1830 / 314 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 02 Nov 1830 18:00:01 GMT) scan diff

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her deute, was in der Charte umgangen worden ist. (Un⸗ terbrechung.) Durch meinen Vorbehalt thue ich nichts weiter, als daß ich einem Prinzipe huldige, das Sie selbst, m. H., gewiß nicht verlaͤugnen werden.“ Hr. Dupin der Aelt. er⸗ wiederte Herrn Voyer d'Argenson: „Sie wollen einen Eid, unbeschadet der Fortschritte der Volks⸗Vernunft leisten. Diese Vernunft hat bereits große Fortschritie gemacht, vorzuͤglich was die Eide und die Verletzung derselben betrifft. Die Voͤl⸗ ker muͤssen, wie die Koͤnige, ihren Schwuͤren treu bleiben; vorzuͤglich aber sollen die Deputirten ihnen hierin mit gutem Beispiele vorangehen, sich dem Gesetze unterwerfen und in den vorgeschriebenen Formen schwoͤren. Es ist bereits in die⸗ ser Versammlung allgemein anerkannt worden, daß die Eides⸗ leistung unbedingt und ohne irgend einen Vorbehalt geschehen muͤsse. Sie koͤnnen daher keinen andeen Eid als den Ihrer Kollegen leisten; die Verflichtung ist fuͤr Alle gleich. Wollte jetzt, nachdem wir Alle unbedingt geschworen, Einer von uns seinen Eid motiviren, so wuͤrde keine Gleichfoͤrmigkeit mehr unter uns bestehen. Ich verlange daher, daß Herrn Voyer d'Argenson nochmals die Eidessormel vorgelesen werde, und daß er ohne Weiteres antworte: „Ich schwoͤre es.“ Voyer d'Argenson am Fuße der Rednerbuͤhne: „Ich er⸗ warte die Entscheidung der Kammer.“ Mehrere Stim⸗ men: „Die Entscheidung ist bereits erfolgt; schwoͤren Sie unbedingt.“ Herr Voyer d'Argenson: „Und wenn ich nun noch einmal mit demselben Vorbehalte schwoͤre, was wuͤrde die Folge davon seyn?“ Mehrere Stimmen: „daß Sie nicht aufgenommen wuͤrden.“ Der Praͤsident: „Herr dArgenson, schwoͤren Sie ohne Weiteres?“ Herr Voyer d'Argenson: „Wenn die Volks⸗Seuverai⸗ netäͤt nicht dekretirt worden waͤre, so wuͤrde auch das Revi⸗ sions⸗Recht nicht stillschweigend in der Charte enthalten seyn; so aber kann ich nicht anders als mit Vorbehalt schwoͤren und ziehe es daher vor, mich zu entfernen.“ Einige Depu⸗ tirte, untern Andern Herr Karl Dupin, verlangten jetzt, daß man uͤber die Zulassung des Herrn d'Argenson abstimmen lasse; diesem widersetzte sich aber mit Macht Herr Persil und erklärte kategorisch, daß wer den Eid nicht unbedingt leiste, auch nicht aufgenommen werden koͤnne. Mittlerweile hatte Herr Voyer d'Argenson bereits die Thuͤr erreicht und war im Begriff hinauszugehen, als er sich ploͤtzlich eines Andern besann und mit der Erklaͤrung umkehrte, daß er be⸗ reit sey den Eid unbedingt zu leisten, insofern die Kammer ihm nur die Versicherung geben wolle, daß derselbe weder direkt noch indirekt der Volks⸗Souverainetaͤt zu nahe trete. Auf die Erwiederung mehrerer Stimmen zur linken Seite, daß Niemand das Prinzip der Volks⸗Souverainetaͤt in Ab⸗ rede stelle, erklaͤrte Herr d'Argenson, auf Befragen des Praͤ⸗ sidenten, daß er den Ein, nach der von ihm abgegebe⸗ nen Erklaͤrung, leiste. „Ce n'est pas cela!“ rief man ihm indessen sogleich von allen Seiten zu. „Wohlan denn, Herr Praͤ⸗ Sen. aͤußerte Hr. d'Argenson, so verlesen Sie noch einmal die Eidesformel!“ und mit leiser Stimme antwortete er darauf: „Ich schwoͤre es!“ So endigte sich diese Scene, die der rechten Seite zu wiederholten Malen Anlaß gab, laut ihre Mißbilligung zu erkennen zu geben. Herr Laffitte ver⸗ langte hierauf das Wort und aͤußerte sich folgendermaaßen: „Meine Herren, Ich komme, Ihnen von dieser Rednerbuͤhne herab meine lebhafte Erkenntlichkeit fuͤr alle die Beweise des Wohlwollens auszudruͤcken, die mir in der Zeit, wo ich den Vorsitz in dieser Versammlung zu fuͤhren die Ehre hatte, von Ihnen zu Theil geworden sind. Haͤtte ich nur meinen Wuͤnschen folgen koͤnnen, so wuͤrde ich gewiß noch lange die⸗ sen Sitz behalten haben, zu dem Ihre Stimmen mich beru⸗ fen hatten, und auf welchem Ihre Nachsicht mich in der Ausuͤbung ehrenvoller und schwieriger Fanctionen eaͤglich unterstuͤtzte; ich habe aber einem hoͤhern Willen nachgeben muͤssen, welchem ungehorsam zu seyn ich und meine Kollegen fuͤr strafbar gehalten haben wuͤrden. Ernsten Begebenheiten Pe mißtrauten die besten Buͤrger, die gewandtesten Känner, ihren Kraͤften; nicht minder mißtraute ich den meinigen; aber der Koͤnig und Frankreich brauchten Mini⸗ ster (Stimme zur Rechten: Seyen Sie ganz ruhig; an Ministern wird es nie fehlen) und so gab ich, mit meinen Kollegen, der gebieterischen Nothwendigkeit nach. Der Zweck der Repraͤsentativ⸗Regierung ist, es mit allen Namen, allen faͤhigen und populaͤren Maͤnnern zu versuchen, sich ihrer zu bedienen und sie sogar dem Dienste des Landes zu opfern. Ein Jeder muß, wenn ihn die Reihe trifft, sich dieser furchtbaren Probe unterwerfen; die Umstaͤnde, nicht das Ver dienst, bestimmen die Dauer derselben; die Umstaͤnde sind fuͤr Alle schwierig gewesen und werden es auch kuͤnftig seyn. Jedermann ist es aber Frankreich und dem Koͤnige “*“*“

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schuldig, daß er sich mit ihnen messe. In meiner neuen Lauf⸗ bahn, m. H., werde ich ebenfalls Ihre Nachsicht und Ihren Beistand in Anspruch nehmen muͤssen; vergoͤnnen Sie mir, daß ich Sie darum ersuchen und darauf hoffen darf. Die oͤffentliche Ordnung zu befestigen, ohne die es keine wahre

Freiheit giebt, die Gesetze zu vervollstaͤndigen, zu verdessern und vorzuͤglich ihnen Achtung zu verschaffen, das gute Ver⸗

nehmen mit Europa aufrecht zu erhalten, und Allem vorzu⸗ beugen, wodurch dasselbe gestoͤrt werden koͤnnte, dies ist

die Pflicht und der Wunsch derer, denen der Koͤnig die Heil Denen, die

Verwaltung des Reichs anvertrant hat. auch nur einen schwachen Antheil an einem so schoͤnen und

edeln Werke haben! Wuͤrde ein solches Gluͤck mir zu Theil,

so koͤnnte dasselbe mich allein fuͤr die Chre, worauf ich heute verzichte, so wie fuͤr das große Opfer eutschaͤbigen, das ich

bringe, indem ich das hohe Amt, wozu der Köͤnig mich zu berufen geruht hat, annehme. Ich wiederhole Ihnen, m.

H., den Ausdruck meines Dankes und bitte noch einmal um Ihre Gunst und Ihren Beistand.“ Nach Beendigung dieser Anrede, die mit einstimmigem Beifall ausgenommen wurde, hob der Praͤsident (um Uhr) die Sitzung auf. Am folgenden Tage sollte die Verification der Vollmuchten fortgesetzt und zur Wahl des Praͤsidenten, so wie cines Vice⸗ Praͤsidenten, geschritten werden.

Paris, 4. Nov. Gestern Vormittag hatte der Contre⸗ Admiral von Rigny eine zweistuͤndige Audienz betm Koͤnige. Spaͤterhin hatte der Muͤnz Direktor Collot die Ehre, dem Monarchen Exemplare der neuen mit dem Bildnisse Sr. Majestaͤt geschlagenen Gold⸗ und Silber⸗Muͤnzen zu uͤber⸗ reichen.

Der Koͤnig wird heute im Palais⸗Royal an die vier Legionen des Weichbildes die dreifarbigen Fahnen ausrheilen.

In Lyon werden Vorbereitungen zu einem glaͤnzenden Empfange des Herzogs von Orleans getroffen, den man zum 15ten d. M. dort erwartet.

Nachstehendes ist ein Auszug aus dem Danksagungs⸗ Schreiben des Herrn Odilon Barrot an die Wähler des Eure⸗ Departements, worin der Constitutionnel die Politik des jetzigen Ministeriums erkennen will: „Sie haben mir, m. H., als Sie« mich zu Ihrem Deputirten waͤhlten, den Vorzug vor mehreren ehrenwerthen Mirbewerbern gegeben, die sich Ihnen durch große Talente und dem Lande geleistete Dienste empfahlen. Herr Dupont verlangte, ais er sich dei Ihnen fuͤr mich verwandte, daß Sie ihm einen Verfechter seiner Grundsaͤtze in der Kammer geden moͤchten, und Sie haben ihm einen solchen gegeben; zwischen seinen und meinen Prin⸗ zipien herrscht in der That die vollkommenste Uebereinstim⸗ mung. Nachdem wir in Folge der letzten Revolution eine Regierung gegruͤndet haben, die den Beduͤrfnissen des Lan⸗ des in jeder Hinsicht genuͤgt, muͤssen wir, meiner innigen Ueberzrugung nach, nur noch darauf bedacht seyn, sie zu be⸗ festigen. Wo sollen wir aber die Kraft unserer neuen Re⸗ gierung suchen? Hier theilen sich die Ansichten derer, die sich als vie aufrichtigsten Vaterlandsfreunde bewiesen und unter einem Paniere gefochten haben, ohne daß sie deshalb aufhoͤren, sich gegenseitig zu achten. Fuͤr die Einen han⸗ delt es sich darum, das Prinzip und die politische und ad⸗ ministrative Organisation der im Jahre 1814 wieder⸗ hergestellten Monarchie beizubehalten und dabei blos alle Unterschleife und Gewaltthäͤtigkeiten zu vermeiden; die An⸗ dern dagegen wollen die gedachte Regierung als eine ungluͤck⸗ liche Episode gaͤnzlich aufgeben und unsre Revolution von 1789 nach den seitdem gemachten Erfahrungen vollenden. Daher jene beiden Soysteme, die bereits vor den drei Juli⸗ tagen im Keime existirten, im (vorigen) Minister⸗Rathe ziemlich zu gleichen Theilen repraͤsentirt werden und durch ihr gegenseitiges Abstoßen jene Schwankungen herbeigefuͤhrt haben, wodurch die Wirkung des Gesetzes gelaͤhmt, das Ver⸗ trauen gestoͤrt, unsre Zukunft unsicher gemacht und zum Theil auch jene Unbehaglichkeit unterhalten wird, die der Handel und Gewerbfleiß empfinden. Ich halte es kaum fuͤr noͤthig, Ihnen zu sagen, welchem von beiden Systemen ich ange⸗ hoͤre. Unter der im Jahre 1814 wiederhergesteilten Monar⸗ chie konnte, mit Ruͤcksicht auf ihren Ursprung, immer nur von Zugestaͤndnissen an das Volk die Rede seyn. Un⸗ sere Revolution von 1830 hat den gesellschaftlichen Zu⸗ stand gerade auf das entgegengesetzte Prinzip, auf das des Jahres 1789, gegruͤndet. Sie hat die Freiheit der Buͤrger zum gemeinsamen Recht, und die im In⸗ teresse der oͤffentlichen Ordnung festzu etzenden Modisica⸗ tionen zu Ausnahmen gestempelt. Jede Freiheits⸗ Be⸗ schraͤnkung also, die durch die Nothwendigkeit der Erhaltung ee—.“]

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Alby,;. . . Hr. v. Falguecerol

der Ordnung nicht gerechtfertigt wird, ist gesetzwidrig, und zwanzig Ministerien wuͤrden umsonst alle ihre Ge⸗ wandtheit ausbieten, um sie einzufuͤhren. Das Mi⸗ nisterium wird sich durch Maͤnner ergaͤnzen, die sich von den Traditionen der vorigen Monarchie loszumachen wissen werden; durch Maͤnner, denen die Anarchie eben so zu⸗ wider als ihren Vorgaͤngern ist, die aber begreifen wer⸗ den, daß ungleich mehr Elemente der Anarchie in einem Verwaltungs⸗System liegen, das die moralischen und politi⸗ schen Beduͤrfnisse einer Nation, wie die unsrige, in allzu enge Graͤnzen einschließen will, als in einem solchen,

das diesen Beduͤrfnissen in vollem Maaße genuͤgt. Ich

werde das Ministerium alsdann nach allen meinen Kraͤften

Unterstuͤtzen. Im entgegengesetzten Falle aber werde ich zwar bei meiner Opposition die ganze Gewalt der Vernunft und den

vollen Eifer meiner Seele zu Huͤlfe nehmen, zugleich ader

auch mich unverholen jebwedem Versuche widersetzen, die of⸗ fene Berathung durch Gewalt und den gesetzlichen Einfluß

unserer Institutionen durch Unordnung und Aufruhr zu er⸗

E“ 1 Seee K Der Courrier frangais will wissen, daß der Mar⸗

schall Maison das Portefeuille der ausvaͤrtigen Angelegen⸗

heiten nur einstweilen augenommen, und daß er seinen fuͤr die Reise nach Wien schon in Bereetschaft gesetzten Equipagen keinen Gegenbefehl ertheilt habe. Herr Märilhou nahm gestern vom Ministerium des oͤf fent!ichen Unterrichts Besitz und empfing die Shefs der ein⸗ zelnen Abtheilungen. Der Herzog von Broglie hatte das Hotel bereits seit mehreren Tagen verlassen. 8 Die neuen Minister werben die ihnen gewoͤhnlich zur Bestreitung der ersten Einrichtungs⸗Kosten bestimmten 25,000 Fr. nicht beziehen. b Ern 27 meldet: „Statt der abgeschafften Mi⸗ nister ohne Portefenille sollen Unter⸗Staats⸗Secretaire er⸗ nannt werden. Man bezeichnet fuͤr diese Posten, welche durch die Zusammensetzung des jetzigen Ministeriums sehr wichtig werden, den Staatsrath Thiers fuͤr die Finanzen, die Staats⸗ raͤthe Baude oder Allent fuͤr das Innere, den General Hoaxo

fuͤr das Kriegswesen, den Konigl. Prokuarator Barthe fuͤr

die Justiz, den Schiffs⸗Capitain Hugon fuͤr die Marine, den

Grafen Lanjuinais fuͤr die aus waͤrmen Angelegenheiten.“

Der General⸗Major St. Cyr⸗Nagues ist zum Drektor der Personalien des Kriegs⸗Mintsteriums ernannt worden.

IIͤIͤ heutige Moniteur enthuͤlt nachträglich noch zwei von dem Grafen Molé kontrasignirte Koͤnigl. Verordnungen. Durch die erste (vom 22ten v. M.) wird der bisherige Chef

der ersten Abtheilung des Ministertums der auswaͤrtigen An⸗

ggelegenheiten, Hr. Serrurier, zum Gesandten dei den Nord⸗ Amerikanischen Freistaaten, und durch die zweite (v. 1sten d. M.) wird an dessen Stelle Hr. Desages, bisheriger erster

Secretair bei der Franzoͤsischen Gesandtschaft in Konstantino⸗

pel, zum Chef der gedachten Abtheilung im auswartigen De⸗

parzement ernannt.

In demselben Blatte befindet sich auch noch eine

sehr ausfuͤhrliche Koͤnigl. Verordnung wegen Reorganisation

der im Jahre 1817 in Brest auf dem Linienschiffe „Orion“ gestifteten Anstalt fuͤr die theoretische und praktische Unter⸗ weisung derjenigen jungen Leute, die sich der Marine widmen. Die Anstalt soll in der Folge den Namen See⸗Schule

fuͤhren und unter dem Oberbefehle eines Schiffs⸗Capitams

stehen, der 1 Fregatten⸗Capitain, 5 Schiffs Lieutenants,

1 Schiffs Prediger, 1 Verwaltungs⸗Commis, 1 Ober⸗Chirur⸗

us, 7 Professoren und die hinlaͤngliche Schiffs⸗Mannschaft - Unter⸗Offizieren, Seeleuten und Soldaten unter sich hat.

In den Departements⸗Wahl⸗Kollegien haben noch nach⸗

stehende Wahlen stattaefunden:

8 (der General Dufour, statt der Herren von Cahors,. . Sr Murat Sohn, 3 Seguy und Lentilhac; Privas, . 1 Rennes, Hr. v. Kermarecc er des Hrn. v. Tregomain); es (statt des Marquis von St. Gery);

Draguignan, Hr. Aubernon (statt des Hrn. v. Lyle⸗Taulane); d- Foe Durant, statt der Herren v. Roux und Marseille, Hr. Pataille, Pardesus.

begonnen. Mehrere Kommissionen versammelten sich vorgestern. Uebermorgen wird eine oͤffentliche Sitzung stattfinden.

Der Minister des Innern hat den Praͤfekten in Erin⸗ nerung gebracht, daß das unlaͤngst promulgirte Geset wegen

.. Hr. Cassaignolles (statt des Hrn. v. Blou);

Die Pairs⸗Kammer hat ihre legislativen Arbeiten wieder

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Anwendung der Jury auf Preßvergehen auch die fruͤhere ge⸗ setzliche Bestimmung aufhebe, wonach die Steindruͤcke und Kupferstiche einer vörgaͤngigen Censur unterworfen gewesen seyen; dagegen bleibe die Bestimmung, daß von allen erschei⸗ nenden Steindruͤcken und Kupferstichen Exemplare bei den Behoͤrden deponirt werden muͤßten, in Kraft; in allen Faͤllen, wo diese Deponirung unterlassen worden, sollten jene Blaͤtter gleich in Beschlag genommen werden. Fänden sich unter den deponerten Blaͤttern solche, welche den Praͤfekten anstoͤßig schie⸗ nen, so solle ein Exemplar derselben an den Koͤnigl. Prokurator geschickt werden, damit dieser untersuche, ob Grund zu einer gerichtlichen Verfolgung vorhanden sey. Die deponirten Blatter werden unter die Koͤnigl. Bibliothek und die des Ministeriums des Innern vertheilt. 1 Gestern fand die feierliche Eroͤffnung der Sitzungen des Cassationshofes, des Koͤnigl. Gerichtshofes und des Rech⸗ nungshofes statt. Es wurde diesmal keine heilige Geistmesse

zuvor gehalten. Der Cassations⸗ und der Rechnungshof hat⸗

ten diese Sitte ohnehin erst seit dem Jahre 1828 angenom⸗ men. Die drei Kammern des Cassationshofes versam⸗ melten sich unter dem Vorsitze des Grafen Portalis in Schar⸗ lach Roben. Nach einer kurzen Anrede des Praͤsidenten hielt Herr Dupin d. A. als General⸗Prokurator einen Vortrag, worin er nach einer Schilderung der Unabhaͤngigkeit, deren der Justiz⸗Beamte genießen muͤsse, die legislative Maaßregel rechtsertigte, wodurch das Prinzip der Unabsetzbarkeit der Richter bestaͤtigt worden ist. In dem Sitzungssaale des Koͤnigl. Gerichtshofes, wo alle Kammern unter dem Vorsitze des ersten Praͤfidenten, Baron Séguier, versammeit waren, hatte sich ein zahlreiches Auditorium eingefunden, um den Vortrag des ersten General⸗Advokaten, Herrn Bexrville, zu vernehmen. Nach einigen Bemerkungen uͤber den Einfluß der letzten Revolution machte er zum Gegenstande seiner Betrachtung die Wahrheit und Aufrichtigkeit, welche fortan der Wahlspruch der Regierung und der Gerichtshoͤfe seyn muͤzten. Gerechtigkeit sey die Wahrheit in den Gesetzen, und der Zweck der Urtheile sey kein anderer, als die Mani⸗ sestation dieser Wahrheit. Nachdem der General⸗Advokat einen tadelnden Ruͤckblick auf die vorige Negierung geworfen harte, schloß er mit einer Anrede an die Advokaten, für welche, wie er sich ausdruͤckte, der Eio steis eine Wahrheit gewesen sey. Auch der Rechnu ngshof hielt eine feierliche Sitzung in großem Kostuͤm. Der erste Praͤ⸗ sident, Marquis v. Barbé⸗Marbois, hielt eine Lobrede auf die Freiheit, deren Grundsaͤtze von den Beamten des Kollegiums stets im Herzen tief bewahrt worden seyen; er ruͤgte die Maͤngel der ehemaligen Verwaltung, die Erhoͤhung der Abgaben, das Anschwellen der Staatsschuld; der Rechnungshof habe oͤfter versucht, durch seine Vorstel⸗ lungen der Verschwendung Einhalt zu thun, sey aber nicht

gehoͤrt worden. Am Schlusse seiner Rere sprach er die Hoff⸗

nung aus, die neue Regierung werde in der Sparsamkeit das Mittel zur Erleichterung der Auflagen suchen und in dem Rechnungshofe bei diesem Bestreben thaͤtigen Beistand finden. Noch einer kurzen Aurede des General⸗Prokurators, Hrn. v. Schonen, an die Advotaten wurde die Sitzung auf⸗ gehoben. Die Advokaten aller drei Kollegien leisteten nach Beendigung der Vortraͤge den neuen Eid.

Nach der gestrigen Eroͤffnungs⸗Sitzung trat die Anklage⸗ Kammer des Koͤnigl. Gerichtshofes sogleich zusammen. Der

General⸗Prokurator, Hr. Persil, trug auf Verweisung des

Grafen v. Kergorlay und der Geschaͤftsfuͤhrer der Quoti⸗ dienne und Gazette de France vor die Assisen an. Auch in dem zweiten Prozesse der Quotidienne, welche in ihren Blaͤt⸗ tern vom 19. und 20. Okt. gemeldet hatte, der Koͤnig und die Koͤnigl. Familie haͤtten sich bei den letzten Unruhen nach Neuilly zuruͤckgezogen, trug der General⸗Prokurator sein Re⸗ quisitorium vor. Die Entscheidung des Gerichtshofes wird in einer spaͤtern gleichfalls geheimen Sitzung erfolgen.

Aus Bayonne vom 30. Okt. wird gemeldet: „Valdes ist damit beschaͤftigt, seine zerstreuten Truppen wieder zu sam⸗ meln, um noch einmal in Spanien einzuruͤcken. Er ist in den Gefechten gegen die Koͤnigl. Truppen nicht verwundet worden; auch das Geruͤcht, daß der General O Donnel sich erschossen habe, scheint ungegruͤndet zu seyn. Ueberall, wo man den Spanischen Ausgewanderten angehoͤrige Waffen und sonstige Kriegs⸗Effekten findet, werden dieselben von den Fran⸗ zoͤsischen Behoͤrden in Beschlag genommen. Vor einigen Tagen wurden in Oleron 450 Gewehre, 15,000 Patronen und ver⸗

konfiscirt; ein Gleiches ist in Arudy Alle diese Waffen waren fuͤr die In⸗

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