1831 / 63 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

und lebhaft zu verfolgen. Zu diesem Zwecke hat er sich in direkte Verbindung mit dem General⸗Adjutanten Baron Geis⸗ mar gesetzt, der von Lukow nach Stoczek marschirt ist, um dem Gegner den Ruͤckzug abzuschneiden. Am 27. Januar (8. Febr.) befand sich der Generallieutenant Kreuz nur noch einen Marsch weit von Lublin, welcher Ort, nach Aussage der Einwohner, keine Besatzung haben soll. Dann hat der Generallieutenant Kreuz Ordre, von Lublin nach Pulawy zu gehen und einen Theil der Kosaken die Weichsel passiren zu lassen, um sich zu bemuͤhen, die Bewaffnungen zu zerstreuen, die auf dem linken Ufer des Flusses kaum noch begonnen ha⸗ ben. Indem ich Ewr. Kaiserlichen Majestaͤt uͤber die ersten militairischen Operationen der Armee und die von mir fuͤr noͤthig erachteten Maaßregeln meinen unterthaͤnigsten Be⸗ richt abstatte, halte ich es fuͤr meine Pflicht hinzuzufuͤgen, daß der Beginn der Thaͤtlichkeiten den Rebellen so unerwar⸗ tet kam, daß wir uͤberall Vorraͤthe von Lebensmitteln und besonders Fourage angetroffen haben, deren Zufuhr bei den jetzigen schlechten Wegen nicht zu bewerkstelligen gewesen waͤre. Jeder Schritt der Empoͤrer zeigt von ihrer Unentschlossen⸗ heit. Ueberall vermeiden sie unsere Truppen und retiriren bei ihrem ersten Anblick. Die Armee Ewr. Kaiserl. Maje⸗ staͤt brennt vor Verlangen, sich mir den Aufruͤhrern zu mes⸗ sen, wie ich solches abermals zu bemerken Gelegenheit hatte, als ich das 3te Reserve⸗Kavallerie⸗Corps, welches ich in dem glaͤnzendsten Zustande gefunden habe, Halt machen und die Revue passiren ließ.“

Am 2ten (14ten) d. M. ist in Schitomir der temporaͤre Kriegs⸗Gouverneur der Gouvernements Wolhynien und Po⸗ dolien, General⸗Adjutant Sr. Katserl. Majestaͤt, General⸗Lieu⸗ tenant Jakow Alexrejewitsch Potemkin, mit Tode abgegangen.

Die Zahl der auf der Alexanders⸗Universitaͤt in Helsing⸗ fors Studirenden betraͤgt nach amtlichen Angaben 413.

Am 12ten d. M. erkrankten in Moskau an der Cholera 2 Personen und 2 starben. Am 13ten erkrankte und starb Niemand; 1 Person genas. Am 14ten erkrankte 1. Am 15ten erkrankten 2 und 2 starben. Am 16ten erkrankte 1. Am Morgen des 17ten blieben 17 Kranke uͤbrig.

Der Minister des Innern macht bekannt, daß die Cho⸗ lera im Gouvernement Kasan voͤllig aufgehoͤrt hat.

Odessa, 11. Februar. Die hiesige Rhede ist noch nicht mit Eis bedeckt, so daß die Schifffahrt bis jetzt ununterbro⸗

chen fortdauert; die Witkerung ist warm; nur selten faͤllt

ein feiner Regen, und Schnee sieht man fast gar nicht.

W““ Polen. 88 Warschau, 28. Febr. Vorgestern hielten die beiden Reichs⸗Kammern eine gemeinschaftliche Sitzung. Beim Beginn der Berathungen zeigte der Marschall der Landboten⸗ Kammer den versammelten Mitgliedern an, daß ihm, so wie dem Senats⸗Praͤsidenten, von der National⸗Regierung eine Proclamation zugegangen sey, in welcher die Mittheilung gemacht werde, daß der Fuͤrst Radziwill, Generalissimus der Polnischen Armee, das ihm von dem Reichstage anvertraute Kommando niedergelegt habe; die Regierung haͤtte sich da⸗ her, in Beruͤcksichtigung der dringenren Umstaͤnde, mit den zu einem Kriegsrath versammelten Generalen berathen und einstweilen dem General Skrzynecki den Oberbefehl uͤber die Armee anvertraut; ste fordere nun die Kammern auf, kraft ihrer sich vorbehaltenen Gerechtsame, sich unverzuͤglich mit der Wahl eines neuen Feldherrn zu beschaͤftigen. Dieser Aufforderung zufolge, hieß der Marschall die Kammern so⸗ gleich zur Abstimmung schreiten; alle Mitglieder aber, so⸗ wohl des Senats, als der Landboten⸗Kammer, erklaͤrten ein⸗ stimmig, das sie mit der von der Regierung getroffenen Wahl zufrieden waͤren. In Folge dieser Entscheidung wurde ein Reichsbeschluß erlassen, des Inhalts: daß der General Johann Skrzynecki einstimmig von beiden Kammern zum Generalissimus erwaͤhlt worden und sogleich den Oberbefehl uͤber die bewaffnete National⸗Macht mit den Befugnissen, welche dem gewesenen Generalissimus zufolge des Beschlusses vom 24. Januar 1831 zukamen, erhaͤlt.

Hierauf nahm der Landbote Jasinski hinsichtlich der inneren Statuten des Reichstags das Wort und verlangte, daß derselbe den Ort der gemeinschaftlichen Versammlung fuͤr die Kammern auf den Fall bezeichnen moͤchte, wenn beide Kammern genoͤthigt wuͤrden, Warschau zu verlassen. Der Landbote Wenzyk meinte, es komme vor allen Dingen darauf an, daruͤber uͤbereinzukommen, ob gegenwaͤrtig die ge⸗ setzliche Nothwendigkeit, deren der Landbote Jasinski erwaͤhnt, vorkommen koͤnne, oder nicht; und in dieser Beziehung waͤre er der Meinung, daß sich die Kammern in einen geheimen Aus⸗ schuß verwandeln moͤchten. Da der Antrag des Landboten

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Wenzyk von einer bedeutenden Stimmen⸗Mehrheit unterstuͤtzt

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sehr uͤberlegenen Streitkraͤften angelangt war.

Uhr dauerte; in Warschau konnte man das Feuer des Ge⸗ schuͤtzes sehen; gegen 5 ½ Uhr wurden Verwundete in die Hauptstadt gebracht.

Straße bis zur Weichsel. terten die Luft mit ihrem Donner.

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wurde, so fanden die weiteren Berathungen der Kammern bei verschlossenen Thuͤren statt. Die hiesigen Blaͤtter enthalten Nachrichten uͤber eine am 24sten und 25sten bei Bialolenka vorgefallene Schlacht, indem sie jedoch hinzufuͤgen, daß die amtliche Mit⸗. theilung daruͤber noch zu gewaͤrtigen sey. Dite Warschauer Zeitung vom 25sten meldet in dieser Hinsicht: „Gestern zeigte sich ein feindliches Corps von einigen 1000 Mann bei Bialolenka und kaͤmpfte den ganzen Tag uͤber mit unserer Armee. Der Ausgang des Kampfes ist noch nicht bekannt. fruͤh konnte man hier den Kanonendonner hoͤren.“ ie Staats⸗Zeitung vom 26sten sagt: „Vorgestern fand ein fuͤrchterlicher Kampf jenseits der Weichsel statt. Mit Tagesanbruch begann das Gefecht bei Bialolenka; ein frisches Russisches Corps, welches sich dort herangezogen hatte, wurde vöͤllig gesprengt, wobei es 5 Geschuͤtze verlor. Bei Gro⸗ chow beabsichtigte der Feldmarschall Diebitsch, welcher außer den Corps der Generale Pahlen, Rosen und Geismar auch das des Fuͤrsten Schachoffskoy herangezogen hatte, sich einen Weg nach Warschau zu bahnen. Er begann daher den Kampf mit großer Uebermacht. Auf unserem rechten Fluͤgel flog ein Wagen mit Granaten mitten unter einem Kavallerie⸗Regiment in die Luft und brachte uns bedeutenden Schaden. Unser linker Fluͤgel und das Centrum zogen sich nun ebenfalls nach Grochow hin. In diesen Positionen befanden sich beide Armeen am Abend. Von unserer Seite wurden General Chlopicki durch eine Kanonenkugel am Fuß und General Zymirsk toͤdtlich verwundet; Letzterer starb noch an demselben Tage Der Feind hatte aber auch keinen unbedeutenden Verlust; von seiner Seite blieben 4 Generale; 2 Infanterie⸗Regimen ter und ein Kuͤrassier-Regiment wurden zersprengt, eine Batterie theils genommen, theils vernagelt. Siebenmal hin-⸗ ter einander wurde unsere Armee angegriffen. Der General Krukowiecki befehligte von unserer Seite.“ Die Polni⸗ sche Zeitung vom 26sten berichtet: „Kaum hoͤrte gestern V das Schießen auf unserem linken Fluͤgel bei Bialolenka ausf, als es mit gleicher Lebhaftigkeit auf der Seite von Kawen⸗ czyn und Grochow wieder begann. Die Russen richten das meiste durch ihr schweres Geschuͤtz aus und hatten gestern wenigstens 150 Kanonen auf dem Kampfplatz. Die Zahl

der Verwundeten und Getoͤdteten von unserer Seite kann

sich auf 2— 3000 belaufen. Der groͤßte Theil unserer Ar⸗ mee befand sich nicht in Aktivitaͤt, indem er als Reserve zur Vertheidigung Praga's aufgestellt war.“ Im War⸗ schauer Kurier vom 25sten liest man: „Gestern begann der Kampf von neuem. Am fruͤhen Morgen fand ein Ge⸗ fecht bei Zegrz, jenseits des Bug, statt, wo der gen mit

ie Un⸗; srigen, welche die Bruͤcke uͤber die Narew bewachten, hatten dieselbe zur Haͤlfte verbrannt. Gegen Mittag zeigte sich eine große Anzahl feindlicher Truppen bei Niepo⸗- rent diesseits des Bug. Die Unsrigen eilten ihnen entgegen; es erfolgte ein hartnaͤckiger Kampf, der bis Abends um 7

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1 Die vom Kampfplatz hier Angekomme⸗ nen melden, daß der Oberst Jankowski die Kavallerie, welche so wie aus Masuren und Plockern, bestand, der General Malachowski aber die Infanterie⸗Brigade, naͤmlich das iste und 5te Regiment, befehligt haben; spaͤter seyen auch noch andere Regimenter hinzugekommen. Der Kurier vom 26sten meldet von dem vorherigen Tage: „Die Polen kaͤmpf⸗ ten mit allen ihren Kraͤften, und von dieser Schlacht wird ihr Schicksal abhaͤngen. Des Morgens begann das Feuer b

auf der linken Seite, naͤmlich zwischen Tarchomin und Bia⸗ 8

aus Abtheilungen des —sten und 5ten Chasseur⸗Regiments,

lolenka. Die Kavallerie wurde vom General Uminski ange⸗ fuͤhrt. Auf dieser Seite war der Sieg unser, der Feind zog

sich zuruͤck, verlor mehrere Geschuͤtze und ließ viele Todte auf dem Schlachtfelde. Gegen 11 Uhr Vormittags wurde der Feind zuruͤckgedraͤngt, und das Feuer ließ auf dieser Seite nach. Um 10 Uhr hatte sich aber ein neuer Kampf auf der rechten Seite entsponnen, und zwar von der Zombkower Ernige hundert Kanonen erschuͤt⸗ 1 Die feindliche Armee war durch neu hinzugezogene Truppen und bedeutende Artillerie⸗ Massen verstaͤrkt worden. Der Kampf war moͤrderisch. Un⸗ sere Generale Chlopicki, Krukowiecki, Szembek, Skrzynecki und Andere befehligten die Polnischen Brigaden. Sehr thä⸗

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tig waren besonders die Sensenmaͤnner in diesem Kampf, .gegen 3 Uhr Nachmittags die groͤßte Hartnaͤckigkeit er, reichte.

General Chlopicki, dem zweimal sein Pferd unter dem Leibe getödtet wurde, ist verwundet in die Hauptstadt gebracht worden.“ Die Warschauer Zeitung vom

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g2sten berichtet: „Der gestrige Tag verfloß ziemlich ruhig. Da der Generalissimus es fuͤr nothwendig gehalten hat, ei⸗ nen Theil der bewaffneten Macht auf das linke Weichselufer hinuͤberzufuͤhren, so sind in Praga nur so viel Truppen zu⸗ ruͤckgeblieben, als unumgaͤnglich noͤthig sind, um den Feind zuruͤckzuhalten, der an diesem Tage sich in keinen Kampf ein⸗ lassen zu wollen schien. nonendonner zu hoͤren; doch scheint dies Feuern keinen ent⸗ scheidenden Zweck gehabt zu haben. Den ganzen Tag uͤber brannten die Gebaͤude des ungluͤcklichen Praga, welches von unserer Armee hatte in Brand gesteckt werden muͤssen, um sich vor den Waͤllen, die vor den Bruͤcken befindlich sind, freies Feld zu oͤffnen. General Chlopicki wird in einigen Ta⸗ gen wieder die Hauptstadt verlassen koͤnnen.“ Im heuti⸗ gen Blatte meldet die genannte Zeitung: „Der gestrige Tag ging ebenfalls ruhig hin; man bemerkte von feindlicher Seite keine Bewegungen; nur auf der Seite des Saͤchsischen Werders kamen Kosaken bis an Praga heran, wurden jedoch durch das Feuer der dort stehenden Schuͤtzen wieder zuruͤckgetrieden. Die Details der

Schlacht vom 24sten und 25sten sind noch nicht amtlich be⸗ kannt gemacht worden. Es scheint, daß der Angriff des Fein⸗

des auf der Seite von Bialolenka nur eine falsche Demon⸗ stration war, um die Aufmerksamkeit unserer Armee dorthin zu lenken und unterdessen bei Grochow mit der Hauptmacht zu agiren. Seltsam wirklich ist es, daß in dem Augenblick, als sich unsere Truppen bei Grochow so tapfer schlugen, in der Stadt ploͤtzlich Alles durch das Geruͤcht, daß der Feind schon in Praga waͤre, in den groͤßten Schrecken gesetzt wurde. Die Veranlassung zu diesem Geruͤcht war die augenblickliche Verwirrung in Unseren schwer bedraͤngten Reihen, welche bei der Entfernung vom Schlachtfelde immer mehr zunahm. Der daraus entstandene Schrecken konnte jedoch nur von kur⸗ zer Dauer seyn, da der Anlaß dazu unglaublich war.“

Unter den als amtlich bezeichneten Nachrichten enthaͤlt die heutige Warschauer Zeitung folgenden aus Kozie⸗ nice vom 24sten d. datirten Armee⸗Bericht des Generals Dwernicki an die Regierung: „Da die feindliche Kolonne unter dem Kommando des Generals Kreuz, welche die Wo⸗ jewodschaft Sandomir bedrohte, zum Theil von dem unter meinem Befehl stehenden Corps zersprengt worden ist und der Rest sich gestern auf die durch Israeliten erhaltene Nach⸗ richt von meinem Herannahen uͤber das Eis der Weichsel, welches immerwaͤhrend bei dem feindlichen Feldlager mit Stroh bestreut und mit Wasser begossen worden war, zuruͤck⸗ gezogen hat, so ist diese und die Krakauer Wojewodschaft da⸗ durch voͤllig befreit; ich habe daher dem Praͤsidenten in San⸗ domir aufgetragen, sich aller Mittel zu bedienen, um die Einwohner aufzumuntern, damit sie Getreide und Erzeug⸗ nisse aller Art nach Warschau zu Markte bringen, und zu⸗ gleich Aufforderungen an die Regierungs⸗Magazine erlassen, daß sie die anbefohlenen Lieferungen auf das eiligste erstat⸗ ten; ich habe die Ehre, die National⸗Regierung hiervon zu benachrichtigen.“

Die National⸗Regierung hat folgende Proclamation an die Einwohner der Vorstadt Praga erlassen: „Die letzten Ereignisse des tapferen Kampfes unserer wackeren Truppen mit dem Feinde haben die unumgaͤngliche Nothwendigkeit ergeben, um demselben jede Moͤglichkeit zu benehmen, gegen das auf seinen Angriff zu richtende Feuer Schutz zu finden, eure jenseits der Schanzen befindlichen Wohnungen zu ver⸗ nichten. Indem das Vaterland dieses Opfer von euch for⸗ dert, legt es zugleich der Nation und der Regierung die heilige Verpflichtung auf, euch fuͤr den durch diese Nothwen⸗ digkeit erlittenen Verlust zu entschaͤdigen. Die National⸗Re⸗ gierung, welche sich feierlich hierdurch dafuͤr verbuͤrgr, beeilt sich, euch, ihr Bewohner von Praga, zu versichern, daß sie dem Reichstagsbeschluß vom 7ten d. M. zufolge nicht unter⸗ lassen wird, sich so bald als moͤglich dieser heiligen Schuld zu entledigen.““ I

Durch eine Verordnung der I— 26sten d. M. ist das ganze Koͤnigreich Polen als im zustand befindlich erklaͤrt worden.

Hinsichtlich der Erwaͤhlung des Generals Skrzynecki zum Oberbefehlshaber der Armee aͤußert die Warschauer Zei⸗ vatg daß diese Wuͤrde der Reihe nach eigentlich dem Ge⸗ neral Krukowiecki gebuͤhrt haͤtte; dieser habe aber selbst zuerst die Wahl des Generals Skrzynecki auf das eifrigste uUnter⸗

National⸗Regierung vom

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Es war zuweilen zwar einiger Ka⸗

das sie in der Belgischen Angelegenheit beobachtet hat.

ihr den Vorwurf eines tadelnswuͤrdigen

stuͤtzt, indem er dessen kriegerischen Talenten die groͤßte Ge⸗ rechtigkeit widerfahren ließ.

b 1I16A“*“ 3 Frankreich. ““ , Deputirten⸗Kammer. Die Sitzung vom 23. Februar eroͤffnete Herr Passy mlt einem Berichte uͤber

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Begebenheiten die unuͤberwindliche Abneigung

den Gesetz⸗Entwurf wegen der Rekrutirung der Armee.

bemerkte der General Remond, daß, da die Aufloͤsung der Kammer nahe bevorstehe, es uͤberfluͤssig sey, sich einen Bericht uͤber ein Gesetz erstatten zu lassen, das nicht mehr zur Be⸗ rathung kommen koͤnne. Der Praͤsident erwiederte inzwi⸗ schen, daß die Tages⸗Ordnung sich nicht aͤndern lasse. Herr Passy brachte daher seinen Bericht zu Ende und stimmte am Schlusse desselben fuͤr die Annahme des gedachten Gesetzes. Der Oberst Paixhans berichtete hierauf uͤber einen andern Gesetz⸗Entwurf, wodurch zur Erhoͤhung der Militair⸗Pensio⸗ nen ein außerordentlicher Kredit von 2 Millionen Fr. verlangt wird. Nach ihm bestieg der Minister der auswäaͤrti⸗ gen Angelegenheiten Behufs einer amtlichen Mirthei⸗ lung die Rednerbuͤhne und aͤußerte sich folgendermaßen: „Meine Herren, die Regierung befindet sich in einem von jenen feierlichen Momenten, wo sie von ihren Handlungen und den Beweggruͤnden dazu Rechenschaft ablegen muß. Sie wird sich, und zwar mit Offenheit, uͤber das Betragen vsw das sie 8 1 . a sie sich nichts vorzuwerfen hat, so hat sie auch nichts zu verschwei⸗ en. Durchdrungen von den ihr obliegenden Pflichten, glaubt 2 dieselben erfuͤllt zu haben. Es war ihr die Aufgabe gestellt, Frankreich wieder seinen Rang unter den uͤbrigen Europgischen Staaten einnehmen zu lassen, das Europaͤische Staatsrecht, das seine Revolution erheischte und das allein die Unabhaͤngigkeit der Nationen sichern konnte, festzustellen, die Existenz eines Volkes zu sichern, das selbst nicht maͤchtig genug war, um sich in die Liste der Nationen eintragen zu lassen, der Welt den Frieden zu erhalten und ihr zu beweisen, daß es moͤglich sey, die Freiheit zu begruͤnden, ohne Krieg und Unruhen herbeizufuͤhren. Sie hatte vorzuͤglich alle Anerbietungen zuruͤckzuweisen, deren Annahme dazu haͤtr dienen koͤnnen, ihre Rechtlichkeit zweifelhaft zu machen, 1b hrgeizes, 5 wie die Feindschaft der fremden Maͤchte zuzuziehen und die Sympathie der Voͤlker zu schwaͤchen. Ob sie diese verschiedenen wichtigen Pflichten erfuͤllt habe, daruͤber soll Frankreich Richter seyn. Als Belgien sich nach den Ereignissen des Juli gegen die Hola laͤndische Herrschaft auflehnte, bestand in Europa ein 12, der, gestuͤtzt auf eine gezwungene Auslegung des Princips der Selbste Erhaltung, den Regierungen gestattete, sich mit gewaffneter Hand in die inneren egelegenhetten ihrer gegenseitigen Laͤnder einzu⸗ mischen. Dieser Grundsatz war im Jahre 1792 entstanden und hatte im Jahre 1814 den Sieg davon getragen, er dehnte das je⸗ dem Staate zustehende Recht, fuͤr seine Erhaltung zu sorgen, bis auf einen Krieg gegen die Nachbar⸗Staaten, und die Vorsichts⸗ Maaßregeln, die auf dem eigenen Gebiete erlaubt sind, bis auf einen feindlichen Einfall in das Gebiet eines Andern aus. Ein solcher Grundsatz, der der freien Entwickelung der Voͤlker wi⸗ derstrebt, ließ den Belgiern zu ihrer Emancipation keine Hoff⸗ nung. Wenn Frankreich nach seiner Revolution stark genug war, um seinem Willen Achtung zu verschaffen, so war dies mit Bel⸗ gien nicht der Fall. Aber Frankreich kam ihm zu Huͤlfe; es ver⸗

warf den Grundsatz der bewaffneten Dazwischenkunft und erlangte

durch seine Erklaͤrungen die Neutralitaͤt Europas in dem Kampfe zwischen den Belgiern und Hollaͤndern; es proklamirte das Prin⸗ cip der Nicht⸗Einmischung, das die wahre Grundlage ist, auf die sich das Europaͤische Staatsrecht stuͤtzen muß, und das allein Bel⸗ giens sichern konnte. Hierauf beschraͤnkte 8 die Franzoͤsische Regierung ihren Beistand fuͤr die Belgier no

nicht. Sobald der Sieg zwischen ihnen und den Hollaͤndern ent⸗ schieden hatte und die Trennung unwiderruflich ausgespro⸗ chen war, bot sie sich, im Einverstaͤndnisse mit den vier uͤbrigen Maͤchten, als Vermittlerin dar, um einem Kriege ein Ende zu machen, der, fortan nutzlos fuͤr beide Voͤlker, den In⸗ teressen und der Ruhe Europas gefaͤhrlich werden konnte; sie nahm sich vor, die meseensher der Belgischen Nation von den Kabinetten anerkennen zu lassen, durch ihre Rathschlaͤge zur Errichtung einer Regierung in Belglien redlich mitzuwirken und die zwischen beiden Theilen streitig gebliebenen Fragen uͤber die Graͤnzen, so wie uͤber gegenseitige materielle Interessen, nach Recht und Billigkeit zu entscheiden. Diesen dreifachen Zweck hat die Franzoͤsische Regierung auf folgende Weise erreicht: Sie hat in ondon, den uͤbrigen Maͤchten gegenuͤber, die Nothwendigkeit der Trennung und Unabhaͤngigkeit Belgiens behauptet; ist diese Noth⸗ wendigkest anerkannt worden, so wissen die Belgier, daß sie sol⸗ ches unserm thaͤtigen Einflusse verdanken. Von Holland getrennt und, nicht bloß der That nach, sondern mit der Zustimmung von ganz Europa unabhaͤngig, blieb den Belgiern noch uͤbrig, eine Verfassung einzufuͤhren und sich einen Souverain zu geben. Die Wahl des Letztern konnte den Maͤchten nicht gleichguͤltig seyn; fuͤr unsere Regierung mußte sie, wegen der Nachbarschaft von Belgien und wegen seiner Festungs⸗Linie an der Franzoͤsischen Graͤnze, ein Gegenstand zang besonderer Sorge seyn. ie Europaͤischen Kabinette, und namentlich das Pariser, konnten daher den Belgiern bei ihrer Wahl guten Rath ertheilen, ohne daß man sie deshalb beschuldigen konnte, daß sie der Freiheit der Belgier zu nahe traͤten. Die Belgier hatten das Foch der Hollaͤnder abgeschuͤttelt und sich von der Regierung des Köͤnigs Wilhelm losgesagt; durch das alleinige Faktum ihrer Re⸗ volution hatten sie aber noch nicht das ganze Haus Nassau von

8 X. sgeschlossen. Wenn der Lauf der der Herrschaft uͤber ihr Land ausgeschloss Belgiens vor dem

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