Nummer 334. des vorigen Jahrganges der Staats⸗
Sesezmasede.
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i Aüm emehenh. S gn883)