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nig zu hoffen waͤre.“ Hr. Laffitte erklaͤrte hierauf: „Als der Herzog v. Ragusa zu uns aͤußerte, er hoffe aichts von diesem chritte, so konnte dies offenbar keinen Bezug auf Herrn von Pelignac haben, von dem noch gar nicht die Kede gewesen war. Die Besorgniß des Marschalls, daß sein Schritt keinen Erfolg haben werde, bezog sich auf an⸗ dere Personen, als auf Herrn von Polignac. Als der Her⸗ zog von Ragusa aus dem Zimmer des Fuͤrsten v. Polignac trat, habe ich weder in dem Ausdrucke seines Gesichts, noch in seiner Sprache eine Veraͤnderung bemerkt, die uns auf die Vermuthung haͤtte bringen koͤnnen, er habe ein Hinder⸗ niß von Seiten des Fuͤrsten erfahren.”“ — Die Aussage des Herrn Casimir Périer betraf ebenfalls nur die Unterredung mit dem Marschall, ohne daruͤber neue Details zu erge⸗ ben. — Von eben so geringem Interesse war die Aussage des Bataillons⸗Chefs von Guise, Adjutanten des Herzogs von Ragusa. Der einzige dabei zu erwaͤhnende Umstand ist, daß sie den Fuͤrsten von Polignac zu der Bemerkung ver⸗ anlaßte, es habe in den Julitagen zwischen dem Mar⸗ schall und den Ministern keine amtliche Korrespondenz statt gefunden; der Marschall habe dem Koͤnige direkten Bericht uͤber die Ereignisse erstattet; er seinerseits habe nur zweimal an den Koͤnig geschrieben, einmal nach dem Besuche der De⸗ putirten im Hauptquartier, das andere Mal, um dem Koͤnig uͤber die Ereignisse, die er vernommen, Angaben mitzuthei⸗ len. — Ein zweiter Adjutant des Herzogs von Ragusa, Herr v. Komierowsky, sagte Folgendes aus: „Am 26. Juli hatte ich in St. Cloud den Dienst beim Marschall; ein Garde, Offtzier unterrichtete mich beim Fruͤhstuͤck vom Erscheinen der Ver⸗ ordnungen; ich theilte diese Nachricht dem Marschall mis, der sie fuͤr unmoͤglich hielt; er schickte mich zum Herzoge von Duras und ließ um den Moniteur bitten; dieser erwiederte, daß mit Ansnahme des Koͤnigs noch Niemand ein Exemplar desselben habe. Gegen Mittag fuhr der Marschall nach Pa⸗ ris und kehrte erst Abends wleder nach St. Cloud zurück; der Koͤnig war in Rambouillet gewesen. Gegen 11 Uhr V wurde der Marschall zum Koͤnige berufen; worauf wir nach Pearis fuhren und uns zum Fuͤrsten v. Polignac begaben, bei welchem der Marschall einige Augenblicke verweilte. Von da verfuͤgten wir uns nach dem Lokal des Generalstabes, wo wir erfuhren, daß 200 Personen gegen Bagatelle anzoͤgen, um den Herzog von Bordeaux zu entfuͤhren. Auf Befehl des Marschalls ritt ich mit 60 Lanciers nach diesem Schlosse, wo sch aber Niemand mehr traf.“ Der Herzog von Bordeaur war nach St. Cloud gefahren. Am Mittwoch fruͤh schickte mich der Marschall zum Polizei⸗Praͤfekten, um ihn aufzu⸗ zufordern, Proclamationen an das Volk zu erlassen; dieser erwiederte, er werde es sogleich thun. Der Adjutant be⸗ schloß seine Aussage mit der aus dem Berichte des Grafen Bastard bekannten Erzaͤhlung seiner Fahrt nach St. Cloud, wo er dem Koͤnige das Schreiben des Herzogs von Ragusa uͤberreichte. — Einen Auszug aus den Aussagen des Gendar⸗ merie⸗Obersten Foucauld und des Professors Arago behal⸗ ten wir uns auf morgen vor. — Aus der Aussage des Marquis von Sémonville geben wir nur den zwei⸗ ten Theil, da der erste ganz eben so lautet, als die Er⸗ klaͤrung, die Herr von Sémonville vor der Instructions⸗ Kommission des Pairs⸗Hofes abgegeben hat, und die wir zu seiner Zeit ausfuͤhrlich mitgetheilt haben. „Der Marquis“, bemerkte der Praͤsident nach jenem ersten Theile der Aus⸗ sage, „beruͤhrt so wenig jetzt, als damals, das Gespraͤch, das er mit dem Koͤnige gehabt hat. Ich muß ihm indeß be⸗ merklich machen, daß das Zartgefuͤhl, welches ihn hieruͤber schweigen laͤßt, mit dem Eide nicht durchaus vereinbar ist, den er so eben geleistet hat und der ihm gebietet, nicht nur die Wahrheit, sondern die ganze Wahrheit zu sagen. Es lͤäͤßt sich nicht annehmen, daß ihm ein so wichtiges Gespraͤch- entfallen seyn sollte. Ich frage ihn daher, ob er in demsel⸗ ben wahrgenommen hat, daß der Koͤnig in einem verderbli⸗ chen Irrthume befangen war und etwa unter dem Einflusse
seiner Minister stand.“ — Hr. v. Semonville:
„Ich glaube und habe immer geglaubt, daß die Entschlie⸗ ßungen des Koͤnigs, die ich bei dem Eintritte in sein Kabinet pekaͤmpfen wollte, ihm persoͤnlich angehoͤrten und das Resultat eeeines zugleich politischen und religibs
eeeines zu en Systems waren. Haͤtte icch hieruͤber noch irgend einen Zweifel hegen koͤnnen, so waͤre er durch jene schmerzliche Unterredung vollends verscheucht wor⸗ den. Jedesmal, daß ich auf das System des Monarchen zu sprechen kam, wurde ich durch seine unerschuͤtterliche Festigkeit E er hielt das Gemaͤlde, das ich ihm von den n der Hauptstadt entwarf, fuͤr uͤbertrieben und glleaubte nicht an das Gewitter, das sich uͤber seinem Haupte und Erst, nachdem ich alle Ueberre⸗ pft und ihn selbst fuͤr das Loos verantwortlich
seiner Dynastie zusammenzog. dungskunst ersch o8
gemacht hatte, das er vielleicht der Dauphine bereite, erst nach⸗
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dem ich ihn gezwungen, aus meinem Munde zu hoͤren, daß dem Leben dieser Prinzessin Gefahr drohe, wenn man die Vorfaͤlle in Pa⸗ ris zufaͤllig auf dem Wege erfahre, den sie auf ihrer Reise zu beruͤhren habe, erst nachdem ich ihm frei erklaͤrt, daß er allein der Dauphine ein Ungluͤck bereite, das sie bis dahin noch nicht gekannt, naͤmlich
die Beschimpfung eines aufgeregten Volkes, — gelang esmir,
seinen Entschluß wankend zu machen. Thraͤnen traten ihm in die Augen, sein Kopf neigte sich auf die Brust, und er sprach mit leiser tiefbewegter Stimme: „Ich will meinem Sohne sagen, daß er schreibe und den Minister⸗Rath versammle.“ — Ueber den Fuͤrsten v. Polignac aͤußerte der Marquis v. Semonville sich. folgendermaßen: „Aus den Unterredungen, die ich mit dem Fuͤrsten gehabt, ergab sich nichts weiter, als verwirrte Verwaltungs⸗Plaͤne, die derselbe aus England mit heruͤber ge⸗ bracht hatte und die mir auf unseren gesellschaftlichen Zustand nicht anwendbar zu seyn schienen. Ich fuͤge hinzu, daß mir nie etwas Geschriebenes uͤber diese Plaͤne zu Gessich! gekommen ist, und daß sie immer nur der Gegenstand einer fluͤchtigen Unter⸗
haltung waren. Von einer Abschaffung der Wahlkammer ist da⸗
bei nie die Rede gewesen, sondern nuͤr von einer Erweiterung der Verrichtungen und Wuͤrden der Pairs⸗Kammer. Hr. v. Po⸗ lignac unterließ es dabei nie, mich zu fragen, wie diese Kammer sich wohl in der taͤchsten Session benehmen wuͤrde. Ich ant⸗ worlete ihm, daß, ihrem Mandate treu, nichts sie jemals bewegen werde, von der Bahn der Verfassung abzuweichen, und daß er (Polignac) die Meinung der Majoritaͤt in dieser Beziehung ken⸗ nen muͤsse. Hr. v. Polignac hat mir niemals, weder direkt noch indirekt, von Staatsstreichen gesprochen Vielmehr bemuͤhte er sich immer, mich in dieser Beziehung zu beruhigen, wo⸗ bei er jedoch mehrmals mein Mißtrauen bemerkt ha⸗ ben muß. Als ich im Monat Juni ins Bad reisen wollte, sah ich noch einmal Hrn. v. Polignae. „„Was ver⸗ stehen Sie denn eigentlich““, fragte ich ihn damals, „„unter
dem Geiste der Pairs⸗Kammer? Erklaͤren Sie sich deutlicher uͤber den Beistand, den Sie von dieser Kammer erwarten.““
Herr v. Polignac erwiederte: „„Waͤre es wohl moͤglich, daß die Pairs⸗Kammer unter gewissen Umstanden das Budget verweigern koͤnnte, vorausgesetzt, daß sich das Heil der Krone an die Bewil⸗ ligung desselben knuͤpfte“““ „Ohne Zweifel““, entgegnete ich, „„ und schon haben sich zwei Meinungen hieruͤber in der Pairs⸗ Kammer im voraus sehr bestimmt auͤsgesprochen. Wollte man z. B. irgend ein Gesetz in der Form eines Budgets heimlich ein⸗ fuͤhren, so wuͤrde dasselbe gewiß verworfen werden. In einem solchen Falle wuͤrde es selbst nichts fruchten, wenn die Regie⸗ rung 150 neue Pairs ereiren wollte. Nie wird die erbliche Kam⸗ mer ihre Befugnisse uͤberschreiten, um irgend eine Bahn zu be⸗ treten, wo Jedermann berechtigt waͤre, ihr den Gehorsam zu verweꝛgern.““ Nachdem die Verordnungen erschienen waren, er⸗ innerte ich Herrn von Polignac, bei einem Spaziergange auf dem Trocadero, an diese Erklaͤrung. Er sah damals den Ab⸗ grund, den er sich bereitet hatte, ein und aͤußerte ge⸗ gen mich: „„Sie sind an allem Ungluͤcke schuld!% ꝑDiese unvorsichtigen Worte wurden von mir lebhaft zuruͤckgewie⸗ sen „„Sie haben““, fuͤgte er hinzu, „„die Pairs⸗Kammer nicht umstimmen wollen.“ Ohne Zweifel bedauerte er es, daß er seinem System, von dem er viel erwartete, keinen Eingang hatte verschaffen koöͤnnen. Ich wiederhole uͤbrigens, daß Hr. von Polignac nie ein Wort gegen mich geaͤußert hat, wonach ich zu dem Glauben haͤtte ermaͤchtigt werden koͤnnen, daß er einen Staatsstreich im Sinne fuͤhre. Ich habe mich in dieser Bezie⸗ hung bis zum letzten Augenblicke getaͤuscht.“ — Herr von Po⸗ lignac: „Die weitlaͤuftigen Aussagen, die Sie so eben vernom⸗ men haben, veranlassen mich zu folgenden Erklaͤrungen. Ich bitte den Gerichtshof, die Lage zu beruͤcksichtigen, worin ich mich seit 5 bis 6 Monaten befinde. Was mich beruhigt, ist die Ueber⸗ zeugung, daß, wenn Sie mit der einen Hand das Racheschwerdt der Gesellschaft fuͤhren, Sie am andern Arme auch den Schild tragen, der die Unschuld beschuͤtzen soll. — Ich erklaͤre zu⸗ voͤrderst, daß uͤber die Unfaͤlle, die die Hauptstadt betroffen haben, zwischen meinen Kollegen und mir nie eine Meinungs⸗ Verschiedenheit geherrscht hat; wir haben sie alle aufrichtig be⸗ klagt. Hr. v. Semonville und noch ein anderer Pair, den ich nicht nennen mag, da er Richter in diesem Prozesse ist, kamen allerdings nach den Tuilerieen. Gleich nach der ersten Unterre⸗ dung, die ich mit Beiden hatte, uͤberzeugte ich mich, daß es fuͤr das Land ersprießlich waͤre, wenn ich sofort meinen Abschied naͤhme. Schon 15 oder 16 Tage vor der Unterzeichnung der Verordnungen hatte ich den Koͤnig um meine Entlassung gebe⸗ ten. Ein Gefuͤhl der Achtung, das ich niemals verlaͤugnen werde, hindert mich, die Gruͤnde anzugeben, die mich noch ferner im Ministerium zuruͤckhielten. Ich muß bevorworten, daß in dem Augenblicke, dessen Hr. v. Semonville erwaͤhnt, kein Mini⸗ ster⸗Rath gehalten wurde, sondern daß wir bloß versammelt wa⸗ ren. Wir theilten uns unsere Ansichten mit und erkannten, daß es Zeit sey, alles Moͤgliche zu thun, um die Verordnungen zuruͤcknehmen zu lasen. Was unsere laͤngst angebotene Ent⸗ lassung betraf, so sehnte unser Herz sich immer noch danach. Wir fuhren saͤmmtlich nach St. Cloud in der Absicht, den Koͤ⸗ nig zu bewegen, daß er die Verordnungen zuruͤcknehme. Wenn Hr. v. Semonville indessen behauptet, daß zwischen der Zeit, wo
ich mich in das Zimmer des Koͤnigs begab, und derjenigen, wo
ich ihn dorthin berufen ließ, nur 5 bis 6 Minuten verflossen, so hat ihn sein Gedaͤchtniß verlassen. Gleich nach meiner Ankunft in St. Clond ging ich, begleitet von dem Grafen v. Peyronnet,
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zum Koͤnige und erstattete ihm einen Bericht uͤber Alles, was ich gehoͤrt hatte. Ich machte ihm die im Vorzimmer befindlichen Personen nahmhaft und fuͤgte hinzu, daß ich es fuͤr wichtig und un amgänglich noͤthig hielte, nicht nnr die Verordnungen zuruͤck⸗ zunehmen, sondern auch das Ministerium zu veraͤndern. Nichts auf der Welt, sagte ich, soll mich bewegen, laͤnger im Ministe⸗ rium zu bleiben. Die Unterredung, die der Koͤnig mit Hrn. von Semonville hatte, konnte ihn nur in dem Entschlusse bestaͤrken, den ich ihn eben hatte nehmen lassen, naͤmlich: die Verordnun⸗ gen zuruͤckzunehmen und das Ministerium zu veraͤndern. — Ich ersuche den Gerichtshof, mir nur noch einen Augenblick seine Aufmerksamkeit zu schenken. Einer der Herren Kommissarien der Deputirten⸗Kammer aͤußerte gestern, daß es ihm nur um die Ergruͤndung der Wahrheit, sowohl in dem Interesse der Verthei⸗ digung, als in dem der Anklage, zu thun sey. Eine solche Sprache ziemt sowohl seinem persoͤnlichen Charakter, als demie⸗ nigen, den er in diesem Augenblicke bekleidet. Lassen Sie mich daher die Wahrheit untersuchen, wie sie sich aus den bisherigen Debatten ergiebt. Befragen Sie Ihr Gewissen, ob man wohl mit Recht von mir behaupten kann, daß ich mich geweigert, dem Blutvergießen Einhalt zu thun; es wird Ihnen antworten, daß es mir unmdglich war, anders zu handeln, und daß eine hoͤhere Gewalt mich wider meinen Willen fortriß. Wenn ich einerseits die Gefahr niemals gescheut habe, so scheue ich andererseits den bloßen Schein einer Unredlichkeit. Es blieb mir, sobald ich den ernsten Lauf der Ereignisse kennen lernte, nichts uͤbrig, als daruͤber an den Koͤ⸗ nig zu berichten; ich beeilte mich, solches zu thun und ihm zu erklaͤren, daß ich nicht laͤnger am Staatsruder bleiben koͤnnte, und daß die Verordnungen zuruͤckgenommen werden muͤßten. — Edle Pairs, vor denen ich von meinen Handlungen Rechenschaft ablegen muß, haͤtte die Charte mir nicht Sie als diejenigen Richter bezeichnet, vor denen ich zu erscheinen habe, so wuͤrde ich mich nicht gescheut haben, mich jener Pariser Einwohnerschaft gegenuͤberzustellen, die 3 Tage lang bloß aus Kriegern bestanden hat; auch mitten unter Leidenschaften und der Aufregung, die von politischen Ereignissen unzertrennlich sind, wuͤrde die Wahrheit den Sieg davongetra⸗ gen haben. Ich glaube mein Land hinlaͤnglich zu kennen, um mich uͤberzeugt zu halten, daß kein Franzose als Richter sich von den Leidenschaften des Volkes jemals wuͤrde beherrschen lassen, und daß er als Soldat keinen andern Feind kennt, als denjeni⸗ gen, der ihm auf dem Schlachtfelde entgegentritt.“ Am Schlusse der Sitzung wurde noch Herr Mauguin als letzter Zeuge eingefuͤhrt. Er erklaͤrte indeß, daß, da er seiner Zeit ein Mitglied der Instructions⸗Kommission der Depu⸗ tirten⸗Kammer gewesen sey, auch den Bericht dieser Kom— mission abgestattet habe, er als Zeuge nur vernommen wer⸗ den koͤnne, wenn die Angeklagten es besonders verlangten, indem es sonst gesetzwidrig sey, einen Instructions Richter als Zeugen zu vernehmen. Auf die Bemerkung des Vicomte von Martignac, daß die Angeklagten seine Vernehmung nicht verlangten, wurde er wieder abgefuͤhrt. Der Praͤsi⸗ dent befragte hierauf die Kommissarien der Kammer, die An⸗ geklagten und ihre Vertheidiger, ob sie vielleicht vor dem Schlusse des Verhoͤrs noch irgend eine Frage an einen der Zeugen zu richten haͤtten. Nachdem solches verneint worden, kuͤndigte er der Versammlung an, daß sonach am folgenden Tage der Kommissar der Deputirten⸗Kammer und die De⸗ fensoren sich vernehmen lassen wuͤrden. Die Sitzung wurde um 4 ½ Uhr aufgehoben. ö“ 1 “ “ WWWö Deputirten⸗Kammer. In den Sitzungen vom 16ten und 17. Dezember schritten die Berathungen uͤber den Gesetz⸗Entwurf in Betreff der Organisation der National⸗ Garde ohne irgend eine erhebliche Debatte vom Sten bis zum 19ten Artikel vor. Wir geben diese Artikel hier vorlaͤu⸗ fig bis zum 13ten inkl. (da der Moniteur die uͤbrigen 6 noch
nicht enthaͤlt) in der Abfassung, worin sie schließlich geneh⸗
migt wurden, nachdem wir ihnen noch die am Schlusse der Sitzung vom 15ten angenommenen Artikel 5. 6. 7., wovon der erstere, bloß behufs einer neuen Redaction, noch einmal an die Kommission verwiesen worden war, voranschicken: „Art. 5. Jene Organisation ist permanent; doch kann der Koͤnig die National⸗Garde an bestimmten Orten suspendiren oder aufloͤsen. — In beiden Faͤllen muß die National⸗Garde binnen Jahresfrist, von dem Tage der Suspendirung oder Aufloͤsung an gerechnet, aufs neue in Aktivitaͤt gesetzt oder reorganisirt werden, es sey denn, daß ein Gesetz diese Frist verlaͤngert. — In dem Falle, wo die National⸗Garde den gesetzlichen Reqguisitionen der Civilbehoͤrde kein Gehoͤr geben will, oder sich in die
Verfuͤgungen der Munizipal⸗, administrativen oder richter⸗
lichen Behoͤrden einmengt, kann der Praͤfekt sie proviso⸗ risch susvendiren. — Diese Suspension ist aber nur fuͤr 2 Monate guͤltig, wenn sie binnen dieser Zeit nicht bestaͤ⸗ tigt wird, oder der Koͤnig die Aufloͤsung des betreffenden
Corps verfuͤgt.“ “ Der Vorschlag des Herrn Lemercier, daß bei der Auf⸗ dantonal⸗Garde die betreffend
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Koͤnigl. Verordnung die Gruͤnde da u angebe, werde, als un⸗ politisch, verworfen. V 8 „Art. 6. Die National⸗Garden stehen unter der Au⸗ toritaͤt der Maires, der Unter⸗Praͤfekte, der Praͤfekte und des Ministers des Innern. — Wird die National⸗Garde ganz oder theilweise am Hauptorte des Kantons oder in einer andern Gemeinde als der Hauptort des Kantons zu⸗ sammengezogen, so steht sie unter der Autoritaͤt des Maire der⸗ jenigen Gemeinde, wo ihre Zusammenziehung, nach den Be⸗ fehlen des Unter⸗Praͤfekten oder Praͤfekten, statt findet. — Ausgenommen hiervon sind die gesetzlich bestimmten Faͤlle, wo die National⸗Garden zu einem aktiven Militair⸗Dienste in ihrer Gemeinde oder ihrem Kanton berufen werden und zu diesem Behufe von der Civil⸗Behoͤrde unter die Befehle der Militair⸗Behoͤrde gestellt worden sind.“ . „Art. 7. Die Buͤrger duͤrsen weder die Waffen er⸗ greifen, noch als National⸗Gardisten zusammentreten, wenn sie nicht den Befehl dazu von ihren unmittelbaren Chefs erhalten haben; eben so wenig duͤrfen diese einen solchen Befehl ohne eine gesetzliche Requisition Seitens der Civil: Behoͤrde, wovon dem versammelten Corps Mittheilung zu machen ist, ertheilen.“ 8 „Art. 8. Doch koͤnnen die Chefs, ohne vorherige Requisition, und nachdem sie die Munizipal⸗Behoͤrde davon benachrichtigt haben, alle erforderlichen Dispositionen tref⸗ fen und Befehle ertheilen, die sich auf den gewoͤhnlichen Dienst, auf die Musterungen und Uebungen beziehen. — Das auf den gewoͤhnlichen Dienst, auf die Musterungen und Uebungen bezuͤgliche Reglement muß zuvor, nach den Vorschlaͤgen des Kommandeurs, von dem Maire geneh migt und von dem Unter⸗Praͤfekten bestaͤtigr werden.“ „Art. 9. Wenn die National⸗Garden in Kantonal⸗ Bataillone oder Legionen organisirt werden, so kann der Praͤfekt 5 Tage im Jahre bestimmen, wo diese Ba⸗-⸗ taillone oder Legionen, an einem von ihm naͤher zu bezeich⸗ nenden Orte zusammentreten sollen, um das Marschiren und die militairischen Evolutionen zu erlernen. — Der Praͤfek kann die jaͤhrlichen Uebungen in den Gemeinden und Kan tonen seines Departements suspendiren, unter der Bedin⸗ gung, daß er sofort den Minister des Innern davon be nachrichtige.“
Der General Demargay aͤußerte sich uͤber diesen Ar⸗ tikel folgendermaßen: „Ich gehoͤre nicht zu denen, die ein Vorurtheil gegen die Errichtung der National⸗Garde hegen ich halte dieselbe vielmehr fuͤr unumgaͤnglich noͤthig. Weil ich aber wuͤnsche, daß die Buͤrger niemals dieser Institution uͤberdruͤssig werden, verlange ich, daß ihnen der Dienst 2 lichst erleichtert werde, und daß man sie nicht allzusehr mi . Uebungen placke. Man wird mir vielleicht antworten: „„Seht, was sich um uns her zutraͤgt; die Buͤrger treten von selbst zusammen, nicht blos an Sonn, sondern auch an Werkelta⸗ gen, ja sogar des Abends bei Licht.““% Dies beweist aber nichts weiter als den guten Geist und das gesunde Urtheil des Volkes, das die Wichtigkeit der Zeitumstaͤnde richtig zu wuͤrdigen weiß; vielleicht will es auch blos ein wenig die Mode mitmachen. Und man erwiedere mir ja nicht, daß diese letztere Betrachtung von keinem Gewichte sey: Alles Neue ist schoͤn. Wollt Ihr aber, daß die Buͤrger stets denselben Diensteifer zeigen, so geht mit den Opfern, die Ihr ihnen gesetzlich auflegen wollt, karg zu Werke; denn, beim Lichte betrachtet, sind es immer Opfer, die Ihr von ihnen verlangt: die Verlaͤugnung ihres Willens, ihrer Plaͤne, ja, wenn man will, ihrer Vergnuͤgungen. Ich glaube, daß der 9te Artikel des Gesetz⸗Entwurfes zu weit geht.“ — Dieser Artikel, wonach waͤhrend 5 Monate im Jahre, alle Sonntage die National⸗Garden zum Exerciren sollten versammelt werden duͤrfen, wurde hierauf in obiger Weise modificirt.
„Art. 10. Kein Offizier der National⸗Garde darf im gewoͤhnlichen Dienste Patronen unter die bewaffneten Buͤrger vertheilen lassen, es sey denn, daß er eine bestimmte Aufforderung dieserhalb erhalten hat; im entgegengesetzten Falle bleibt er fuͤr die Ereignisse verantwortlich.“
„Art. 11. Alle Franzosen in dem Alter von 20 bis 60 Jahren werden an dem Ovdte ihres wirklichen Domicils zum Dienste bei der National⸗Garde berufen. — Dieser Dienst ist obligatorisch und persoͤnlich, mit Vorbehalt der weiter unten bestimmten Ausnahmen.“
Zu diesem Artikel waren nicht weniger als 11 Amende⸗ ments gemacht worden, wovon sich die einen auf das Alter, die andern auf das Domicil und die dritten auf die Person der zum Dienste zu Verpflichtenden bezogen. Herr v. Sal⸗ vandy z. B. verlangte, daß man das Alter von 18 bis 60
Jahren annehme; diesem widersetzte sich Herr Berryer mit
Betnerken, daß die jungen Leute dadurch allzusehr in