1830 / 256 p. 3 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Wed, 15 Sep 1830 18:00:01 GMT) scan diff

5 W““ -“ der Staatsmacht Gehorsam schuldig, denn Gott hat dieselbe eingesetzt; handelte sie anders, so wuͤrde sie gegen Gott suͤn⸗ digen, der die Ordnung will und die Ordnung ist.“

In den Angaben uͤber das Testament des Prinzen von Condé scheinen einige Irrthuͤmer obzuwalten. Das Jour⸗ nal des Débass versichert, daß nach einer woͤrtlichen Ab⸗ schrift jenes Testaments, der Baron Surval, Haus⸗Inten⸗ dant des verstorbenen Prinzen, nur zum Vollstrecker des letzten Willens mit einem Theile seines Gehalts als lebens⸗

laͤnglicher Pension ernannt worden sey. Die der Baronin von Feucheres vermachten Legate sollen uͤbertrieben hoch an⸗

gegeben seyn; dagegen ist bisher nicht erwaͤhnt worden, daß der Prinz sein Schloß Ecouen, nebst den dazu gehoͤrigen orsten, mit einer jaͤhrlichen Rente von 100,000 Fr. zur tiftung einer Erziehungsanstalt fuͤr die Kinder, Enkel und Abkoͤmmlinge der Offiziere des alten Condéschen Heeres ver⸗ macht hat.

Das Journal de Gard vom 1. Sept. bringt uͤber die Unruhen in Nismes folgende Nachrichten: „Die aufruͤh⸗ rerischen Haufen, die sich gestern gebildet hatten, ruͤckten in der Nacht bis zu den Thoren der Staͤdt vor. Mehrmals aufgefordert, auseinander zu gehen, wurden sie nur unver⸗

schämter, griffen das Thor⸗Accis⸗Buͤrcau an, rissen dem dort

befindlichen Beamten die National⸗Kokarde ab und begingen die empoͤrendsten Ausschweifungen. Herr Lascours erhielt hierauf um 2 Uhr Morgens den Befehl, Gewalt mit Ge⸗ walt zu vertreiben. Es wurden einige Kavallerie⸗Angriffe gegen sie gemacht und sie in die Flucht geschlagen. Viele von ihnen wurden ergriffen und den Gerichten uͤberliefert. Ge⸗ genwaͤrtig herrscht Ruhe in Nismes, die National⸗Garde

bildet sich, und eine starke bewaffnete Macht beschuͤtzt die f

Stadt. Am 30sten v. M. hatte der Praͤfekt des Gard⸗ Departements eine Verfuͤgung erlassen, der zufolge jede Zu⸗ sammenrottung von mehr als fuͤnf Personen untersagt wurde und durch die bewaffnete Macht auseinander gesprengt werden sollte. Nur die zur National⸗Garde gehoͤrenden Buͤr⸗ ger durften Waffen tragen. Personen und Eigenthum, so wie die Gebaͤude und Symbole aller Konfessionen, wurden unter den Schutz der bewaffneten Macht gestellt, und jede Verletzung derselben sollte streng bestraft werden. Die Na⸗ tional⸗Garde sollte aus 1280 Mann bestehen. Der Maire hatte alle Kaffeehaͤuser schließen lassen und die Buͤrger auf⸗ gefordert, die National⸗Farben zu tragen. Am 31. August hatte endlich der Praͤfekt, weil in der Stadt Nismes und im Departement des Gard ernstliche Unordnungen stattgefun⸗ den, weil auch die Polizei die aufruͤhrerischen Haufen nicht

habe zerstreuen koͤnnen, weil der Civil⸗Behoͤrde nicht Folge

geleistet und der Lauf des gerichtlichen Verfahrens gehemmt worden sey, weil ferner ernsthafte Gefechte zwischen den Buͤrgern stattgefunden und nur die Militair⸗Macht die oͤf⸗ fentliche Ruhe aufrecht erhalten koͤnne, das Departement de

Gard in Belagerungs⸗Zustand erklaͤrt und die Handhabung

der Polizei der Militair⸗Behoͤrde uͤbertragen. Aus einer am 1. Sept. erlassenen Proclamation des Praͤfekten geht hervor, daß am 1. Sept. die Ruhe wieder hergestellt war.“ Dem Moniteur zufolge hat eine gestern Abend hier eingegangene telegraphische Depesche aus Nismes vom 5ten d. berichtet, daß Alles dort vollkommen ruhig war. Die bedeutendsten Fabrik⸗Besitzer waren zusammengetreten, um auf Mittel zu denken, den Arbeitern Beschaͤftigung zu geben. Die richterliche Behoͤrde war mit einer Untersuchung gegen die Urheber der in den vorhergegangenen Tagen stattgefun⸗ denen Unordnungen beschaͤftigt. In dem Berichte uͤber die unter der Garnison in Metz

ausgebrochenen Unruhen (vergl. Nr. 253 d. St. Z.) war

unter Anderm gemeldet worden, das 6te Artillerie⸗Regiment habe am 29sten v. M. dem Obersten die Fahne und die Kasse des Regiments abgenommen. Einem Schreiben des Artillerie⸗ Obersten Etchegoyen an die Redaction des Journal du Com⸗ merce zufolge, war aber die Fahne bereits 14 Tage fruͤher

dem auf einer Inspections⸗Reise begriffenen General⸗Inspek⸗

tor uͤbergeben und durch ihn an den Kriegs⸗Minister gesandt worden. Ein Blatt hatte gemeldet, daß der ehemalige Komman⸗ dant der Festung Verdun und der u ihren Corps zuruͤckgeschickt worden waͤren, und daß man siicch dort geweigert habe, sie aufzunehmen. Der Moniteur berichtigt diese Meldung in folgender Weise: „Diese Anga⸗ ben, welche von Betrachtungen begleitet werden, die beleidi⸗

gend fuͤr den Kriegs⸗Minister sind, sind gaͤnzlich unrichtig. Der Kommandant von Verdun ist auf Reform⸗Gehalt

gesetzt und durch den Obersten Gayard abgeloͤst worden und

hat sich nach Metz zuruͤckgezogen, wo er sich auch noch jetzt

1 befindet. Der Oberst des 39sten Regiments ist ebenfalls durch

G

Oberst des 39sten Regiments

1 85

einen andern ersetzt worden, er hat um seinen Abschied nach⸗ gesucht, der jetzt dem Koͤnige zur Genehmigung vorgelegt wor⸗ den ist. Sie sind also nicht an ihre fruͤheren Posten zuruͤck⸗ geschickt worden.“

Das Journal du Commerce aͤußert in seinem Boͤr⸗ senberichte: „Die Geruͤchte uͤber die Unruhen in einigen un⸗ serer Fabrikstaͤdte sind uͤbertrieben. Man kann nicht laͤugnen, daß Versuche gemacht worden sind, die arbeitenden Klassen aufzureizen; aber Briefe aus Lille, St. Quentin und Nantes melden, daß diese Versuche nicht den von den Unruhestiftern gehofften Erfolg haben werden. Ueberall ist die Anerkennung unserer Regierung durch England guͤnstig aufgenommen wor⸗ den; sie ist das Signal zum Wiederbeginn der Fabrik⸗Arbei⸗ ten und der Schiffs⸗Ausruͤstungen. Jedermann wird Arbeit finden, und Arbeit ist das beste Unterpfand fuͤr die Ruͤckkehr zur Ordnung.“

Herr Benjamin Constant legte gestern auf das Nach⸗ weis⸗Buͤreau der Deputirten⸗Kammer eine Proposition nie⸗ der, in welcher auf Freigebung des Buchdruckergewerbes und des Buchhandels, zu denen es nach den jetzigen gesetzlichen Bestimmungen einer Autorisirung und eines Patents bedarf, angetragen wird.

Eine aus dem Grafen von Montalivet, Pair von Frank⸗ reich, und den Herren von Schoonen und Duvergier de Hau⸗ ranne bestehende Kommission ist mit der Liquidation der ehe⸗

maligen Civilliste beschaͤftigt. Die von ihnen fuͤr die kuͤnf⸗

tige Liste vorgeschlagenen Ersparnisse sollen sich auf 8 Mill. belaufen. Sogleich nach beendigter Liquidirung wird das

Resultat der Kommission beiden Kammern vorgelegt und die

neue Civilliste entworfen werden, deren Verwaltung dem Gra⸗ en Montalivet uͤbertragen werden soll. Herr Dupin der Aeltere hat an beide Kammern ein vom

zten d. M. datirtes Schreiben erlassen, worin er sich gegen die von einigen Blaͤttern gegen ihn erhobenen Anschuldigun⸗ Er rekapitulirt in demselben sein ganzes Betragen seit dem 8. August v. J., erinnert an seine Ver⸗

gen rechtfertigt. theidigung des Journal des Débats, an seinen Bericht uͤber die Adresse in der diesjaͤhrigen 14taͤgigen Sitzung und an sein Benehmen waͤhrend der letzten Revolution, in welcher er als Advokat den Zeitungs⸗Redacteuren, die ihn um Rath gefragt, zum Widerstande gerathen, als Deputirter aber an allen bedeutenden Akten der Kammer Theil genommen habe. Durch die Hand eines Feindes sey sein Name auf der Liste der Deputirten, welche die Protestation unterzeichnet haͤtten, auf dem

Wege von Herrn Casimir Perier, wo dieselbe abgefaßt wurde, nach der Druckerei, gestrichen worden. Als Deputir⸗

ter wie als Rathgeber des Generalstatthalters des Koͤnigrei⸗ ches, und bald darauf des Koͤnigs der Franzosen, habe er nicht eine Meinung kund gegeben, deren er sich nicht vor seinem

Lande ruͤhmen koͤnne. Schließlich erinnert Herr Dupin der Aeltere an das, was er seit 15 Jahren als Advokat fuͤr die Sache der Freiheit gewirkt, an seine Vertheidigung der Ge⸗ nerale Ney, Brune, Gilly, Alix, Boyer, Rovigo, der Advo⸗ katen Isambert in Betreff der persoͤnlichen Freiheit, Bavoux hinsichtlich der Rechte des Professorats, Merilhou in der An⸗

gelegenheit der National⸗Subscription, Montlosier in seinem Kampfe mit dar Partei seiner Gegner, und der Schriftsteller

Jay, Jouy, Beranger, Dupaty, Jay, Arnault, Etienne u. s. w., endlich an seine viermalige Vertheidigung der Schriftsteller

des Miroir, des Journal des Débats und des Constitution⸗

nel. In seinen Buͤchern habe er dieselben Grundsaͤtze wie in seinen Plaidoyers, auf der Rednerbuͤhne dieselbe Sache

wie an der Barre des Gerichtshofes vertheidigt. Mit Un⸗

willen weise er daher unverdiente Angriffe zuruͤck, deren Quelle der Neid auf seinen Ruhm und seine jetzige Stellung

sey; er bediene sich des ihm zustehenden Rechtes, sein Land an das zu erinnern, was er fuͤr dasselbe gethan und ferner

zu thun bereit sey. Fruͤher den Saͤumigen voran eilend, jetzt

hinter den zu sehr vorwaͤrts Strebenden zuruͤckbleibend, sey er

immer derselbe: ein Freund des Volkes, dessen Rechte er nie zu vertheidigen aufhoͤren werde, ein Freund der gesetzlichen

Freiheit, ein Vertheidiger der oͤffentlichen Ordnung und stolz

auf das Bewußtseyn eines rechtlichen Mannes und eines gu⸗

ten Buͤrgers.

Auf Anordnung des Praͤfekten des Seine⸗Departements, Herrn Odillon Barrot, ist fuͤr die in den drei Revolutions⸗ tagen Verwundeten in Saint⸗Cloud wegen der dort herr-⸗ schenden gesuͤnderen Luft ein Lazareth errichtet worden, in welches bereits gestern 100 dieser Verwundeten gebracht

worden sind. Der Mor Polizei sind eine große

1“

11 1 des 5 A1A“”; Bruͤssel, 9. Sept. Vorgestern Abends ist S

*

. 1“

8

8

der Ereignisse der letzten Juli⸗Tage aus den Pariser Gefaͤng⸗ nissen entkommen waren, wieder verhaftet und der Justiz uͤbergeben worden. Unter ihnen befinden sich Cribier und Debure und die Frau Feling, von denen unlaͤngst die beiden ersteren als Moͤrder der Frau Gobert zum Tode und die letz⸗ tere als Mitschuldige eines Diebstahls in derselben Angele⸗ genheit zu zehnjaͤhrigem Gefaͤngniß verurtheilt worden waren. Den anderen Entwichenen wird mit gleichem Eifer nachge⸗ spuͤrt. Auch sind Maaßregeln getroffen, um die frei gelasse⸗ nen Verurtheilten, denen es hier an Subsistenzmitteln, so wie an der Erlaubniß, hier zu wohnen, fehlt, aus Paris zu entfer⸗ nen, und Alles laͤßt hoffen, daß die Hauptstadt bald ganz von einer Klasse von Leuten befreit seyn wird, unter de⸗ nen die Ruhestoͤrer mehr als einmal Helfershelfer gefun⸗ den haben.“ b

Das Journal des Debats bemerkt: „Die Regie⸗ rung hat Nachrichten aus Algier vom 25. August erhalten. Die Operationen gegen Oran und Bona hatten einen voll⸗ kommenen Erfolg gehabt; die Flotte hat sich dabei ihres Ru⸗ fes wuͤrdig gezeigt. Die Ankunft des General Clausel, der Toulon am 2ten d. M. verlassen hat, wird von der Land⸗ Armee mit Ungeduld erwartet.“ 8

Niederlande. 9

Aus dem Haag, 9. Sept. Se. Majestaͤt der Koͤnig werden, wie man vernimmt, die Versammlung der General⸗ staaten am naͤchsten Montage in Person eroͤffnen. Der Prinz von Oranien und Prinz Friedrich der Niederlande werden sich Sr. Majestaͤt zur Seite befinden.

Se. Koͤnigl. Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen ist gestern hier angekommen.

Das heutige Blatt des Staats⸗Courant enthaͤlt fol⸗ genden, dem Auscheine nach, amtlichen Artikel: „Der Koͤnig, der mit Unwillen die Fortdauer des Aufruhrs und des Auf⸗ standes gegen die gesetzliche Autoritaͤt in einigen Orten der Provinzen Suͤd⸗Brabant und Luͤttich vernommen, hat sich, in Erwartung des Resultates der von den auf den 14ten d. M. zusammenberufenen Generalstaaten zu nehmenden Erwaͤgun⸗ gen, fuͤr verpflichtet erachtet, gegen die fernere Verbreitung des Aufstandes nach solchen Orten, wo durch den guten Geist der Einwohner Ruhe und Ordnung erhalten worden sind, so wie nach den Niederlaͤndischen Festungen, die kraͤftigsten Maaßregeln anzubefehlen, um auf diese Weise sowohl die biedere Bevoͤlkerung als die Bollwerke des Reiches gegen die Aufruͤhrer zu beschirmen. Es sind zu diesem Endzwecke an die befehligenden Ofsiziere, sowohl der Feld⸗Truppen als der Besatzungen, die bestimmtesten Vorschriften ergangen, keine Vorkehrungen und Maaßregeln zu versaͤumen, die dazu dienen koͤnnen, Ruhe und Ordnung zu bewahren, so wie noͤ⸗ thigenfalls Gewalt mit Gewalt durch die Macht der Waffen zu vertreiben. Zunaͤchst sind auch die Gouverneure der Provinzen mit Polizei⸗Vorschriften versehen worden, die un⸗ ter Anderm den Zweck haben, dem zuvorzukommen, daß un⸗ ruhige Menschen mit boͤswilligen Absichten Saaten der Zwie⸗ tracht und des Mißtrauens ausstreuen und so das Gluͤck von ruhigen und wackern Buͤrgern untergraben. Alle wohlge⸗ sinnten Einwohner, die mit Treue und von einem guten Geiste beseelt, sich um Gesetz und Ordnung sammeln, koͤnnen dann auch versichert seyn, daß ihr Eigenthum beschirmt, ihre Rechte und Interessen nicht angetastet oder dem Frevelmuthe preisgegeden werden sollen. Das Vertrauen auf den bessern

Theil des Niederlaͤndischen Volkes, welcher uͤberall bei wei⸗

tem die groͤßere Zahl bildet, verbuͤrgt diese Versicherung.“ Aus Leyden schreibt man, daß saͤmmtliche Studirende der dasigen Hochschule, 800 an der Zahl, der Behoͤrde ihre Dienste angeboten haben, um die Stadt, das Vaterland und den Koͤnig, wann und wo es noͤthig seyn sollte, zu verthei⸗ digen. Man wird sich erinnern, daß im Jahre 1815 die Studirenden dieser Universitaͤt sich auf dieselbe patriotische

1““

8 99 5 6

der Prinz Friedrich von Vilvorden nach Mecheln abgegangen.

Die Gazette des Pays⸗Bas aͤußert: „Unser Grund⸗ gesetz hat den Fall weislich vorausgesehen, in welchem es noͤthig werden koͤnnte, Aenderungen darin vorzunehmen; es hat dafuͤr die noͤthigen Formen festgesetzt. Jede Abaͤnderung, welche auf andere Art, oder nur von einer der drei durch das Grundgesetz angeordneten Gewalten, vorgenommen wuͤrde,

*

1“ um. G“ ge zur Allgemeinen Preußischen Staats⸗Zeitung PE.

8 8 8

4

N

8 8

waͤre, ihrer Natur nach, gehaͤssig, die Graͤnzen uͤberschreitend und ohne alles gesetzliche Ansehen. Die Artikel 229, 230 und 232 des Grundgesetzes lauten wie folgt: Art. 229. Sollte die Erfahrung zeigen, daß Abaͤnderungen oder Zusaͤtze zu dem Grundgesetze nothwendig seyen, so sollen dieselben durch ein Gesetz bestimmt bezeichnet werden, welches zu gleicher Zeit diese Nothwendigkeit ausspricht. Art. 230. Dieses Gesetz wird an die Provinzialstaaten gesandt, welche in der durch dasselbe bestimmten Zeit den ordentlichen Mit⸗ gliedern der zweiten Kammer der Generalstaaten eben so viele außerordentliche Mitglieder beifuͤgen, welche auf dieselbe Weise wie die erstern gewaͤhlt sind. Art. 232. Die zweite Kammer der Generalstaaten kann

keinen Beschluß uͤber eine Abaͤnderung oder einen Zusatz zu

dem Grundgesetze u. s. w. fassen, wenn nicht zwei ittet der Mitglieder der Versammlung zugegen schluͤsse geschehen mit einer Stimmenmehrheit von drei Vier⸗ teln. Alle fuͤr ein abzufassendes Gesetz vorgeschriebenen Regeln sollen genau beobachtet werden. Man wird vielleicht fra⸗ gen, ob die Trennung der beiden großen Theile des Reichs auch eine von den Veraͤnderungen sey, die nur in der festge⸗ setzten Form geschehen koͤnnten? Wer diese Wahrheit aber bestreiten wollte, muͤßte das Tageslicht ablaͤugnen; doch wol⸗ len wir keine scheinbare Einwendung unbeantwortet lassen. Der Art. 1 des Grundgesetzes bestimmt die 17 Provinzen, welche, unabhaͤngig von dem Großherzogthum Luxemburg, das Koͤnigreich der Niederlande ausmachen, dessen Graͤnzen in dem Traktate der Europaͤischen Maͤchte auf dem Kongresse zu Wien, der am 9. Juni 1815 unterzeichnet wurde, angegeben sind. Die geringste Rectification der Graͤnzen dieser Provinzen kann nach den Worten des Art. 3 nur mittelst eines Gesetzes geschehen. Der Art. 97 bestimmt die Zahl der Mitglieder der zweiten Kammer und der von jeder Provinz zu schickenden Depu⸗ tirten. Der Art. 163 sagt: Es soll fuͤr das ganze Reich nur ein buͤrgerliches, ein Straf⸗, ein Handels⸗Gesetzbuch und nur ein Gesetzbuch fuͤr die Organisation der buͤrgerlichen Gewalt

und fuͤr die Civil⸗ und Kriminal⸗Prozedur bestehen. Der

Art. 202 bestimmt, es solle fuͤr das ganze Reich eine Rech⸗ nungskammer geben. Es ist also offenbar und nicht zu bestreiten, daß die Trennung der beiden Theile des Reiches mit zwei Kammern fuͤr jede der beiden Parteien, mit ver⸗ schiedenen Civil⸗, Straf⸗- und Handels⸗Gesetzbuͤchern, mit ver⸗ schiedenen Gesetzbuͤchern uͤber die Organisation der gerichtli⸗ chen Gewalt und fuͤr die Civil⸗ und Kriminal⸗Prozedur, mit zwei Rechnungs⸗Kammern, mit zwei Douanen⸗Gesetzgebungen mit zwei Haupt⸗Verwaltungs⸗Arten, so wichtige Veraͤnderun⸗ gen in dem Grundgesetze macht, und sein ganzes System dergestalt umwirft, daß sie nur mit Huͤlfe der drei von dem⸗ selben bestimmten Gewalten und in der darin vorgeschriebe⸗ nen Form geschehen kann.“

Der Courrier de la Meuse meint dagegen, der Koͤ⸗ nig allein, ohne die Kammern, habe schon die Befugniß, die Trennung Belgiens von Holland zu verordnen; denn die Vereinigung dieser Provinzen sey das Ergebniß eines Trak⸗ tates, den der Koͤnig, so wie jeden andern Traktat, abschließen und wieder aufheben koͤnne.

Der Franzoͤsische Gesandte am Niederlaͤndischen Hofe ist gestern mit seiner Familie nach Paris abgereist.

Neuerdings sind einige Deputirten hier eingetroffen, die sich der Erklaͤrung vom 3. Sept. angeschlossen haben.

Die nach dem Haag fruͤher gesandten Deputirten ven Namuͤr sind hereits von ihrer Mission zuruͤckgekehrt.

Aus Luͤttich ist die zweite Kolonne bewaffneter Einwoh⸗

ner, 400 Mann stark, mit Geld, Munition und zwei Feld⸗ 1

stuͤcken hier angekommen. Es hatte sich ihr ein Piquet Frei⸗ williger der staͤdtischen Garde von Jodoigne angeschlossen.

Luͤttich, 8. Sept. Gestern Abends ist Herr C. de Berlaymont mit großer Stimmen⸗Mehrheit zum Ober⸗Be⸗ fehlshaber der staͤdtischen Garde ernannt worden. Heute war große Revuͤe dieser Garde; 3000 Mann konnten unter den Waffen seyn; sie bildeten ein ungeheures Viereck auf dem St. Lambert⸗Platze. 8

Die Bewohner von Huy haben sich des Forts ihrer Stadt bemaͤchtigt. Nach dem Journal de la Pro⸗ vince de Lisge ist die oͤffentliche Meinung zu Luͤttich der Koͤnigl. Proclamation nicht guͤnstig. Die Stadt Verviers hat ebenfalls eine Adresse an den Koͤnig gesandt. Die

Truppen zu Tongres sollen viel durch Desertion leiden.

Ed

95