1830 / 303 p. 4 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

29. dich loben wir“ abgesungen werden wird.

fruͤh auf das Zimmer kam und ihm ankuͤndigte, daß er ihn im MNamen des Volkes festnehme, meinte van Halen, es duͤrfte hm dies theuer zu stehen kommen, und er wuͤrde ihn noch an demselben Tage erschießen lassen. Der Buͤrger⸗Gardist ließ sich jedoch dadurch nicht zuruͤckhalten und nahm ihn nebst seinen Adjutanten mit Huͤlfe einiger anderen Gardisten fest. Man will die Bemerkung gemacht haben, daß seit der Arre⸗ tirung van Halens die Unruhen im Hennegau bedeutend nach⸗ gelassen haͤtten.

Herr Ch. Rogier ist von seiner Sendung nach dem

Hennegau zuruͤckgekehrt.

In Ath sind am vorigen Donnerstage Unruhen auf dem Getreidemarkte ausgebrochen, die jedoch von dem Platz-Kom⸗ mandanten durch zweckmaͤßige Maaßregeln gestillt wurden.

1 Luͤttich, 26. Okt. Auch hier sind gestern auf dem Ge⸗ treide⸗Markte Unruhen ausgebrochen, jedoch, wie unsere Zei⸗ ungen versichern, ohne uͤble Folgen nach sich zu ziehen.

Außer den bereits hier erscheinenden drei politischen Blaͤt⸗ tern soll nun noch ein viertes unter dem Namen „Le Ci- toyen“’ herauskommen.

Deutschland.

Dresden, 29. Okt. Se. Koͤnigl. Majestaͤt und des

Prinzen Mitregenten Koͤnigl. Hoheit haben es den Verhaͤlt⸗

nissen angemessen gefunden, die Stelle eines Commandanten von Dresden und Neustadt einzuziehen und geruhet, den der⸗ nalen als solchen angestellten General⸗Major v. Einsiedel der⸗ selben in Gnaden zu entheben und mit Wartegeld in Ruhe— sand zu versetzen.

Der naͤchstkommende Sonntag, als der 31. Oktober, dieses fuͤr den groͤßten Theil der hiesigen Einwohner ohnehin

sschon freudige Fest erhaͤlt im gegenwaͤrtigen Jahre durch ddie fuͤr diesen Tag angeordnete Einfuͤhrung der Kommun⸗ Repraͤsentanten, und als ein Fest des Dankes fuͤr die wieder⸗ hergestellte Ruhe und Ordnung, auch fuͤr die Gesammtheit der Einwohnerschaft, eine besondere Wichtigkeit. Eine so eben erschienene Bekanntmachung des Wirklichen Geheimen⸗ Raths und Kanzlers von Koͤnneritz, als beauftragtem Kom⸗ missarius, enthaͤlt das Naͤhere uͤber die an demselben statt⸗ findenden Feierlichkeiten. Der Anbruch des Tages wird durch drei Kanonenschuͤsse, das Gelaͤute der Glocken, so wie durch Gesang unter Trompeten und Pauken vom Kreuzthurm herab, verkuͤndigt. Der Stadt⸗Magistrat, die erwaͤhlten Repraͤsentanten aller hiesigen Kommunen und der genannte Kommissarius werden sich fruͤh sieben Uhr auf dem Rathhaus versammeln, und nachdem dort die Vor⸗ stellung der Repraͤsentanten erfolgt ist, in feierlichem Zuge in die Kreuzkirche verfuͤgen und daselbst dem Gottesdienste beiwohnen. Nach Beendigung desselben begiebt sich der Zug unter Anfuͤhrung der Geistlichkeit und Kreuzschule auf den Altenmarkt in das von der Kommunal⸗ und Buͤrger⸗Garde daselbst gebildete Viereck, woselbst zum Dank gegen den Hoͤch⸗ sten fuͤr die hergestellte Ruhe und Ordnung, unter Beglei⸗ tung von blasenden Instrumenten ein feierliches „Herr Gott Se. Koͤnigl. Ho⸗ heit der Prinz Mitregent und Se. Koͤnigl. Hoheit der Prinz Johann werden diese Dankfeier durch Ihre Gegenwart er⸗ hoͤhen und sich daher, so wie der Zug aus der Kirche tritt, vom Schloß aus auf den Altenmarkft begeben.

Leipzig, 28. Okt. Heute erschien im hiesigen Tage⸗ blatte, das vom Magistrat aus ergangene Programm, wegen der Feier des Reformationsfestes am Sonntage. An dem prachtvollen Zuge mit vielen Fahnen, werden die Staats⸗ und Stadtbehoͤrden, die Buͤrger⸗Repraͤsentanten und alle Korporationen der Innungen und der Buͤrgerschaft, die Uni⸗ versitaͤt mit Rector und Studirenden, die Corps der unifor⸗ mirten Buͤrgergarden, die Geistlichkeit, die Garnison u. s. w. Theil nehmen. Ein Fackelzug und eine Illumination werden die Tagesfeier beschließen.

Altona, 28. Okt. Das heute eintreffende hoͤchster freu⸗ llche Geburtsfest Ihrer Majestaͤt der Koͤnigin und Ihrer K. H. der Kronprinzessin Caroline wird in unserer Stadt mit der herzlichen Freude und Theilnahme gefeiert werden, wovon sich jeder Einwohner bei dieser frohen Veranlassung besonders durchdrungen fuͤhlt. Der Buͤrger⸗ und Militairstand, oͤffent⸗ liche und Privatgefellschaften, Alle beeifern sich die Liebe und treue Anhaͤnglichkeit fuͤr unser Koͤnigl. Haus, zu einer Zeit, worin das Gefuͤhl unseres, vor so vielen gluͤcklichen Zustandes, unter dem milden Scepter Frederik VI., doppelt lebendig in

uuns erwachen muß, an den Tag zu legen, und die Erhaltung

und das Gluͤck des erhabenen Paares und des ganzen Koͤnigl Hauses aus vollem Herzen von dem hoͤchsten Geber 2

) Vergl. Nr. 292 der Staats⸗Zeitung. S;ö.

1 8 2 3 1 25. Oktbr. Die Gazzetta di Milano vom 15. Okt. enthaͤlt folgenden Artikel: „Die Pariser Blaͤtter

scheinen keine Lust zu haben, nachdem sie mit Mailand ge.

schlagen sind, das Spiel aufzugeben. Nach den wichtigen Nachrichten, die sie uns von den Ufern der Seine uͤber das,

was bei uns vorgeht, geliefert, und die wir bereits geruͤgt

haben*), tritt nun der Constitutionnel auf, und behauptet:

„daß zahlreiche Truppen durch unsere Stadt ziehen, um sich

nach den verschiedenen Italiaͤnischen Staaten zu begeben, das

die Toskanische Regierung einigen Ungarischen Regimentern, die nach Neapel bestimmt waren, den Durchmarsch durchh ihre Staaten nicht habe gestatten wollen, diese Truppen da- her genoͤthigt gewesen seyen, den Weg uͤber Bologna einzu-⸗ schlagen; daß der Kardinal Bernetti derselben nicht habe erlau- ben wollen, Rasttag in der Hauptstadt seiner Legation zu. halten; daß man bisher alle Vorgaͤnge in Belgien zu Mai⸗ land sorgfaͤltig geheim gehalten habe ꝛc. ꝛc.“ Unsere Leser, welche sehr wohl wissen, daß sich nicht ein einziger Oester. reichischer Soldat nach irgend einem fremden Staate in Ita- lien in Bewegung gesetzt hat, daß man, um uͤber Bologna nach Neapel zu gehen, gar nicht noͤthig hat, Toscana zu passiren; daß unsere Zeitung von Anfang an, alle wich, tigen Begebenheiten in Belgien und anderwaͤrts mitgetheilt hat, und feregescgs h mittheilt, werden die Nachrichten, die in den Pariser Blaͤttern uͤber Italien geschmiedet uud ver⸗ breitet werden, ohne sich auch nur die Muͤhe zu geben, sie wenigstens einigermaßen wahrscheinlich, wenn auch nicht glaubwuͤrdig zu machen, sicherlich nach Gebuͤhr zu wuͤrdigen vwigeu“*“

Zuͤrch, 23. Okt. Durch Kreisschreiben vom 11ten d. hat der voroͤrtliche geheime Rath Bern den Staͤnden den Bericht des Obersten von Salis uͤber den Stand des von ihm genannten 7Iten Garde⸗Regiments zur Zeit seiner Auf⸗ loͤsung uͤbersandt; nach Inhalt desselben zaͤhlte das Regiment zu der Zeit 2077 Unteroffiziere und Soldaten. Beim Kampf in den Julitagen hatte es an Todten 2 Offiziere und 48 Unteroffiziere und Gemeinde, desgleichen 131 Verwundete. Es sind aber auch noch 84 Verschwundene verzeichnet, denen man nachfragt und vermuthet, daß manche derselben in der Hei⸗ math eingetroffen seyn duͤrften. *

In den Kanton Tessin war Herr Staatsschreiber May, als eidgenoͤssischer Commissair vom Vorort gesandt, am 3. Okt. von Bern abgegangen, weil der K. K. Oester⸗ reichische und der K. Sardinische Gesandte die Entfernung von geaͤchteten und gefluͤchteten Italiaͤnern und Piemontesern verlangt hatten, die dort sich sollten fuͤr ruhestoͤrende Plaͤne gesammelt haben. Die Nachfragen haben (der Neuen Zuͤrcher⸗Zeitung zufolge) gezeigt, daß die geschoͤpften Be⸗ sorgnisse zum Theil wenigstens grundlos waren. Herr May ist ein npaar Tage in Mailand gewesen, von wo er am 15ten zuruͤckkam; am 17ten sind indeß auch Abgeordnete beider vor⸗ gedachter Regiecungen in Lauis eingetroffen. Der voroͤrtliche Commissair ertheilte ihnen die erforderlichen Aufschluͤsse.

8.

1u““

Spanien. 2

Madrid, 14. Okt. Se. Majestaͤt der Koͤnig haben an den Minister der Justiz und der Gnaden, Don Tadeo Calomarde nachstehendes Dekret gerichtet: „Es ist Mein Wille, daß die Ehrenbezeugungen, die man dem Prinzen von Asturien schuldig ist, Meiner vielgeliebten Tochter Donna Maria Isabella Louise erwiesen werden, da sie Meine Erbin und legitime Thronfolgerin ist, so lange Gott Mir nicht einen maͤnnlichen Nachkommen schenkt. Gege⸗ ben in Unserem Pallaste am 13. Okt. 1830.“ Pariser Blaͤtter melden aus derseiben Hauptstadt und unter demselben Datum: „Vorgestern kam ein Courier aus Katalonien hier an, welchem gestern drei andere aus Arragonien, Guipuzcoa und Algesiras folgten. Heute wurde ein Courier nach Aragonien abgesandt, um den Marsch der Truppen zu beschleunigen, die sich nach Saragossa begeben, ein zweiter wurde an den General⸗Lieutenant Juan Ramirez Prozko, Befehlshaber des Lagers von St. Roch abgefertigt. Carthagena ist stark befestigt worden. In Folge dieses star⸗ ken Courierwechsels hat sich das Geruͤcht verbreitet, daß die unlaͤngst in Gibraltar gelandeten constitutionnellen Spanier in Andalusien eingedrungen seyen, und die Bewohner der Berge von Ronda aufgewiegelt haͤtten. Tarifa soll sogar von ihnen genommen seyn. Außer den von Frankreich aus

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eingeruͤckten Spanischen Fluͤchtlingen, hat der Pfarrer des Thales von Valdeorras, der sich schon im Unabhaͤngigkeits⸗ Kriege hervorthat, einen Aufstand bewirkt; es durchzieht mit seinem Haufen die Doͤrfer und richtet die Constitutionssteine wieder auf. In Murcia sind mehrere Moͤnche, die von der Kanzel herab zur Verfolgung der Negros aufgereizt hat⸗

ten, verhaftet worden.“ Vereinigte Staaten von Nord⸗Amerika.

New⸗York, 16. Sept. In der hiesigen Abendpost heißt es: „Die Gegner der Ober⸗Verwaltung und der Re⸗ gierung unseres Staates ruͤcken ernstlich ins Feld. Herr Clay ist der Mann, den sie zum Praͤsidenten der Vereinigten Staaten bestimmen und einer Albany⸗Zeitnng zufolge werden zwei Anti⸗Freimaurer als Kandidaten bei der zunaͤchst ein⸗ tretenden Wahl eines Gouverneurs und dessen Stellvertre⸗ ters vorgeschlagen werden. Zwei Senatoren des Staates Maine veranlaßten dort vor Kurzem eine oͤffentliche Versamm⸗ Inng, um genannten Staat fuͤr Herrn Clay zu stimmen. Beide hielten lange Reden, in welchen sie behaupteten, der⸗ selbe sey der geeigneteste Mann zum Praͤsidenten der Verei⸗ nigten Staaten. Es ist indessen kaum daran zu zweifeln, daß die bevorstehende Wahl alle diese Plaͤne vereiteln werde.“

Nach amtlichen Berxichten hat das Post⸗Amt der Verei⸗ nigten Staaten im ersten Vierteljahr dieses Jahres vergli⸗ chen mit derselben Epoche des vorigen Jahres eine Mehr⸗ Einnahme von ungefaͤhr 100,000 Doll. geyabt.

Der von London gefluͤchtete Banquier Rowland Ste⸗ phenson lebt dermalen in Bristol (Pensylvanien) in großem Glanze. Er haͤlt viele Dienstboten und Jagdpferde und ist im Begriff, sich ein neues Haus zu bauen. Sein Kommis, Lloyd, der mit ihm nach Savannah kam, ist fortwaͤhrend bei ihm, so wie ein Herr Horner, der G uͤnder des Kolosseums in London, zu dessen Erbauung Herr Stephenson eine an⸗ sehnliche Summe Geldes vorgeschossen hatte.

Die Volkszaͤhlung in Baltimore ergiebt eine Bevoͤlke⸗ rung von 80,519 Individuen; im Jahre 1820 belief sie sich auf 62,783, vermehrte sich also binnen 10 Jahren um 17,780 oder um beinahe 30 Procent.

7 In

Berlin, 31. Okt. Nach Inhalt einer im neuesten Amtsblatte der Koͤnigl. Regierung zu Achen enthaltenen Be⸗ kanntmachung, haben Se. Maj. der Koͤnig durch Allerhoͤchste Kabinets⸗Ordre vom 10. d. M. die Eingangsabgabe fuͤr das zur Inlaͤndischen Konsumtion bestimmte fremde Brodtgetreide, in den westlichen Provinzen bis zum Ende Julius 1831 auf⸗ zuheben geruht. 8

Nachrichten aus Muͤnster ufolge hat die Armen⸗ Verwaltung zu Laͤngerich im vorigen Jahre an die Duͤrfti⸗ gen der Gemeinde, außer 1373 Rthlr. 24 Sgr. baar, an Vik⸗ tualien, Korn ꝛc. nicht weniger als 195 Schfl. Roggen, 528 Schfl. Kartoffeln, 236 Klanken Hanf, 134 Bund Stroh, 4 Fuder Torf und 2 Fuder Holz vertheilt; sie faͤhrt fort, mit ruͤhmlicher Anstrengung fuͤr die Beduͤrfnisse der steigen⸗ den Armuth nach Kraͤften zu sorgen.

8

richten.

Wissenschaftliche Na „Svee

Duitiska. Denkmaͤler Deutscher Sprache und Literatur

aus alten Handschriften, zum erstenmale theils heraus⸗

gegeben, theils nachgewiesen und beschrieben, den Freun⸗

den Deutscher Vorzeit gewidmet von E. G. Graff. Stuttaart, bei Cotta, 1826 1830.

Die Anzeige eines Werkes, wie des vorliegenden, in unserem

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literaͤrischen Gegenstaͤnden nicht vorzugsweise gewidmeten Blatte rechtfertigt sich theils aus dem allgemeinen Interesse, welches dasselbe fr jeden Deutschen haben muß, theils durch die beson⸗ dere Bezichung, in der es zu unserem Staate steht.

Wenn, bis auf die neueste Zeit, eins der wichtigsten Inter⸗ essen Deutscher Vation, das, welches naͤchst der Religion ils das groͤßte Gemeingut uns verbindet, wenn die Deutsche Sprache und ihre Erforschung fast gaͤnzlich vernachlaͤssigt ward, so gehoͤrt dem Flsheten Jakob Grimm das Verdienst, zuerst von neuem dies Studium wieder erweckt und durch seinen Eifer, wenn auch nur wenige, aber desto tuͤchtigere Maͤnner erregt zu haben, welche die von ihm eingeschlagene Bahn muthig verfolgten. Seinem unglaublichen Fleiße, der Tiefe des Geistes, mit der er die Sprache erfaßte, verdanken wir die Darlegung des gesammten grammatischen Sprachschatzes nach threr bistorischen Entwicke⸗ lung; frei duͤrfen wir es sagen, Deutschland mag stolz seyn auf ein solches Werk, kein Volk kann Aehnliches aufweisen. „Gewichtig waren die Resultate, welche nach diesem Werke sich fuͤr die Verwandtschaft der Europaͤischen Sprachen unter sich und deren Beziehung auf das Sanskrit ergaben; Unter⸗

suchungen, welche, fruͤher schon von Franz Bopp begonnen, von jetzt an mit groͤßerer Sicherheit auch das Germanische zu- ziehen konnten. Es kann hier nicht der Ort seyn, zu zeigen, wie wichtig solche Ergebnisse fuͤr genauere Kenntniß unserer Mutter⸗ sprache waren, deren wesentlichen Zusammenhang mit dem Sans⸗ krit, dem Griechischen und Roͤmischen nur selbstgefaͤlliger alters⸗ schwacher Pedantismus laͤugnen kann; wir verweisen in dieser Ruͤcksicht auf eine neuliche, der allgemeinsten Beachtung dringend zu empfehlende Recension des Hrn. Graff in den „Jahrbuͤchern fuͤr wissenschaftliche Kritik“. Nachdem das grammatische Material somit eine gruͤndliche Bearbeitung gefunden, blieb nur noch ein wesentlicher Mangel, nur noch ein schwieriges Unternehmen, dessen Ausfuͤhruug Muth und Aufopferung neben der gruͤndlichsten Kenntniß im hoͤchsten 8 Grade erforderte, wir meinen die Sammlung und Bearbeitung des lexikalischen Schatzes unserer Sprache. Wahrlich, Muth ver⸗ langte ein Unternehmen, dem die Kraͤfte Eines, wenn auch des Tuͤchtigsten kaum gewachsen schienen. Denn unsere aͤltesten Sprachdenkmaͤler, entweder gaͤnzlich unbeachtet in Bibliotheken umkommend, oder doch nur Wenigen bekannt und zugaͤnglich, im guͤnstigsten Falle aber in hoͤchst fehlerhaften, ohne Sprach⸗ und Sachkenntniß angefertigten Ausgaben verbreitet, bedurften der Auffindung und der genauesten, sorgfaͤltigsten Abschrift oder Ver⸗ gleichung; eben so waren die zahlreichen Glossen⸗Sammlungen, theils zu den Buͤchern der Bibel, theils zu Profan⸗Skribenten, fast ganz vernachlaͤssigt; lexikalische Vorarbeiten waren uͤberall nicht vorhanden, denn wer duͤrfte jetzt noch die duͤrftigen An⸗ faͤnge Schilter's und Scherz's in Erwaͤgung ziehen? Solche Muͤhe nahm allein die Herbeischaffung des Materials in An- spruch! Nicht minder indeß bedurfte es der tiefsten Kenntniß und des hoͤchsten Scharfsinnes fuͤr die Bearbeitung. Wir gestehen, vom Standpunkte des Neu⸗Hochdeutschen mag dies erwas W trieben scheinen, anders stellt sich das Verhaͤltniß im Alt⸗Hoch-⸗ deutschen. Denn in unserer jetzigen Sprache sind die Worte ndem groͤßten Theile nach zu leeren Typen herabgesunken, ihr innerer 1e Zusammenhang ist verschwunden, ihr wahres Leben 8 1 So mag denn auch in ihrem Tode, eine mechanische wohlge⸗ faͤllige Reihe der Graͤber, etwa alphabetisch, recht bequem seyn und auch genuͤgen, aber in der Todesstaͤtte suche man nicht den Geist. Laßt die Todten ihre Todten begraben! Im frischen Aufkeimen unserer Sprache, in der vollen Kraft ihrer bildenden Jugend herrscht ein inneres maͤchtiges Leben, tief begruͤndet in dem Gei des Germanischen Volkes, nirgends Starrheit, uͤberall Aufkeimen, Bluͤhen, Wachsen. Aber das Lebendige duldet keinen starren Mechanismus, keine von Außen daran gebrachte Ordnung, fol⸗

gen sollen wir seiner Entwickelung, und wie nur der Geist das

eben ist, erfaßt nur der Geist das Lebendige. Solche tiefe In⸗ teressen indessen sind nicht Resultate momentaner guter Gedanken, sie gehoͤren jahrelangen ee; gruͤndlichem Erforschen des Ge-⸗ sammtslebens eines Volkes, als in welchem, wie in der Sprache, sein Geist sich offenbarend verwirklicht. Wenn demnach ein Ge-⸗

lehrter, wie Herr Graff, (der jetzt in unserer Mitte lebt, und dem wir nur die Mittel wuͤnschen, hier in der Naͤhe so vieler tuͤchtiger Sprachforscher sein Werk vollenden zu koͤnnen) vor zeahhnhn Jahren nun den Entschluß faßte, sich einem solchen Unternehmen zu un ers hg⸗ so muß die Mitwelt, wenn anders noch Sin) fuͤr vaterlaͤndische Forschungen in ihr ist, demselben ihren vollen Dank zollen, wobei aber freilich mit Worten nicht viel gethan ist. Auch blieb es bei solchen keinesweges. Ohne Unterstuͤtzung der Behoͤrde, war ein Werk, welches ein stetes Wandern von Bibliothek zu Bi⸗ bliothek des In⸗ und Auslaudes nothwendig machte, kaum aus⸗ fuͤhrbar. Der hochherzige Sinn unserer Verwaltung, welche jede groͤßere literaͤrische Unternehmung, vorzuͤglich wenn sie unser Va-⸗ terland betrifft, auf eine so edle und freigebige Weise unterstuͤtzt, gewaͤhrte dem Hrn. Verf. die Mittel, durch langwierige Reisen durch Deutschland, Frankreich, die Schweiz und Italien, sein roßartiges Unternehmen vorzubereiten. Als Resultate fruͤherer Forschung und als Vorlaͤufer des groͤßeren Werkes erschienden einstweilen die Alt⸗Hochdeutschen Praͤposttionen, zugleich als Be-⸗: leg der vom Verf. im Lexiko zu befolgenden Methode. Ref. 1uu“ es nicht wagen, uͤber dies Werk auch nur ein Wort des Lobes zu sagen, nachdem Grimm selbst und Benecke dem ausgezeichneten Ver⸗ dienste desselben und der tiefen Kenntniß des Verf. ihre volle Wuͤrdigung haben zu Theil werden lassen. 2 .

Von selbst ließ sich erwarten, daß Hr. Graff von den vielen, seither entweder gaͤnzlich unbekannten oder doch nicht verbreiteten Schaͤtzen der Alt⸗ und Mittel⸗Hochdeutschen Literatur, welche er mit der groͤßten Treue und Sorgfalt gesammelt, die wichtigern dem Publiko mittheilen wuͤrde. So entstand die Duitiska, welche, bis jetzt 9 Hefte in 3 Baͤnden umfassend, solchen Mit⸗ theilungen bestimmt ist. Aus dem Gesagten moͤchte es zuvoͤrdestr gebbrig erscheinen, wenn wir im Beginn dieser Anzeige das vor- iegende Werk in besondere Beziehung zu unserem Staate setzten, indem es offenbar dessen Vermittelung sein Erscheinen verdankt.

Es wuͤrde dem Zwecke dieser Blaͤtter wenig entsprechen, wenn wir im Einzelnen dem Inhalte des Werkes folgen wollten; genuͤgen muß es uns, allgemeinere Interessen Ee““ zu zeigen, einmal wie dasselbe nicht ausschließlich dem Sprachforscher angehoͤre, dann, welche Ergebnisse fuͤr des Verf. groͤßeres Unter⸗ nehmen aus ihm zu entnehmen sind.

Hoͤchst erfreulich muß es uns in erster Beziehung seyn, daß außer den Mitgliedern der hoͤchsten Preußischen Behoͤrde fuͤr Kul⸗

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