1830 / 249 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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gen der Kammer nicht Theil nehmen duͤrfe, wollt Ihr die Gewalt so weit treiben, daß Ihr ihn uͤberhaupt des Rechtes, an diesen Berathungen je wieder Theil nehmen zu duͤrfen, fuͤr verlustig erklaͤrt.“ Nachdem der Redner zu beweisen ge⸗ sucht, daß eine solche Bestimmung weder der Pairswuͤrde, noch der Krone, noch der Gesellschaft im Allgemeinen Vor⸗ theil bringen wuͤrde, schloß derselbe in folgender Weise: „Und wenn wir es auch wollten, edle Pairs, wuͤrden wir ein Recht dazu haben, unsern abwesenden Kollegen zu sagen: „„Binnen Monatsfrist muß Euer Gewissen im Reinen seyn, oder wir verwerfen Euch?““ Wir befinden uns nicht unter gewoͤhn⸗ lichen Umstaͤnden, ich weiß es; aber die Ungerechtigkeit ist niemals zu billigen. Unsere Kommission selbst behauptet, daß noch eine gewisse Neuerungssucht in allen Gemuͤthern gaͤhre. Heißt es unter solchen Umstaͤnden aber nicht jenem Gaͤh⸗ rungsstoffe neue Nahrung geben, wenn wir heilige, wohler⸗ worbene Rechte, die nicht einmal die unsrigen sind, sondern unsern abwesenden Kollegen angehoͤren, aufgeben? Es han⸗ delt sich hier um einen Eid, d. h. um eine Religions⸗ und Gewissens⸗Sache. Lassen Sie uns daher Alle unser Inner⸗ stes befragen, und sagt Einem unter uns sein Gewissen, daß er berechtigt sey, irgend einen seiner Kollegen der Pairswuͤrde fuͤr verlustig zu erklaͤren, so verkuͤndige er solches laut. Ich meeinerseits verwerfe eine Maaßregel, die unnuͤtz, unpolitisch, verfassungswidrig und gleichsam inquisitorisch ist.“ Nach Hrn. Dubouchage bestieg der Minister des öoͤffentlichen Un⸗ terrichts die Rednerbuͤhne und aͤußerte sich im Wesentli⸗ chen folgendermaßen: „Die Rede, die Sie so eben vernom⸗ men haben, ist in einem Geiste großer Maͤßigung abgefaßt, unnd mit Vergnuͤgen habe ich den darin enthaltenen scharfsin⸗ nigen Bemerkungen meine Aufmersamkeir geschenkt. Was die Meinung des vorigen Redners betrifft, daß die Militairs einem besondern Eide unterworfen werden muͤßten, so be⸗ merke ich blos, daß der gegenwaͤrtig verlangte allgemeine Eid einen spaͤterhin zu leistenden speziellen keinesweges ausschließt. Wichtiger ist, was der Redner uͤber den 3ten Artikel des Gesetz⸗Entwurfs gesagt hat. Dieser Entwurf bestand ur⸗ spruͤnglich allerdings nur aus zwei Artikeln in Betreff der Vereidigung der Militair⸗, Civil⸗ und richterlichen Behoͤr⸗ den. Von den Mitgliedern beider Kammern war anfangs darin keine Rede. Als durch den dritten Artikel ein diese letztern betreffendes Amendement eingefuͤhrt wurde, verlangte man zuvoͤrderst, daß die Wuͤrde des den Eid verweigernden Pairs sofort auf seinen Nachfolger uͤbergehe. Diese Bestim⸗ mung fand aber einigen Widerspruch, weil man darin vor⸗ weg eine Entscheidung uͤber die Frage der Erblichkeit, die erst im naͤchsten Jahre zur Sprache kommen soll, erbliͤckte. Man entschied sich daher fuͤr die gegenwaͤrtige Abfassung, ge⸗ gen welche der vorige Redner drei Einwendungen gemacht 8 erstens, daß sie eine Strafbestimmung enthalte, zweitens, daß sie ein Eingriff in die Rechte der Pairswuͤrde sey, und drittens, daß sie den Deputirten und den Pair in eine un⸗ gleiche Lage versetze, indem jener wieder gewaͤhlt werden koͤnne, wogegen dieser sein Recht fuͤr immer verliere. End⸗ lich behauptet man auch noch, daß die Bestimmung unnuͤtz und ungerecht und weder der Pairswuͤrde noch dem Staate selbst Nutzen bringend sey. Den ersten Einwand anbetreffend, glaube ich, daß das Wort Strafbestimmung hier schlecht ge⸗ waͤhlt ist; es ist nur von einer Bedingung die Rede, die mit

dem Besitze und der Ausuͤbung eines jeden Amtes ohne Aus⸗ nahme verknuͤpft ist. Keiner darf ein oͤffentliches Amt ver⸗ walten, wenn er nicht vorher den üͤblichen Eid geleistet hat.

Man will ferner in jener Bestimmung einen Eingriff in die Rechte der Pairie finden, indem diese mit der Person, die damit bekleidet worden, so innig verwebt sey, daß keine menschliche Gewalt, kein Gesetz, ja nicht einmal der Wille des Wuͤrden⸗ traͤgers selbst, ihm dieselbe nehmen koͤnne. Ich weiß nicht,

wo man diese Ansicht herleiten will. Wo steht es denn ge⸗ schrieben, daß ein Pair seine Abdankung nicht einreichen duͤrfe? Haben wir einen solchen Fall nicht erst noch vor drei Wochen erlebt, und ist die Abdankung damals nicht ohne ir⸗

8 eine Schwierigkeit angenommen worden? Ich wieder⸗ hbole es, es giebt durchaus kein Gesetz, das sich einer solchen Abdankung widersetzt. Man geht aber noch weiter und be⸗ hauptet, daß die Rechte der Pairs⸗Kammer selbst durch eine gesezlliche Bestimmung nicht beeintraͤchtigt werden koͤnnen. Ich gestehe, daß ich nicht wohl begreifen kann, wie, was die ddrei Staats⸗Gewalten gethan, nicht eine derseiben sollte rxrrreffen, und wie diese eine sich uͤber die Macht der beiden AMHebrigen sollte erheben duͤrfen. Waͤre die vorgeschlagene Maaßregel ungerecht, so muͤßte sie verworfen werden; sie ist

es aber nicht; wenigstens wuͤßte ich nicht, wodurch man eine solche Behauptung beweisen wollte. Ja, sagt man aber wei⸗ ter, der Deputirte befindet sich dabei in einer guͤnstigern Lage,

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als der Pair, denn er kann wieder gewaͤhlt werden, und die⸗ ser nicht. Was hindert denn aber, daß ein Pair, der sich durch die Eides⸗Verweigerung um seine Wuͤrde gebracht hat, mit derselben aufs neue bekleidet werde, wenn er seine An⸗ sichten aͤndert? Eine Ausschließung ist nirgends gesetzlich ausgesprochen. Die vorgeschlagene Maaßregel bliebe beras noch aus dem Gesichtspunkte der Gerechtigkeit und Nuͤtzlich, keit zu betrachten. Hier frage ich aber: heißt es ungerecht seyn, wenn man von einem Mitgliede einer gesetzgebenden Versammlung verlangt, daß es der Regierung und der Charte treu sey? Wollte man in dem vorliegenden Falle anders handeln, so wuͤrde es offenbar zwei Pairs⸗Kammern im Lande geben, wovon die eine der jetzigen, die andere der vorigen Regierung angehoͤrte. Mir scheint, daß diese Betrachtung entscheidend ist, und ich begreife nicht, wie man Pair bleiben kann, wenn man sich vorgenommen hat, der bestehenden Re⸗ gierung nicht zu dienen, sich nicht als ihren Unterthan zu be⸗ trachten. Ich bestehe darauf, daß der 3te Artikel des Gesetz-⸗Entwurfes beibehalten werde.“ Der Graf Le⸗ mercier berichtigte die Angabe des Ministers, daß unlangst ein Pair seine Dimission genommen habe; er wisse wohl, daß dieser Pair den Eid verweigert und sich zuruͤckgezogen habe; doch habe derselbe nicht foͤrmlich seine Dimission ge⸗ nommen. Die Berathung wurde hierauf fortgesetzt. Der Herzog Decazes trat den Ansichten des Herzogs v. Bro⸗ glie bei und stimmte fuͤr die unbedingte Annahme des Gesetz⸗ Entwurfs. Nach einigen Bemerkungen bes Barons Sé⸗ guier verlas der Praͤsident die einzelnen Artikel des Ent⸗ wurfs. Der erste wurde ohne Weiteres angenommen. Ueber den zweiten ergriff der Graf von Montalivet das Wort. Er hielt den darin festgesetzten Termin von 14 Tagen zu kurz und verlangte, daß derselbe, den Artikeln 71 und 72 der * 88 vil⸗Gerichts⸗Ordnung gemaͤß, ausgedehnt werde. Dieser Ane-. trag fand indessen keine Uhterstuͤtzung, und der 2te Artikel wurde in der urspruͤnglichen Abfassung angenommen. Der 3te Artikel, welcher den Deputirten eine 14taͤgige und den Pairs eine vierwoͤchentliche Frist zur Eidesleistung laͤßt, ver⸗

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anlaßte den Herzog v. Praslin zu dem Antrage, die jungen Pairs, die noch keine 30 Jahr alt sind und folglich keine be⸗ rathende Stimme haben, von jener Bestimmung auszuneh⸗ men. Dieser Vorschlag fand aber eben so wenig Unterstuͤtzung, und der Gesetz⸗Entwurf wurde zuletzt in seiner urspruͤnglichen Abfassung mit 87 gegen 11 Fecmnhhr angenommen. AU.m Schlusse der Sitzung legte der Graf v. St. Priest eine Proposition vor, worin er auf die Abschaffung des Sacrile. giums⸗Gesetzes antrug. Auf Befragen entschied die P h mer, daß sie sich die Gruͤnde zu diesem Vorschlage in ihrer Sitzung vom 3. Sept. vortragen lassen wolle. 8 1111“ Deputirten⸗Kammer. In der Sitzung vom 30. August verlas zuvoͤrderst der Praͤsident das nachstehene Abdankungs⸗Schreiben: „M. H. Zum Deputirten des Dee,, partements des Finisterre unter der Herrschaft einer Charte ernannt, die nicht mehr existirt, wuͤrde ich den Absichten dee rer, die mir ihre Stimme gegeben haben, zuwider zu hank:, deln glauben, wenn ich an den Berathungen der Kammer 1 Theil naͤhme. Ich ersuche Sie daher, dieser letzteren meine Abdankung einzureichen, und habe die Ehre u. s. w. (Gez.) von Guernisac.“ Herr Salverte eroͤffnete hierauf die Berathungen uͤber den Gesetz⸗Entwurf wegen Erganzung der im Schooße der Kammer erledigten Stellen. Er hielt denselben fuͤr unzurei⸗ chend und verlangte, daß die Bedingung des Jahresbesitzes vorlaͤufig zu Gunsten derer abgeschafft werde, die nach dem Inhalte der neuen Charte das Wahlrecht erlangt haben, da. mit diese schon an den naͤchsten Wahlen Theil nehmen koͤnn⸗ ten. Zugleich trug er darauf an, den Wahl⸗Census der Waͤh⸗ ler von 300 auf 200 und den der zu waͤhlenden Deputirten von 1000 auf 500 sr. herabzusetzen. Hr. B. Morel be⸗ gehrte, daß die Wahl der neuen Deputirten stets am Haupt⸗ orte des Bezirks und nicht am Hauptorte des Departements erfolge, da es fuͤr die meisten Waͤhler mit zu großen Weit⸗ laͤuftigkeiten und Kosten verknuͤpft sey, eine Reise nach diesem letzteren Orte anzutreten, um ihre Stimmen abzugeben. Hr. Mauguin glaubte, daß der Gesetz⸗Entwurf die Kammer insofern kompromittiren koͤnne, als er die Beibehaltung der⸗ selben voraussetze; wichtig sey aber die Frage, ob es gesetz⸗ lich und nuͤtzlich sey, die jetzige Kammer beizubehalten oder nicht. Nach einer ausfuͤhrlichen Eroͤrterung dieser Frage, (woraus wir, so wie aus einer Antwort des Herrn Agier, uns einen Auszug auf morgen vorbehalten muͤssen) sprach der Redner sich fuͤr diese letztere Ansicht aus. „Ich begreife nicht“, aͤußerte er am Schlusse seines Vortrags, „warum wir jetzt ein transitorisches Gesetz geben wollen, da es doch in un.

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serer Macht steht, das Wahl⸗Geschaͤft gleich durch ein defi⸗ nitives Gesetz zu ordnen. Frankreich ist durch die letzten Ge⸗ setze neu verjuͤngt worden; ein junges Volk bedarf aber auch einer jungen und maͤchtigen Kammer. Lassen sie uns daher aufs neue an die oͤffentliche Meinung appelliren; man sage nicht, daß wir, die Truͤmmer einer von ihr verworfenen Re⸗ gierung, allein am Ruder bleiben wollen. Befragen wir blos unsere Liebe zum Vaterlande und unterwerfen wir uns seiner Entscheidung. Bestaͤtigt es uns in unserm Posten, so finden wir uns in diesem Saale wieder, stark durch unser Gewissen und eine zwiefache Wahl. Ernennt es Andere an unsere Stelle, so sagen wir, wie jener Spartaner: „Desto

besser; das Vaterland hat bessere Buͤrger gefunden, als wir

waren.“ Der Graf von Rambuteau war der Meinung, daß die Kammer zu unvollzaͤhlig sey, um ein definitives Wahl⸗Gesetz zu entwerfen, indem ihr 80 von ihren Mitglie⸗ dern fehlten. Herr von Podenas schloß sich den obigen Antraͤgen des Herrn Salverte an. Die Herren Gouve de Nuncques und Paixhans stimmten fuͤr die unbedingte Annahme des Gesetz⸗Entwurfs, wogegen Herr B. Constant den Vorschlaͤgen des Herrn Salverte beitrat und zugleich die Ansichten des Herrn Mauguin bekaͤmpfte. Wenn, meinte er, das Mandat der jetzigen Deputirten uͤberhaupt erloschen sey, wie Hr. Mauguin solches behaupte, so koͤnne die Kammer so wenig ein definitives als ein transitorisches Gesetz geben. Hr. Dupin d. Aelt. schloß sich dieser Ansicht an. „Man giebt zu“, aͤußerte er, „daß wir bisher nichts Gesetzwidriges gethan haben; das haben wir auch gewiß nicht. Die vorige Regierung hatte ihre Eide gebrochen und uns in die Noth⸗ wendigkeit versetzt, unser gutes Recht selbst wahrzunehmen. In dieser Lage gab es zwei Klaässen von Rettern: diejenigen, welche die Gewalt durch die Gewalt vertrieben, und Diejeni⸗ gen, die mit ruhiger Ueberlegung fuͤr die Sicherheit des Staats wachten. Wir bildeten damals keine Kammer; wir waren blos die Gewaͤhlten des Landes, und als wir uns so große Befugnisse zulegten, geschah es in der Ueberzeugung, daß unsre Kommittenten unsre Handlꝛungen billigen wuͤrden. Wir verwarfen nicht das Koͤnigthum, sondern blos die Re⸗ gierung, die durch den Buͤrgerkrieg zum Despotismus gelan⸗ gen wollte. Wir sehnten uns nicht nach Anarchie, sondern nach Freiheit; wir verlangten eine Charte, die einen wahrhaften Pact zwischen Koͤnig und Volk bildete; und wir haben sie erlangt. Werfen wir einen Blick auf die Lage des Landes; haben wir den Muth, uns gewissen Einfluͤssen zu entziehen; strafen wir das Spruͤchwort Luͤgen, welches sagt, daß die Fehler der Vaͤter fuͤr die Kinder verloren sind. Seit 40 Jahren schmachten wir nach Freiheit, und immer ist sie uns entschluͤpft, entweder durch Schwachheit, oder durch Ge⸗ setzlosigkeit, oder durch Despotismus, oder durch Scheinheilig⸗ keit; immer Ausschweifungen, und nie die Wahrheit. Jetzt haben wir die Freiheit. Lassen Sie uns derselben mit Ver⸗ nunft genießen und uns unser Werk nicht verderben. Wir sind es, die dem Lande die Freiheit gegeben und die neue Dynastie begruͤndet haben; unsre Sache ist es daher auch, beide in dem Interesse der Nation aufrecht zu erhalten. Lassen Sie uns die Revolution in dem Geiste, womit die⸗ selbe begonnen, vollenden; wir werden uns dadurch um das Vaterland wohl verdient machen, und wenn sich auch hin und wieder einiges Geschrei wider uns erhebt, so wird ganz Frank⸗ reich uns dafuͤr raͤchen.“ Nach Beendigung dieser Rede machte der Berichterstatter sein Resumé, worauf die Bera⸗ thungen uͤber die einzelnen Artikel begannen. Saͤmmtliche Vorschlaͤge, den Wahl⸗Census herabzusetzen, wurden mit roßer Stimmenmehrheit verworfen, und dagegen der 4ste rtikel in der von der Kommission in Vorschlag gebrachten Abfassung (S. Nr. 246 der St. Z.) angenommen. Als Ei⸗ ner der Deputirteu hierauf abermals den Punkt des Jahres⸗ besitzes beruͤhrte, erklaͤrte der Minister des Innern, daß er ermaͤchtigt sey, fuͤr die naͤchsten Wahlen in die Erlassung jener Bedingung zu willigen. Der Graf v. Rambuteau faßte hierauf das nachstehende Amendement ab, welches von der Kammer angenommen wurde und nunmehr den 2ten Artikel des Gesetz⸗Entwurfs bildet: „Die Waͤhler von 25 bis 30 Jahren und die Waͤhl⸗ baren von 30 bis 40 Jahren, die durch die modificirte Charte zur Ausuͤbung ihrer resp. Wahl⸗ und Waͤhlbarkeits⸗ rechte berufen sind, werden von der Beweisfuͤhrung des Jahresbesitzes dispensirt.é Ein Gleiches ist der Fall mit den vor dem 1. August 1830 erhaltenen Patenten.“ Die uͤbrigen 4 Artikel des Gesetz⸗Entwurfs gaben zu keiner erheblichen Diskussion Anlaß und wurden in der (in Nr. 246 der St. Z. gegebenen) Abfassung der Kommission

angenommen. Als zuletzt uͤber den gesammten Gesetz⸗Ent⸗

wurf abgestimmt wurde, ging derselbe mit 234 gegen 12 Stimmen

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durch. Am Schlusse der Sitzung verlas noch der Praͤsident ein dieser Deputirte

Schreiben des Hrn. Kérouvrion, wodurch des Finisterre seine Abdankung einreichte.

Ministerrathe und empfing hierauf eine Deputation der Fran⸗

zoͤsischen Akademie, so wie Abgeordnete der Staͤdte Sedan,

Angouléème, RNiom, Metz, Cambray, Dupuy, Cosne und Bel⸗ legarde. Der Praͤsident der Deputirten⸗Kammer hatte die Ehre, Sr. Majestaͤt die Gluͤckwunsch⸗Adresse der Verwal⸗ tungs⸗ und Municipal⸗Behoͤrden von Bayonne vorzulegen. Vorgestern fand im Palais⸗Royal eine Tafel von 80 Cou⸗ verts statt.

Der Moniteur enthaͤlt vier vom Justiz⸗Minister con⸗ trasignirte Verordnungen vom gestrigen Datum; durch die erste derselben wird Herr Pataille zum ersten Praͤsidenten des Koͤnigl. Gerichtshofes von Aix und Herr Borrelly zum General⸗Prokurator bei demselben Gerichtshofe ernannt, durch die drei anderen Verordnungen werden eine große Anzahl von General⸗Advokaten, Koͤnigl. Prokuratoren und deren Substituten bestellt. Mittelst dreier vom Minister des In⸗ nern contrafignirten Verordnungen werden 16 Maires, 44 Prañͤ⸗ fektur⸗Raͤthe und 20 General⸗Secretaire der Praͤfekturen er⸗ nannt und einige im Juli d. J. abgesetzte Praͤfektur⸗Raͤthe wieder angestellt.

Der Koͤnig hat, wie der Moniteur meldet, unmittel⸗ bar nach der vor gestrigen Revuͤe nach stehen des Schreiben an den General Lafayette gerichter: „Es draͤngt mich, mein werther General, zu erfahren, wie Sie sich nach diesem schoͤnen Tage befinden, der, wie ich befuͤrchte, Sie sehr ermuͤdet ha⸗ ben wird. Ich habe aber auch noch einen andern Zweck, der mir sehr am Herzen liegt, und dieser ist die an Sie gerich⸗ tete Bitte, mein Dolmetscher bei dieser glorreichen National⸗ Garde zu seyn, deren Patriarch Sie sind, und ihr alle die Bewunderung zu bezeugen, die sie mir heute eingefloͤßt hat. Sagen Sie ihr, daß sie nicht nur meine Erwartung uͤbertrof⸗ fen hat, sondern daß ich keine Ausdruͤcke fuͤr die Freude und das Gluͤck sinde, das sie mir verursacht hat. Als Zeuge der Foͤderativ⸗Versammlung im Jahre 1790 auf demselben Mars⸗ felde, als Zeuge ferner des maͤchtigen Aufschwungs von 1792, wo ich bei unserer Armee in der Champagne 48 Bataillone eintreffen sah, welche von der Stadt Paris in drei Tagen ausgeruͤstet worden waren und so sehr zur Abwehrung der Invpasion beitrugen, der es uns bei Valmy Einhalt zu thun gelang, kann ich eine Vergleichung anstellen, und mit Ent⸗ zuͤcken sage ich Ihnen, daß das, was ich so eben. gesehen habe, hoch uͤber demjenigen steht, was ich damals so schoͤn fand und was unsern Feinden so furchtbar erschien. Haben Sie auch die Guͤte, mein werther General, der National⸗

die sie gegen mich an den Tag gelegt hatt. Ihr wohlgeneigter—

Paris den 29. August 1830. General Lafayette hat unterm gestrigen Datum folgenden Tagesbefehl erlassen: „Die schoͤne gestrige Revuͤe, das be⸗ wundernswerthe Aussehen des Buͤrgerheeres, dessen schnelle

Bildung der Schnelligkeit des Sieges der Freiheit entspricht, so wie die Art, wie die National⸗Garde sich unter den Waffen ge⸗ zeigt hat und vor dem Koͤnige vorbeimarschirt ist, haben den Enthusiasmus der zahllosen Bevöoͤlkerung erregt, die uns um⸗ gab, so wie das verdiente Lob der Generale, welche der Sieg seit langer Zeit als die besten militatrischen Richter gestem⸗ pelt hat. Die Anwesenheit unserer verwundeten Tapferen aus der großen Woche und mehrerer Deputationen unserer Waffenbruͤder aus den Departements kroͤnte den Genuß die⸗ ses denkwuͤrdigen Tages. Der Ober⸗Befehlshaber beschraͤnkt sich fuͤr heute darauf, sich mit seinen Kameraden von der Pariser National⸗Garde zu dem praͤchtigen und patriotischen Schauspiel Gluͤck zu wuͤnschen, das sie an diesem unvergeß⸗ lichen Tage gegeben hat. Was koͤnnte er auch noch zu den Worten, welche der Koͤnig sprach, als er uns die Fahnen uͤberreichte, und zu dem Koͤnigl. Schreiben hinzufuͤgen, das er sich beeilt, seinen Waffenbruͤdern mitzutheilen?

(Gez.) Lafayette.“ Der Graf Anatole Montesquiou ist in der verwichenen Nacht nach Neapel abgereist, um dem dortigen Hofe die Thronbesteigung Ludwig Philipps anzuzeigen.

Es heißt, daß der Kronprinz, vom General Lafayette be⸗ gleitet, naͤchstens alle Staͤdte Frankreichs besuchen und saͤmmt⸗ liche National⸗Garden des Koͤnigreiches mustern werde.

Die Anklage⸗Kommission der Deputirten⸗Kammer macht Nachstehendes bekannt: „Die mit der Pruͤfung des Antrags

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auf Anklage der Ex⸗Minister beauftragte Kommission der

Paris, 31. August. Der Koͤnig praͤsidirte gestern im

Garde meine herzliche Freude uͤber die Gefuͤhle auszusprechen,

Ludwig Philipp.“

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