Nach dem Beispiele der Gazette de France hat jetzt auch der verantwortliche Geschäftsführer der Quotidienne, Herr von Brian, dem Redacteur der in Marseille erscheinenden Gazette du Midi eine Geldsumme, und zwar 1000 Fr., übersandt, um mittelst derselben einen Theil der Geldbuße, wozu er in zwei Prozessen verurtheilt worden (zusammen 10,000 Fr.), zu entrich⸗ ten. Herr von Brian sagt in seinem Begleitungs⸗Schreiben, daß, als die Quotidienne ihrerseits die Beiträge angenommen habe, die ihr von vielen Seiten zur Bezahlung ihrer Geldstrafen angeboten worden, sie dieselben nur als einen gemeinsamen Fonds für alle Zeitungsschreiber betrachtet habe, die sich durch ihre Ver⸗ theidigung der wahren Grundsätze der gesellschaftlichen Ordnung irgend eine Verurtheilung zuzögen; er (Brian) betrachte sich so⸗ nach gleichsam als den Kassirer der royalistischen Presse, bis die Fonds, deren bloßer Verwahrer er sey, erschöpft wären.
Der Prozeß, den die Regierung gegen die Herren v. Cour, v. Montalembert und den Abbé Lacordaire, als Stifter einer von der Universttät nicht autorisirten Schule, anhängig gemacht hat, wird den Zten k. M. vor dem Zuchtpolizei⸗Gerichte verhandelt werden.
Heute beschäftigte sich der Assisenhof mit dem Prozesse des General⸗Prokurators Herrn Persil gegen den verantwortlichen Redacteur des Nouveau Journal de Paris, Herrn Leon Plllet. Der Letztere wurde von der gegen ihn erhobenen Anklage, Herrn Persil in einem Artikel persöoönlich beleidigt zu haben, freige⸗ sprochen.
Die Gesammtzahl der bewaffneten Banden, welche die De⸗ partements der beiden Sevres, der Maine und Loire, des Mor⸗ bihan, der Vendée, des Finisterre und der niederen Lvire durch⸗ ferfifehg soll sich, amtlichen Berichten zufolge, auf 5000 Mam elaufen.
Der politische Schriftsteller, Herr Victorin Fabre, ist gestern mit Tode abgegangen.
Aus Toulon wird unterm 25. Mai geschrieben: „Das Geschwader, welches die Fregatte „Artemisia“ nach Korsika be⸗ gleitet hat, ist noch nicht zucückgekehrt, und einige Persounen wol⸗ len behaupten, es sey, nachdem es sich von der „Artemista““ ge⸗ trennt, nach Lissabon unter Segel gegangen. Diese Behaup⸗ tung ist indeß sehr unwahrscheinlich, da mehrere Schiffe des Ge⸗ schwaders nicht für 14 Tage Lebensmittel eingenommen hatten und ihre Mannschaft noch vor kurzem vermindert worden war. Es ist Befehl ertheilt worden, 2000 Seesoldaten zu entlassen. Die Gabarre „la Dore“ ist mit einigen Passagieren aus der Levante hier angekommen. — Der abgesetzte Praͤfekt unseres Departe⸗ ments, Herr Vernard, wird, ehe er dasselbe ganz verläßt, hier⸗ her kommen, wo ihm zu Ehren ein Banquet veranstaltet wer⸗ den soll.“
Briefen aus London zufolge, werden alle in Italien befind⸗ liche Mitglieder der Familie Napoleon, die ein Gesetz vom Fran⸗ zösischen Boden entfernt hält, mit Ausnahme des Kardmals Fesch und der Madame Lätitia, sich in England niederlassen. Die Gräfin von St. Leu (Hortense Beauharnais) ist bereits in London.
Die Lissaboner Hofzeitung vom 17ten Mai meldet, daß das Französische Schiff „Endymion“ in den Tajo einge⸗ laufen sey, und daß man im Angesichte des Lissaboner Hafens zwei Fregatten und eine Korvette derselben Nation signalisire.
Großbritanien und Irland.
London, 1. Juni. Nach dem letzten Lever bei Hofe am 28sten v. M. gaben Ihre Majestäten den verschiedenen Mitglie⸗ dern der Königlichen Familie ein Diner im Palaste von St. James. 1 Gestern empfingen Ihre Majestäten in Windsor die Besuche des Herzogs von Richmond, des Grafen und der Gräfin Mun⸗ ster, der Lords Adolph und August Fitzelarence, des Grafen Grey, des Grafen und der Gräfin Howe und des Grafen von Albemarle.
Im Publikum nennt man den Herzog von Richmond als den wahrscheinlichen Nachfolger des Marquis von Anglesea in dessen Posten als Vizekönig von Irland.
Se. Majestät haben den Grafen Wm. Geo. Erroll zum Ba⸗ ron des vereinigten Königreiches mit dem Titel eines Barons Kilmarnock ernannt.
„Die Schottischen Wahlen“, heißt es im Sun, „sind nun geschlossen und werden der Sache der Reform einen Zuwachs von 16 Stimmen bringen. Mit Vergnügen melden wir, daß die Stadt Aberdeen ihren früheren Reprääsentanten, der gegen die Reform war, durch einen erklärten Freund der Reform in der Person des Herrn Roß ersetzt hat. Erwägen wir die Schwie⸗ rigkeiten, welche die wackeren Schotten zu besiegen hatten, so kön⸗ nen wir den Geist, den Eifer und die Entschlossenheit, mit denen
sie den großen Kampf bestanden, nicht genug loben.“
Briefe aus Plymouth melden als ein Gerücht, daß die
in Spithead zu versammelnde Kriegsflotte wahrscheinlich länger in See bleiben werde, als man bis jetzt vermuthete, nämlich bis Oktober oder November d. J.
Aus Birmingham schreibt man, daß die große Waffen⸗Lie⸗ ferung an Frankreich eingestellt sey, und, wie man vermuthet, aus dem Grunde, weil die Fabriken nicht im Stande sind, den im Kontrakt auf Mitte des nächsten Monats bestimmten Liefe⸗ rungs⸗Termin zu halten.
Einer Manchester Zeitung zufolge, war in der letzten Zeit Weberstühle aus Mangel an Händen still stehen mußten.
Die Madras⸗Zeitung vom 22. Jan. bringt die Nach⸗ richt von einer großen Feuersbrunst, welche in der Stadt Moul⸗
mein die am dortigen Markt belegenen Gebäude und auß erdem
noch gegen 300 Häuser in Asche gelegt haben soll. Mehrere Menschen sollen dabei ihr Leben verloren haben, sehr viele schwer verwundet und in den niedergebrannten Häusern fast alle Haus⸗ thiere umgekommen seyn; der Verlust an Eigenthum und Ver⸗
mögen, wird hinzugefügt, sey außerordentlich groß. ““
Niederlande.
. Brüssel, 2. Juni. In der gestrigen Sitzung des Kon⸗ gresses war die Berathung über den von der Central⸗Section veränderten Entwurf des Herrn Nothomb an der Tagesordnung. Der Präsident verlas den ersten Artikel, welcher lautete: „Die Wahl des Staats⸗Oberhaupts wird nach den Bestimmungen vor sich gehen, die durch das Dekret vom 29. Januar 1831 festge⸗ setzt sind.“ Herr von Facaz bemerkte, daß in dem 3ten Arti⸗ kel dieses Dekrets die Art und Weise der Wahl angeordnet wor⸗ den sey, und fragte, ob man die für das Skrutinium vorgeschrie⸗ benen Bestimmungen auch bei dieser Gelegenheit in Anwendung bringen wolle. Da jetzt nur ein Kandidat vorhanden sey, so ge⸗ nüge, seiner Meinung nach, der bloße Namensaufruf. Hr. Rai⸗ kem erwiederte, daß es sich jetzt nur um den ;sten und 2ten Artikel des angeregten Dekrets handle. Herr Beyts schlug fol⸗ gendes Amendement vor: „Der Kengreß erklärt 1stens, daß er
das Begehr nach Druck⸗Kattunen so groß, daß in Stockport vöieie, V
auf keine Weise die Nothwendigkeit, das Protokoll der Londoner Konferenz vom 20. Januar und die späteren anzunehmen, anzu⸗ erkennen gedenkt; 2tens, daß, wenn das erwählte Staats⸗Ober⸗ haupt nicht im Verlaufe eines Monats die Krone annimmt und nicht in den dem obigen Termin zunächst folgenden 14 Tagen den Eid leistet, den der 80ste Artikel der Constitution verlangt, die Wahl als nicht geschehen betrachtet werden soll; 3tens, das Staats⸗Oberhaupt wird den Bestimmungen gemäß prokla⸗ mirt, die durch das Dekret vom 29. Januar 1831 festgesetzt sind.“ Der Redner unterstützte sein Amendement durch die Behauptung, daß, wenn man ohne alle Bedingungen zur Wahl schritte, dies leicht so angesehen werden könne, als ob der Kon⸗ greß sich der Annahme der Protokolle füge. Herr A. Gende⸗ bien sagte, daß es ihm unmöglich schiene, daß man den Vor⸗ schlag der Central⸗Section annehmen könne. Das Dekret, nach dessen Bestimmungen man die Wahl vornehmen wolle, beschränke sich darauf, statt aller Bedingungen die Eidesleistung zu verlan⸗ gen. Jetzt aber genüge diese alleinige Bedingung nicht mehr. Die Herzoge von Leuchtenberg und Nemours haͤtten ihre An⸗ nahme keinen Bedingungen unterworfen; dagegen sage der Prinz von Sachsen⸗Koburg, wie die Minister und die Londoner Depu⸗ tirten berichtet hätten, daß er nur dann erst einwilligen könne, wenn die Gränzen bestimmt seyen. Hieraus gehe die Nothwen⸗ digkeit hervor, daß man auch von Seiten des Kongresses Be⸗ dingungen stellen müsse. Man wisse, daß die Konferenz mehr als jemals auf die Annahme der Protokolle bestehe, denen sich aber Belgien niemals unterwerfen könne, ohne sich zu entehren. Herr Gendebien behauptete, daß man in Bezug auf den Prin⸗ zen Leopold getäuscht werde, wie bei der Wahl des Frauzöstschen Prinzen, und daß alle diese diplomatischen Wendungen zu nichts weiter führen würden, als den Kongreß zur Annahme der Pro⸗ tokolle zu verleiten. Wenn dies geschähe, so würde er Belgien für immer verlassen, und wenn er gezwungen würde, daselbst zu bleiben, so hoffe er doch wenigstens diese Schande nicht zu über⸗ leben. — Herr Lebeau, Minister der auswärtigen Angelegen⸗ heiten, antwortete dem vorigen Redner und sagte:
„Ich koͤnnte die bitteren Reden, welche Sie so eben vernommen haben, auf die Majoritaͤt des Kongresses zuruͤckschieben; denn das Ministerium hat nichts gethan und nichts gesagt, um die Ent⸗ schluͤsse herheizufuͤhren, welche der Kongreß gefaßt hat. Ich muß bemerken, meine Herren, daß es in diesem Augenblick hier kein Mi⸗ nisterium mehr giebt, und ich erklaͤre, daß ich an dieser Diskussion als Deputirter und nicht als Minister Theil zu nehmen gedenke; als Deputirter will ich meinem Vaterlande und meinen Kommitten⸗ ten von meinem Votum Rechenschaft ablegen. Man sagt uns, daß der Krieg begonnen werden muͤsse, und daß wir die Bevollmaͤchtigten der Konferenz zuruͤcksenden aber waͤhrend der 6 Monate, daß Sie (Hr. Gendebien) Minister gewesen sind, haben Sie den Krieg nicht verhindert, nein, sondern dem so gluͤcklich begonnenen Ein⸗ halt gethan. Sie haben einen fuͤr Belgien verderblichen Waffen⸗ stillstand unterzeichnet, der, wenn einmal von Mystificationen die Rede seyn soll, der Gipfel derselben gewesen ist. Sie reden davon, die Bevollmaͤchtigten zuruͤckzusenden; aber Sie selbst haben von Lord Ponsonby Protokolle empfangen, gegen welche Sie protestirt haben — nichtsdestoweniger haben Sie ihm weder seine Paͤsse zuge⸗ schickt, noch die Unterhandlungen abgebrochen. Werfen Sie mir da⸗ her nicht meine Langsamkeit vor, denn ich habe in 2 Monaten mehr gethan, als Sie in sechs. — Sie reden davon, daß die Note des Ge⸗ nerals Belliard nicht gezeichnet sey, aber als Minister wissen Sie sehr wohl, was eine Hürbal⸗Note ist. Wie koͤnnen Sie an der Authenticitaͤt derselben zweifeln, da sie oͤffentlich vorgelesen, gedruckt, vertheilt und in den Zeitungen bekannt gemacht worden ist, ohne daß General Belliard dieselbe desavouirt hat? Ihre Zweifel koͤnnen nicht das Ministerium, wohl aber den General Belliard beleidigen. — Was die Annahme von Seiten des Prinzen Leopold betrifft, so wie⸗ derhole ich Ihnen, daß ich dieselbe, wenn auch nicht als ganz gewiß, doch als sehr wahrscheinlich betrachte. Es ist meine Sache nicht, den Lord Ponsonby daruͤber zu rechtfertigen, daß er hier eine Zeitlang fuͤr den Prinzen von Oranien thaͤtig gewesen ist. Wenn er uns aber jetzt auffordert, den Prinzen von Sachsen⸗Koburg zu waͤhlen, so liegt dem Betragen des edeln Lords, wenn es auch widersprechend er⸗ scheint, doch immer der Wunsch zum Grunde, die Unabhaͤngigkeit Belgiens zu begruͤnden. Die Mittel sind veraͤndert, der Zweck bleibt derselbe. — Man hat vom Verluste des Namens „Belgien“ gesprochen. Nun ja, meine Herren, dieser Name kann verloren gehen, wenn es zu einem allgemeinen Kriege koͤmmt. Wenn Frank⸗ reich siegreich aus dem Kampfe hervorgeht, so werden wir, zur Be⸗ zahlung der Kriegs⸗Kosten, demselben einverleibt werden; unterliegt es, so kommen wir wieder unter die Herrschaft Hollands. Jede dieser Alternativen fuͤhrt die Vertilgung des Namens Belgien mit sich.“
Nach einer Erwiederung der Herrn Gendebien und van de Wehyer bemerkte Herr Jottrand, daß der Streit zwischen dem jetzigen und vorigen Ministerium ihn weiter nichts angehe, aber was das Amendement des Herrn Beyts betreffe, so stimme er der darin ausgesprochenen Ansicht bei; die Konferenz habe so viele Vorsichts⸗Maaßregeln gegen Belgien getroffen, daß es die⸗ sem auch wohl zustehe, sich einigermaßen gegen jene sicher zu stellen. Die Vorsichts⸗Maaßregeln der Konferenz beständen hauptsächlich darin, daß sie durch ihre Bevollmächtigten Privat⸗ Mittheilungen machen ließe, welche sie selbst zu nichts verpflich⸗ teten; daß sie ferner immer wiederhole, die Erwählung des Prin⸗ zen Leopold nur dann zulassen zu wollen, wenn man sich den Pro⸗ tokollen unterwürfe; wemm daher die Wahl ohne Bedingung ge⸗ schehen sey, so werde man dies als eine stillschweigende Einwilli⸗ gung betrachten. Die letzte, und er möge sie wohl die unnütze Vorsichts⸗Maaßregel der Konferenz nennen, bestehe in furchtbaren Drohungen, an welche aber eben kein Mensch glaube. Er halte es für unumgänglich nothwendig, daß man in dem 1sten Artikel des Entwurfs gegen die Protokolle protestire, und daß man einen Termin festsetze und die Wahl des Prinzen für nich⸗ tig erkläre, wenn bis zu demselben der Eid nicht geleistet sey. Dies sage er im Allgemeinen, er für seine Person bleibe der Meinung, daß unter den gegenwärtigen Umständen jede Wahl gefährlich sey, und daß er demzufolge stimmen werde. — Herr Nothomb erwiederte den Herren Jottrand und Beyts, daß sie sich bemühten, eine Lücke auszufüllen, welche gar nicht existire; denn der lste Artikel der Constitution spreche sich ausdrücklich über die Integrität des Gebiets aus. Herr Destouvelle hielt die Amendements aus dem Grunde für unnütz, weil man schon ge⸗ gen die Protokolle protestirt habe. Der Eid, die Constitution aufrecht zu erhalten, genüge seiner Ansicht nach. — Nachdem sich noch Herr C. von Brouckeère und Herr Forgeur für, die Herren Deveaux und Raikem dagegen ausgesprochen hatten, wurde das Amendement des Herrn Beyts mit 137 Stimmen ge⸗ gen 54 verworfen und der ’ste Artikel der Central⸗Sec⸗ tion mit 158 Stimmen gegen 31 angenommen. Man schritt zum 2ten Artikel, der folgendermaßen abgefaßt ist: „Die Regierung wird ermächtigt, Unterhandlungen zu er⸗ öffnen, um alle Gebiets-Fragen mittelst pecuniairer Opfer zu beseitigen und förmliche Anerbietungen in diesem Sinne zu machen.“ Herr Delhoungue verlangte die Weglassung dieses Artikels; man solle statt dessen die Regierung durch eine Depu⸗ tation auffordern, Unterhandlungen zwischen Belgien und Hol⸗ land zu eröffnen. Herr Jottrand und Herr Lebeau wider⸗
maͤchtigten beschloseen, daß Lord
setzten sich diesem Amendement. Herr von Robaulx zeigte a daß ihm so eben die Protokolle Nr. 23 und 24 mitgetheilt wü⸗ den, woraus deutlich hervorgehe, daß der Brief des Lords Po sonby nur eine Folge dieser Protokolle sey. — Herr Lebeaue
klärte, die Protokolle nicht zu kennen; er wisse nicht, ob sie äch
seyen. Er möchte wohl wissen, was der Zweck derer sey, die jeß
solche Aktenstücke einsendeten; man solle sich erinnern, daß b einer ähnlichen Gelegenheit auch solche Papiere in Umlauf geset wären. Herr C. von Brouckdre sagte, daß ein Englände der sogleich nach Frankfurt weiter gereist sey, die Protokolle mi
gebracht habe. Herr von Robaulgx frug, ob er dieselben vorles
sen solle. Die Versammlung widersetzte sich diesem Antrag un verlegte die Diskussion über den 2ten Artikel auf morgen.
Sämmtliche hiesige Blätter theilen folgende zwei Pr⸗ tokolle der Londoner Konferenz mit (S. oben die Verhandlun gen im Kongresse.).
I. Protokoll Nr. 23. der im auswaͤrtigen Amte zu Londo am 10. Mai 1831 gehaltenen Konferenz.
Der Bevollmaͤchtigte Frankreichs lenkte, nachdem er die vol kommene und gaͤnzliche Zustimmung der Regierung Sr. Majesth des Koͤnigs der Franzosen zu den Protokollen Nr. 21 und 22 vor 17. April angezeigt hatte, die Aufmerksamkeit der Bevollmaͤchtigte Oesterreichs, Großbritaniens, Preußens und Rußlands auf die M tel, die Ausfuͤhrung und die Wirksamkeit des letzteren dieser Akten stuͤcke mit Vorsichtsmaaßregeln in Verbindung zu bringen, wel am besten geeignet waͤren, jede Unruhe in Bezug auf die Erhaltun des allgemeinen Friedens selbst bis auf den Vorwand verschwinde zu machen. Die erste Frage, welche die Konferenz in dieser Hinsich eroͤrterte, bezog sich auf den Termin, welchen man der Be gische Regierung zugestehen koͤnne, um den in dem Protokolle Nr. 22 em haltenen definitiven Vorschlaͤgen beizutreten. In Betracht, daß d Kommissarius der fuͤnf Hofe in Bruͤssel und die Regierung e. Majestät des Koͤnigs der Franzosen der Meinung sind, daß ein me ßiger Aufschub die Mittel, darbieten wuͤrde, die Gemuͤther in Bo gien auf diese wichtige Mittheilung vorzubereiten, haben die Bevol Ponsonby ermaͤchtigt werde mit dem General Belliard die vorlaͤufigen Schritte zu verg reden, welche in dieser Beziehung am meisten Wirkung hervorbrie gen duͤrften, und das Protokoll Nr. 22 der Belgischen Regiermn nicht eher auf offizielle Weise mitzutheilen, als bis sie ihren ganz Einfluß darauf verwendet haben, die Vortheile allgemein anschan lich zu machen, welche den Belgiern aus einer sofoörtigen und auf richtigen Annahme der Grundlaͤgen der Trennung, welchen E
solle,
Majestaͤt der Koͤnig der Niederlande schon vollkommen beigetreng
Andererseits ist man uͤbereingekoömme daß die offizielle Mittheilung des in Rede stehenden Prorokolls un ter allen Umständen vor dem 1. Juni d. J. stattfinden solle, in daß mit diesem Tage der Termin zu Ende gehe, den die Londone Konferenz der Belgischen Regierung bewillige, um sich ihrem a genscheinlichen Interesse gemaͤß in die Lage zu versetzen, in der si Se. Majestät der Koͤnig der Niederlande durch seine Annahn der Grundlagen der Trennung, welche oben erwaͤhnt simg den fuͤnf Maͤchten gegenuͤber befinde. Die Bevollmaͤchtigten he ben außerdem beschlossen, daß, wenn die Belgische Regierung dem bestimmten Tage durch eine offizielle Antwort erklaͤrt, den e waͤhnten Grundlagen der Trennung beitreten zu wollen, gleich die noͤthigen Maaßregeln angeordnet werden sollen, ü auf's schleunigste die Raͤumung der Plaͤtze und Gebietstheile bewirken, welche die resp. Truppen jenseits der Graͤnzen besetzt ha ten, die Belgien und Holland angewiesen sind. Bei dieser Vo aussetzung wuͤrde der Austausch der Territorien und andere Arran gements, deren Grundsatz durch den Artikel 1V. der Grundlagen de Trennung festgesetzt ist, durch eine gemeinschaftliche Uebereinkun der beiden unmittelbar interessirten Parteien — eine Uebereinkunf zu der durch ihre Freundschafts⸗Dienste beizutragen die fuͤnf Hi sich vorbehalten — entschieden werden. Wenn aber im Gegenthe die Grundlagen von der Belgischen Regierung am 1. Juni nig angenommen seyn werden, so haben die Bevollmaͤchtigten fuͤr ditse Fall beschlossen: Erstens, daß nach den Worten des Protoko Nr. 22 ein vollkommenes Abbrechen jeder Beziehung zwischen doe fuͤnf Maͤchten und den Behoͤrden, welche Belgien regieren, stat finden soll; Zweitens, daß die fuͤnf Maͤchte, anstatt sich ferna wie sie es bisher gethan haben, bei dem Deutschen Bunde daf zu verwenden, um der Anwendung von Maaßregeln, welche Deutsche Bunbv entschlossen ist in dem Großherzogthum Luxembm zu ergreifen, Einhalt zu thun, selbst die Röthwendigkent dies Maaßregeln anerkennen muͤssen; Drittens, daß die fuͤnf Maͤchte mit Ruͤcksicht auf die Innigkeit der Verbindung, welche zwischt ihnen und dem Deutschen Bunde besteht, den Bundestag in Fran furt ersuchen werden, ihnen dadurch einen Beweis von Freundsche u geben, daß er der Londoner Konferenz vertrauliche Mittheilunge uͤber die Absichten des Bundes in Bezug auf die Zahl und die? wendung der Trnppen mache, welche er in das Großherzogthu Luxemburg einruͤcken zu lassen beabsichtige. Diese durchaus dien gefaͤlligen Mittheilungen wuͤrden nur den Zweck haben, die Kon renz in den Stand zu setzen, den Besorgnissen zuvorzukommen, me che die militairischen Bewegungen in den angraͤnzenden Laͤndern? regen koͤnnten; Viertens, wenn die Belgier den Waffenstillstan verletzten, den sie in Bezug auf Holland beobachten muͤssen, dessen Territorium angriffen, so wuͤrden die fuͤnf Maͤchte, mit den die Belgier durch Verletzung der seit dem 21. November 1830 c. gegangenen Verbindlichkeiten ipso facto in einen Zustand der Fein seligkeiten treten wuͤrden, die Maaßregeln zu verabreden haben, we che sie solchen Angriffen entgegenzusetzen fuͤr Pflicht erachten mi ten; und die erste dieser Maaßregeln wuͤrde in der schleunigen Am fuͤhrung der Bestimmungen bestehen, welche in der Instruction, edeutet sind, womit die Kommissarien der Konferenz seit dem Januar d. J. versehen wurden, und die dem Protokoll Nr. 101 gefuͤgt ist; Fuͤnftens endlich, daß, wenn diese Bestimmungen u nuͤgend befunden wuͤrden, die Londoner Konferenz, im Nan der fuͤnf Hoͤfe handelnd, durch ein gemeinschaftliches Uebereinkomm
ist, entspringen wuͤrden. —
die weiteren Maaßregeln anordnen werde, welche die Umstaͤnde
diesem Zwecke erheischen duͤrften. — Die Bevollmaͤchtigten sind uͤbe⸗ eingekommen, daß das gegenwaͤrtige Protokoll, welches die Verf gungen desjenigen vom 17. April, Nr 22, vervollstaͤndigt, auch da dienen soll, die Instructionen des Lords Ponsonby zu vervollstaͤnd gen, und ihm zu diesem Behuf unverzuͤglich zugesandt werde.
(gez.) Esterhazy; Wessenberg. Talleyrand. Palme
ston. Buͤlow. Liewen; Matuszewicz.
II. Protokoll Nr. 24 der im auswaͤrtigen Amte an
21. Mai gehaltenen Konferenz.
Lord Ponsonby, der es nach Empfang des Protokolls Nr. fuͤr seine Pflicht gehalten hatte, den Zustand der Belgischen Ang legenheiten der Konferenz persoͤnlich auseinander zu setzen, 65 v den Bevollmaͤchtigten der fuͤnf Hoͤfe gehoͤrt worden. In Erwaͤgun daß aus der durch Lord Ponsonby gegebenen Auskunft hervorgch — 1) daß der Beitritt des Belgischen Kongresses sn den Grun lagen der Trennung Belgiens von Holland sehr er eichtert werde wuͤrde, wenn die fuͤnf Hoͤfe uͤbereinkaͤmen, Belgien in seinem Wu sche, zum Besitz des Großherzogthums Luxemburg gegen 41. Entschaͤdigung zu gelangen, Beistand zu leisten; 2) daß, da die E. waͤhlung eines Souverains unerlaͤßlich geworden, um zu end chen Bestimmungen zu gelangen, es zur Erreichung des ben sichtigten Zweckes das beste Mittel seyn wuͤrde, die Schwi rigkeiten aus dem Wege zu raͤumen, welche die Annahme d Souverainetaͤt Belgiens von Seiten des Prinzen Leopold in da Falle nach sich ziehen duͤrfte, daß, wie man nach Allem zu glaube berechtigt ist, ihm diese Souverainetaͤt angetragen wuͤrde; — so si die Bevollmäaͤchtigten uͤbereingekommen, Lord Ponsonby zu ersuche nach Bruͤssel zuruͤckzukehren, und ihm die Pollmacht zu ertheil dort zu erklaͤren: 1) daß die fuͤnf Maͤchte nicht laͤnger anstehen! nen, den Beitritt der Belgischen Regterun zu den Grundlagen
nige Gedanken und Grundsätze zu
rennung Belgiens von Holland zu verlangen, — Grundlagen, wel⸗ en der Koͤnig der Niederlande bereits beigetreten ist; 2) daß die f Maͤchte in Betreff des Wunsches der Belgischen Regierung, en Entschaͤdigung zum Besitz des v-ee Luxemburg gelangen, das Versprechen geben, mit dem Khnige der Niederlande ne Unterhandlung anzuknuͤpfen, um, wo möͤglich, Belgien, vermittelst emessener Entschaͤdigung, den Besitz jenes Landes zu sichern, das
ine dermaligen Verhaͤltnisse zum Deutschen Bunde beibehalten b
ürde; 3) daß die fuͤnf Maͤchte, sobald sie den Beitritt der Belgi⸗ heen Regierung erlangt, es dem Deutschen Bunde mittheilen und nselben zugleich von ihrer Exaegvr Verbindlichkeit in Kennt⸗
setzen wuͤrden, eine Unterhandlung einzuleiten, um Belgien, rmittelst angemessener Entschaͤdigung, wo moͤglich den Besitz, des roßherzogthums Luxemburg zu sichern; und däß die fuͤnf Maͤchte r felbigen Zeit den Deutschen Bund ersuchen wuͤrden, waͤhrend r Unterhandlungen die Vollziehung der zur militairischen Besetzung Großherzogthums beschlossenen eS auszusetzen; 4) daß, bald die Belgische Regierung den Grundlagen der Trennun bei⸗
treten . zelgiens obwaltenden Schwierigkeiten aus dem Wege geraͤumt
yn. werden, die zur Ausfuͤhrung jener Grundlagen noͤthi⸗ n Unterhandlungen mit dem Sonvergin Belgiens und unter n Auspizien der fuͤnf Maͤchte sogleich eroͤffnet werden sollen; endlich daß, wenn dieser Beitritt bis zum 1. Juni nicht erfolgt „Lord Ponsonby, in Uebereinstimmung mit dem General Belliard, e im Protokoll Nr. 23. vom 10. Ma enthaltenen Instructionen vollziehen und der Belsgischen Regierung die Beschlüͤsse mitzu⸗ heilen haben wird, welche die fuͤnf Hoͤfe fuͤr einen solchen Fall in sagtem Jvrn ausgesprochen haben. (gez.) Esterhazy; Wessenberg. Talleyrand. Palmer⸗ 8 st Buͤlow. Licven; Matuszewicz.’“”“ “
Polen.
Warschau, 1. Juni. Nach Beseitigung der Diskussion ber die Prorogirung des Reichstages in der Sitzung der Land⸗ otenkammer vom 25sten v. M., nahm der Landbote Wen⸗
küin der Angelegenheit des Dwernizkischen Corps das Wort, ndem er der Versammlung die Umstände in Erinnerung brachte, elche, seiner Meinung nach, jenen General genöthigt hätten, it seinen Truppen in Gallizien eine Zuflucht zu suchen; na⸗ entlich behauptete er, daß der Russische General Rüdiger zu⸗ st die Gränze des neutralen Oesterreichischen Kaiserstaats über⸗ hritten hätte, wodurch Dwernizki zu einer ähnlichen Handlung noöthigt worden wäre; er fragte daher die anwesenden Mini⸗ er des Krieges und der auswärtigen Angelegenheiten, was sie r Beweisgründe hätten, um die Angabe des Oesterreichischen zeobachters zu widerlegen, daß die Polen zuerst die Oesterrei⸗ ische Gränze verletzt hätten, so wie, welche Maaßregeln von beiten der National⸗Regierung genommen worden seyen, um — Rückkehr des Generals Dwernizki nach Polen auszuwirken ind die Auslieferung der von den Polen den Generalen Geis⸗ nar, Creuz und Rüdiger abgenommenen Kanonen an den Letz⸗ ren zu verhindern. In Erwiederung auf diese Frage erklarte r Kriegsminister, daß er, da General Dwernizki nach sei⸗ em Eimücken in Wolhynien mit dem Kriegsministerium in Com⸗ nunication zu stehen aufgehört und nach seinen eigenen Instructio⸗ en gehandelt habe, auch nicht im Stande sey, der Kammer auf die rage des Landboten Wenzyk eine befriedigende Antwort zu er⸗ beilen; hinsichtlich des Punktes aber, wer zuerst die Gränze berschritten habe, meinte er bloß, daß er den Worten des Ge⸗ rals Dwernizki mehr Glauben zu schenken geneigt sey, als der cklärung des Oesterreichischen Beobachters. Der Minister er auswärtigen Angelegenheiten (Herr Horodyski) äu⸗ rte, daß die Regierung des Königreichs Polen nicht unterlas⸗ im habe, wo es mehts gewesen, die dringendsten Vorstellungen nmachen, um dem General Dwernizki Genugthuung zu ver⸗ haffen, ohne jedoch irgend eine Antwort darauf zu erhalten; n'sie habe sogar einen expressen Llgenten in dieser Hinsicht nach Pien geschickt, der jedoch in Krakau von dem dortigen Oester⸗ schischen Konsul keinen Paß zur Fortsetzung seiner Reise habe langen können. Auch der Landbote Graf Gustav Mala⸗ howski hielt es, als ehemaliger Minister der auswärtigen An⸗ elegenheiten, für nothwendig, der Kammer einige Mittheilungen ber diesen Gegenstand zu machen, und ließ sich besonders über ie Instructionen aus, welche dem Geueral Dwernizki vor seinem inrucken in Wolhynien ertheilt worden seyen, indem er behauptete, ß das Mißlingen der Wolhynischen Expedition keinesweges der ngehörigkeit dieser Instructionen zuzuschreiben sey; endlich gab er ne allgemeine Charakteristik der Polnischen Revolution und einte, sie müsse nicht eine Social⸗, sondern eine National⸗Re⸗ olution genannt werden. b.“ der Dwernizkischen Sache schloß die Kammer, auf Antrag des Landboten Wenzyk, eingen uszug aus dem Sigung!⸗Protofoll in den öffentlichen Blättern itzutheilen. Der letzte Punkt aber, welchen der Graf Mala⸗ howski in Beziehung auf die Revolution erwähnt hatte, gab weitläuftigen Diskusstonen Anlaß, bei welchen sich der Depu⸗ rte Krysinski unter Anderen folgendermaßen vernehmen ließ: Die in der vorigen Sitzung gehaltene Rede des Landboten von Varta (Herrn B. Niemojowski), welche mit dem heut von herrn Wenzyk beregten Gegenstande in Verbindung stehe, habe n Landboten von Szydlowiez (Herrn Malachowski) veranlaßt, äußern, welche er (Herr rysinski) nicht vorübergehen lassen könne, ohne die Aufmerk⸗ nkeit der Kammer darauf zu lenken, und zwar um so mehr, s die Ansichten des Grafen Malachowski mit den in der vori⸗ en Sitzung von dem Staatsrath Herrn Wielopolski ausgespro⸗ henen Ideen zusammenhingen. Er fühle sich daher verpflichtet, n Angesicht der Nation, im Angesicht Europa's in dieser An⸗
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zelegenheit seine Meinung offen und aufrichtig auszusprechen.
t sey näamlich vom Beginn des Aufstandes an nirgends ein Streben nach Anarchie und ein demagogisches Komplott vorhan⸗ n gewesen, sey jetzt nicht vorhanden, und werde es auch, be⸗ aupte er dreist, niemals seyn. Die Einen, denen kraͤnkliche Ein⸗ ildungskraft und angeborne Furchtsamkeit nicht gestatteten, mit aren Augen die Thatsachen zu betrachten, gaben sich wirklich ner Täuschung hin und glaubten an dieses demagogische Ge⸗ penst; die Anderen, welche nach der Einbildung der Ersteren andelten, und denen einzelne erfolglose Vorurtheile zu Statten men, behaupteten, davon überzeugt zu seyn, daß in Polen ein magogischer Verein existire. Diese Letzteren suchten zu Errei⸗ hung ihrer Zwecke überall Schrecken zu verbreiten; sie bemüh⸗ n sich, Alles in Furcht zu setzen, ohne zu bedenken, daß ein Porurtheil den gesunden Menschenverstand der Nation nicht rücke, ohne Erfolg bleibe und stets von der ruhigen geberlegung, welche die Polnische Insurrection bezeichne, zurück⸗ ewiesen werde. In den ersten Augenblicken der Revolution, ach dem Sturz der Diktatur, als man diese unheilsvolle Miß⸗ eburt, einem Einzigen die unumschränkteste Gewalt zu überge⸗ en, rechtfertigen wollte, da wäre es wohl einigen wahrhaften
Betrügern möglich gewesen, den Gedanken zu erfinden und zu
erbreiten, daß man demagogische Anschläge, blutige Absichten im Sinne sase, daß man Gerüste und Guillotinen vorbereite, Es y möglich gewefen, dis Furche zu erregen, daß man die Bank
seyn wird und die in Bezug auf die Souvera netaͤt
zureden,
1027 plündern, die Juden ermorden, daß das Blut in Strömen flie⸗ ßen und daß das Volk Alles mit der Wurzel ausrotten werde. Es sey jener Kamarilla möglich gewesen, zu dergleichen Mitteln ihre Zuflucht zu nehmen. Dies lasse sich erklären, lasse sich be⸗ greifen. Jetzt aber, wo schon der 6te Monat nach der Insurrec⸗ tion verflossen sey, wo die Nation neben heldenmüthigen Thaten, ne⸗ ben großmüthigen Aufopferungen den höchsten Grad der Mäßigung zeige, wo sowohl in der Hauptstadt, als im ganzen Lande, eine in der Geschichte der Revolutionen beispiellose Ordnung herrsche, wo bei unbeschränkter Preßfreiheit kein einziger Exceß vorgefallen sey, wo die während des Aufstandes behauptete Würde den Au⸗ gen Europa's ein erstaunendes Schauspiel darbiete, jetzt gezieme es sich wohl nicht, die Nation zu verleumden und noch immer von demagogischen Machinationen zu sprechen, und schmählich sey es, daß seit einigen Tagen wieder Gerüchte von einer neuen im Ausbruch begriffenen Revolution im Umlauf wären. Er wiederhole es noch einmal, daß die Einen aus vollem Her⸗ zen an diese nichtigen Schreckbilder glaubten, die Anderen im⸗ merwäahrend durch schändlich angezettelte Kunstgriffe diese Furcht näaäͤhrten, um sich Ansehen zu geben, um den Leuten ein⸗ daß in ihrer Vorsicht der Damm läge, wel⸗ cher den demagogischen Strom in seine User zurückdränge. Doch es sey endlich Zeit, daß diese böswilligen Mhstificationen ein Ende nähmen; denn wozu sollten ste führen, und welche Folgen würden aus ihnen entsprießen? Im Innern zwar fürchte er nichts; Thatsachen, welche die Verleumdung zum Schweigen brächten, bewiesen, daß neben dem größten Eifer für die Sache der Nation eine seltene Ruhe bestehe und fortdauern werde. Nach außen hin aber nehme die Sache eine ganz andere Ge⸗ stalt an. Alle Feinde der Polen hätten ein wachsames Auge auf sie gerichtet und ergriffen die geringste Gelegenheit, um den Aufstand derselben als eine die öffentliche Ordnung umstoßende Insurrection, als gefaͤhrlich für die benachbarten Regierungen, kurz als einen Jakobinismus darzustellen. Dies sey der Vorwand, dessen sich jene bei einigen Kabinetten bedienten, und es gezieme sich daher nicht, daß man ihnen selbst diese Waffe in die Hand gebe und sie noch scharfe; denn es würde den gegen die Peolnische Sache Ein⸗ genommenen ein Leichtes seyn, die Meinung hervorzubringen, daß in Polen eine demagogische Faction existiren müsse, wenn die ersten am Ruder der Regierung stehenden Personen sich davor fürchteten. Man solle nur aufrichtig zu Werke gehen und sich fragen, ob diese lächerlichen und unüberlegten Gerüchte im In⸗ nern des Landes nicht bei manchem der größeren Höofe unvortheil⸗ hafte Vorstellungen von den Polen veranlassen würden. Des⸗ halb sey es Zeit, daß dieses, er wolle sich keines bittereren Aus⸗ drucks bedienen, unüberlegte Verfahren völlig aufhöre. Noch müsse er die Kammer auf einen Umstand aufmerksam machen, ein Umstand, der mit dem in der vorigen Sitzung zwischen den Herren Niemojoski und Wielopolski stattgehabten Streit in Ver⸗ bindung stehe. Beide nämlich suchten alle Verhältnisse Polens, vielleicht sogar das Gebäude der National-Institutionen, auf der Vergangenheit, auf Erinnerungen, auf Mationalität zu begründen; zwar sey der Ausdruck Nationalität für den Polen schön⸗ klingend und bezaubernd, aber, in Staats⸗Angelegenheiten gebraucht, sey er zu allgemein. Man müsse sich in dieser Hinsicht unum⸗
wunden und offen aussprechen, man müsse deutlich erklären, was
von der Vergangenheit man aufrechterhalten und befolgen wolle. Es gebe gewiß erhabene Thaten, deren man sich mit Ruhm erin⸗ nern könne, es gebe schöne Blätter in dem Buch der Polnischen Geschichte, aber es gebe deren auch solche, welche man aus dem Verzeichniß der geschichtlichen Begebnisse tilgen möchte. Man
Vergangenheit zur Basis der Zukunft annehmen wollte. „Wir wollen Polen seyn,“ schloß der Redner, „nicht nur nach den Erinnerungen, weiche zuweilen schmerzliche und drückende Gefühle in uns erwecken; sondern Polen in den gehörigen Gränzen, angesehen und wohlhabend, Polen mit entwickelter Industrie, mit
einem tüchtigen Militair⸗ und Finanzsystem, mit Rechten und
Institutionen, die nicht das Geprage der Privilegien und demu⸗ thigender Ungleichheit, sondern die den Stempel der Civilisation an sich tragen. Dies ist, meiner Meinung nach, Nationalität, nach der wir streben und zielen müssen; auf sie stützt sich unsere Existenz, stützt sich unsere Zukunft. Polen wird die Stuse ein⸗ nehmen, auf der es sich zum Glück und Frieden Europa's befin⸗ den muß.“ — Hierauf nahm der Deputirte Czarnozki, als General⸗Polizei⸗Direktor, das Wort, nachdem ihm die Kammer dazu Erlaubniß ertheilt hatte, und rechtfertigte von seinem Platz aus die Polizei⸗Behörden gegen den vom Depu⸗ tirten Klimontowicz ihnen gemachten Vorwurf, daß ihrer Nachlässigkeit und ihrem verderblichen Einverständniß mit den Verkäufern die gegenwartige Theurung der Lebensmit⸗ tel, besonders des Brodtes und Fleisches, in Warschau zuzuschreiben sey. Der Redner bewies durch Vergleichung des jetzigen Preises dieser Artikel mit dem in früheren Jahren gel⸗ tenden Preis, daß eine übergroße Theurung, wie es Herr li⸗ montowicz darzustellen suche, nicht stattfinde, und schrieb den ho⸗ hen Preis des Fleisches theilweise der durch eine Verordnung des Diktators eingeführten Schlachtsteuer zu. Diese Erklärung beruhigte aber weder den Deputirten Klimontowicz, noch den Deputirten Gumowski und den Landboten Swidzinski, welche die einzelnen Behauptungen des Polizei⸗Direktors zu wi⸗
derlegen suchten; indeß endigte die Diskussion mit der Versicherung
des Letzteren, daß das Ministerium des Innern nicht unterlassen werde, der National⸗Regierung die geeigneten Mittel vorzustellen, um den Preis des Fleisches in Warschau herabzusetzen, unter denen er vorzüglich die Wiedereinführung der Taxe und die Erniedrigung der Schlachtsteuer anführte. Am Schluß der Sitzung klagte der Deputirte Chomentowski den General⸗Intendanten der Ar⸗ mee, Grafen Buinski, der, als Minister des öffentlichen Unter⸗ richts, auf der Regierungsvank saß, des Mißbrauchs seiner amt⸗ lichen Gewalt an, indem derselbe 120 Korzez Geiste, die das Eigenthum des Bier⸗Fabrikanten und Reichstags⸗Deputirten Michael Piotrowski gewesen seyen, in Requisttion genommen habe. Nachdem sich jedoch der Graf Bninski deshalb verthei⸗ digt hatte, sprach die Kammer ihn einstimmig von dem ihm ge⸗ machten Vorwurf frei. Durch diese Diskusston fühlte sich der Kriegs⸗Minister veranlaßt, die Kammer auf die Art und Weise aufmerksam zu machen, in welcher die Minister zur Rede gestellt würden; er meinte, daß die Lage, in der sich das Land gegenwaͤrtig befinde, nicht erlaube, daß gegen die Minister ferner⸗ hin so kleinliche Vorwürfe, wie man sie immerfort vernehme, erhoben würden, noch auch, daß diese Minister auf alle jene ein⸗ zelnen Fragen eine befriedigende Antwort ertheilen könnten, und schloß mit der Vorstellung, daß Europa, welches seine Augen auf Polen gerichtet habe, wichtigere Verhandlungen von dem Reichs⸗ tage erwarte.
— — Von der Polnischen Gränze, 4. Juni. Das
Hauptattartier des Feldmarschalls Grafen Diebitsch hat sich noch
“
am 1sten d. in Ostrolenka befunden.
man vernimmt,
e . Zwischen Dlottowen und Lomza standen bis dahin weder Russische noch Polnische Truppen; dagegen waren bereits am 31. Mai die Kosaken bis Grajewo vorgegangen und hatten die Bauern aus Pogussen, einem Gränz⸗ dorfe in der Richtung von Lyck, angetrieben, die dort demolirte Brücke wieder herzustellen. Als Kommandant von Lomza wird der Russische Oberst Daine, vom Genie⸗Corps, genannt. In der Gegend von Augustowo stehen zahlreiche Russische und Polnische Streitkräfte einander gegenüber, und man glaubt, daß es dort bald zu einem Gefechte kommen dürfte.
— Vom 5. Juni. Es verbreitet sich das Gerücht, daß der General Creutz bei Pulawy über die Weichsel gegangen sey, doch bedarf dies noch der Bestätigung. “
Deutschland.
München, 1. Juni. Der in der gestrigen Sitzung der Deputirten⸗Kammer gefaßte Beschluß über die Beschwerde wegen des Verfahrens der katholischen Geistlichkeit bei gemischten Ehen geht dahin, Se. Königl. Majestät im verfassungsmäßigen Wege zu bitten, daß bezüglich auf die gemischten Ehen die katholischen Geistlichen zur genauen Befolgung des zweiten Edikts der Ver⸗ fassungs⸗Urkunde, und namentlich zur Proclamation, Entlassung und Assistenz⸗Leistung bei den Verehelichungs⸗Akten auch in den Fällen, wo die Erziehung aller Kinder in der katholischen Reli⸗ ion nicht zugesichert wird, nöthigenfalls durch alle gesetzlichen Mittel angehalten, und daß bei anhaltender Renitenz der Ge⸗ horsam für das Gesetz, sowohl für die bischöflichen Ordinariate, als gegen die untergeordneten Geistlichen, durch unbedingte Tem⸗ poraliensperre erwirkt werden solle.
Kassel, 3. Juui. In der hiesigen Zeitung liest man: „Dem Vernehmen nach, haben 8.Cea9. in 8. Ses.s Siz⸗ zung vom 18. v. M. die zum Behuf der Abhülfe des Nothstandes der arbeitenden Klasse von der Staatsregierung verlangte Summe von 122,234 Rthlr. für Domanialbauten für 1831 bewilligt. In derselben Sitzung, heißt es, legte der Hr. Landtagskommissar ei⸗ nen Gesetzentwurf über die der Provinz Hanau und einem Theile der Provinz Fulda aufzulegende Averstonalsumme für die nicht entrichteten indirekten Steuern vor. — In der vertraulichen Si⸗ tzung vom 19. v. M. soll beschlossen worden seyn, die Staats⸗ regierung um Auskunft darüber, was zum Zwecke der Herstellung eines freien Verkehrs unter allen Deutschen Staaten auf den Grund des §. 19. der Bundesakte geschehen sey, — ferner um die Wiederanknüpfung der Unterhandlungen mit des Hrn. Land⸗ grafen von Rotenburg Durchl., wegen Abtretung der Quart, zu ersuchen. — In der geheimen Sitzung vom 20. soll sodann die Ver⸗ sammlung ihre Zustimmung zur successiven Aufnahme eines An⸗ lehns von 350,000 Thlrn., wovon auch die bereits für die Do⸗ manialbauten genehmigte Summe, im Betrag von 123,000 Thlr., zu bestreiten sey, mit Aussetzung des Punkts wegen des Kredits für die Mobilmachung, ertheilt und daran die Bedin⸗ gung der Beurlaubung des Militärs auf die frühere Stärke ge⸗ knüpft haben.“
Karlsruhe, 31. Mai. In der Lösten öffentlichen Sitzung der ersten Kammer am 29. Mai wurde vom Staatsrath Fröh⸗ lich der Kommissions⸗Bericht über den Gesetz⸗Entwurf zur Wie⸗ derherstellung der Art. 29, 38 und 46 der Verfassungs⸗Urkunde erstattet; die Kammer beschloß die Diskussion in abgekürzter Form. Der Freiherr v. Wessenberg machte den Vorschlag, das Bildniß Sr. K. H. des Großherzogs, als Wiederherstellers
solle aus der Vergangenheit Alles, was groß, was glanzend sey, der Verfassung, so wie die Bildnisse der verewigten Großherzoge hervorsuchen, aber wehe dem Lande, wenn es die sämmtliche Karl Friedrich und Karl, in dem Saaͤle der ersten Kammer auf⸗ zustellen, welcher Vorschlag von der Kammer einstimmig ange⸗
nommen und zum Beschluß erhoben wurde. Die Kammer nahm den Gesetz⸗Entwurf selbst mit 18 gegen 4 Stimmen an. Der Tages⸗Ordnung gemäß, wurde die Diskussion über die Adresse der zweiten Kammer, Aufhebung des persönlichen Porto⸗Freithums betreffend, eröffnet. Die Kammer beschloß mit 13 gegen 9 Stimmen, dieser Adresse nicht beizustimmen.
Italien. e—* 8“
Das Diario di Roma meldet aus Ankona vom Mten Mai, daß Tages zuvor die letzte Abtheilung der Oesterreichi⸗ schen Besatzung diese Stadt verlassen hat und an ihre Stelle eine gleiche Anzahl Päpstlicher Truppen getreten ist. Unmittel⸗ bar nach dem Ausrücken der Kaiserl. Truppen war folgende Be⸗ kanntmachung des Kardinal⸗Staats⸗Secretairs Bernetti erschie⸗ nen: „Die Kaiserl. Oesterreichischen Truppen verlassen, nachdem sie eine kurze Zeit unter Euch verweilt, das Werk Euter Be⸗ freiung vollbracht und die friedliche Regierung Eures rechtmãßi⸗ gen Souverains unter Euch wiederhergestellt, diese Gegend, in der sie das freundliche Andenken ihrer musterhaften Mannszucht und der Ruhe zurücklassen, die Ihr unter den geachteten und ruhmvollen Waffen derselben genossen habt. Eine solche Wohlthat erfordert Eure ganze Erkenntlichkeit, und wenn das Mittel für so
große, durch einen schimpflichen Aufstand angerichtete Uebel Euch ei⸗
nige Opfer gekostet hat, so mögen dieselben Euch vorsichtig machen, um jeder neuen Umwalzung vorzubeugen, und Euch zugleich daran erinnern, daß die Mächte, welche für die Integrität und Unab⸗ hängigkeit der Staaten des heiligen Stuhls bürgen, nie gleich⸗ gültige Zuschauer bei Euren Unruhen seyn werden. Von Euch hängt es also jetzt ab, mit der Achtung gegen die öffentliche Ordnung Euer Wohlseyn zu begründen, oder Euch durch Unord⸗ nungen aufs neue in einen unermeßlichen Abgrund des Unglücks und Elends zu stürzen. Der heilige Vater kennt jetzt großentheils Eure Bedürfnisse; lebhaft von ihnen durchdrungen, beschäftigt
er sich unablässig, ihnen schleunige und sichere Abhülfe zu ge⸗
währen. Er bereitet Euch wahrhafte Verbesserungen vor, und Ihr werdet wahrhafte Vortheile daraus ziehen; Eure Pflicht ist es aber, dafuͤr mitzuwirken, indem Ihr die schuldige Unter⸗ werfung gegen denjenigen beobachtet, der sie nur verlangt, um Euer Bestes zu befördern und Euch, wo möglich, so glücklich zu machen, wie sein Herz es wünscht. — T. Bernetti.“
— — Florenz, 28. Mai. Se. Königl. Hoheit der Her⸗ zog von Modena befindet sich seit einiger Zeit auf einer Villa in der Nͤhe von Padua. — Der Graf von St. Priest (Sohn des Pairs dieses Namens und bisheriger Attaché bei der Französischen Botschaft zu Rom) ist zum Geschäftsträger am Hofe von Parma ernannt worden, soll aber vorher eine Zeitlang in Bologna ver⸗ weilen, wie man sagt, um dort in Uebereinstimmung mit dem Oesterreichischen Kommandanten die Bildung einer neuen Bür⸗ gergarde zu versuchen, die nach dem Abgange der Besatzung den Dienst versehen soll. Ciro Menotti und Borelli, zwei der Häupter des Modenestschen Aufstandes, sind am 26sten d. zu Modena hingerichtet worden; andere Executionen werden, wie
diesen beiden folgen. — Die im Kirchenstaate befindlichen Kaiserl. Oesterreichischen Truppen sollen sich bis zum 15. Jumi in Bologna konzentriren, worauf diese Stadt, nebst