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London, 17. Juni. Das Parlament ist versam⸗ melt, und das Unterhaus hat den Herrn Sutton aufs neue zu seinem Vorsitzer (Speaker, Sprecher) erwählt und ist nun, so wie das Oberhaus, mit der Beeidigung seiner Mitglieder beschäftigt. Dies wird jetzt bald geschehen seyn, und nächsten Dienstag wird der König in eigener Person die Sesston eröffnen; wahrschein⸗ lich mit einer Rede, worin die Reformfrage auf eine so allge⸗ meine Weise berührt werden wird, daß (außer den wenigen, die, wie der Herzog von Wellington, jede Art von Veränderung in der Verfassung des Unterhauses für überflüssig und gefahrlich halten) alle Gegner des eigentlichen ministeriellen Vorschlages in die Antwort⸗Adresse werden einwilligen können. Denn ge⸗ schieht dies nicht, und sollten sich die Anti⸗Reformisten genöthigt halten, eine Gegen⸗Adresse vorzuschlagen und auf Abstimmung darüber zu bestehen, so könnte es die Regierung in große Verle⸗ genheit setzen, weil es sich alsdann leicht fügen könnte, daß das Oberhaus auf diese Weise gegen die Reformbill entschiede, ehe solche vom Unterhause, wo doch deren Annahme gewiß ist, noch berathen worden. Diesem wird sie alich schon am Donnerstage vorgelegt werden; überhaupt soll die Regierung entschlossen seyn, die Maaßregel bald zur Entscheidung zu bringen, die, besonders auf dem Lande, die Gemüther in fortwährender Gährung er⸗ hält; denn das gemeine Volk scheint an vielen Drten weit mehr von der Reform zu erwarten, als sie möglicher Weise ge⸗ währen kann; ja Manche sollen in Folge der Bill der Theilung aller liegenden Güter entgegensehen. Et ist also um so noth⸗ wendiger, die Sache zum Schlusse zu bringen, damit die Leute einsehen lernen, daß solche Abgeschmacktheiten nicht dabei beab⸗ sichtigt waren und man sich in den Stand setzen könne, Ver⸗ theidigungs⸗Maaßregeln zu ergreisen, im Falle hier und da ein Volkshaufe es sich einfallen lassen sollte, solch tolles Wesen er⸗ zwingen zu wollen. In Wallis sollen die Eisenhandwerker zur Arbeit zurückgekehrt seyn, überzeugt, daß die planlose Zusammen⸗ rottung unbewaffneter Tausende, da, wo die Soldaten treu und alle nur einigermaßen vermögende und gebildete Bürger für Ordnung und Recht vereint sind, zu nichts führen könne. Merk⸗ würdig aber ist es, daß die Getödteten (wie man versichert 23 an der Zahl) ohne die vorhergehende Todtenschau und Coroners⸗ Untersuchung, wie bei allen gewaltsamen oder auch mnur uner⸗ warteten Todesfällen das Gesetz verlangt, begraben worden seyn sollen und man wenigstens von keiner solchen Untersuchung ver⸗ nommen hat. Zu jeder anderen Zeit würden die Times und andere liberale Journale sich um eine solche Untersuchung heiser geschrieen, ja sie würden die Tödtung so vieler Megschen, obgleich es zur Selbstvertheidigung geschah, vielleicht als Mord gebrand⸗ markt haben. Aber jetzt muß Alles der einzigen großen Frage nachstehen, und die liberalen Zeitungen halten geflissentlich Alles zurück, was die Minister in Verlegenheit setzen könnte. Wenn es daher jetzt irgendwo Unruhe im Lande giebt, müssen wir die aussührliche Nachricht davon eher in der Morning⸗Post und den anderen Zeitungen der Opposition suchen, obgleich dieselben, im Ganzen genommen, mit ihren Neuigkeiten den populairen Zei⸗ tungen nachstehen, die, da sie einen größeren Absatz haben, auch eine ausgedehntere Korrespondenz bestreiten können.
Niederlande.
dlus dem Haag, 18. Juni. Holländische Blätter melden von der Niederlaändisch⸗Preußischen Gränze vom l4ten d. M.: „Zwet Belgische Deserteurs, unter denen ein Unterofflzier aus dem Luxemburgischen, die heute aus Lüttich hier ankamen, sagen aus, daß es an letztgenanntem Orte sehr unruhig aussleht. Das Volk strebt dort nach der Ober⸗Gewalt, num alsdann die Französische Fahne auszustecken. Die Civil⸗ und Militair⸗Behörden suchen es zu verhindern, scheinen aber wenig Einfluß auf die Truppen zu haben. Die angebliche Augenkrank⸗ heit unter den Soldaten scheint nur eine Tauschung und ein Vorwand zu seyn, um aus der Citadelle zu kommen. In der Nacht vom 13ten auf den lüten hörte man in Lüttich laut ru⸗ sen: „Es lebe Napoleon, es lebe die Republik, es lebe Frank⸗ reich“’, wahrend die Waffenschmiede gemeinsame Sache mit dem Poöbel machten. Flüüchtlinge, die heute Mittag aus Lüttich an⸗ kamen, bestätigen Obenstehendes. Die Kohlenarbeiter hatten Theil an der Bewegung genommen. Die dagegen erlassenen Proclamationen wurden von den Manuern abgerissen. Der Ge⸗ meral van der Meere hatte den Befehl erlassen, alle bei den Fabrikanten sich vorfindende Waffen in die Citadelle zu brin⸗ gen, jedoch keine große Bereitwilligkeit gesunden, seinem Besehl Gehorsam zu leisten.“
— Amsterdam, 17. Juni. Im Ganzen sind die Preise der Staatspapiere wahrend der letzten Woche etwas gewichen und solgten darin dem Pariser Markt, wo allerlei beunruhigende Ge⸗ ruchte in Umlauf waren, welche sich spater nur zum Theil besta⸗ tigten. Durch die Revolution in Brastlien erlitten die Brasi⸗ manischen Fonds einen sehr bedeutenden Fall und gingen von 62 auf 48 ¾ pECt. zurück; beute waren dieselben jedoch wieder etwas begehrt in Folge einer höheren Notirung von London, und es würde dasuͤr 48 und 49 pCt. bewilligt; der Handel war übri⸗ gens in allen Staatspavieren von sehr geringem Uhmnfang. Die traurigen Nachrichten aus den Ostseehafen über die Verbrei⸗ tung der Cholera⸗Krankbeit und die dadurch verhinderten Getreide⸗ expeditionen daden keinen erheblichen Einfluß auf die hiesigen Preise gehabt; der heutige Umsatz war nur mäßig; solgende Preise sind bekannt geworden; für 12pfünd. alten dunten Poluischen
Weizen 385 Fl., für 117pfund. dito 335 Fl., 118pfünd. nenen 117. 118. 119 pfünd. alten Preußischen Roggen 12tpfüͤnd. alten Pommerschen 210 Fl.,
dito 345 Fl., 207 210, 23 Fl., tl9pfünd. nenen dito 202 Fl., 117 pfund. getrockneten 198 Fl.
Antwerpen, 17. Junt. man: „Genane Rachsorschungen delehren uns, daß vorgestern keine Entwaffnung der Wachen durch das Volk stattgefunden dat. Zwei oder drei Gewehre sind gestohlen worden. Dieser Umstand wird dam beitragen, die Wachsamkeit zu schärsen und die Auf⸗ rübrer strenger zu bestrasen. Die Burgergarde verdoppelt ihre edelmütdigen Anstrengungen; die bestürzte Stadt vertraut iͤhr die Sorge für die Dicherheit, das Eigenthum und Leden ihrer Mitbürger an; sie wird sich dieses Auftrages, der seine Gesad⸗
ren, seine Mübseligkeiten, aber auch semen Rudm dat, wuürdig Eben so sind wie denjenigen unserer Reprasentanten eine Burgerkrone schuldig, welche die Anfmerksamkeit des Kon⸗
zeigen
gresses auf unsere fürchterliche Lage gelenkt haden. Wir erwar⸗ ten die unverzügliche Bekanurmachung der Maaßregeln, welche getroffen sind, um jeder eigemmachtigen Feindseligkeit vorzuden⸗ gen. Es ist ohne Benpiel bet civilistrten Volkern, daß eine fried⸗ Uiche und nicht delagerte Stadt den Schrecknissen eines Bem⸗ bardements ausgesetzt bleibt, und daß man idre Einwohner allen diesen Besorguissen überlaßt, ohne ihnen zu sagen, was sie zu fürchten oder zu hoffen daben.“ 8
Das biestge Jourunal du Commeree tdeilt über die letzten Ereignisse solgende Derails mit: „Die Schuͤsse, welche
man gestern beinahe den ganzen Tag nder vernahm, wurden
Im Journal d'Anvers liest
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gegen 6 Uhr Abends häufiger. Ein Schiff unter Belgischer Flagge, welches dem Hrn. M. N. de Cocg gehörte und nach dem Inlande bestimmt war, hatte die Anker gelichtet und schickte sich eben an, abzuseegeln, als die Holländischen Kanonier⸗Boote ihm nach einigen Füntenschüssen andeuteten zu bleiben und die Flagge einzuziehen. Während des Wortwechsels zwischen dem Capitain des Belgischen Fahrzeuges und den Holländischen Offi⸗ zieren, wechselten die Kanonier⸗Boote mehrere Flintenschüsse mit den Quais; auf diese Weise fing, wie man sagt, das Gefecht an. Um 9 Uhr wurde Generalmarsch geschlagen, um die Bür⸗ gergarde zu versammeln; es fand sich indessen nur eine sehr kleine Anzahl ein. Die Nacht verfloß ruhiger, als man es zu hoffen gewagt hatte; es fielen weniger Schüsse, als am Abend. Zwei Belgische Schiffe haben den Hafen verlassen, und sind heute Morgen unter Seegel gegangen, ohne daß man ihnen Hindernisse in den Weg gelegt hat. Dessenungeachtet ist der Schrecken in der Stadt noch immer sehr groß. Man behauptet, daß die Holländer eine Genug⸗ thuung für die Angriffe verlangen, über die sie sich angeblich zu be⸗ klagen hätten, und kein Schiff von Antwerpen nach dem Innern mehr durchlassen wollten. Man schätzt die Zahl der Einwohner, welche Antwerpen seit Sonntag verlassen haben, auf 10,000, und das Vertrauen ist noch bei weitem nicht wieder hergestellt. Man hat gestern das Gemälde vom Hochaltar in Unserer lieben Frauen⸗ Kirche (die Himmelfahrt von Rubens) abgenommen und die bei⸗ den anderen Meisterstücke desselben Malers, besonders die Abnahme vom Kreuze, sind mit einer Abdachung von Balken versehen, um sie vor dem Herunterfallen der Steine zu schützen, falls, in Folge eines unglücklichen Ereignisses, das Gewölbe dieses Gebäudes er⸗ schüttert werden sollte. Wir zweifeln aber, daß diese Vorsichts⸗ Maaßregeln sie im Fall einer Feuersbrunst schützen würden, und hielten es für zweckmäßiger, diese Bilder nach einer benachbarten Stadt zu bringen. Man versichert, daß sehr strenge Befehle von Brüssel gekommen sind, um die Ursachen der Streitigkeiten zu erforschen, die täglich zwischen der Stadt und den Hollandern statt finden; und daß, im Fall es bewiesen würde, daß die Bel⸗ gier Schuld daran sind, die Urheber bestraft werden sollen.
Brüssel, 18. Juni. In der gestrigen Sitzung des Kon⸗ gresses erstattete Herr Zonde einen Bericht im Namen der Central⸗Section über einen Vorschlag wegen Freigebung der Ha⸗ fer⸗Ausfuhr. Die Sectionen waren der Meinung gewesen, daß am Vorabend eines Krieges eine solche Maaßregel nicht zweck⸗ mäßig seyn würde, und der Berichterstatter trug demnach auf Verwerfung desselben an. Hierauf wurde der Vorschlag gemacht, daß, in Betracht der Abwesenheit so vieler Mitglieder, täglich der namentliche Aufruf stattfände, und daß die Namen der Ab⸗ wesenden durch den Moniteur bekannt gemacht werden sollen. Herr Pirson wollte, daß man die Namen der jedesmal Ge⸗ geuwärtigen bekannt machen solle. Dagegen bemerkte Herr Trenbesaur, daß man alsdann diejenigen Mitglieder mit an⸗ schuldige, welche einen Urlaub erhalten hätten, da der Tadel doch nur auf die fallen solle, die ohne Urlaub abwesend seyen. Herr Vilain XIIII. schlug vor, daß mur die Namen derer öffentlich be⸗ kannt gemacht werden sollten, die ohne Urlaub von ihrem Po⸗ sten entfernt blieben. Dieser Vorschlag wurde angenommen. An der Tagesordnung war die Fortsetzung der Berathung über das Gesetz in Betreff der Bürgergarden. Die Sitzung wurde um 4 ½ Uhr aufgehoben.
Herr van de Weyer hat unterm 13. d. an Hrn. Wallez in Brüssel geschrieben: „Glauben Sie nichts von allem, was die Journale sagen, wenn sie von der Weigerung des Prinzen Leo⸗ pold, von Besetzung Belgiens u. s. w. sprechen; der Prinz ist im Gegentheil so günstig wie möglich gestimmt, und alles läßt uns einen glücklichen Ausgang hoffen.“ 3
Ein aus England gekommener Courier hat dem Regenten vorgestern Abend Briefe von der Kongreß⸗Deputation überbracht. Diese Briefe enthielten nichts Bestimmtes. Sie zeigten nur an, daß noch nicht alle Hoffnung zu einer günstigen Lösung für Belgien verschwunden sey.
Der Belgische Moniteur versichert, daß bis jetzt weder die Protokolle Nr. 23. und 24., noch das Memorandum der Bel⸗ gischen Regierung mitgetheilt worden seyen.
Der Secretair des General Belltard ist nach Brüssel zu⸗ rückgekehrt.
Der Independant sagt: „Die Emancipation scheint darauf hinzudeuten, daß Herr White in Brüssel, England oder die Londoner Konferenz repräsentire. Wir sind aufgefordert zu erklären, daß Herr White durchaus keinen offiziellen Charakter hat, und daß er sich als bloßer Privatmann in Belgien aufhalt.“
pS lien.
Warschau, 20. Juni. In der Sitzung der Landboten⸗ Kammer vom 15ten d. M. wurde zuerst ein Antrag des Land⸗ boten Niemojowski, hinsichtlich einer Erneuerung der Land⸗ boten⸗Kammer, mit Stimmenmehrheit beseitigt. Alsdann schritt man, der Tagesordnung gemäß, zur Berathung über ein neues Lieserungs⸗Gesetz, wonach die Kontribuenten der Lieferungssteuer noch eine ansehnliche Quantitat Lebensmittel für das Jahr 1831 zur Verproviantirung der Armee zusammenbringen sollen. Zwar kamen alle Mitglieder über die Nothwendigkeit einer solchen Un⸗ terstutzung überem; doch wurde gegen die Art und Weise derset⸗ den Mehreres eingewendet. Der Landbote Gawronskitrug zuletzt darauf an, daß die Buürger nicht genöthigt werden sollten, die Lebens⸗ mirtel zu weit zu transportiren. Nur dieser letztere Antrag wurde in das Prosekt aufgenommen und für die unentgeltliche Transpor⸗ tirung der Lebensmittel eine Entfernung von 12 Meilen festge⸗ setzt. Die ubrigen Anträge aber wurden durch Stimmenmehr⸗ heit verworfen. Hierauf ging der ganze Gesetz⸗Entwurf einstim⸗ mig durch. Am Schluß der Sitzung wurde der Marschall vom Senats⸗Prasidenten benachrichtigt, daß der Senat die Kastellane Niemeewich und Wenzyk aus seiner Mitte dazu bestimmt habe, um im Verem mit der Finanz⸗Kommisston eine Proclamation an die Burger zu erlassen, wodurch diese zu Beiträgen zu der Umter dem Namen Polnischer Subsidien publizirten Anleihe auf⸗ gefordert werden sollen. Der Marschall bezeichnete seinerseits aus der Landvoten⸗Kammer zur Theilnahme an diesem Geschaäft die Repräsentanten Niemojowskt, Krysinski, Posturzyvnski und Gawronski. Hierauf wurde die Sitzung aufgehoben.
Am 16ten d. wurde in der Landboten-Kammer ein von dem Staats⸗Reserendar Minasowiez vorgelegter Gesetz⸗Entwurf
angenommen, wonach die National⸗Regierung die Vollmacht er⸗
theilt, mit den Schuldnern der durch eine Convention vom 17. (29.) Mai 1830 von der Preußischen Regierung an das Koͤnig⸗ reich Polen abgetretenen Summen Vertrage üder die ganze oder theilweise Bezahlung dieser Summen und der dazu gehorigen Provrsionen, oder die Vertheilung derselben in verschiedene Ra⸗ ten, abzuschließen.
An demselben Tage verwandelte die Senatoren⸗Kam⸗ mer den von der Landboten⸗Kammer angenommenen Entwurf hinsichtlich außerordentlicher Lieferungen fuüͤr die Armee in rein Gesetz und destaätigte außerdem das obengenannte am 16ten d.
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in der Landboten⸗Kammer durchgegangene und noch ein ande Projekt von geringerer Bedeutung.
In der Sitzung der Landboten⸗Kammer vom 17 d. wurde der früher zurückgenommene Gesetz⸗Entwurf, wonach! Zinsen und Coupons der Pfandbriefe in Papiergeld ausgezag werden sollen, nochmals eingebracht und angenommen. 1
Vorgestern wurden in der Senatoren⸗Kammer die vorhergehenden Tage in der Landboten⸗Kammer durchgegamg nen Gesetz⸗Entwürfe in Reichstagsbeschlüsse verwandelt, so ein anderer, welcher an demselben Tage von der Landboten⸗Kan mer angenommen worden war, und der für beide Kamma bis zum 15. Juli d. J. die kleinere gesetzliche Vollzahl zu d Berathungen gestattet; so daß die Anzahl der Senatoren bis dieser Zeit nur aus 10, die der Repräsentanten aus 30 Mitgg dern bestehen soll und die Anderen sich zu Regulirung ihrern Johanni eintretenden Geschäfte in ihre Heimath begeben durf
In der Landboten⸗Kammer wurde vorgestern der Gnh Olizar, als Abgeordneter für Wolhynien, vorgestellt; der Sen tor Wojewode Gliszezynski führte ihn ein, und alle Lnwesen erhoben sich von ihren Plätzen, um ihn zu begrüßen. . Reichstags⸗Marschall hielt eine Anrede an ihn, welche der Gc. Olizar durch eine Rede erwiederte, in welcher er eine Schitz rung von den Unternehmungen der Wolhyhnier gab, die ohr Armee und ohne Waffen aufgestanden wären, um die Polnstt Sache zu unterstützen.
Die Staats⸗Zeitung enthält unter amtlicher Ruh einen Bericht des Generalissimus Skrzynezki, datirt aus d Hauptquartier Sienniza vom 16ten d. und folgenden Inhalg „Ich habe die Ehre, die National⸗Regierung zu benachrichtige daß General Chrzanowski über die Operationen einer Abtheiltm der Insurgenten von Zytomir, unter dem Kommando des Cap tains Rozyzki, solgende Nachrichten eingesandt hat. — Eine † theilung des besagten Aufstandes, aus Bürgern der Distrikte; tomir und Machnowice bestehend, formirte sich am 6ten Mal Meilen von dem Städtchen Cudnow, fing in den dortigen 6. genden am 20. Mai 560 auf der Zytomirschen Straße zur Rü sischen Haupt⸗Armee transportirte Rekruten auf und schickte d selben wieder in ihre Heimath. Da diese Abtheilung wegen d vom General Roth unterbrochenen Communication sich nicht m dem Aufstande in Podolten vereinigen konnte, begab sie s. nach Janow und von da, nachdem sie über den Fluß B. gegangen war, in die waldigen Positionen Wolhynien Von 2 Infanterie⸗Trupps des Regiments Herzog von W lingtoen am 27. Mai bei dem Dorfe Moloczki angegriffa tödteten die Insurgenten 30 feindliche Soldaten nebst dar kommandirenden Offizier und nahmen 90 Mann nebst einem K. fizier gefangen, welche sie sodann wieder entließen; sie selbst ab verloren nur 5 Mann und 2 Pferde an Verwundeten. — MA. 30. Mai umgingen ste die feindlichen Truppen, begaben sich! die Gegend zwischen Korzez und Zwiakiel und nahmen bei Kiliaknn einen Transport Hafer und Sucharen (gedörrtes Brod), welche auf 105 Wagen von 240 Pferden gezogen wurde; eben so mch men sie 49 Wagen mit Pulver, Granaten und Bomben, welche mit Ausnahme von zwei Fässern Pulver, versenkt wurden. M. 2. Junt wurden sie in der Gegend des Städtchens Bereznob Tyszyce von 2 Schwadronen des Dorpatschen Chasseur⸗Regimeng angegriffen, tödteten denselben 12 Mann und maͤchten 40 We wundete zu Gefangenen, „setzten diese jevoch auf dem jenseitizen Ufer des Styr wieder in Freiheit. Sie selbst hatten einen Todten und 4 Verwundete und verloren 14 Freiwillige, die mit Vorspen fuhren. — Nach diesem Treffen gingen sie bei Dorochusko üb⸗ den Bug. — Der General Chrzanowski, welcher hiervon benach richtigt worden war, schickte ihnen 2 Infanterie⸗Bataillone en gegen, um ihnen den Durchgang zwischen den Kosaken und reß tenden Jägern vom Rüdigerschen Corps, welche in der Gegen von Zamose lagerten, zu erleichtern. Allein diese Hülfe war nich mehr nothwendig; denn in der Nacht hatten sie 2 Schwadrone von dem Sieversschen Chasseur⸗Regimente und ein Regimem Kosaken in der Gegend von Uchanie im Lager überfallen, 5 8 fiziere, worunter ein Oberst von den Donschen Kosaken, und 60 Gemeine getödtet, einige 60 Mann nebst dem Oberst⸗Lieutenamn Bogdanoff von den Chasseurs gefangen genommen, und langtgg mit ihnen, 3 Schwadronen und 40 Mann zu Fuß stark, ig der Festung Zamosc an. — Die tapferen und ausgezeichnetm Manöver, so wie die Geistesgegenwart des Capitains Rozhfte machen dem Muthe und den militairischen Talenten desset ben Ehre und können als Muster für diejenigen dienen, welch von der höheren Behörde zu ähnlichen Expeditionen aufgeforde werden. Laut seinem Zeugniß haben sich Thomas Odyniesk, Franz Wojewodzki, Isaak Halczynski, Trochim Danilowicz, Se verin Malinowski und der Unteroffizier Julian Budzynski besor⸗ ders ausgezeichnet. — Um dem ehemaligen Capitain Rozvich meine Zufriedenheit zu erkennen zu geben, habe ich ihn zun Major und Commandeur eines neu zu formirenden Regiment ernannt und ihm das Ritterkreuz ertheilt; eben so haben diejen⸗ gen Soldaten und Unteroffiziere, welche sich, seinem Bericht folge, auf diesem höochst musterhaften Marsche ausgezeichnet e ben, das silberne Kreuz erhalten.“
Das Hauptquartier des Generalissimus war, wie die gestrie Staats⸗Zeitung meldet, noch immer in Sienniza. Seedle und Miendzyrzecz ist, demselden Blatt zusolge, von dem Covry des Generals Rybinski eingenommen worden. General Romu rino hatte am 15ten d. M. das Kommando über das an dae oberen Weichsel stehende Corps erhalten; eine Patrouille von ser nem Corps, aus einer Schwadron Krakusen bestehend, wutd, längs dem Wieprz ausgesandt und soll noch an demselben Tazh bei Radzyn 22 Russische Soldaten nebst einem Offizier gefangen genommen haben; spater soll das ganze Corps lüber die Weichse gegangen seyn. Aus der Gegend von Zamosc hat sich das Corze des Generals Rüdiger am 13ten d. M. entfernt und ist an die Stelle des Creutzschen Corps in Lublin eingerückt; von Genuerah Creutz heißt es jetzt, daß er durch die Wojewodschaft Podlachien marschirt sey und in der Gegend von Drohyczyn stehe. schen Modlin und Sierozk machen die Russen angeblich Vorbe⸗ reitungen, um drei Brücken über die Narew zu schlagen. Nach⸗ richten aus Pulawy zusolge, sollen die Russen sich am 15ten d⸗ M. von diesem Ort nach dem Inneren der Wosewodschaft Lu⸗ dlin zurückgezogen haben.
Dasselbe Blatt berichtet: „Se. Kaiserl. Hol fürst Michael steht mit den Garden in Makow. Ostrolenka in Gefangenschaft gerathenen Offiziere sind bi noch im Russischen Feldlager, weil die Russen sie dei der unsiche⸗ ren Commnnication nicht in das Innere von Rußland absenden konnten. In Prasnysz daben die Russen ein Verproviantirungs⸗
Z wi⸗
Comité eingesetzt, an dessen Spitze der Kaiserl. Flügel⸗Adzutantz
Fuͤrst Trubezkoi steht. Der Apotheker IJimmermann in Pultusk, von dem es dieß, daß er von den Russen gehangt worden sey, lebt, ist aber nebst den Buͤrgermeistern von Nastelsk und Sierofk und dem Pfarrer Tadeyski verhaftet worden.“ Der Warschauer Zeitung zufolge, soll es jenem Apotheker gelungen seyn, aus seis IIö1X“
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ner Haft zu entkommen und nach Warschau zu gelangen, wo er sich gegenwärtig befinde.
In der Staats⸗Zeitung heißt es: „Aus dem Augustow⸗ schen sind uns folgende Nachrichten aus guter Quelle, größten⸗ theils von Augenzeugen, zugekommen. Nachdem das Haupt⸗ Corps des Generals Gielgud durch diese Wojewodschaft gezogen war, erschienen erst am 9ten d. M. einige Kosaken⸗Trupps in Kalwarh; aber auch diese zogen sich wieder nach Su⸗ walki zurlick und sagten, daß ihre Hauptmacht um Au⸗ gustowo stände. — Der Oberst⸗Lieutenant Zaliwski bildete die Arribre⸗Garde des Generals Gielgud und folgte dem Corps in einer Entfernung von 2 Tagereisen; er sammelte die übrigen Insurgenten, die waffenfähige Jugend und die Trans⸗ porte und schickte Alles über die Memel; außerdem befahl er auch den Beamten und angesehenen Bürgern bei Todesstrafe, der Armee zu folgen. — General Gielgud fuͤhrte 800 Gefangene bei sich, unter denen sich mehrere Offiziere befanden; von den Unsfrigen ist der Capitain Zaborski bei den Chasseurs verwundet worden. — General Dembinski kommunizirte mit den Litthaui⸗ schen Insurgenten über Olita, wo man für ihn eine Brücke über den Niemen schlagen ließ, mittelst welcher er schon eine Stafette von dem Litthauischen General Tyszkiewicz erhalten hat, welcher Letztre nach Süden hin bereits mit dem General Chla⸗ powski in Verbindung stand. Diesen Insnugenten gelang es, die Russen im Trozkischen zu schlagen, ehe dieselben ihre Communication mit der regulairen Armee eröffnet hatten. Sie erbeuteten 2 Kanonen, viele Munition und einige Kirgist⸗ sche Pferde. — Nachdem General Chlapowski die Bialystocker Haide durchzogen hatte, warf er einen Theil der Insurgenten nach der Gegend von Slonim; er seibst aber wendete sich nord⸗ wärts, schlug die Russen zwischen Wolkowyski und Grodno, nahm denselben 2 Kanonen und 40 Gefangene, ging dann über den Niemen und stand am 5. Jumi in Lida. Dort versammel⸗ ten sich um ihn an 2000 Litthauische junge Leute aus den be⸗
deutendsten Familien, außer anderen zahlreichen Kavallerie⸗ und
Infanterie⸗Trupps der Insurgenten. — In der Gegend von Rossienna standen 20,000 uniformirte und ziemlich gut bewaff⸗ nete Samogitier.“
Demselben Blatt zufolge, hat General Gielgud seine Artillerie durch 16 Kanonen verstärkt, von denen er 8 dem Ge⸗ neral Sacken abnahm und 8 bei den Insurgenten vorfand. Jetzt, machdem er sich mit den Schamaiten und einem Theil der Lit⸗ thauer vereinigt hat, sollen sich seine Streitkräfte auf 40,000
Mann belaufen, wovon er die Hälfte nach Polangen und die
andere Hälfte nach Wilna abgeschickt haben soll. Es heißt fer— ner in der Staats⸗Zeitung, daß das Corps des Generals Giel⸗
gud mit vielen tüchtigen Offizieren versehen sey; unter Anderen Koß, vom Quar⸗
befänden sich bei ihm der Stabs⸗Chef Oberst tiermeisterstabe, der Artillerie⸗Oberst Pientka, der Kavallerie⸗Ge⸗ neral Dembinski und die Infanterie⸗Generale Rohland, Siera⸗ kowski und Szymanowski. 1 .
Mehrere hiesige Blaätter, unter anderen auch die Staats⸗ Zeitung, sprechen von einem bedeutenden Siege, den General Chrzanowski über den General Rüdiger erfochten haben und vobei viele Ober⸗ und Subaltern⸗Offiziere von Seiten der Rus⸗ sen geblieben und in Gefangenschaft gerathen seyen; unter den Letzteren solle sich auch der Herzog Adam von Würtemberg be⸗ finden; doch fügt die Staats⸗Zeitung hinzu, daß noch keine amt⸗ liche Nachricht darüber eingelaufen sey.
— — Von der Polnischen Gränze, 21. Juni. In Warschau herrschte, den letzten Nachrichten zufolge, emige Gäh⸗ ung; man sprach von Veränderungen im Oberbefehle des Hee⸗ es, wozu besonders die unerwartete Rückkehr des Generalstabes der Armee Anlaß gegeben zu haben scheint. Dem General Skrzynezki soll seine am 14ten d. projektirte Unternehmung miß⸗ glückt seyn, weshalb man auch die Haupt-⸗Armee selbst bald zu⸗ ück erwartet und der Meinung ist, daß ste eine andere Bewegung werde auszuführen suchen. Die Russische Armee soll die Stel⸗ ungen bei Siedlce, Sierozk u. s. w. besetzt haben und jetzt dort koncentrirt seyn. Man glaubt, daß sie im Laufe dieser W einen Uebergang über die Weichsel versuchen werde.
Deutschland.
München, 13. Juni. Die in der Kammer der Abgeord⸗ neten am 3. d. M. vorgelegten 6 Gesetz⸗Entwürfe über die Presse enthalten folgende Grundzüge:
l. Edikt über die Freiheit der Presse und des Buchhandels 10 Artikel). (Als Abänderung des desfallsigen Edikts Beilage Il. zur Verfassungs⸗Urkunde.) Die Presse ist in der Regel ganz frei. Die Censur tritt nur ausnahmsweise ein, kraft be⸗ onderer Gesetze, beschränkt auf Zeitungen und periodische Schrif⸗ en, und auch bei diesen beschränkt auf Artikel über die Verhält⸗ isse des Deutschen Bundes, die Staats⸗Verhältnisse zu oder j den diesem Bunde angehörigen Landen außer Baiern, oder e Staats⸗Verhältnisse zu oder in andern auswärtigen Landen, welche gegen Baiern ein Gleiches beobachten. Niemand kann iner Schrift wegen zur Verantwortung gezogen werden, außer n Fällen, welche als Uebertretungen, Vergehen oder Verbrechen gesetzich mit Strafe bedroht sind. Die Strafgerichtsbarkeit steht icht der Polizei, sondern ausschließend den Gerichten zu.
II. Gesetz über die Censur der Zeitungen und periodischen
chriften (6 Artikel). Die Censur über die oben angeführten rtikel kamm von der Staatsregierung ganz oder theilweise auf⸗ sehoben, auch nach Umständen wieder hergestellt werden. Die usübung derselben richtet sich nach einer innerhalb der gesetzli⸗ hen Graͤnzen zu ertheilenden Instruktion. Artikel über die in⸗ ern Staatsoerhältnisse der einzelnen Deutschen Bundesstaaten zußer Baiern, oder der andern auswärtigen Lande, können nur ann verworfen werden, wenn der Inhalt wider strafrechtliche Bestimmungen verstößt.
IIl. Gesetz über die Polizei der Presse und ihrer Erzeug⸗ isse (18 Artikel). Pressen ohne Gewerbsberechtigung, so wie er Buchhandel ohne solche, sind bei Strafe verboten. Die erechtigten haben Verzeichnisse vorzulegen. Jede Schrift muß druckort und Jahr, jede periodische Schrift den Namen des eerantwortlichen Redacteurs enthalten. Dieser muß 4000 Fl. aution, in Geld, Staatspapieren oder durch Bürgschaft stellen. on jedem Blatt ist ein Exemplar mit der Unterschrift des
* edacteurs bei der Polizei⸗Behörde zu hinterlegen. Periodisch; id jene Schriften, welche öfter als einmal im Monat erschei⸗
en, ohne Unterschied der Art, wie dies geschieht. Die Straf⸗ rkeit verjährt nach drei Monaten, vom Tage der Uebertretung, nußer, wenn diese ein fortdauerndes strafbares Verhältniß bildet. IV. Gesetz über die Vergehen und Verbrechen durch den Rißbrauch der Presse und ihrer Erzeugnisse (38 Artikel). Der Nißbrauch der Presse hat 3 Abstufungen: 1) Preß⸗Uebertretun⸗ en, 2) Preß⸗Vergehen und 3) Preß⸗Verbrechen. Erstere wer⸗ n bestraft mit Arrest von 2 Tagen bis 2 Wochen, und an beld von 5 bis 200 Fl., die anderen mit Gefängniß bis zu 2
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Jahren und die dritten mit Arbeitshaus von 1 bis 6 d.e, , zu vollziehen in einer Festung. Als Preß⸗Vergehen⸗ und Ver⸗ brechen sind bezeichnet: Aufreizung zu Vergehen und Verbrechen, Schmähung der Gesetze, Beleidigung des Königs und der Kö⸗ nigin (6⸗Jahre Arbeitshaus), des Thronerben, der Mitglieder der Königlichen Familie, fremder regierender Häupter, Gesandter, der Regierungen oder Behörden fremder Staaten; Aufreizung fremder Staaten zum Aufruhr; Schmähung der Staats⸗Regie⸗ rung, öffentlicher Beamten, der Stände, der Landräthe, der Wahl⸗, Distrikts⸗ oder Gemeinde⸗Versammlungen, der Geschwor⸗ nen, der öffentlichen Körperschaften, der Religion, unzüchtige Darstellung, Verläumdung (bei welcher nicht entscheidet, ob der Angegriffene genannt oder kenntlich bezeichnet ist. Der Beweis der Wahrheit von Anschuldigungen macht straffrei, jedoch nur, wenn dieselben ein öffentliches Verhältniß berühren. Wenn aber ehrenrührige Handlungen aus dem Privatleben bekannt gemacht werden, so schützt auch der Beweis der Wahrheit nicht vor Strafe), Ausstreuung von wissentlich falschen Nachrichten über bevorstehende Regierungs⸗Maaßregeln, woraus Beunruhigung oder Störung des Vertrauens entstehen könnte; Verbreitung von Schriften, welche bereits durch Urtheil für sträflich erkannt wor⸗ den sind. Die Verantwortlichkeit geht nach folgender Ordnung: a) Verfasser, b) Herausgeber, c)) Verleger, d) Drucker, e) Ver⸗ breiter. Entflieht die Person, welche die Verantwortlichkeit trifft, so haftet die nächstfolgende Person. Für censirte Artikel ist nur der Censor verantwortlich. Auch über im Auslande gedruckte Artikel können von inländischen Gerichten Strafen erkannt werden.
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Die Allgemeine Zeitung meldet aus Konstantino⸗ pel vom 27. Mai: „Mehrere Divans⸗Versammlungen wurden gehalten, um die jetzigen Verhältnisse der Pforte zu den Euro⸗ päischen Regierungen in Berathung zu ziehen, hauptsächlich aber, um sich mit dem Gegenstande einer von dem Grafen Guillemi⸗ not dem Reis⸗Efendi übergebenen Note, über sein in der letzten Zeit beobachtetes Verfahren, zu beschäftigen. Die Pforte war bisher in der Ueberzeugung, daß der Graf Guilleminot, in allen seinen Beziehungen auf sie, als Organ der Französischen Regie⸗ rung zu betrachten sey. Wie sehr mußte sich demnach der Divan betroffen fühlen, als er aus der Note des Grafen Guilleminot, welche als eine Art von Bekenntniß seiner eigenen Ansichten an⸗ zusehen ist, entnahm, daß derselbe seinen diplomatischen Charak⸗ ter mißkannt, und daß er die gegebenen Winke und Zusagen aus eigenem Antriebe, im Sinne seiner Ansichten, keinesweges aber im Auftrage seiner Regierung gemacht habe. Man kann sich die Verlegenheit des Ottomanischen Ministeriums denken, welches bei der hohen Meinung von dem Feldmarschall Diebitsch und der Stärke der Russischen Armee Anfangs den ihm zukommenden In⸗ sinuationen wegen Benützung des Polnischen Krieges, um das Mißgeschick vom J. 1829 wieder auszugleichen, mißtraute, endlich aber nach mühsam eingeholten Nachrichten über die Lage der Dinge in Polen, und in Folge der vielversprechenden Aeußerungen des Fran⸗ zösischen Botschafters, ernstlich damit umging, das Vergeltungs⸗ recht zu üben; und in der Voraussetzung, dabei unter allen Um⸗ ständen auf Frankreich rechnen zu können, dazu Einleitung traf, und nun mit einemmale durch die Erklärung des Grafen Gullle⸗ minot erfährt, daß es getäuscht worden, und auf keinen fremden Beistand zu rechnen habe, falls es wagen würde, Rußland anzu⸗ greifen. Das Resultat der mehrtägigen Divans⸗Berathungen ging mun dahin, sich mit dem Russischen Bevollmächtigten zu verständigen und feierlich zu versichern, daß die Pforte stets das großmüthige Betragen des Kaisers von Rußland vor Augen ge⸗ habt und haben werde; daß sie nie den mächtigen Einfluß Ruß⸗ lands auf die Europäischen Angelegenheiten zu schmälern beab⸗ tigen könne, oder dessen Feinden Vorschub leisten wolle; daß ihr alle dahin zielende Schritte fremd geblieben und bleiben wür⸗ den, wiewohl es an Aufreizungen nicht gefehlt habe; und daß die Pforte jetzt mehr als jemals den Kaiser von Rußland als ihren Beschuͤtzer ehre und als Freund erkenne. Unter solchen Um⸗ ständen duͤrfte dem Grafen Guilleminot der hiestge Aufenthalt sehr lästig seyn, und seine Entfernung nicht mehr als ein Ver⸗ lust angesehen werden. — Die Insurrectionen in den Europäischen Provinzen flößen hier nach den von dem Groß⸗Wesfir erfochtenen Vortheilen wenig Besorgnisse mehr ein, und gegen die in Klein⸗
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ergriffen.“
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Nordamerikanische Blätter bringen Nachrichten aus Tampico bis zum 9. April. In Folge einer Gegen⸗Revolution der Garnison war der wichtige Platz Acapulco in die Hände der Regierung gefallen. Die Abtrünnigen fuhren fort, sich wegen Pardon an die Kammern zu wenden, dergestalt, daß man die baldige Beendigung der Revolution in den südlichen Provinzen erwartete. Der Zustand der Republik verbesserte sich täglich, weil die Regierung sich immer mehr die Achtung der Bewohner zu erwerben wußte. — Bei der Uebergabe von Acapulco wurden der dortige Militair⸗Chef Brinnbo nebst fast allen seinen Offtzie⸗ ren zu Gefangenen gemacht; dieser feste Platz war der letzte, den die Anhänger Guerrero's an der Küste besaßen. — In der Nähe von Mexiko ist eine Baumwollenspinnerei errichtet worden, die vor einiger Zeit 16 Stück Baumwollenzeug, das erste in Me⸗ xiko fabricirte, zum Verkauf ins Publikum brachte.
letzten über Baltimore aus Callao eingelaufenen Die Regierungen
Nachrichten gehen bis zum 31sten Januar. . von Peru und Bolivia machten große Anstalten zum Kriege, und die Pernanische vom General Gamarra befehligte Armee war bereits den Gränzen naher gerückt; an der Spitze der Bo⸗ livischen Armee stand der Präsident der Republik, General
Santa⸗Cruz. Nachdem eine zwischen genannten beiden Gene⸗ ralen stattgehabte Unterredung zu keinem friedlichen Ueberein⸗ kommen geführt hatte, erwartete man allgemein eine baldige Kriegserklärung. — Eine heftige Feuersbrunst hatte in der Stadt Guayaquil mehr als 50 Häuser in Asche gelegt; man schatzte den dadurch verursachten Verlust auf ungefahr 3
Berlin, 23. Juni. Aus Hohenstein in Ostpreußen wird unterm 10ten d. M. geschrieben: Am 3. d. M. verließ diesen Ort das ehren⸗ werthe erste Bataillon des hochlöblichen 3ten Infanterie⸗Regi⸗ ments, so wie der Herr Commandeur des Regiments selbst nebst dem Stabe, und heute der kommandirende Hr. General der
mobilen Kolonne nebst Adjutantur, welche die Ereignisse im be⸗ nachbarten .
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asten noch obwaltenden Aufstände werden kräftige Maaßregeln
Millionen
geführt, und die beinahe 6 Monate hier kantonirt hatten. Alle — vom Höchsten bis zum Geringsten, haben wahrend dieser für uns jetzt leider entflohenen Zeit ein in jeder Hinsicht anspruch⸗ loses preiswürdiges Entgegenkommen gezeigt und sich dadurch den gerechtesten Anspruch auf unsere ungetheilte Achtung und innige Dankbarkeit erworben. Wir wünschen aufrichtigst, daß die Schickung sie Alle einer glücklichen Zukunft entgegen führen und daß sie im Genusse ihres Glückes sich bisweilen ihrer in Hohenstein zurückgelassenen Freunde und Verehrer wohlwollend erinnern mögen.
Bei dem kürzlich erfolgten unerwarteten Hintritt des Gene⸗ ral⸗Feldmarschalls Grafen Diebitsch⸗Sabalkanski haben sich ver⸗ schiedene Gerüchte über die Art seines Todes verbreitet. Die Staats⸗Zeitung hat zwar in threr Nr. 165 aus ganz unverdäch⸗ tiger Quelle bereits authentisch mitgetheilt, daß der Verstorbene der Cholera morbus erlegen sey; in der Nr. 171 aber läßt ihn ein Privat⸗Schreiben, de dato Pultusk, den 11. Juni, am Schlagfluß sterben, anderer herumlaufender Meinungen nicht zu gedenken. Es wird daher unseren Lesern nicht imangenehm seyn, folgenden Auszug aus einem Schreiben des Königl. Preußischen Bataillons⸗Arztes Koch“) an den Königl. General⸗Stabs⸗Arzt Dr. von Wiebel zu kennen, welchen wir der Güte des Herrn zc. v. “ verdanken, und dessen Inhalt jeden Zweifel entfernen ird: „Schon seit mehr denn vier Wochen hatten sich in dem in der Nähe des Hauptquartiers befindlichen Theile der Armee keine Cholera⸗Kranke mehr gezeigt, und selbst in den entfernter stehenden Garden hatte sie sich nur in höchst modifizirter Ge⸗ stalt geäußert.“
„Am 20. Mai (1. Juni) wurde das Haupt⸗Quartier nach Kleczewo, 4 Werste von Pultusk entfernt, verlegt; gleichzeitig trat überaus rauhe und feuchte Witterung ein, und ich erklärte damals schon mit Bestimmtheit, daß, wenn die mancherlei nach⸗ theiligen Verhältnisse, die sich hier vereinigten, längere Zeit be⸗ stehen blieben, die aus dieser Gegend so eben erst abgezogene Cholera in den tief gelegenen Niveaus sich neuerdings erzeu⸗ gen werde.“
„Am 24. Mai (5. Juni) starb plötzlich ein Domestik des Fürsten Gorczakow, den ich sogleich secirte; am 28. Mai (9. Juni) starben eben so plötzlich zwei Marketender, Alle an ei⸗ ner so intensiven Cholera, wie ich sie in hiesiger Gegend noch nicht beobachtet.“
„Am 29. Mai (10. Juni), Morgens gegen 4 Uhr, wurde der Wirkliche Staatsrath, Leibarzt Sr. Masestat des Kaisers, Dr. Schlegel Excellenz, der den Feldmarschall in der Qualität eines Leibarztes begleitete, und bei welchem ich zu wohnen pflege, zu dem, wie es hieß, — seit zwei Stunden er⸗ krankten Feldmarschall gerufen; drei Stunden spaäter, um 7 Uhr, berief Herr ꝛc. Schlegel den zum Hauptquartier kom⸗ mandirten Russischen Arzt Dr. Stürmer zur Assistenz, und auf dessen dringendste Forderungen wurde auch ich um 8 ½ Uhr gerufen und aufgefordert, den Kranken „„ganz nach meinen Ansichten““ zu behandeln. — Wie ich den Kranken fand, konnte ich indeß nur erklären, daß hier nichts mehr als der in wenigen Stunden zu erwartende Tod zu hof⸗ fen sey, und obgleich die Sache heftig bestritten wurde, so glaubte ich dennoch vorsichtshalber diese Erklärung dem Herrn du jsur-General ꝛc. Obreskow aussprechen zu müssen. Drei Stunden später, um 11¼ Uhr, erfolgte der Tod des Herrn Feldmarschalls.“
„Am folgenden Tage, den 30. Mai (11. Juni), machten Herr ꝛc. Schlegel und ich die Section, und hätte die überaus heftige und stark ausgeprägte Krankheit überhaupt noch einen Zweifel erlaubt, so setzte der Leichenbefund die Ueberzeugung fest, daß der hohe Patient an der hier überaus intensiv aufgetretenen Cholera morbus — d. h. an der unter diesem Namen in der letzten Zeit bekannt gewor⸗ denen epidemischen Krankheit, gestorben sey. An organischen Fehlern fand sich nichts vor, als eine Verknöcherting an der Herzmündung der Aorta und den Mitral⸗Walveln und ein kleines knöchernes Konkrement in dem unteren Lappen der rechten Lunge, welches aber zur Krankheit selbst in keiner Beziehung stand.“
„Ich erlaube mir, bei diesem traurigen Ereignisse folgende Bemerkungen: — weder vor, noch bis jetzt, 5 Tage nach dem Tode des Herrn Feldmarschalls, hat sich in dessen näheren Umgebungen ein Cholera⸗Kranker vorgefunden, und in der ganzen Umgegend ist schon seit längerer Zeit kein Kranker der Art beobachtet worden.“
„Die 3 Cholera⸗Kranke, die so kurz vor dem Herrn Feld⸗ marschall erkrankten, wurden inmitten ganz gesunder Umge⸗ bungen, auf weit von einander entfernten Punkten, in feuch⸗ ten Bivouacs, von der Krankheit ergriffen; aus ihren näheren Umgebungen, selbst von ihren nächsten Schlafgenossen, erkrankte Niemand.“
„Am Abend vor seinem Erkranken war der Herr Feldmar⸗ schall noch in der 9ten Stunde, in der feuchten kühlen Abend⸗ luft, durch das vom Regen nasse Gras spazieren gegangen und hatte sich namentlich beim Ersteigen eines Berges sehr echauffirt.
Pultusk, den 2. (14.) Juni 1831.“
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In Danzig stellt sich nach dem neuesten Berichte die Zahl der an der Cholera Erkrankten, wie folgt: “ am 17. Juni erkrankten 14, starben 11, genasen 2. 8 Ee““ “ 19. KbE1I1 18, 3 14, 85 6. 8 Es waren mithin seit dem Ausbruch der Krankheit in Danzig in Summa erkrankt 268, gestorben 188, in der Rekonvalescenz 35, noch in der Behandlung 45. Das Verhältniß der Gestorbenen zur Zahl der Erkrankten stellt sich hiernach noch immer ungün⸗ stig, wogegen die Zahl der Erkrankungen, im Verhältniß zur Ein⸗ wohnerzahl, nur gering ist; 181 Haͤuser unterlagen der Absper⸗ rung, nur in 15 derselben waren neue Erkrankungen, in Allem
*) Der Bataillons⸗Arzt Koch war im Jahre 1829 mit Koͤnigl. Erlaubniß zur Russischen Armee nach der Tuͤrkei gegangen und hatte daselbst den Feldzug gegen die Ottomanen mitgemacht. Feld⸗ marschall Diebitsch ruͤhmte, bei seiner Anwesenheit in Berlin, die Thaͤtigkeit dieses Mannes, der lange Zeit Pest pitaͤlern vorgestanden und sich sehr nuͤtzlich gemacht hatte. Waͤhrend eines Theils des vergangenen Jahres hatte er sich in Beggaen aufgehalten, wo gerade die Cholera herrschte, und dort uͤber diese Krankheit man- nichfache Erfahrungen eingesammelt. Er war eben im Begrif, in sein Vaterland zuruͤckzukehren, als er dem Ansuchen des ver⸗ storbenen Feldmarschalls nachgab und vorerst in seinem Hauptquar⸗
nach Hohenstein und in die nächste Umgebung “ 1
tier verblieb.