1830 / 281 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Wed, 06 Oct 1830 18:00:01 GMT) scan diff

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legung eines Gesetz⸗Entwurfes zur Organisation der Natio⸗ nal⸗Garden im ganzen Lande. Nachdem der Herzog von Broglie die Versicherung gegeben, daß dieses Gesetz bereits abgefaßt sey und unverzuͤglich den Kammern vorgelegt wer⸗ den wuͤrde, wurde die betreffende Bittschrift auf das Nach⸗ weis⸗Buͤreau niedergelegt und dem Minister des Innern uͤberwiesen. Kurz vor Aufhebung der Sitzung erfolgte

noch die Aufnahme des Hrn. v. Aulx de Lally, welcher von seinem verstorbenen Schwiegervater, dem Marquis v. Lally⸗ Tollendal, die Pairswuͤrde geerbt hat.

Deputirten⸗Kammer. Sitzung vom 30. Sep⸗ tember. (Nachtrag.) Nachstehendes ist im Wesentlichen die (gestern vorbehaltene) Antwort des Herrn Mauguin auf die Vortraͤge der Herren Dupin und C. Périer:

„Unter den Rednern, die an dieser Diskussion Theil genom⸗ men haben, besinden sich zwei, denen ich nicht antworten mag; ich muͤßte, wenn ich es thun wollte, Leidenschaften aufregen, die wir im Gegentheil beschwichtigen sollen, und unter den gegen⸗ waͤrtigen Umstaͤnden ist es unsere Pflicht, nicht zu trennen, son⸗ dern zu vereinigen. Nur den beiden Rathgebern der Krone, die

das Wort fuͤr das Ministerium ergriffen haben, will ich daher

entgegnen. Der erstere derselben hat anerkannt, daß meine gestrige Entwickelung des von mir gemachten Antrages gemaͤßigt gewe⸗ sen sey, und hat sich daruͤber sehr gewundert. Warum aber? sind wir denn nicht Freunde der Ordnung? Die Mehrzaͤhl der Mitglieder des Kabinets ist, ich darf es sagen, da der zweite RNedner selbst daran erinnnert hat, der Wahl des Koͤnigs durch die Volksgewalt vorgeschlagen worden, welche die Revoluütion des Juli geleitet hat. Keines der Mitglieder der gewesenen Muni⸗ zipal⸗Kommission kann daher in dem Verdachte der. Feindschaft gegen das Ministerium stehen. Aber dieses Ministerium handelt nicht und befdrdert nicht die Richtung, aus der es hervorgegan⸗ gen ist. Daher sind die Besorgnisse und die Angriffe auf dasselbe entstanden. Erst vor wenigen Tagen noch beklagte sich ein Mi⸗ nister uͤber unbestimmte Theoricen, desorganisirende Sa 8⸗ und Angriffe gegen das Eigenthum, und man muß es gestehen, die Mehrzahl derer, die an unserer Revolution Theil genommen haben, machte er der oͤffentlichen Meinung verdaͤchtig. Unruhe hatte sich in der Hauptstadt verbreitet, man glaubte eine zweite Revolution vor der Thuͤre. Derselbe Minister aͤußerte, von dieser Rednerbuͤhne

herab muͤßten nur gewichtige Worte ertoͤnen, die Ruhe und Frie⸗

den verbreiteten. Glaubte er auf diese Weise die oͤffentliche Mei⸗ nung zu beruhigen und Frieden zu verbreiten? Der erste der bei⸗ den Redner, denen ich heute antworte, hat Ihnen gesagt, wgs von Besorgnissen der genannten Art zu halten nen mit der ihm eigenen geistreichen Weise erzaͤhlt, daß man in der Tasche eines verhafteten sogenannten Republikaners ein Ge⸗ such um eine Praͤfekten⸗Stelle gefunden habe. Und diese Partei sollte gefaͤhrlich seyn? Will man noch laͤugnen, daß sie sich der neuen Ordnung der Dinge gaͤnzlich anschließt? (Allgemeines Ge⸗ laͤchter; eine Stimme: Ja und auch den Praͤfekturen.) Ganz richtig, und auch den Praͤfekturen. Wenn sie sich um diese Aem⸗ ter bewirbt, so ist es doch gewiß nicht ihre Absicht, dieselben zu vernichten. Die Volks⸗Vereine beunruhigen Sie! Wir brauchen, hat derselbe Redner geaͤußert, die Gesellschaften, wo man das Prinzip der Guͤtergemeinschaft lehrt, nicht zu fuͤrchten. aber, erwiedere ich, hat man alsdann die Gefahren so groß ge⸗ macht? Warum hat man Schrecken unter den Kaufleuten ver⸗ breitet und den oͤffentlichen Kredit erschuͤttert? Wer ist fuͤr die dadurch entstandenen Verluste verantwortlich, In dem Vor⸗ trage desselben Redners findet sich eine sehr richtige Bemerkung. Eraltirte Kaͤpfe erheben sich gegen bereits erworbene feste Stel⸗ luͤngen und betrachten Staͤnde, die der buͤrgerlichen Gesellschaft unentbehrlich sind, wie z. B. die 8 als Privilegien. Man sage ihnen aber, daß neben dem üund beruͤcksichtigt werden muß, daß waͤhrend der Revolution das Geschaͤft der Advokaten und Notare ganz frei gegeben war, und daß zu keiner Zeit die Privat⸗Interesse mehr gefaͤhrdet waren, und zu keiner Zeit mehr Unterschleife und Betruͤgereien stattfan⸗ den, als damals; deshglb mußten, sobald die Ordnung nur eini⸗ germaßen wiederhergestellt war, auch die alten Beschraͤnkungen wieder eintreten. Man sage dies jenen Hitzkoͤpfen, und man wird sehen, daß sie die Lehre der Vernunft und der Erfahrung anneh⸗ men werden. Auf die von mir vorgeschlagenen Organisations⸗ Mittel hat man durch einige Spoͤttereien geantwortet; uͤber den Plan, uͤberall Kommissarien hinzusenden, hat man gelacht. Die⸗ ser Gedanke ist aber nicht von mir; er ruͤhrt von einem großen Manne her, durch dessen Namen und Genie ich mich hinlaͤnglich gedeckt fuͤhle. Auch einige von mir vorgeschlagene Mittel, um

dem oͤffentlichen Wohlstande aufzuhelfen, sind als unausfuͤhrbar

dargestellt worden. Wir sind erst seit zwei Monaten Minister, hat man mir ironisch geantwortet. Allerdings bedurften Sie ci⸗ nen Monat Zeit, um Plaͤne zu entwerfen, und Sie beduͤrfen ei⸗ naes halben Jahres, um die Ausfuͤhrung derselben vorzubereiten. Aber um dem Lande Leben zu verleihen, bedurften Sie weniger

Zeit, als sie gebraucht haben, um Praͤfekte und Maires zu ernen⸗ nen. Ich habe von der Armee gesprochen; man hat mir ge⸗ aanntwortet, sie habe die Nationalfarben mit Begeisterung angenommen. Wer moͤchte dies laͤugnen? Hier ist aber

nicht von der Treue und Vaterlandsliehe der Armee, son⸗

halten sey; er hat Ih-

Warum

der Advokaten und Notare,

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dern von der Zahl der Regimenter die Rede. Ich sehr wohl, daß Frankreich vom Auslande nichts zu fuͤrchten hat. Beim ersten Einruͤcken eines Feindes wuͤrde das ganze Land sich erheben; man bedenke aber das Ungluͤck und die Verluste, die aus einer ungeordneten Vertheidigung hervorgehen wuͤrden. Mit dem wenigsten Verluste an Geld und Menschen zu siegen und selbst, indem man seine Streitkraͤfte entwickelt, den Krieg zu vermeiden, das ist das Geheimniß der Politik, das Ihnen unbekannt zu seyn scheint. Noch einen anderen Punkt des Vortrages des ersten Redners kann ich nicht unberuͤhrt lassen; er wollte naͤmlich die Geschicklichkeit des Ministeriums ruͤhmen und fand einen Beweis fuͤr dieselbe darin, daß es die Angelegenheit der Volks⸗Vereine so zu wenden gewußt habe, daß die Hauptstadt bewogen wurde, selbst die Schließung dieser Gesellschaften zu verlangen. Aller⸗ dings ist dies geschehen, und die National⸗Garde hat ohne einen von der Behoͤrde ausgegangenen Befehl jene Klubs geschlossen. Ist aber dies Verfahren der National⸗Garde nicht oroͤnungswi⸗ drig, und kann man ein Ministerium ruͤhmen, unter welchem die bewaffnete Macht ohne Befehle handelt? Haͤtte man dieses Re⸗ sultat dadurch erlangt, daß man absichtlich Schrecken in der Hauptstadt verbreitete, so muͤßte man diese Politik eine macchia⸗ velistische nennen. Auch den Vortrag des zweiten Redners, dessen Stimme Frankreich gern vernimmt, kann ich nicht ohne Antwort lassen. Nur mit Widerstreben wuͤrde ich ihn bekaͤmpfen, denn ich ehre seinen Charakter. Er hat sich geirrt, wenn er ge⸗ glaubt, ich haͤtte die Diskussion auf politische Gesetze leiten wollen. Dieser Stoff ist izu entzuͤndbar; ich habe es bercits gesagt und wiederhole es, daß man sich in Frank⸗ reich uͤber alle theoretischen Fragen leicht verstaͤndigen wird. Warum hat man uns aber die versprochenen Grundlagen der neuen Ordnung der Dinge vorenthalten? Man wuͤrde dadurch einer Aufregung der Gemuͤther vorgebeugt haben. Das Mini⸗ sterium muß wissen, daß die Kunst, zu regieren, darin liegt, den Beduͤrfnissen des Volkes zuvorzukommen. Man hat mir die von mir gebrauchten Ausdruͤcke „Sieger’ und „Besiegte“ vorgeruͤckt; ich rechtfertige dieselben durch Thatsachen. Eine Partei hat Frank⸗ reich funfzehn Jahre lang beherrscht; sie ist gefallen, und als sol⸗ che nenne ich sie eine besiegte. Fern von mir war dabei der Ge⸗ danke, Proscriptionen anzurathen. Die Munizipal⸗Kommission, deren Mitglied ich war, hat mitten unter der tumultuarischen Bewegung eines auf den Straßen und Plaͤtzen lebenden Volkes die Ordnung aufrecht zu erhalten gewußt. Niemand ist an sei⸗ ner Person und in seinem Eigenthum gekraͤnkt worden, und die Besiegten genossen denselben Schutz wie die Sieger. Die bestegte

Partci proskribiren, hieße den Sieg aufs Spiel setzen. Lassen Sie uns staͤrk seyn, den Staagt organisiren und dann unsern Feinden die Hand reichen. Lassen Sie uns denselben ihren Antheil an den Ehren und Vortheilen der Gesellschaft geben. Die gegen⸗ waͤrtige Zeit ist die der faͤhigen Koͤpfe; ob sie sich zu diesem oder jenem System, zu dieser oder jener Meinung geneigt haben, dar⸗ an ist wenig gelegen; die Herrschaft der Welt gehoͤrt der Intel⸗ ligenz an, uͤnd die Intelligenz wird stets auf Seiten der Ordnung und Freiheit seyn. Der ehrenwerthe Redner, dem ich antworte, hat selbst die Beschwerden der Opposition fuͤr gegruͤndet aner⸗ kannt; das Ministerium, so sagte er, habe noch nicht verstanden, dar Staatsruder recht zu erfassen, aber in Zukunft werde es zu regieren wissen. Regieren Sie also, aber nicht durch den Artikel 291 des Strafgesetzbuches, der von der Rednerbuͤhne herab ge⸗ branbzmarkt worden ist und den zwei der Minister selbst zwanzig⸗ mal uͤbertreten haben. Die Volks⸗Vereine sind unter den jetzi⸗ gen Unmstaͤnden nur ein Sandkorn im Staate. Regieren Sie, beschuͤtzen Sie Frankreich; Sie besitzen nur darum die Gewalt, um dem Lande Sicherheit zu verschaffen. Aber inmitten der Be⸗ wegung der Gemuͤther und der Dinge unbeweglich und unthaͤtig bleiben, wuͤrde fuͤr Frankreich das groͤßte ebel seyn. Regieren Sie, treffen Sie gute und kraͤftige Maaßregeln, das ist Alles, was die Opposition von Ihnen verlangt. Ich nehme das Ver⸗

als 2 „Mean 4 sprechen, daß Sie endlich regieren werden, an; dies war Alles Prinzip der Freiheit auch das Interesse der Erhaltung besteht 1 „daß ) reg 2 dies Ulles,

was ich wuͤnschte, dies war der eigentliche Sinn meiner Propo⸗

sition; ich nehme diese daher zuruͤck.“

Deputirten⸗Kammer. Die Sitzung vom 1. Oet. eroͤffnete Herr Enouf mit der Vorlesung einer von ihm her⸗ ruͤhrenden Proposition, worin er eine Untersuchung uͤber die in den Monaten Juni und Juli d. J. in der Normandie stattgehabten Feuersbruͤnste verlangte. Der Großsieg el⸗ bewahrer fand sich hierdurch zu folgender Erklaͤrung veran⸗ laßt: „Ich kann nicht unbemerkt lassen, daß ich seit meinem Eintritte in das Ministerium die eifrigsten Nachforschungen angestellt habe, um dem politischen Systeme auf die Spur zu kommen, das bei jenen Feuersbruͤnsten obgewaltet zu haben scheint. Jedoch ist mir solches bisher nicht gelungen. Ich werde daher an die General⸗Prokuratoren der betreffenden Departements neue Befehle dieserhalb ergehen lassen und habe mich zu diesem Behufe bereits mit dem Minister des Innern besprochen. Ich mag nicht behaupten, daß ich Hoff⸗ nung habe, die Wahrheit zu entdecken; die Kammer darf sich aber uͤberzeugt halten, daß ich meinerseits nichts verabsaͤumen werde, um die Untersuchung endlich zu einem befriedigenden Resultate zu fuͤhren.’“ Herr Enouf erklaͤrte, daß er nach dieser Versicherung und im Vertrauen auf das gegebene Wort seine Proposition zuruͤcknehme ; worauf H

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zu kommen.

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Dupont noch hinzufuͤgte, daß, da auch im Departement der Maine und Loire zahlreiche Brandstiftungen stattgefunden, er sich mit den dortigen Gerichts⸗Behoͤrden gleichfalls in Korrespondenz gesetzt habe, um den Thaͤtern auf die Spur Hiernaͤchst berichtete der Bicomte von Mar⸗ rignac uͤber den von der Pairs⸗Kammer ausgegangenen Gesetz⸗Entwurf, die Preß⸗ und politischen Vergehen vor die Geschwornen⸗Gerichte zu verweisen, und stimmte fuͤr die Annahme desselben, mit einer Aenderung des die politischen Vergehen betreffenden 7ten Artikels, hinsichtlich dessen er den Begriff dieser Vergehen weiter ausgedehnt und nament⸗ lich auch den oͤffentlichen Tadel der Maaßregeln der Regie⸗ rung von Seiten der Geistlichkeit und deren Korrespondenz mit fremden Maͤchten uͤber Religions⸗Sachen, so wie die gesetzwidrigen Volks⸗Versammlungen, zu den politischen Vergehen gezaͤhlt wissen wollte. Dem gemaͤß trug er auf folgende Abfassung des gedachten Artikels an: *) „Als solche (politische Vergehen) sind zu betrachten 1) die in den Kapiteln 1 und 2 Buch III. des Straf⸗Gesetzbuches, 2) die in den Sectionen 3, 4 und 7 des 3ten Kapitels desselben Buches und 3) die im Art. 9 des Gesetzes vom 25. aͤrz 1822 aufgefuͤhrten Vergehen.“ „Mit dieser Modification“, so schloß Hr. v. Martignac, „schlaͤgt Ihre Kommission Ihnen einstimmig die Annahme des betreffenden Gesetz⸗Entwurfes vor. Unter den ernsten Umstaͤnden, worin wir uns befinden,

muß Jeder, der sein Vaterland liebt, das Beduͤrfniß fuͤhlen,

das unlaͤngst erschuͤtterte gesellschaftliche Gebaͤude dauernd zu

befestigen. Wir hoffen,

daß das vorliegende Gesetz dazu H.

dienen werde, die Leidenschaften zu bezaͤhmen, die Besorgnisse

zu verscheuchen und Freiheit und Ordnung zu beschuͤtzen.

Die Geschwornen, deren Befugnisse Sie auszudehnen im

Begriff stehen, werden, gestuͤtzt auf das oͤffentliche Vertrauen und stark durch das Gefuͤhl ihrer Pflicht, sich durch keine Drohun⸗ gen einschrecken lassen und ihr Gewissen vor jenen verderblichen

Einfluͤssen zu bewahren wissen, wodurch alle Moralitaͤt untergraben

wird.“ Nachdem die Kammer beschlossen, sich mit diesem 1 vorigen Regierung ausgesprochen haben; Alles, was in dieser

Entwurfe am naͤchsten Montage zu beschaͤftigen, begannen die Berathungen uͤber das Gesetz wegen Abschaffung der beisitzenden Richter.

Diese Klasse von unbesoldeten und ab⸗ setzbaren Justiz⸗Beamten bei den Tribunalen erster Instanz

wurde durch das Gesetz vom 20. April 1810 in der Absicht

eingefuͤhrt, zu einer Zeit, wo fast alle jungen Leute die mili⸗ tairische Laufbahn waͤhlten, sich eine Reserve von Gerichts⸗ Personen zu bilden. Hr. Jacqutnot de Pampelune stimmte fuͤr die Aufhebung dieser Koͤrperschaft, da sich nicht in Abrede stellen lasse, daß durch die Versetzung der beisitzen⸗ den Richter von einem Tribunale an das andere die Stim⸗ men⸗Mehrheit gebrochen werden koͤnne. Herr Alkock sprach sich im Allgemeinen in demselben Sinne aus; eben so Hr. Daunant. Alle drei Redner erklaͤrten sich zugleich fuͤr das von der Kommission in Antrag gebrachte Amendement, auch die beisitzenden Raͤthe an den Koͤniglichen Gerichtshoͤ⸗ fen abzuschaffen. Nach einigen Bemerkungen des Herrn von Tracy verlas der Praͤsident den ersten Artikel des Gesetz⸗ Entwurfes, der von der Kommission in nachstehender Weise abgefaßt worden ist: 8 „Art. 1. Die Köoͤörperschaft der beisitzenden Richter bei den Tribunalen erster Instanz und die der beisitzenden Raͤthe bei den Koͤnigl. Gerichtshoͤfen sind aufgehoben. Die be. beisitzenden Richter und Raͤthe, die in diesem Augenblicke reesp, den Tribunalen und Gerichtshoͤfen des Reiches beige⸗ geben sind, sollen unverzuͤglich ihre Amts⸗Verrichtungen

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einstellen.“

nahm sich seiner ehemaligen Kollegen an und verlangte, daß man selbige unter der Bedingung beibehalte, daß sie hinfuͤhro ihr Amt nur an dem Gerichtshofe, dem sie attachirt worden, verrichten, nicht aber an einen andern Gerichtshof versetzt werden duͤrften. Herr Persil erklaͤrte, daß er von dem Pariser Koͤnigl. Gerichtshofe ausdruͤcklich beauftragt worden sey, zu verlangen und sich nur der Wahl neuer zu widersetzen. dr. Berryer sprach gleichfalls zu Gunsten dieser Beamten⸗ lasse und bemerkte, daß noch nie der Fall eingetreten sey, wo man einen beisitzenden Rath an einen andern Gerichtshof versetzt habe. „Ich benutze diese Gelegenheit“, fuͤgte der Redner hinzu, „um den Wunsch zu erkennen zu geben, daß man uns den verheißenen Schutz der Gesetze auch gewaͤhren, und daß die Freiheit, die uns fuͤr unsere Unterwerfung gebo⸗ ten worden ist, kein bloßes Hirngespinst seyn moͤge; ich will *) Die von der Pairs⸗Kammer beschlossene Abfassung des obgedachten Artikels, so wie des ganzen Gesetz⸗Entwurfes, siehe in Nr. 267. der St. Zeit.

die Beibehaltung der gegenwaͤrtigen beisitzenden Raͤthe

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dieser Erklaͤrung wurden

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dies hoffen, ungeachtet der taͤglichen Angriffe und jener Arr von Inquisition, die man sich hinsichtlich unserer Gesinnun⸗ gen erlaubt; unser Gewissen ist ein Heiligthum, in das die eifrigsten Freunde der Freiheit kein Recht haben einzudringen.“ Als der Redner nach diesen Worten die Tribune verließ, wurde er von mehreren Seiten aufgefordert, sich deut⸗ licher zu erklaͤren; er kehrte daher rasch wieder zuruͤck und fuͤgte hinzu: „Ich glaubte, daß nach dem, was von die⸗ ser Rednerbuͤhne herab schonungslos geaußert worden ist, meine letzten Worte Jedermann verstaͤndlich seyn wuͤrden. Ich habe gesagt, daß man unseren Gewissen nachspuͤre. Und in der That hat man mehr als einmal uns wegen un⸗ serer geheimen Meinungen heftig angefochten und uns dieser⸗ halb als Verschwoͤrer dargestellt, waͤhrend doch unser Verhab ten, unsre offene, redliche, und ich wage es zu sagen, hochher⸗ zige Stellung, wenn auch nicht uns den Beifall unsrer Geg⸗ ner erwerben, doch ihnen Achtung fuͤr die Loyalitat, die sie uns eingiebt, gebieten sollten.“ Nachdem Hr. Mérilhouerklaͤrt, daß die Regierung dem obigen Amendement der Kommission

beitrete, sprach sich Hr. Salverte zu Gunsten des obigen Antrages des Hr.

v. Schonen aus und aͤußerte demnaͤchst in Bezug auf die Worte des Hrn. Berryer: „Der ehrenwerthe Deputirte der obern Loire beklagt sich uͤber eine von ihm nicht hinlaͤnglich bezeichnete Rede, worin er, wie es scheint, eine Verletzung seines Gewissens erkannt hat. Ich meinerseits bin mir nicht bewußt, gestern etwas geaͤußert zu haben, wodurch derselbe sich beleidigt fuͤhlen koͤnnte; auch in der Rede des rn. B. Constant, die ich nochmals uͤberlesen habe, finde ich nichts, was die Beschwerde des Hrn. Berryer rechtfertigen könnte. Hat er dabei vielleicht die Eidesleistung im Sinne gehabt, so kann ich ihm nichts anders erwiedern, als daß Je⸗ der von uns seinen Eid unbedingt geleistet hat. Die Kam⸗ mer wollte nicht, daß irgend ein Vorbehalt daran geknuͤpft werde. Auch halte ich mich uͤberzeugt, daß keiner von uns einen solchen im Sinne gehabt hat. Allerdings haben wir uns gegen diejenigen erhoben, welche sich zu Gunsten der

Beziehung aber gesagt worden, ist persoͤnlich weder auf Hrn. Berryer noch auf einen seiner Freunde anwendbar.“ Nach die beiden obgedachten Antraͤge der Herren von Schonen und Persil verworfen und der 1ste

Artikel in der von der Kommission in Antrag gebrachten Ab⸗ fassung angenommen. folgenden Inhalts: „Den gegenwaͤrtig aus drei Richtern be⸗

Ein Zusatz⸗Artikel der Kommission,

stehenden Tribunalen soll ein vierter Richter mit demselben Gehalte beigegeben werden. Dieser vierte Richter tritt jedoch erst mit dem 1. Januar 1831 sein Amt an. In der Zusam⸗

menstellung der uͤbrigen Tribunale wird keine Aenderung vor⸗

genommen“ gab zu einer Diskussion Anlaß, in deren Laufe sich die Herren Pelet, Mérilhou und His vernehmen ließen, worauf die Fortsetzung derselben auf den naäͤchsten Tag verschoben wurde. Gegen Ende der Sitzung erhielt der Praͤ⸗ sident noch eine Botschaft der Pairs⸗Kammer mit der An⸗ zeige, daß diese Kammer in Folge des von den Deputir⸗ ten gefaßten Beschlusses wegen der Anklage der vorigen Mi⸗ nister sich am 4ten zu einem Gerichtshofe konstituiren werde.

Pearis, 2. Okt. Der Koͤnig arbeitete gestern mit den

Kinistern der auswaͤrtigen Angelegenheiten, des Innern und der Justiz. Mehrere Deputationen der National⸗Garden der Gemeinden des Seine⸗Departements machten Sr. Maj. ihre Aufwartung. J. Majestaͤt die Koͤnigin machte eine Spa⸗

b 6 zierfahrt nach Neutlly. Heerr v. Schonen, welcher selbst beisitzender Rath gewesen,

Durch eine Koͤnigl. Verordnung vom 30sten v. M. ist der Deputirte Herr Degouve de Nuncques statt des zum Kammer⸗Praͤsidenten befoͤrderten Herrn Deherain zum Rathe am Koͤnigl. Gerichtshofe hierselbst ernannt worden.

Als gestern Nachmittag der Herzog von Orleans sich nach der Pairs⸗Kammer begab, traten die im Hofe des Palais⸗Royal auf Wache stehenden Linien⸗Truppen und Na⸗ tional⸗Garden zum erstenmale ins Gewehr, praͤsentirten und trommelten.

Der Minister der auswaͤrtigen Angelegenheiten, Grafs Molé, sah vorgestern Abend zum erstenmale mehrere Mitglieder des diplomatischen Corps bei sich. Der Englische Botschafter, die Gesandten der Vereinigten Staaten, von Wuͤrtemberg und Sach⸗ sen waren zugegen. Auch den ehemaligen diesseitigen Gesandten am Koͤnigl. Niederlaͤndischen Hofe, Marquis von la Mous⸗ saye, bemerkte man unter der Gesellschaft. Der Privat⸗Se⸗ Fn des Grafen Molé, Herr von⸗Grouchy, ist im Be⸗ griff, reisen, da der Graf von St. Priest seinen Posten als diessei⸗

tschafter am dortigen Hofe niedergelegt hat.

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als interimistischer Geschaͤftstraͤger nach Madrid abzu-