an den beiden letzten Tagen in der Hauptstadt zugetragen. „Ohne Zweifel“, aͤußerte er, „werden Sie, m. H., die Be⸗ sorgnisse theilen, die diese Ereignisse mir einfloͤßen, und Sie werden es einem Deputirten des Seine⸗Departements nicht übel deuten, wenn er sich bei diesem Anlasse zum Dollmet⸗ scher der Kammer macht. Da die Unruhen noch fortdauern, so beschraͤnke ich mich darauf, einige Notizen uͤber den Ver⸗ lauf derselben zu verlangen. Sobald aber die Ruhe wieder hergestelt seyn wird, werde ich auf ausfuͤhrlichere Mitthei⸗ lungen uͤber die Ursachen jener Ereignisse antragen und auf die Maaßregeln hinweisen, die man haͤtte ergreifen sollen, um ihnen vorzubeugen.“
in der Hand, die Rednerbuͤhne und aͤußerte sich folgender⸗ maßen: „Die Aufforderung des vorigen Redners veranlaßt mich zu folgender kurzen Erklaͤrung. Zwei Journale, die Quotidienne und die Gazette de France, hatten dem Publikum angekuͤndigt, was die Regierung schon aus guter Quelle wußte, daß man naͤm⸗ lich den Pfarrer an der St. Rochus⸗Kirche ersucht hatte, eine Todtenfeier zum Andenken des Herzogs von Berry zu veranstal⸗ ten. Eine Regierung, meine Herren, die von ihrer Nationalitaͤt durchdrungen ist, wird gewiß nicht danach streben, eine strenge Herrschaft uͤber irgend eine religioͤse Feier auszuuͤben; doch war es erwiesen, daß der Parteigeist und der Haß gegen unsere In⸗ stitutionen sich jener Feier nur als eines Vorwandes bedienen wollten, um die politischen Leidenschaften aufzuregen und den Samen der Zwietracht guszustreuen; die Regierung mußte sich also in die Sache einmischen; da indessen das Gesetz ihr nicht er⸗ laubte, irgend eine Praͤventiv⸗Maaßregel zu ergreifen, so schritt sie in moralischer Weise ein. Ich wandte mich an den Erzbischof, um ihm begreiflich zu machen, von welchen nachtheiligen Folgen die in den Zeitungen angekuͤndigten Vorbereitungen fuͤr die oͤffentliche Ruhe seyn koͤnnten; ich wies darauf hin, wie es augenscheinlich sey, daß man nicht sowohl eine religioͤse Feier, als einen Aufruf an die politischen Leidenschaften im Sinne habe. Hiermit noch nicht zufrieden, ließ ich den Pfarrer an der St. Rochuskirche zu mir kommen und machte ihn mit meinen Ansichten vertraut. Dieser Geistliche, ich muß es zu seinem Lobe sagen, fuͤhlte voll⸗ kommen, daß, wenn er sein Gebet denen schuldig sey, die ein solches von ihm verlangen, er doch seine Haͤnde dazu nicht bie⸗ ten duͤrfe, sobald dieses Gebet den Charakter einer oͤffentlichen Hergusforderung annehme. Was geschah hierauf? Diese Da⸗ eischfneinft der Regierung in den Graͤnzen des Gesetzes wurde ffentlich bekannt, und am folgenden Tage las man in der Quo⸗ tidienne folgende Anzeige, „„Die Regierung hat die jaͤhrliche Todtenfeter verbieten saßen, die heute in der St. Rochus⸗Kirche dem Andenken des Herzogs von Berry gehalten werden sollte. Wir weisen diesen Akt der Behoͤrde vor den Richterstuhl des oͤffentlichen Gewissens.“% An demselben Tage erblickte man an den Thuͤren der St. Rochus⸗Kirche zwei Individuen, die den Ankommenden anzeigten, daß sie sich nach der Kirche St. Ger⸗ main l'Auxerrois zu begeben haͤtten. Hier zerriß der Parteigeist den Schleier, womit er sich bis dahin bedeckt hatte. Strafbare Handlungen wurden begangen, und sofort ereilte auch die Macht des Gesetzes diejenigen, die offenkundig an jenen Handlungen Theil genommen hatten. Weil nun Verhaftungen stattgefunden haben und ein gerichtlieches Verfahren eingeleitet worden ist, sollte die Verwaltung eigentlich Stillschweigen beobachten; doch kann sie es sich nicht versagen, Ihnen, m. H., bemerklich zu machen, daß die im Juli uͤberwundene Partei sich aufs neue zu regen beginnt, daß sie das beharrliche Fortschreiten der Regie⸗ rung auf dem Wege des Gesetzes fuͤr Schwaͤche haͤlt, waͤhrend sie darin allein das Gefuͤhl der National⸗Kraft und den festen Willen erkennen sollte, die gesetzlichen Graͤnzen niemals zu uͤber⸗ schreiten. Wenn die Aufruͤhrer mit neuen Plaͤnen hervortreten sollten, so moͤgen sie erfahren, daß die Regierung von dem Ge⸗ setze nie verlangen wird, was das Gesetz ihr verweigert; daß sie
sich aber auch mit all der Macht bekleiden wird, die das Gesetz
ihr verleiht. Es sind Frevel rer. worden, und sie werden nicht unbestraft bleiben. Dies war die Erklaärung, die ich abzu⸗ gehen hatte; die Regierung kennt den ganzen umfang ihrer Pflichten und wird sich bemuͤhen, sie zu erfuͤllen.“
Als nach Beendigung dieser Rede Hr. Mauguin das Wort verlangte, bemerkte der Praͤsident, es sey gebraͤuchlich gewerden, daß, wenn ein Deputirter von dem Ministerium Aufschlässe verlangen wolle, er vorher den Tag ankuͤndige, an welchem er solches zu thun beabsichtige. Da nun Hr. Salyvepte erkloͤrt habe, daß er zur gelegenen Zeit ausfuͤhrli⸗ chere Erklaͤrungen gls die jetzige von den Ministern begehren wolle, so moͤchte es wohl angemessen seyn, diesen Zeitpunkt abzuwarten, bevor man sich in eine Eroͤrterung uͤber den be⸗ regten Gegenstand einlasse. Diese Aeußerung veranlaßte zwei⸗ Mitlleder der linken Seite zu der Bemerkung, daß der Praͤ⸗ sident gesetzlich keine Meinung abgeben und nicht mit berath⸗ schlagen duͤrfe. Hr. Cas. Poérser erwiederte, daß dies auch nicht seine Absicht sey; er habe nur die Versammlung darauf aufmerksam machen wollen, ob es nicht besser sey, Hrn. Mauguin erst an dem Tage das Wort zuzuerkennen, wo Hr. Salverte neue Aufschluͤsse ve
1“
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Der Minister des oͤffentli⸗ chen Unterrichts bestieg hierauf, mit zwei Zeitungsbläͤttern 1 1 jetzt, daß ein Detaschement der National⸗Garde einen Volks⸗
langen und das Ministe⸗
rium darauf vorbereitet seyn wuͤrde. Hr. Mauguin begnuͤgte sich hierauf mit der Erklaͤrung, die Kammer moͤge die Debatte nicht als geschlossen, sondern nur als vertagt betrachten; er behalte sich vor, sobald die Ruhe wieder hergestellt worden, ausfuͤhrlichere Mittheilungen von dem Ministerium zu for⸗ dern. — Die Berathungen uͤber das Municipal⸗Gesetz wur⸗ den jetzt wieder aufgenommen, bald aber durch ein großes Geraͤusch auf der Straße aufs neue unterbrochen. Mehrere Deputirte der linken Seite verließen ihre Plätze und begaben sich nach dem anstoßenden Konferenz⸗Saale, um zu erfahren, was es draußen gebe. Die Minister entfernten sich ebenfalls, auch der General Lafayette und Hr. Odilon⸗Barrot. Nach 10 Minuten kehrten aber alle wieder zuruͤck, und man erfuhr
haufen, dessen Absichten (wie das Journal des Dobats be⸗ hauptet) von der bedenklichsten Art gewesen, auseinander ge⸗
jagt habe. Es wurde eine blau und gruͤne Fahne, auf deren
Knopf man eine rothe Muͤtze gesetzt hatte, umhergetragen; des Fahnentraͤgers selbst, der in der andern Hand eine Art von Dolch fuͤhrte, hat man nicht habhaft werden koͤnnen. — Der 19te Artikel des Gesetz⸗Entwurfes wurde unter einer ungemeinen Bewegung in nachstehender, von Hrn. Prunelle vorgeschlagener und von Hrn. Gillon modtficirter Abfassung angenommen: w „Art. 19. Die Municipal⸗Conseils treten jaͤhrlich Amal, am 15. Februar, Mai, August und November, zu⸗ sammen; jede Session kann 10 Tage dauern. Erheischen die zu verhandelnden Gegenstaͤnde eine Verlaͤngerung, so setzt der Maire den Praͤfekten davon in Kenntniß. — Au⸗ ßer jenen 4 Sessionen kann der Maire, sowohl aus eigner Bewegung, als auf den Antrag von mindestens dem vierten Theile der Gesammt⸗Mitglieder des Conseils, eine außeror⸗ dentliche Versammlung zusammen berufen. — Der Maire hat den Praͤfekten von dem Zeitpunkte und den Gruͤnden solcher außerordentlichen Versammlungen zu unterrichten.“ „Herr Marchal trug auf folgenden Zusatz zu diesem Ar⸗ tikel an: „Die Sitzungen der Municipal⸗Conseils sind oͤffent⸗ lich, es sey denn, daß 3 Mitglieder die geheime Berathung verlangen. Die Pruͤfung des Budgets und des jaͤhrlichen
Abrechnungs⸗Abschlusses muß immer in oͤffentlicher Sitzung
geschehen.“ Dieser Antrag wurde indeß verworfen. 3 nachstehenden Artikel gingen ohne irgend eine erbebliche
Debatte durch.
„Art. 20. Der Praͤfekt oder der Unter⸗Praͤfekt ver⸗ fuüͤgt die außerordentliche Zusammenberufung der Muniri⸗ pal Conseils oder giebt auf den Antrag des Maire seine Zustimmung dazu, so oft das Interesse der Gemeinde eine solche Zusammenberufung erheischt. — In seinen gewoͤhn⸗ lichen Sitzungen kann das Municipal⸗Conseil sich mit al⸗ len Gegenstaͤnden beschaͤftigen, die zu seinem Ressort gehoͤ⸗ ren. Bei einer außerordentlichen Versammlung darf es sich aber nur denjenigen Gegenstaͤnden widmen, wozu es
besonders zusammenberufen worden ist. — Die Zusammen⸗ berufung kann auch fuͤr einen besondern und bestimmten Zweck auf den Antrag des dritten Theils der Mitglieder
der Municipal⸗Conseils verfuͤgt werden; ein solcher Antrag muß direkt an den Präfekten gerichtet werden, der ihn nur mittelst eines motivirten Beschlusses verweigern darf, und von welchem die Reklamanten an den Koͤnig appelli⸗ ren koͤnnen. — Der Maire fuͤhrt in dem Municipal⸗Con⸗ seil den Vorsitz. Die Functionen eines Secretairs versieht vn .en Conseils, das bei der Eroͤffnung jeder Session die Stimmen⸗Mehrheit dur erhaͤlt.“ 2 hrh Sebe wih gas
ö“] 8 cs „Art. 21. Das Municipal⸗Conseil kann nur berath⸗
schlagen, wenn die Majoritaͤt der Mitglieder zugegen ist. — Keinem der in der Gemeinde ansaͤssigen Buͤrger darf eine Einsicht au Ort und Stelle von den Verhandlungen
der Municipal⸗Conseils verweigert werden.“ Art. 22. Die Praͤfekten, Unter⸗Praͤfekten, Gene⸗ ral⸗Secretaire und Raͤthe der Praͤfekturen, ferner die in der Gemeinde im Amte befindlichen Geistlichen der verschie⸗ denen Konfessionen, die Rechnungsfuͤhrer der Gemeinde
so wie jeder von derselben salarirte Beamte „ koͤnnen nicht b 8 1— Auch darf
Mitglieder der Municipal⸗Conseils seyn. — Niemand zu gleicher Zeit Mitglied zweier Municipal⸗Con⸗ seils seyn.“
Die Versammlung war waͤhrend der Berathungen uͤber
diese drei letzten Artikel so ausschließlich mit den Auftritten,
die sich um diese Zeit in den Straßen der Hauptstadt zutru⸗ en, beschaͤftigt, daß sie den Rednern fast 298 88 Aufimert⸗ amkeit widmete. Die meisten Baͤnke waren leer; die De⸗ putirten bildeten einzelne Gruppen, die sich unter einander
elten, und bald war der Saal so leer,
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sogar das Dach und die Schornsteine abzutragen. Abend ist die Stadt ruhig, und Alles laäͤßt fuͤr morgen vollkommene Ruhe erwarten. 1 ganzen Tag uͤber auf allen Punkten versammelt war, wo die Ordnung gefaͤhrdet wurde, zeigte sich unermuͤdlich. Sie be⸗ wies durch ihre Sprache und ihr festes Benehmen, wie sehr⸗ sie vom Gefuͤhle ihrer Pflichten durchdrungen war; sie fuͤhlt Unwillen uͤber ein verwegenes Attentat, weiß aber auch, daß Gesetze vorhanden sind, daß die Regierung auf strenge Voll⸗ ziehung derselben haͤlt, und daß der entfesselte Zorn des Volks stets Unordnungen erzeugt, welche die einzige Hoffnung unse⸗ Einige durch heftige Leidenschaften irre ge⸗ fuͤhrte junge Leute regen sich, traͤumen von Umwaͤlzungen und glauben, auf die Erbitterung einer Bevoͤlkerung rechnen
rer Feinde sind.
sentantin unserer großen Stadt ist.
samsten Feinden Waff — solche Art muͤssen die Eroberungen des Juli vertheidigt werden. Achtung vor dem Gesetze und Liebe zur Ordnung sind die
daß der Praͤsident sich genoͤthigt sah, die Sitzung aufzuhe⸗ ben. Am folgenden Tage sollte die Diskussion fortgesetzt werden.
Paris, 16. Febr. Vorgestern Abend und gestern fruͤh hielt der Koͤnig einen mehrstuͤndigen Minister⸗Rath. Gestern ertheilten Se. Maäjestaͤt dem Polizei⸗Praͤfekten, Hrn. Baude, eine Privat⸗Audienz. Im Laufe des Nachmittags gingen Se. Majestaͤt mehrere Stunden lang mit den Ministern der Marine, der Justiz und des Krieges auf der Terrasse des Palais⸗Royal spazieren.
Ueber die Vorfaͤlle des gestrigen Tages enthaͤlt der Mo⸗ niteur unterm 15. einen Artikel folgenden wesentlichen In⸗ halts: „Strafbare Gedanken zu Gunsten der vorigen Dy⸗ nastie haben einen allgemeinen Unwillen erregt; die Aufreizer sind sogleich verhaftet worden, und wenn unsere Gesetze und
8 Institutionen schwer beschimpft worden sind, so sollen sie ge⸗ raͤcht werden.
Inzwischen hat die gestrige Aufregung Unord⸗ nungen herbeigefuͤhrt, welche diejenigen, die sich durch einen
1 gerechten Unwillen haben irre fuͤhren lassen, bald selbst be⸗
dauern werden. Diesen Morgen um 11 ½ Uhr begab sich ein
Volkshaufe, nachdem er die Kirche St. Germain l'Auxperrois verwuͤstet und alle dieser Kirche angehoͤrige Gegenstaͤnde im Louvre niedergelegt hatte, nach der Himmelfahrts⸗Kirche in der Straße St. Honoré, um das auf derselben befindliche Kreuz mit den Lilien zu vernichten. e Nal kam noch zur rechter Zeit herbei, um diesen Haufen zu zer⸗
Die National⸗Garde
streuen. Um Mittag zog ein anderer Haufen nach dem erz⸗ ischoͤflichen Palaste, drang ins Innere dieses Gebaͤudes und warf die Moͤbel, das Getaͤfel und Alles, was die Zim⸗ mer desselben schmuͤckte, in den Fluß. Die Menge Sgage. Heute
Die National⸗Garde, die den
zu duͤrfen, deren Einsicht sie nicht vollkommen wuͤrdigen. Moͤ⸗
gen heilsame Warnungen sie am Rande eines Abgrundes noch zuruͤckhalten, moͤgen sie einsehen, wie viel Verstand und
wahren Muth diese National Garde besitzt, welche die Repraͤ⸗ st. Wie koͤnnten sie hoffen, dieselbe auch nur einen Augenblick zu taͤuschen? Die Partei der vorigen Regierung, die zur Unoldnung aufreizt, und die
Ruhestoͤrer, die gerechten Unwillen gern zu ihrem Vortheil benutzen moͤchten, werden die National⸗Garde stets ihren Auf diese gestuͤtzt, koͤnnen unsere
Pflichten getreu befinden. gest Institutionen niemals in wirkliche Gefahr gerathen.“
Der Minister des Innern hat folgende zwei Proelama⸗ tionen erlassen: „Buͤrger von Paris! Achtung vor den oͤffentlichen Denkmaͤlern! Diese Worte werden, an ein civilisirtes Volk gerichtet, nicht vergebens ausgesprochen
seyn. Das durch feindselige Demonstrationen gegen unsern
Burgerkoͤnig und die Revolution des Juli beleidigte Parifer Volk wird den so oft erprobten Adel seiner Gesinnungen nicht verlaͤugnen. Es wird in die Regierung Vertrauen sez⸗ zen, die heute fruͤh mehrere der Haupttheilnehmer an der ge⸗ stern in der Kirche St. Germain l'Auxerrois stattgesundenen, vom Parteigeist eingegebenen, Feier verhaftet und ben Haͤn⸗
den der Gerechtigkeit uͤberliefert haut.
Paris, den 15. Februar 1831. ““
Montalivet.“)
8
8 8 „Einwohner von Paris ;
Ein leider nur zu begruͤndeter Unwille hat betruͤbende Unordnungen veranlaßt. Die Gevrechtigkeit des Koͤnigs ver⸗ gessend; haben Buͤrger sich durch sich selbst Gerechtigkeit zu verschafson zu muͤssen geglaubt und dadurch nur unsern grau⸗ en in die Haͤnde gegeben. Nicht auf
wahren Schutzwaͤlle der Freiheit. Die Haupt⸗Anstifter der aufruͤhverischen, in der Kirche St. Germain 1'Auxerrois statt⸗ gefundenen Feier sind in den Haͤnden der Gerechtigkeit; unser Aller
Pflicht ist jetzt, das Urtheil, das diese bald aussprechen wird, ruhig zu erwarten.
Heute kann keine neue Unordnung mehr Entschuldigung finden. Wackere Mitbuͤrger, haltet Euch also
fern von den Gruppen der Aufruͤhrer, die es etwa versuchen moͤchten, sich auf einigen Punkten zu bilden. Es ist Zeit, daß unaufhoͤrlich erneuerten Aufregungen endlich ein Ziel ge⸗ setzt werde, und daß die Energie der bewaffneten Nation, die durch die bewundernswerthe Pariser National⸗Garde so wuͤr⸗ dig repraͤsentirt wird, mit allen denen, welche den populairen Thron Ludwig Philipp's gern erschuͤttern moͤchten, nach Ge⸗ buͤhr verfahre. Paris, den 16. Februar 1831. 88
85
2n Montualkvern .0.—
Eine in demselben Sinne abgefaßte Proclamation ist auch vom Polizei⸗Praͤfekten, Herrn Baude, erlassen worden. Folgendes ist eine Zusammenstellung der von den hiesi⸗ gen Blaͤttern der verschiedenen Farben gegebenen Details uͤber die Unruhen und Verwuͤstungen des gestrigen Tages:
„In der vorgestrigen Nacht war Alles ruhig geworden, und
um 1 Uhr hatte die National⸗Garde sich zuruͤckgezogen. Da⸗
gegen rottete sich gestern fruͤh schon um 6 Uhr das Volk
abermals zusammen, drang in die Kirche St. Germain l' Au⸗ xerrois, deren Eingang nur von einer schwachen Abtheilung der National⸗Garde vertheidigt wurde, und richtete hier, nach⸗ dem die kostbarsten Gegenstaͤnde, Kirchen⸗Geraͤthschaften, Ge⸗ maͤlde und Zierrathen nach dem Louvre gebracht worden wa⸗ ren, die furchtbarste Verwuͤstung an, so daß fast nur die vier Waͤnde stehen geblieben sind und die Kirche zum Gottesdienst viel⸗ leicht fuͤr immer untauglich geworden ist. Die erbitterte Volksmasse zerriß die geistlichen Gewaͤnder, oder legte diesel⸗ ben zum Theil selbst an, und zertruͤmmerte, die Parisienne singend, die Kanzel, stuͤrzte die Altaͤre um, nahm die Heili⸗ gen⸗Bilder aus ihren Nischen, zerstoͤrte die Kirchen⸗Baͤnke und Beichtstuͤhle, die zum Theil mit hoͤchst kunstvollem Schnitz⸗ werk verziert waren, riß die reichen Vorhaͤnge des Chors her⸗ ab, kurz, sie verschonte nichts. Kunst unersetzlich; die Graͤber, die Bildsaͤulen, das Gemaͤlde des Haupt⸗Altars, die praͤchtigen gemalten Fenster⸗Scheiben und ein Theil der Orgel, sind nebst den vier Waͤnden Alles, was von dieser im schoͤnsten gothischen Style gebauten Kirche, einer der aͤltesten Frankreichs, uͤbrig ist; sie war ein wohl erhaltenes kostbares
Der Verlust ist auch fuͤr die
Denkmal des Mittelalters; die Schoͤnheit der Mauern, die Kuͤhnheit der Spitzboͤgen, die Zierlichkeit der Portale war unvergleichlich; dem Schleier einer Braut vergleichbar ist
diese Kirche von oben bis unten mit Skulpturarbeit durch, Dieselbe Verwuͤstung dehnte sich auch auf die
brochen. Pfarrwohnung aus, die vollkommen zerstoͤrt wurde; alle in
den Gemaͤchern vorgefundenen Gegenstaͤnde wurden auf die 8
Straße geworfen. Einigen entschlossenen National Gardisten gelang es, aus einem Schranke der Pfarrwohnung 2000 Fr. und ein goldenes Christusbild, so wie mehrere Kostbarkeiten aus der Sakristei der Kirche zu retten. Aber erst nachdem die wuͤthende Volksmasse, unter der sich viele Weiber befan⸗ den, ihr furchtbares Werk vollbracht hatte, schritt die Na⸗ tional⸗Garde, die bis dahin einen ruhigen Inschauer ab ege⸗ ben hatte, ernstlich ein und vertrieb das Volk aus derseben. Um dieselbe Zeit war ein anderer Volkshaufe nach dem erz⸗ bischoͤflichen Palaste gezogen, um das in der vorigen Nacht unvollendet gelassene Vernichtungswerk fortzusetzen. Alles, was sich in den Zimmern dieses erst vor kurzem wie⸗ der eingerichteten Palastes vorfand, wurde zerstoͤrt und aus den Fenstern in die Seine geworfen, Oberflaͤche bald von Gegenstaͤnden der verschiedensten Art, als Kleidungsstuͤcken, Waͤsche, Mobilien, Buͤchern, Ge⸗ maͤlden, Bettfedern, die in bunter Verwirrung durch einan⸗ der schwämmen, bedeckt war. Fuͤr die Wissenschaft zu be⸗
deren ganze
†
dauern ist hierbei der Verlust der erzbischoͤflichen Bibliothek,
die fuͤr die Kirchengeschichte außerordentlich reichhaltig und wichtig war. ten, so viel wie moͤglich von diesen zum Theil kostharen Ge⸗ genstaͤnden zu retten. Sogar das Dach des Palastes wurde nicht verschont und stuͤrzte mit Gekrach zusammen. Alles Marmor⸗ und Taͤfelwerk und die Vergoldungen der reichen Gemaͤcher wurden vernichter und der erzbischöfliche Garten verwuͤster. Aehnliche Scenen haben an andern Punkten statt⸗ gefunden; das Symbol der Lilien wurde uͤberall, wo es sich
Gegen Mittag versuchte man, auf Fischerboo⸗;
den Blicken zeigte, vom Volke herabgerissen; sogar die Lilien,
welche has die Statue Ludwigs XIV. auf dem Platze des
Victoires umgebende Gitter zierten, erlitten dieses Schicksal.
Die Sr. Laurentius⸗Kirche im Faubourg Saint⸗Martin, so wie die Kirche Notre Dame de Bonne⸗Nouvelle in der Naͤhe des Thores St. Denis, haben dabei viel gelitten. Von den meisten andern Kirchen waren die mit Lilien ver⸗ sehenen Kreuze auf Befehl der Regierung herabgenommen worden. Waͤhrend diese Scenen der Zerstoͤrung vor sich gin⸗ gen, gewaͤhrten andere Punkte der Hauptstadt einen
, 1nq““ andern Anblick. Von dem schoͤnsten Wetter beguͤnstigt, uͤber⸗