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1. 1A1““ Sind Sie der Resultate wegen besorgt? (Nein, nein, nein!) Be⸗ merken Sie wohl; geht diese Bill durch, so muͤssen auch andere Bills a fortiort durchgehen. Ist es nun wohl weise, die Ruhe der Nation zaͤhrlich durch einzelne Bills zu storen, die fuͤr verschiedene Klassen vpon Sr. Maj. Unterthanen Abhuͤlfe von Unfaͤhigkeiten —
die seit den fruͤhesten Zeiten der Versassung auf ihnen lasteten. Ist die Maaßregel richtig, so fuͤhre man sie frei und offen ein, Ind vor Allem lassen Sie uns nicht dieses Jahr eine Bill fuͤr eeine Klasse von Leuten haben, und im naͤchsten Jahr wieder eine fuͤr eine andere Klasse. Ich wuͤßte nicht, mit welchem Recht man die Quaͤker ausschließen sollte wenn man die Juden zuließe. Es
heißt, die Juden waͤren durch Zulassung der Katholiken schlechter
gef ellt worden, als bisher — Ich wiederhole aber, daß, wenn die Fuden Anspruͤche auf Zugestaͤndnisse haben, man sie anch den Auaͤkern nnd Sevparatisten bewilligen muͤsse. Dieser Gruͤnde wegen kann ich dem aufgestellten Prinzip nicht beitreten; ich op⸗ ponire gegen die Art und Weise, wie die Bill ins Werk ge etzt werden soll, und bekenne, daß ich es nur mit Leidwesen thue. Es ist nichts in dem Betragen der Juden selbst, was auch nur das mindeste unguͤnstige Urtheil gegen sie veranlassen koͤnnte. Die hoͤheren Klassen zeichnen sich durch Menschenliebe und Theilnahme gegen ihre Mitbruͤder aus, und bei den niederen Klassen findet man keine ÜUntugenden, die nicht im Allgemeinen bei Menschen
- 5 niederen Standes zu Hause waͤren. Mir wird mithin die Noth⸗ wendigkeit, mich zu opponiren hoͤchst schmerzlich, insofern die Rede
vom Landbesitz ist. Ich sehe keinen Grund ein, warum Juden niccht Land besitzen sollten; meiner Ansicht nach, duͤrfen sie es schon jetzt, nur natuͤrlich unter gehoͤriger Autoritaͤt. Der ver⸗
Fkforbene Lord Ellenbrough war auch dieser Meinung, und daher
8 Lv ich, blefben uns nur wenig Zweifel uͤbrig, daß Juden sand besitzen duͤrfen. Was aber die vorliegende Bill betrifft, so glaube ich nicht, daß sie so abgeaͤndert werden koͤnne, um meinen Ansichten 7 entsprechen, und daher stehe ich nicht im mindesten an, zu erklaͤren, daß ich mich ihr widersetzen muß: ihre Folgen voraussehend, kann ich ihr meine Unterstuͤtzung nicht gewaͤhren.“ 6 Nachdem der Minister sich hatte vernehmen lassen, trat nur noch Herr Brougham, und zwar zu Gunsten der Maaß⸗ regel auf. „Ich muß bedauern,“ sagte er, „daß ich einer ganz andern Meinung bin, als der sehr ehrenw. Herr. Ich will mich darauf nicht einlassen, die merkwuͤrdigen Lehren zu widerlegen, die einige ehrenw. Mitglieder hier haben laut werden lassen; unter ihnen hat namentlich der ehrenw. und tapfere General (Gascoyne) einen großen christlichen Grund⸗
smatz auf eine merkwuͤrdige Weise umgekehrt, indem er das
„„Was Du willst, daß ein Anderer Dir thue, das thue auch an ihm““ in: „„Thue einem Andern, was er Dir thun wuͤrde,““ verwandelte. Ich erinnere mich nicht, jemals Re⸗ deen gehoͤrt zu haben, die sich weniger durch gesunde Begriffe unnd durch Grundsätze der christlichen Liebe auszeichneten, als diejenigen, die bei der gegenwaͤrtigen Gelegenheit hier mit Beifall aufgenommen wurden; ja, den allerschlechtesten Ur⸗ theilen hat man gerade den meisten Beifall gezollt. Der sehr ehrenwerthe Herr (Sir R. Peel) hat sich freilich
voor den uͤbrigen ausgezeichnet; er hat nicht, wie sie, an den
Fanatismus appellirt, doch auch gegen seine Meinung muß ich mich erklaͤren. Diese Bill, sagte er, habe die Tendenz, das Christenthum zu vernichten; von jeher seyen Eide uͤblich gewesen, durch welche wir uns als Christen dokumentirt haͤt⸗ ten und durch welche jeder Andere, der nicht Christ war, aus⸗ geschlossen worden. Ist dem aber wirklich so? Wo laͤßt sich dies in der Geschichte oder im Gesetze nachweisen? Wer jene
und die Akten des Parlaments durchgelesen, wird es schwer⸗ lich glauben. Die Worte des Eides bezeugen vielmehr das Gegentheil. Vergesse auch der sehr eaenche Baronet nicht, daß die gegenwaͤrtige Maaßregel keinesweges aus den⸗ selben Gruͤnden vertheidigt werde, die fuͤr die Bills zu Gun⸗ sten der Dissenters und der Katholiken angefuͤhrt worden; Gerechtigkeit ist es vielmehr und nichts weiter, als Gerechtigkeit, was fuͤr die Maaßregel spricht. Diese bezieht sich auf Leute, die sich durch ihre Handels⸗ Unternehmung auszeichnen und deren Redlichkeit im Geschaͤft man achtet, wie dies aus der beispiellosen Anzahl von Bittschriften zu ihren Gunsten hervorgeht. Sie haben, weil sie zu gering an Zahl und Macht sind, weder der Regierung gedroht, noch ihre Angelegenheit gewaltsam betrieben; dies sollte jedoch fuͤr dieselbe sprechen, weil naͤm⸗ lich dann nicht gesagt werden kann, daß unsere Zugestaͤnd⸗ nisse das Resultat der Furcht vor Agitatoren und Demago⸗ gen gewesen sey. Wie nutzlos sind die Worte des Eides: „„Beim Glauben eines Christen „%, auf welche die Gegner der Maaßregel bestehen! Waͤre der Jude wirklich so schlecht, als man ihn mitunter machen will, so wuͤrde er sich wahr⸗ lich nicht scheuen, auch jene Erklaͤrung abzugeben, und dann wuͤrde alle Ausschließung nichts helfen, wie sehr diese auch immer von den orthodoxen Herren und dem frommen Chorus, unter denen ich zu sitzen hier die Ehre habe, und die heute bend so maͤchtigen Beifall nicht blos spendeten, sondern bruͤllten, ver⸗ theidigt werden moͤge.“ — Der Redner machte darauf auf meh⸗
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rere bekannte Skeptiker aufr rksam, die fruͤhe den Eid mit jener 8
Formel im Parlamente geleistet haͤtten, und von denen na⸗ mentlich Lord Bolingbroke, als Minister der auswaͤrtigen An⸗ gelegenheiten, mindestens eben so vielen Einfluß ausgeuͤbt habe, als der Graf von Aberdeen. Hieraus gehe hervor, daß die Behauptung, ein „Unglaͤubiger“, der diesen Eid leiste, werde kein Vertrauen im Parlamente besitzen, ganz falch sey. Wundern muͤsse er sich, daß der Minister sich gegen die Quä⸗ ker ausgesprochen habe, da er doch sonst im Privatleben diese Unterthanen⸗Klasse immer in Schutz nehme; noch mehr aber sey es zu verwundern, daß Diejenigen, die sich bestaͤndig auf die Bibel beriefen, doch die Eide so sehr in Schutz naͤhmen, waͤhrend sie in der heiligen Schrift verpoͤnt waͤren. Schließ⸗ lich empfahl Herr Brougham ebenfalls, daß man die Bill bis zum Ausschusse moͤge gelangen lassen, damit alsdann die⸗ jenigen Abaͤnderungen, die fuͤr noͤthtg befunden werden duͤrf⸗ ten, von demselben getroffen werden. — Bei der darauf statt⸗ findenden Abstimmung zeigten sich fuͤr die zweite Lesung 165 Stimmen, dagegen 228; sie wurde mithin durch eine Ma⸗ joritaͤt von 66 Stimmen verworfen. Gleich nach dieser Ent⸗ scheidung entfernte sich der groͤßte Theil der Anwesenden, so daß bei der darauf folgenden Abstimmung uͤber eine Privat⸗ Bill nur noch 68 Mitglieder zugegen waren. Das Haus vertagte sich um 2 ½¾ Uhr.
London, 19. Mai. Nachstehendes sind die drei neue⸗
sten Buͤlletins uͤber das Befinden Sr. Majestaͤt des Koͤnigs: „Schloß Windsor, den 16. Mai. Der Koͤnig hat keine sehr gute Nacht gehabt; doch fuͤh⸗ len Se. Majestaͤt sich wohler. Henry Halford.
11““ Matthew J. Tierney.“ (‚„Schloß Wind or, den 17. Mai.
Der Noͤnig hat eine gute Nacht gehabt; die Krankheits⸗
Symptome Sr. Majestaͤt sind erleichtert.“ “
(Unterzeichnet wie oben)
„Schloß Windsor, den 18. Mai.
Der Koͤnig hat eine ruhige Nacht gehabt; die Krank⸗ heits⸗Symptome Sr. Majestaͤt sind voͤllig erleichtert.“
(Unterzeichnet wie oben.)
Das Hof⸗Circular sagt: „Der Koͤnig befindet sich in fortdauernder Besserung, und wir haben endlich die Freude, melden zu koͤnnen, daß man die Hoffnung hegt, Se. Majestaͤt voͤllig hergestellt zu sehen. Der Gesundheits⸗Zustand des Koͤ⸗ nigs ist dermaßen verbessert, daß die fortwaͤhrende Anwesen⸗ heit der beiden Aerzte nicht mehr fuͤr noͤthig erachtet wird, und bemnach sollte, wie man erwartete, nur einer derselben (Sir Henry Halford) die gestrige Nacht im Pallaste zubrin⸗
gen; der andere hatte bereits gestern fruͤh gegen 8 Uhr sich
nach London begeben. Die kuͤnftigen Buͤlletins werden des⸗ halb vielleicht nur von einem einzigen Arzte unterzeich⸗ net seyn.“ Am vorigen Sonnabend um halb 1 Uhr Mittags traf die Herzogin von Glocester im Schlosse ein und brachte bei⸗
nahe zwei Stunden bei Sr. Majestaͤt zu, welchemnaͤchst Ihre
Koͤnigl. Hoheit nach London zuruͤckkehrte.
Am Vormittage desselben Tages h Herzog von Wellington im Schlosse fngefunben und eine interredung mit Sr. Majestaͤt gehabt. Nach seiner Ruͤck⸗ kunft nach London begab der Herzog sich in das auswaͤrtige Amt, wo demnaͤchst ein Kabinets⸗Rath gehalten wurde, dem auch Sir Robert Peel, der in der vorherigen Nacht von Drayton⸗Park zuruͤckgekehrt war, beiwohnte. Die Sitzung dauerte beinahe zwei Stunden.
Der Nord⸗Amerikanische Gesandte hat in den letzten Ta⸗ gen mehrere Konferenzen mit dem Grafen v. Aberdeen we⸗ gen wichtiger Handels⸗Angelegenheiten zwischen den Vereinig⸗
atte sich bereits der
ten Staaten und England, Westindien ic. gehabt.
Der Kanzler der Schatz⸗Kammer hat die Absicht erklaͤrt,
zur Befriedigung derjenigen Individuen, die nicht eingewilligt
haben, ihre 4p Ctigen Stocks gegen 3 ½ Ctige auszutauschen, neue Schatz⸗Kammer⸗Scheine auszugeben. Die Times be⸗ merkt bei dieser Gelegenheit, daß nichts davon erwaͤhnt sey, ob diese neuen Scheine in oͤffentlichen Uimnlauf gesetzt oder nur als Sicherheit fuͤr neue Bank⸗Vorschuͤsse benutzt werden sollten. Wuͤrde das Letztere der Fall seyn, so meint die Times, duͤrften nachtheilige Folgen daraus entspringen, weil die Bank fuͤr eben so große Summen, als sie Vorschuͤsse bewilligt, neue
Noten ausgeben muͤßte; sie haͤlt es fuͤr vortheilhafter, die
neuen Schatz⸗Kammer⸗Scheine im Publikum cursiren zu
lassen. b “ Am Sonnabend hielt die Anti⸗Sklaverei „Gesellschaft, unter dem Vorsitze von Herrn Wilberforce, eine General⸗ Versammlung, in welcher eine Petition ans Parlament, we⸗
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gen zu ergreifender Maaßregeln, Behufs gaͤnzlicher Abschaf⸗
fung der Sklaverei, beschlossen wurde. b
Bei der Londoner Universitaͤt erfolgte am naͤmlichen Tage die Vertheilung von Preisen und Belobungen an die bei einer vorhergegangenen Pruͤfung deren wuͤrdig befundenen Studi⸗ renden.
Mehrere Mitglieder der unter dem Namen „Politi⸗ scher Verein“ bekannten Gesellschaft hielten am 17ten dieses Monats in Birmingham eine Versammlung zur Befoͤrde⸗ rung eines bestimmten Systemes von Parlaments⸗Reform „Die bei dieser Gelegenheit gehaltenen Reden“, sagt die Times, „waren weder neu noch ausgezeichnet; das einzige allenfalls Bemerkenswerthe war die auffallende Verlegenheit der Redner, von der Besorgniß erzeugt, ihre meistentheils aus den mittlern und niedern Klassen bestehenden Zuhoͤrer in groͤßere Radikal⸗Reformer umgewandelt zu sehen, als sie selbst sind.“
Der von Herrn Gambart zu Marseille entdeckte Komet ist auch auf der Sternwarte zu Kensington beobachtet worden.
Der Courier widerspricht der von Franzoͤsischen Blaͤt⸗
tern gegebenen Nachricht, daß der Dey von Algier dem
Englischen Konsul nicht erlaubt habe, die Stadt zu verlassen. Vielmehr sey es das Unwohlseyn der Frau des Konsuls, was
denselben wahrse
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Fsbverlande.
Fgs 1 us dem Haag, 20. Mai. In der gestrigen Sitzung der zweiten Kammer erstattete die Central⸗Section uͤber die
Gesetz⸗Entwuͤrfe wegen Besteuerung des Weins, des Zuckers, des Brandtweins und des Biers Bericht. Die Berathun⸗ gen uͤber diese Gesetze sollen nach Beendigung der Debatten uͤber das Preßgesetz beginnen. Im Verlaufe der Berathun⸗ gen uͤber das letztere, welche hierauf fortgesetzt wurden, ging von Seiten der Regierung eine nochmals veraͤnderte Redaec⸗ tion des Artikels 3 dieses Gesetzes ein, welcher in seiner neuen Adfassung folgendermaßen lautet: „Wer boͤswillig und öͤffentlich, in welcher Weise und durch welches Mittel es auch seyn moͤge, den Fall der Vertheidigung vor den Gerichts⸗ hoͤfen oder andern Behoͤrden ausgenommen, die bindende Kraft der Gesetze angreift, zum Ungehorsam gegen dieselben auffordert oder Unruhe und Uneinigkeit unter den Buͤrgern stiftet, soll mit sechsmonatlichem bis dreijaͤhrigem Gefaͤngniß bestraft werden.“ Nachdem dieser Artikel in den Abtheilun⸗ gen gepruͤft worden war, beschloß die Kammer, die Fort⸗ setzung der Berathungen uͤber das Preßgesetz auf morgen, den Alsten, auszusetzen.
Die erste Kammer der Generalstaaten wird (der Rot⸗ terdamer Zeitung zufolge) morgen zusammentreten.
Der neue Eigenthuͤmer und Redacteur des Genter Ca⸗
tholique, Beaucarne, erklaͤrt in diesem Blatte, daß er fruͤ⸗
her zwar keinen Theil an der Redaction desselben genommen
habe, daß er aber dennoch dieselben Zwecke, wie sein Vor⸗ gaͤnger, der verurtheilte Bartels, getreu zu verfolgen gedenke. Durch die Union der beiden unabhaͤngigen Parteien sey zwar
dem Catholique seine Aufgabe bedeutend erleichtert; so viel aber auch schon gethan seyn moͤge, so bleibe doch noch mehr
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B a e r n. . 8 8 K
11“ v1““] . Nuͤnchen, 20. Mai. Nach einem an das Koͤnigliche Staats⸗Mihisterium des Innern ergangenen Allerhoͤchsten Kabinets⸗Reskripte d. d. Villa Colombella bei Perugia, den
Zten l. M. werden Se. Majestaͤt der Koͤnig der am 10. Juni d. J. stattfindenden Frohnleichnams⸗Prozession in Allerhoͤchst⸗
eigener Person beiwohnen.
Heute haben Ihre Majestaͤt die regierende Koͤnigin, in Begleitung Sr. Koͤnigl. Hoheit des Prinzen Friedrich von Wuͤrtemberg, eine Lustreise nach Starnberg gemacht.
Se. Koͤnigl. Majestaͤt haben dem Freiherrn von Hall⸗ berg zu Birkeneck, der sich bexeits durch sein Unternehmen, das Moos bei Freising in den Zustand der Kultur zu erhe⸗
ben, ein bedeutendes Verdienst erworben hat und zur Ve⸗
is einer neuen Ansiedelung daselbst noch in diesem ruͤhjahre vier neue schoͤn und solid gebaute Haͤuser (welche allmaͤlig auf zehn vermehrt werden sollen) errichten wird, zu diesem Behuf einen Beitrag von 2000 Fl., in der Eigenschaft
einer Praͤmie, aus den hierfuͤr bestimmten Staats⸗Fonds be⸗
willigt.
i. Auf Befehl Sr. Majestaͤt des Koͤnigs wird die Koͤnigl. Militair⸗Schwimm⸗Schule am 1. Juni eroͤffnet und den Schwimm⸗Liebhabern der Haupt⸗ und Residenzstadt die Gele⸗
S Prneis gegeben, an dem dort ertheilt werdenden vollkommenen
chwimm⸗Unterrichte Antheil zu nehmen.
In der heutigen Muͤnchener Zeitung liest man Fol⸗
heinlich bewogen habe, in Algier zu bleiben.
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Schweiz.
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gendes: „Die in den ersteren Tagen des Juni, dem Verneh⸗ men nach, angeordnete Feierlichkeit der Thronlehen⸗Huldigung wird eine in Muͤnchen seit Jahrhunderten nie mehr gesehene Ceremonie seyn. In der Vorzeit gehoͤrten die Lehen⸗Erthei⸗ lungen unter den Fuͤrsten zu den glaͤnzendsten Festlichkeiten. Als z. B. Herzog Georg von Baiern⸗Landshut von dem Kaiser an dem Kaiserlichen Hofhalt zu Gratz das Land als
Reichslehen in erblicher Folge empfing, war diese Belehnung
mit Turnieren, Tanz und andern gleichzeitigen Feierlichkei⸗ ten verherrlicht. Die Herrscher Baierns nahmen bei jeder Thronbesteigung, sobald sie von Kaiser und Reich mit den Laͤndern beiehnt waren, die Huldigung ihres eigenen Lehen⸗ Adels, der Vasallen, Buͤrgerschaften und Unterthanen per⸗ soͤnlich im ganzen Lande an, indem sie in den Staͤdten dieselben um sich versammelt hatten, wogegen jenen auch die Standes⸗ freiheiten und Privilegien feierlich bestaͤtigt wurden. Bei
der fortwaͤhrenden Ausbildung des gegenwaͤrtigen Heerstan⸗
des loͤsten sich nach und nach jene Verbande der Lehens⸗
pflichten, naͤmlich jenes persoͤnlichen Waffendienstes der mit
Ritterguͤtern belehnten Adelichen und Edlen, allmaͤlig auf. Die Guͤter und Besitzungen, auf deren Genuß die alten Le⸗ henverhaͤltnisse ruhten, blieben indessen immer dem Throne verbindlich, daß, sobald nach dem Tode des Vaters der Sohn ein solches Lehengut erbte, er dem Landesherrn als oberstem Lehnsherrn durch die Entrichtung des Lehenfalles
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die Lehens⸗Unterthaͤnigkeit ohne weitere feierliche Handlung
zu erkennen gab. Beim Aussterben des Mannsstammes auf einem solchen Landgute faͤllt dem Landesherrn dasselbe heim, mit dem Rechte, einen um Thron und Land Verdiensteten damit zu belohnen. Bei dem Tode des Landesherrn haben alle Lehenbesitzer dem Thronbesteiger durch Anfall des Lehen⸗ kanons ihren Lehenverband und Unterwuͤrfigkeit zu beurkun⸗ den. Die historische alte Feudalpflicht des Adels in der Hul⸗ digungsformel verwandelte sich nach und nach zur bloßen rich⸗ tigen Zahlung des Lehenfalles. Die entstandene neue Lan⸗ desverfassung veranlaßte den allerhoͤchstseligen Koͤnig Maxi⸗ milian zur Errichtung der Kronaͤmter als oberster Wuͤrden des Reiches, die auf Lebenszeit der Wuͤrdetraͤger oder auf maͤnn-⸗: liche Erben nach dem Rechte der Erstgeburt und der agnatisch linealischen Erbfolge als Thronlehen sanctionirt wurden.“ Es
sind also die Traͤger dieser Wuͤrden Lehenmaͤnner des Thro⸗ nes, sie empfangen diese Thronlehen durch Ablegung des
Leheneides in die Haͤnde des Koͤnigs. Da nun nach dem Tode des Koͤnigs Maximilian die se Wuͤrdetraͤger die Lehen- huldigung dem Thronbesteiger und Koͤnig Ludwig nach der
alten Lehensitte feierlichst und dieser Standschaft entsprechend abzulegen berufen sind, so hat diese Feierlichkeit nicht nur in der Wuͤrde der Thronlehen, sondern auch in dem Ansehen
der hohen Geschlechter, die damit vom Throne zur Auszeich
nung begabt worden, ihren urspruͤnglichen Glanz. — Die Wuͤrde eines Kron⸗Oberst⸗Hofmeister bekleidet gegenwoͤrtig
Fuͤrst von Oettingen⸗Wallerstein, die des Kron⸗Oberst⸗Kaäͤm-⸗
merers Fuͤrst Fugger v. Babenhausen, jene des Kron⸗Ober⸗ Postmeisters Fuͤrst von Thurn und Taxis, dann die eines
Kron⸗Oberst⸗Marschalls ist von Sr. Koͤnigl. Majestaͤt i nicht bestimmt.“ 88
8 E“
och 4
Die Augsburger Allgemeine Zeitung enthaͤlt in ih⸗ 8 rem neuesten Blatte einen Bericht aus Offenbach uͤber den Ausfall der dortigen diesjaͤhrigen Oster⸗Messe, dessen Mit⸗ theilung wir uns aus Mangel an Raum auf morgen vorbe⸗
halten muͤssen. “ 3u Eglisau, bekannt durch die sich in jener Gegen so oft wiederholenden Erderschuͤtterungen, hat man am 1iten d., bei sternenhellem Himmel und etwas tiefem Barometer⸗ stand, wiederum eine solche verspuͤrt. Die Haͤuser zitterten und schwankten, und ein starkes Getoͤse vermehrte den Schreck. Diesem Erdbeben war wenige Wochen vorher — am 4. pril — das erste in diesem Jahr vorangegangen. Griechenland.
Die Florentiner Zeitung meldet aus Ancona vom 9. Mai: „Ein aus Korsu kommendes Schiff hat Briefe
mitgebracht, welche melden, daß der Sohn des Kiutahers
am 10. Aprit in Jannina angekommen ist; er machte den
Truppen den Vorschlag, ihnen die Haͤlfte ihres ruͤckstaäͤndigen Soldes sogleich und die andere Hälfte nach 6 Monaten zu bezahlen, wollte sich jedoch nicht dazu verstehen, ihnen fuͤr
den Zeitraum seit dem Abschluß des Friedens zu Adrianopel 8
Sold zu bewilligen. Die Truppen pluͤnderten, als sie dies choͤrt hatten, die Stadt, und der Kiutaher war genoͤthigt, sich in das Fort einzuschließen, um sich der Wuth dieser un- disciplinirten Truppen zu entziehen. — Briefe aus Aegina berichten, daß der Praͤsident sich fortdauernd mit der Civi⸗
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