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jenige sey,
andeuten sollen; statt dessen erbitterte es ihn nur; er hielt die kluge Zuruͤckhaltung des Praͤsidenten fuͤr eine Verletzung sei⸗ ner Rechte als Buͤrger und als Pair und trug sein Schreiben selbst zum Redacteur der Quotidienne, welcher es in der Num⸗ mer seines Blattes vom 25. September in folgender Abfassung
bekannt machte (Ppel. Nr. 274 der Staats⸗Zeitung, wo dasselbe aausfuͤhrlich mitgethei ich sagen, die
t worden ist). Die Energie, ja fast moͤchte Verwegenheit dieser Protestation machte die Wohl⸗ gesinnten bestuͤrzt, und die Behoͤrde selbst war daruͤber gewisser⸗ maßen erstaunt, als der Graf von Kergorlay, das zwettaͤgige Stillschweigen der letztern fuͤr Schwaͤche haltend, der er den Todesstoß versetzen wollte, sein Schreiben in der Gazette de France vom 27. September wiederholen ließ. Ungcachtet unseres Ent⸗ schlhuses, der Presse den freiesten Spielraum, ijg fast den Miß⸗ rauch der Freiheit, zu gestatten, war es uns nicht moͤglich, diese Beleidigung ungeahndet zu lassen. Alle alten und neuen Prin⸗ cipien, die Rechte des gewesenen und des neuen Souverains, so
1 e 88 der Nation, waren in diesem Schreiben entstellt und ver⸗
kannt. Entweder mußte auf den Genuß der Wohlthaten unserer politischen Wiedergeburt verzichtet, oder diejenigen, die das Prin⸗ cip derselben auf diese Weise angegriffen, mußten gerichtlich ver⸗
folgt werden. Wir haben das Letztere gewaͤhlt.“ Herr Persil er⸗ waͤhnte hierauf der bei dem Koͤniglichen Gerichtshofe gethanen
Schritte und der (in Nr. 318 der St. Zeit. mitgetheilten) Ent⸗ scheidung, wodurch dieser sich fuͤr inkompetent erklaͤrte, so wie der Koͤnigl. Verordnung (vergl. Nr. 321 der St. Zeit.), wodurch der
Pairs⸗Hof zusammenberufen wurde. „Das Schreiben des Grafen
von Kergorlay“, fuhr er hierauf fort, „kann aus zwei verschiede⸗ nen Gesichtspunkten betrachtet werden, mit Hinsicht naͤmlich auf die politischen Grundsaͤtze, die er darin aufstellt, und die ich nicht angreifen wuͤrde, wenn sie nicht Vergehen konstituirten, und mit Hinsicht auf die von ihm kund gegebene Absicht, die Regierung des Koͤnigs der Franzosen anzugreifen und die vorige als noch bestehend darzustellen. Gleich zu Anfang fragt Graf von Ker⸗ gorlay, kraft welches Rechtes man einen Koͤnig gewaͤhlt und eine Charte verfaßt habe? Haͤtte er die Einleitung zu dieser Charte gelesen, so wuͤrde er erfahren haben, daß der Koͤnig erwaͤhlt und die Charte verfaßt worden sey: kraft der aus den Ereignissen des Juli und aus der allgemeinen Lage, in welche Frankreich sich in Folge der Ver⸗ letzung der Charte von 1814 versetzt sah, hervorge⸗ henden Nothwendigkeit. Er wuͤrde daraus ersehen haben, daß die als Princip aufgestellte Souverginetaͤt des diesem Volks das Recht verliehen hatte, einen Thron fuͤr erledigt zu erklaͤren, der sich weder zu erhalten noch zu vertheidigen gewußt, und zu dessen Vertbeidigung am Tage der Gefahr Niemand in Frankreich auf⸗
etreten war.“ Der Kron⸗Anwalt entwickelte hierauf das Princip der
olks⸗Souverainetaͤt naͤher und suchte darzuthun, daß mit Karl X. sen ganzer Zweig, und also auch sein Enkel, der Herzog von
ordeaux, des Rechtes auf die Thronfolge verlustig gegangen sey. „Ich frage Sie, m. H.“, fuhr der Redner dann fort, „was konnten alle diese Bemerkungen des Grafen v Kergorlay am Ende des Septembers d. J. noch nuͤtzen? Wenn er sie fuͤr wahr
8 1 dern, so konnte er sie in sein Inneres verschließen und sie zur
ichtschnur seines Benehmens machen. Aber sie in den oͤffentli⸗ chen Blaͤttern bekannt zu machen, sie als Waffe zum Angriff gegen die bestehende Regierung zu gebrauchen und durch sie vermeint⸗ liche Rechte Heinrichs V. begruͤnden zu wollen, der, wie er sich ausdruͤckt, zum Gluͤücke Frankreichs lebe und uns einst werde wiedergegeven werden, — das ist der hoͤchste Grad der Verwegenheit, die weder vor falschen Principien, noch vor deren verderblichen Folgen zuruͤckschreckt; das heißt mit kecker Stirn der bestehenden Regierung trotzen, Thron gegen Thron errichten und den Buͤrgerkrieg in das Herz des Landes tragen. Was wuͤrde der Graf v. K. sagen, wenn seine Principien, buch⸗ staͤblich genommen, eines unserer Departements zu bewaffnetem vagfhh⸗ bewogen und einen Buͤrgerkrieg, vielleicht sogar die Ein⸗ mischung fremder Maͤchte, herbeigefuͤhrt haͤtten? Lassen Sie uns den Blick von diesem Gedanken wegwenden; er ist zu schrecklich, aber wir haben zugleich ein Recht, nach dem Eindruck, den er in uns zuruͤcklaͤßt, die Groͤße des Vergehens zu ermessen. Dieses Vergehen wird im Art. 4. des Gesetzes vom 17. Mai 18t9 als Angriff auf die verfnussungsmaͤßige Autoritaͤt des Koͤ⸗ nigs bezeichnet. Der Angriff ist hier in die Augen springend. Graf v. Kergorlay bestreitet nicht nur diese Autoritaͤt, er setzt sogar eine andere an ihre Stelle, die des Koͤniglichen Kindes, das zum Gluͤcke Frankreichs lebe und einst wiederlehren werde. Wenn man solche Behauptungen ungtstraft aufstellen duͤrfte, so wuͤrden wir keine Regierung, keinen Koͤnig mehr haben. Unser Grund⸗ geset schließt Karl X. und alle Mitglieder des aͤlteren Zweiges es Hauses Bourbon auf immer von der Thronfolge aus und beruft den Herzog von Orleans und seine Nachkommen auf den Thron. Dt fentlich hehnuypten und drucken lassen, daß ein Ande⸗ rer als Er, daß ein Bourbon des alteren Zweiges Rechte auf die Krone behalte, heißt die gesetzlich bestehende Regierung angreifen und zu Haß und Verachtung gegen dieselbe aufreizen, heißt zum Ungehorsam gegen die Gesetze und zur Verletzung der Charte auffordern. Außerdem hat sich der Graf v. K. zwei andere Ver⸗ ehen zu Schulden kommen lassen, die wir aus besonderen Ruͤck⸗ ichten nur kurz andeuten wollen; er hat die Person des Koͤnigs verletzt, indem er behauptet, dieser sey unter allen Franzosen am wenig⸗ sten faͤhig gewesen, Frankreich zu retten, weil er unter Allen der⸗ dem die Usurpation, zu der man ihn aufgefordert habe, am meisten als ein Verbrechen habe erscheinen muͤssen.
Diese Beleidigung haͤtte sich der Briefsteller um so mehr erspare
koͤnnen, als es notorisch ist, daß, wenn deefer sg zegh die vaven der Regierung nicht haͤtte ergreifen wollen, Frankreich in eine Anarchie verfallen waͤre, aus der es nur nach langer Zeit und vielem Ungluͤcke haͤtte gerettet werden koͤnnen. Das letzte Ver⸗
gehen, das wir hervorzuheben haben, betrifft Sie, m. H.; es
geht aus dem Theile des Schreibens hervor, wo Graf K. behaup⸗ tet, daß Sie in eine Kommission verwandelt 8 deren Urtheil im voraus das Brandmal des Justizmordes hafte. — Graf K. hat sich also der schwersten Vergehen, der Beleftt. gung des Koͤnigs und der Kammern, des Angriffs auf die ver⸗ fassungsmaͤßige Autoritaͤt derselben und der Aufreizung zum Un⸗ bebrsam gegen die Gesetze schuldig gemacht, und wir verlangen insichtlich derselben strenge Gerechtigkeit von Ihnen, um die Unbesonnenen und Leichtglaͤubigen zuruͤckzuschrecken. Die Einen
wie die Andern muͤssen erfahren, daß es in Frankreich einen KF⸗
nig, eine Regierung und Gesetze giebt, die man nicht ungestraft verletzen darf. Ueber die zugleich mit dem Grafen K. vorgelade⸗ nen verantwortlichen Geschaͤftsfuͤhrer der beiden Blaͤtter habe ich nur einige Worte zu sagen. Sie sind die eigentlichen Urhe⸗ ber der oͤffentlichen Bekanntmachung jenes Schre ibens; ohne sie, ohne ihre Einwilligung waͤren die Vergehen, uͤber welche wir uns beklagen, nicht begangen worden; sie muͤssen daher mit dem Grafen K. zugleich verurtheilt werden. Unter diesen Umstaͤnden
auf an, daß es dem Hofe gefallen moͤge:
„Mit Hinsicht auf die Artikel 1, 2, 4 und 6 des Gesetzes vom 17. Mai 1819, so wie auf den Art. 4 des Gesetzes vom 25. Mai 1822, Grafe Pair von Frankreich, in Betracht, daß er sich durch sein oben angegebenes Schreiben des Angriffs auf die verfassungsmaͤßige Autoritaͤt des Koͤnigs, der Aufreizung zu Haß und Verachtung gegen die Regierung desselben und der Aufforderung zum Un⸗ gehorsam gegen die Gesetze schuldig gemacht hat, den Artikeln 2 und 4 des Gesetzes vom 17. Mai 1819 gemaͤß zu zweijaͤhri⸗ gem Gefaͤngniß und einer Geldbuße von 10,000 Fr. und, mit Hinsicht auf die eegesbwüsn Artikel der Gesetze vom 17. Mai 1819 u. 25. Mai 1822, so wie auf den Artikel 8 des Gesetzes vom 18. Julit 1828, wonach die Unterzeichner jeder periodischen Zeit⸗ schrift fuͤr den Inhalt derselben verantwortlich und allen ge⸗ setzlichen Strafen wegen der Bekanntmachung angeschuldigter Artikel oder Stellen, der Verfolgung gegen den Verfasser die⸗ ser Artikel oder Stellen unbeschadet, als Mitschuldige unter⸗ worfen sind; — so wie mit Hinsicht auf den Artikel 14 dessel⸗ ben Gestzes, wonach die Geldstrafen, in welche man wegen einer Bekanntmachun
Brian, Geschaͤftsfuͤhrer der Quotidienne, und v. Genoude Geschaͤftsfuͤhrer der Gazette de France, Jeden zu ljaͤhrigem Gefaͤngniß, und außerdem Herrn v. Brian zu einer Geldstrafe
1 S 88 Fen 2 die Serrss. v. dhhonge und Lubis zusam⸗ derselben Summe, und endlich sie insgesammt in die Prozeß⸗Kosten zu verurtheilen.“ 1 ges
Nach Beendigung dieses Vortrages erhob sich der Graf 8 von Kergorlay und hielt folgende Rede an die Ver⸗
sammlung:
„Meine Herren! Als es Seiner Majestaͤt Ludwig XVIII. gesiel, mich zum Pair zu erheben, hatte ich diese Wuͤrde weder nachgesucht noch gewuͤnscht. Ich zog die Functionen eines De⸗ putirten vor, wozu mich seit der zweiten Wiederherstellung der Monarchie die Stimme meiner Mitbuͤrger dreimal berufen hatte.
„
Ich glaubte, fuͤr den Fall, wo mir solche auch ferner zu Theil uͤnstigere Aussicht zu
werden wuͤrde, in der Wahlkammer eine haben, mich meinem Koͤnige und meinem Lande nuͤtzlich zu ma⸗ chen, als in der erblichen Kammer. Der Wille Ludwigs XVIII. beschloß es anders, und ich unterwarf mich demselben. Meine Erkenntlichkeit mußte also um so lebhafter seyn, als ich weder um seine, noch um seiner Minister Gunst jemals gebuhlt, hatte; der großmuͤthige Koͤnig wollte einen hohen Beweis seiner Guͤte dem Manne geben, dessen gute Gesinnungen er kannte, und der durch seine freie Meinungs⸗Aecußerung mehr als ein⸗ mal das Ungluͤck gehabt hatte, ihm zu mißfallen. Dreimal in
der Deputirten⸗Kammer und das viertemal in der Pairs⸗
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und aus diesen Gruͤnden tragen wir im Namen des Königs dar-⸗
den Grafen Florian von Kergorlay, ehemaligen
ner Bekanntn ig auf dem Wege eines Journals verfaͤllt, mindestens das Zweifache des von den Gesetzen gegen Preßes⸗ vergehen festgestellten Minimums betragen muß, die Herren v. *
Kammer leistete ich den Eid „„dem Koͤnige treu zu seyn und
der Verfassungs⸗Urkunde wie den Gesetzen des Landes zu gehor⸗-⸗ wie ich, geleistet; t nur gegen den
chen.¼% Diesen Eid, m. H., haben Sie alle wir alle begriffen, daß er uns zur Treue ni
Koͤnig, dem wir ihn leisteten, sondern auch gegen seine rechtmä-
ßigen Nachfolger verpflichte. Als ich diesen Eid in der Mitte meiner Kollegen leistete, glaubte ich gleichzeitig gegen Koͤuig, mein Land und Sie selbst die feierliche Verbindlichkeit
zu uͤbernehmen, de selben treu zu bleiben. Ich glaubte, daß meine
Kollegen eine aͤhnliche Verpflichtung gegen den Koͤnig, gegen Frank⸗
reich und gegen mich eingegangen waͤren. Wie kommt es daher,
daß ich heute als Angeklagter vor einem Theile dieser naͤmlichen Kollegen erscheine? Wie kommt es, daß ich sie heute als meine Richter mir gegenuͤber sehe? Ich habe ein Recht, dies zu fra⸗ gen und nach den Gruͤnden zu forschen. Man klagt mich nicht an, daß ich ijenem Eide, den wir alle geleistet, untreu geworden sey; gerade im Gegentheile bin ich wegen der nothwen⸗ Fesfn Folgen dieser meiner Treue zu meiner Rechtfertigung vor⸗
Es hat eine Revolution stattgefunden, in deren
Laufe ploͤtzlich ein General⸗Statthalter ernannt wurde. Der Kd⸗ nig ratisizirte diese unregelmaͤßige Ernennung, dankte mit seinem Sohne zu Gunsten des Herzogs v. Bordeaux ab, und im Ver⸗ trauen auf den ersten Unterthan des neuen Koͤnigs beauftragte er ihn, denselben proklamiren zu lassen. Statt dessen zogen 219 Deputirte es vor, am 7. August den Thron fuͤr erledigt zu erklaͤ⸗ ren, eine neue Charte, worin unter Anderm auch alle von Karl X. ernannten Pairs aus der erblichen Kammer gusgeschlossen wur⸗ den, zu erlassen und die Krone dem General⸗Statthalter anzutra⸗ gen; 89 Pairs traten an dem selhen Tage der neuen Charte und dem Koͤnigthume bei, indem sie zugleich erklaͤrten, daß sie uͤber die Ausschließung ihrer Kollegen nicht berathen koͤnnten und diesen Gegenstand der Klugheit des neuen Koͤnigs anheim⸗ stellten. uf welches Recht glaubt man sich zu solchen unerhoͤrten Thaten stuͤtzen zu koͤnnen? die Volks⸗Souverainetaͤt ist das Princip, auf das man sich berufen hat. Was ist aber ge⸗ schehen, um dieses Volk zu versammeln und zu befragen? Wer hat uns seine Stimme verkuͤndet? Wer hat sie uns verkuͤndigen koͤnnen? Paris, nach dem blutigen Siege des Juli, bot keinen andern Anblick als den der Bestuͤrzung dar. Die neue Regie⸗ rung hat es gewagt, sich auf die Zustimmung der Provinzen zu berufen. Diese haͤben aber die in Paris fuͤr sie und ohne sie be⸗ gangene Revolution erst erfahren, nachdem sie bereits beendigt war; sie haben die Nachricht davon mit duͤstrem Schweigen auf⸗ genommen. Und welche energischere Stimme als diese gab es, um ihre Mißbilligung auszudruͤcken? Das Stillschweigen ist die Stimme der Unterdruͤckten, nicht eine Bestaͤtigung der Gewalt⸗ thaͤtigkeit. Kein einziges Mittel ist der Nation geboten worden, uͤber die Revolution von 1830 ihre freie Meinung abzugeben.
Als Buonaparte nach seiner ersten Abdankung aufs neue die Zuͤ⸗
el der Regierung zu ergreifen suchte, legte er der Intelligenz eine so passive Unterwerfung auf; er suchte die Taͤuschung min⸗ der handgreiflich zu machen. Waͤhrend der hundert Tage wurden in ganz Frankreich Listen eroͤffnet und alle Buͤrger von dem neuen Herrn bei der Abstimmung uͤber die „Zusatz⸗Akte zu der Reichs⸗ Verfassung“” zugelassen. Durch einen Artikel dieser Akte nahm man sich heraus, allen Franzosen die Ausuͤbung ihres Rechtes, die Wieder⸗ herstellung der Dynastie der Bourbonen zu verlangen, zu untersagen. Die getreuen Herzen waren deshalb unwillig, und viele Buͤrger san⸗ den darin einigen Trost, daß sie durch die Bekanntmachuͤng der Gruͤnde ihres verneinenden Votums gegen jenen Angriff auf die theuerste unsrer Volksfreiheiten protestirten. Diese Bekannt⸗ machungen cirkulirten frei im Lande, und Buonaparte, der seine neue Usurpation durch einen Anstrich von Freiheit beschoͤnigen wollte, huͤtete sich wohl, nachdem er jene Protestationen durch seine Aufforderung zum Abstimmen selbst hervorgerufen hatte, sie vreheg; verfolgen zu lassen. Der buͤrgerliche Koͤnig ist ein solcher Freund der Freiheit; er hat die Nation uͤber seine Thronerhebung nicht befragt; nachdem er alle diejenigen, die dem Eide treu geblieben, ihren Functionen entrissen und ihnen sonach die Nothwendigkeit aufgelegt hatte, ihren Mitbuͤrgern zu sagen, weshalb sie aufgehoͤrt, das ihnen anvertraute Amt zu ver⸗ richten, hat er nicht unterlassen, die Bekanntmachungen der Gruͤnde der Eides⸗Verweigerungen gerichtlich verfolgen zu las⸗ sen. Die Revolutionen sind in der Regel der zufaͤllige Sieg einer kuͤhnen Minoritaͤt uͤber den unversehens uͤberraschen Na⸗ tional⸗Willen. Bald aber zerreißt der Schleier: Theoretiker und Banquiers wollen das Staatsruder fuͤhren; diese werden aber von jenen verlassen, und der Staats⸗Kredit geht zu Grunde. Nichtsdestoweniger ist die Macht usurpirt. Was soll man sa⸗ en? Was soll man thun? So fragen einzelne Stimmen der ctaͤubten Nation. Der Eine sagt: „Ich bin so lange meinem Eide treu geblieben, als der, dem ich ihn geleistet, den seinigen nicht verletzt hatte; durch diese hat er mich des meinigen entbunden; ich fuͤhle weder Bedenklichkeiten noch Gewissensbisse.“% Andere sagen: „„Sich der Gewalt unterwer⸗ fen, ist eine an sich erlaubte Handlung; wenn wir der bitteren Nothwendigkeit nachgeben, so koͤnnen wir noch unserem Lande nuͤtzen und unseren Mitbuͤrgern groͤßeres Unheil ersparen.““ Beide Argumente, obgleich sehr verschieden von einander, ja beide einander entgegengesetzt, haben mich indeß nicht uͤberzeugen koͤn⸗ nen. Was das System anbetrifft, wonach man sich bemuͤht, sein Gewissen dadurch zu beschwichtigen, daß man jede Bedenklichkeit ablaͤungnet, so hat dasselbe bei der Nation wenig Eingang gefun⸗ den. Viele Dinge sind dabei vergessen worden. Das Civil⸗Ge⸗ set auf dessen Princip man sich guͤben will, sagt allerdings, daß ie gesetzliche Aufloͤsung einer gegenseitigen Verpflichtung aus der Richtvollziehung von Seiten eines der Kontrahenten hervor⸗ ehe; es fuͤgt jedoch hinzu, daß eine solche Aufloͤsung nicht von echtswegen stattfinde, sondern daß sie vor Gericht verlangt werden muͤsse. Das Gesetz erkennt daher zu einer Entscheidung zwischen beiden Parteien die Rothwendigkeit eines hoͤhern Rich⸗ ters an. Einen solchen giebt es aber nicht zwischen einem Buͤr⸗ ger und seinem rechtmaͤßigen Könige. Man beruft sich auf einen allgemeinen Wunsch der Nation und behauptet, diesen zu ken⸗ nen, aber man huͤtet sich wohl, ihn zu konstatiren. In dem Pro⸗ zesse Ludwigs XVI. trugen dessen Vertheidiger auf eine Appella⸗ tion an das Volk an. Der Rational⸗ e vollkommen, was die Folgen hiervon seyn wuͤrden, und verweigerte daher seine Zustimmung. Ware heutiges Tages das Volk auͤfge⸗ fordert worden, zwischen Heinrich Deodatus und dem Sohne des Koͤnigsmoͤrders zu waͤhlen, wer in dieser Nersammlung wuͤrde es wagen, zu behaupten, daß er in Zweifel sey, fuͤr wen die Stimme der Nation sich erhoben haͤtte? Die Charte von 1814
Lonvent fuͤhlte aber
besagt, daß die Person des Koͤnigs heilig und unverletzlich sey. Alle, die ihren ersc im Jahre 1830 verjagt haben, Fagc 8* Charte beschworen und boten ihr also Trotz, wie die Richter Ludwigs XVI., als sie ihn zum Tode verurtheilten, der Verfas⸗ sung von 1791 trotzten, die ebenfalls dessen Unverletzlichkeit aus⸗ gesprochen hatte. Der National⸗Convent, Richter und Partei in dem Prozesse Ludwigs XVI., hoͤrte ihn, bevor er ihn verurtheilte, und ein junger Koͤnig, dessen Unschuld kein Gefuͤhl des Hasses zulaͤßt, kann sich nicht vernehmen lassen, um alle Her⸗ zen um sich zu sammeln. Doch genug, m. H., zu meiner Recht⸗ fertigung, daß ich mich nicht fuͤr das System bekenne, das alle Bedenklichkeiten und Gewissensbisse bei Seite setzt. Was das System derer betrifft, die, indem sie der Gewalt nachgeben, in ihren eigenen Augen eine Rechtfertigung darin finden, daß sie eine erlaubte Handlung begehen, von der sie sich Nutzen verspre⸗ chen, so muß ich mehr, als irgend Einer, den großmuͤthigen Maͤn⸗ nern, die sich in diesem Augenblicke der Vertheidigung der An⸗ geschuldigten widmen, meine Bewunderung und Erkenntlichkeit zollen. Laͤßt sich aber, mit Ausnahme einiger persoͤnli⸗ chen Lagen, nicht im Allgemeinen annehmen, daß die An⸗-⸗ haͤnger jenes Systems die Gewalt, der sie nachzugeben glau⸗ ben, uͤbertreiben, und daß der Nutzen, den sie sich davon verspre⸗ chen, nur sehr unbedeutend im Vergleiche zu dem Uebel ist, des⸗ sen Daseyn sie befestigen? Jener Grundsatz der Biegsamkeit, wonach man, je nach den Zeitumstaͤnden, bald diesen, bald einen andern Eid leistet, ist nicht der meinige, weil er einen zu niedri⸗ gen Charakter an sich traͤgt, und was die Gruͤnde anbetrifft, die man fuͤr dessen Nuͤtzlichkeit anfuͤhrt, so kann ich nicht umhin, zu finden, daß all der Nutzen, den man sich davon verspricht, immer nur von untergeordneter Art ist. Ich bin der Meinung, daß
ein dauernder fruchtbringender Nutzen allein dann stattfinden
kann, wenn man sein Betragen bestaͤndig nach den uns von dem Himmel zu Theil gewordenen Eingebungen der Ehre und Recht⸗ lichkeit abmißt. Zwei Beispiele haͤtten mich nachgiebig machen muͤssen, wenn ich haͤtte nachgeben koͤnnen; es sind dieienigen zweier Redner, die beide in der Deputirten⸗Kammer den Vorsitz gefuͤhrt haben, der Eine in den beiden ersten, der Andre in den beiden letzten Jahren der vorigen Regierung. Ich habe mich so lange bemuͤht, mich durch ihre Vortraͤge zu unterrichten, ich habe ihre ernste Beredsamkett und ihre Seelengroͤße stets in solchem Maaße bewundert, daß ich hinsichtlich ihrer nur Einen Wunsch oder Ein Bedauern fuͤhle; sie naͤmlich in einer bestaͤndigen vollkommenen Uebereinstimmung mit sich selbst zu finden oder nicht. In dem vorliegendem Falle ist der Grund meines Be⸗ dauerns der, daß sie nicht, wie sich solches fuͤr sie wohl
S. haͤtte, das alltaͤgliche Geleise verlassen, daß sie nicht hoͤ⸗
er von sich selbst gedacht hahen. Wenn sie sich die Reinheit
meines Herzens, verbunden mit dem siegreichen nevergewigf
ihrer Namen und ihrer beredten Worte, lebhaft denken, so muͤs⸗ sen Sie mir zugeben, daß kein Franzose ihnen widerstanden ha⸗ ben wuͤrde. Duͤrch die Annahme der von Ludwig XVIII. mir ver⸗ liehenen Pairswuͤrde bin ich zugleich die Verpflichtung eingegan⸗ gen, das damit verbundene Amt zu verrichten. Der Mißbrauch der materiellen Gewalt hindert mich jetzt, diese gesetzgehenden und richterlichen Functionen zu erfuͤllen, indem er die Ausuͤbung derselben der Bedingung einer neuen Eidesleistung unterwirft, die meinem Gewissen nicht zusagt. Ich war es daher mir selbst, so wie der Pairs⸗Kammer und allen meinen Mitbuͤrgern, schul⸗ dig, ihnen uͤber die Gruͤnde meiner Eides⸗Verweigerung Rechen⸗ schaft abzulegen. Der Prozeß, den ich zu bestehen habe, wird ein hetlame⸗ Schauspiel im Laufe der menschlichen Gerechtigkeit dar⸗ ieten. Maͤnner, die aus verschiedenen Vorwaͤnden ihren Eid ab⸗ geschworen haben, sind dazu berufen, uͤber die Gruͤnde zu richten, weshalb ich dem meinigen treu geblieben bin. Ich stelle diese Betrachtung ihrem Gewissen anheim. Aber noch ein anderer Ge⸗ danke faͤhrt mie durch den Sinn. Alle von Karl X. ernannten Pairs, so wie alle diejenigen, deren Ernennung von Ludwig XyIII. herruͤhrt, und die ihrem Eide treu geblieben, sind aus dieser Kam⸗ mer, wo ich sie als meine Richter zu reklamiren berechtigt bin, ausgestoßen worden. Ich protestire gegen eine solche Verstuͤmme⸗ lung des Pairs⸗Hofes und verlange, daß mir meine Protestation bescheinigt werde. Gleichwohl, m. H., erscheine ich vor Ihnen, weil man mir gedroht hat, daß ich im Nicht⸗Erscheinungsfalle auch ungehort gerichtet werden wuͤrde. Ich komme in Beglei⸗ tung meines Anwalts. Meine Vertheidigung wird nicht bloß von den hier anwesenden Pairs des Reichs, die allein befugt sind, uͤber mich zu richten, sie wird auch von meinen Mitbuͤrgern vernommen werden, denen ich gern alle Handlungen meines Ls⸗ bens unterwerfe.“
Nach Beendigung dieser Rede wurde die Sitzung einige Minuten lang unterbrochen. Sodann erhob sich Hr. Ver⸗ ryer zur Vertheidigung des Grafen v. Kergorlay. Zuvor richtete jedoch der Praͤsident noch fecssihe Worte an ihn: „Ich muß in diesem Augenblicke den Wink, den ich Ihnen bereits gegeben, daß Sie sich naͤmlich mit Anstand und Maͤ⸗ ßigung auszudruͤcken haben, wiederholen. Sie werden einse⸗ hen, daß, wenn unziemliche Aeußerungen aus dem Munde eines Angeschuldigten zu ertragen sind und durch die Lage, worin derselbe sich befindet, entschuldigt werden koͤnnen, die⸗ selben oder aͤhnliche Ausdruͤcke dem Advokaten nicht gestattet sind, sondern vielmehr von dem Gerichtshofe streng geruͤgt
8.
werden wuͤrden. Ich mache Sie hierauf besonders aufmer
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