1831 / 199 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

sage: die Regierung, welche Fehler ad libitum begeht, und die⸗ selben auch ad libitum verbessert. Sie streicht einen Burgflecken aus der Liste A. aus, und schiebt einen andern in die Liste B., ganz nach Gefallen. Ich muß gestehen, daß mein gelehrter Freund, der General⸗Anwalt, bei dieser Gelegenheit seine gewöhnliche Lie⸗ benswürdigkeit vergessen zu haben scheint, mit einer Bitterkeit gesprochen hat, die er sich seit kurzem in gewissen Gerichtshöfen angewöhnt hat, wo er nicht sehr stegreich war. *) Aber ob mein gelehrter Freund für seine Ansicht Gründe beibringen kann oder nicht er ist doch seines Erfolges in diesem Hause, wo die Mi⸗ nister eine so bedeutende Majorität besitzen, gewiß. Ich wieder⸗ hole meine Ansicht, daß die vorliegende Bill eine Straf⸗Bill ist, und fordere die Regierung auf, diese Behauptung zu widerlegen. Die Mitglieder der Seite des Hauses, wo ich sitze, sind beschul⸗ digt worden, sich bei Gelegenheit dieser Bittschrift in eine vor⸗ llige Diskussion eingelassen zu haben. Der General⸗Anwalt hat sich öffentlich darüber beschwert, und uns um Gotteswillen ge⸗ beten, bei der Sache zu bleiben. Und doch sind es gerade der ehrenwerthe und gelehrte Herr und seine Freunde, die aus dem Geleise bogen. Der General⸗Anwalt sagte: bleibt bei der Bitt⸗ schrift; das Haus ist über die Grundsätze der Bill sowohl als über die Details einstimmig Ihr habt also nicht nöthig, dar⸗ über zu streiten. Das ehrenwerthe und gelehrte Mitglied ist in der letzten Zeit sehr beschäftigt gewesen. Seine Zeit ist ganz von anderen Dingen in Anspruch genommen worden, so daß es wahrscheinlich nicht hat dazu kommen können, die Protokolle und Register des Hauses einzu⸗ sehen, sonst würde es gefunden haben, daß die Mitglieder Alles, nur nicht einig über die Details der Bill sind; und nicht we⸗ nize derselben haben ihre Absicht zu erkennen gegeben, die Bill zu verändern oder sich ihr zu widersetzen. Der gelehrte Herr sagt, und wird darin von seinen Freunden unterstützt: „Bleibt bel der Frage, wir sind Alle einig.““ Ja, wahrscheinlich sind sie so einig, wie 12 Geschworene, die sich noch nicht über den Aus⸗ spruch verständigt haben. Dieses ist die Beschaffenheit ihrer Einstimmigkeit. Einige sagen: wartet, bis wir uns in einen Ausschuß verwandeln, und dann laßt uns sehen, wie die Sache steht. Das ists aber eben, was ich will; ich wünsche zu wissen, wie die Sache steht, und eben deshalb verlange ich eine Unter⸗ suchung; ich wünsche, daß Zeugen über die Thatsachen vernom⸗ men werden, und deshalb unterstütze ich das Verlangen der Bittsteller. Ich weiß, daß das Parlament, welches dem gegen⸗ wärtigen folgen wird, wenn die Reform⸗Bill durchgeht, einen neuen Weg einschlagen, und daß es zu denjenigen, welche um Ab⸗ hülfe oder um Untersuchung einkommen werden, sagen wird: „„Nein, wir können Euch nicht anhören; wir sind ein Parla⸗ ment, stark durch seine Zahl, und abgesandt worden, um ein be⸗ sonderes Vertrauen zu rechtfertigen; wir können Euch daher kein Gehör schenken.““ (Beifall.) Wenn es möglich wäre, mit einem Fernrohr in die Zukunft zu schauen, so würden wir wahrschein⸗ lich finden, daß dies die Sprache unserer Nachfolger ist; aber da diese Zeit noch nicht gekommen ist, so bitte ich das Haus fle⸗ hentlich, den Charakter der Gerechtigkeit und Unparteilichkeit bei⸗ zubehalten, welcher demselben so viele Jahrhunderte lang eigen war. Der edle Lord (Russel) sagte, daß die verfallenen Burgfecken nicht durch ihre Vertreter in diesem Hause vernom⸗ men werden dürften, da dieselben dabei interessirt wären. Wenn sie also nicht durch ihre Repräsentanten und nicht durch einen Anwalt auf Grund ihrer Bittschriften gehört werden sollen, so möchte ich den edlen Lord fragen, auf welche Weise sie sich denn Gehör verschaffen sollen? Auf welchem Wege sollen sie sich über den Akt der Ungerechtigkeit, über den sie sich beschweren, Recht verschaffen?“ Lord Althorp erwiederte: „Das ehrenwerthe und gelehrte Mitglied hat sich wie gewöhnlich durch seine Einbildungs⸗ kraft zu den größten Uebertreibungen verleiten lassen. Dasselbe hat die Regierung beschuldigt, alle Beweise durch die bloße Zahl ihrer Unterstützer, und jede nothwendige Diskussion durch Gewalt unterdrücken zu wollen. Geht nun wohl irgend eine solche Ab⸗ sicht aus dem Verfahren, das sie bisher beobachtet hat, hervor? Hat nicht mein edler Freund ausdrücklich erklärt, daß die ganze Frage in dem Ausschusse genau erörtert werden wird? und ich süge jetzt hinzu: laßt das Haus in Gottes Namen sich in einen Ausschuß verwandeln, und dann möge der Fall jedes einzelnen Burgfleckens in Betracht gezogen und reiflich erörtert werden. Das ehrenwerthe Mitglied hat ferner die Regierung der Partei⸗ lichkeit beschuldigt. Nun hat aber die Regierung auf alle Weise dahin gestrebt, sich selbst der Mittel zu berauben, parteiisch seyn zu können, und sich deshalb einer bestimmten Regel unterworfen, von welcher sie entschlossen ist, nicht abzuweichen. Der ehren⸗ werthe und gelehrte Herr hat die Bill eine Straf⸗Bill genannt, und die Regierung aufgefordert, zu erklären, daß dies der Fall sey. Ich nehme keinen Anstand, das entgegengesetzte zu behaup⸗ ten, und din im Gegentheil überzeugt, daß es eine Bill ist, welche sich als höchst wohlthätig für das ganze Land bewähren wird. Das ehrenwerthe und gelehrte Mitglied hat gefragt, wie man die Bevölkerung des Burgfleckens Appleby kemnen wolle, wenn man nicht das Amendement annähme? Ich erwiedere darauf: durch die Bevölkerungs⸗Listen; und ich füge hinzu, daß man sich auf keinem anderen Wege diese Kenntniß verschaffen könnte, selbst wemm Zeugen abgehört würden. Das ehrenwerthe Mitglied hat auf eine Meinungs⸗Verschiedenheit zwischen mir und meinem edlen Freunde (Lord J. Russell) aufmerksam gemacht. Ich bin mit dem edlen Lord während des größten Theils meines Lebens auf das freundschaftlichste verbunden gewesen, aber diejenigen, wel⸗ che das Verfahren in diesem Hause beobachtet haben, müssen be⸗ merkt haben, daß wir in unseren politischen Ansichten häufig nicht übereinstimmen. Das ehrenwerthe und gelehrte Mitglied hat endlich gefragt: ob dies der Weg sey, das Vertrauen des Lan⸗ des zu gewinnen? Ich beantworte diese Frage durch eine andere: Ist das der Weg, sich das Vertrauen des Landes zu erwerben, wenn man auf Anträge dieser Art besteht, welche lediglich in der Absicht gemacht werden, um einen Aufschub zu veranlassen, und um dem Durchgehen einer Bill Hindernisse in den Weg zu le⸗ gen, welche das Land so sehnlich erwartet?“ Alderman Thompson bemerkte, er wisse vielleicht mehr von dem Burg⸗ flecken Appleby, als irgend ein anderes Mitglied des Hauses, und er müsse bekennen, daß nach dem was, er von den in der Bittschrift angeführten Thatsachen wisse, es ihm die Pflicht des Hauses scheine, den Bittstellern Genüge zu leisten. (Hört, hört!) Die Verwaltung des Majors von Appleby erstrecke sich über zwei Gemeinden, und da es nicht geläugnet werden könne, daß diese mehr als 2000 Einwohner in sich faßten, so glaube er, daß der Burgflecken berechtigt seh, eins seiner Mitglieder zu behalten.“ Es erfolgte hierauf die (gestern gemeldete) Abstimmung, bei der das Amendement des Lord Maitland verworfen wurde. Als dar⸗ auf wieder die Diskussion über die allgemeinen Prinecipien der Resorm⸗Bill begann, äußerte unter Anderen Herr Attwood:

*) Sir Ch. Wetherell spielt hier auf den Prozeß gegen Cobbet

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neue die Aufmerksamkeit des Hauses auf eine Maaßregel zu lenken, welche in der Geschichte des Parlaments und des Hauses ohne Beispiel ist. Seit dem Beginn unserer Repräsentativ⸗Regierung und Wahl⸗Legislatur ist kein Präcedent zu einem solchen Verfahren vorhanden. Hat man je den Gemeinen Englands vorgeschlagen, wie in der gegenwärtigen Bill, einem Drittheil des Wahlkörpers, ja, nur einer einzigen Wahl⸗Versammlung, ihr Recht zu nehmen, wenn nicht eine Entschädigung damit verbunden, oder wenn es nicht die Strafe für ein überwiesenes Verbrechen war? Ich vertheidige das System unserer Repräsentation im Allgemeinen, und be⸗ haupte, daß in jedem großen System einige Beispiele von Be⸗ stechlichkeit vorkommen werden. Für diese besonderen einzelnen Fälle giebt die Bill kein Mittel an, denn sie stürzt alle unsere bestehende Institutionen um. Ich behaupte, daß die Vortheile des Burgflecken⸗Systems einleuchtend sind, wenn man sich der berühmten Mitglieder erinnert, die durch den Einfluß desselben ins Parlament gekommen sind. Den Burgflecken ist das Land für die Dienste und Talente der Lords Eldon und Mansfield und für die glänzende Beredtsamkeit und den unsterblichen Ruhm des Herrn Pitt verpflichtet. Als Antwort auf die Bitte an den König, die Ausschreiben an die Burgflecken zurückzuhalten, be⸗ merke ich, daß die besten constitutionnellen Rechtsgelehrten und die größten Autoritäten immer der Meinung gewesen sind, daß jeder Burgflecken, der einmal das Privilegium genossen hat, Mitglieder ins Parlament zu senden, berechtigt ist, diesen Vor⸗ zug immer zu genießen, und ich protestire in den bestimmtesten Ausdrücken gegen die Reform⸗Bill als eine Confiscations⸗Maaß⸗ regel. Ich frage, ob man annehmen kann, daß die neuen Kon⸗ stituenten Mitglieder von größeren Talenten, Ansehen und Recht⸗ lichkeit wählen können, als diejenigen, aus denen das Haus jetzt zusammengesetzt ist? Was hat in den letzten 40 Jahren alle Ue⸗ bel über Frankreich gebracht, was anders, als der Ehrgeiz des Volks, die Leitung des Landes in seine eigene Hände zu neh⸗ men? Eben dies war der Fall mit mehreren übrigen Ländern Europa's; sie sind beinahe alle bemüht, die Souverainetät des Volks anerkennen zu lassen. Aber jede Regierung ist mit der Herrschaft des Volks unverträglich. Der Kampf dieserhalb hat während der letzten 15 Jahre fortwährend in Frankreich bestan⸗ den, und was sind die Folgen davon? Daß der ältere Zweig der Bourbonen verbannt worden ist. Wenn man auch zugesteht, daß sie schwach waren und Frankreich schlecht regiert haben, so kann doch Niemand für das sich verbürgen, was anderen Re⸗

gierungen bevorsteht, wenn der Volkswille so mächtig wird. Will

man nun dem Beispiele Frankreichs folgen, und die Britische Constitution in den allgemeinen Revolutions⸗Ofen werfen? Wer kann vorher sagen, was das Ende davon seyn wird? Es ist nicht meine Absicht, den allgemeinen Lehrsatz von den Rechten des Parlaments zu bestreiten. Es giebt zwei abgesonderte Rechte des Parlaments. Im ausgedehnten Sinne des Worts hat das Parlament das Recht, jedes Vorrecht der Krone und alle ande⸗ ren abzuschaffen, und dem Lande eine neue Constitution zu ge⸗ ben; dies ist aber hier nicht der Fall. Der König hat in seiner Rede vom Thron das Parlament aufgefordert, diesen Gegen⸗ stand, mit Berückstchtigung der allgemeinen und anerkannten Grundsätze der Constitution, in Berathung zu nehmen. In die⸗ sem Sinne nun bestreite ich dem Parlamente das Recht, solche Veränderungen in einer der drei constitutionnellen Gewalten vor⸗ zunehmen. Nach demselben Grundsatz, den das Ministerium in Bezug auf das Haus der Gemeinen angewendet hat, müßte auch die Verfassung des anderen Hauses geändert werden. Bis jetzt waren die einzigen Konstituenten jenes Hauses die funfzehn Kabinets⸗Minister. Es geht das Gerücht, daß sie beabsichtigen, eine neue Zahl Mitglieder in jenem Hause zu erwählen denn so muß ich die Ernennung neuer Pairs bezeichnen um die Reform⸗Maaßregel zu fördern. Ich kann diesem Gerüchte kei⸗ nen Glauben beimessen. Gewiß besitzen sie nicht die Keckheit, die Ruchlosigkeit, dies zu thun. (Hört, hört! von der Opposttion.) Aufgefordert, den Zustand dieses Hauses zu reformiren, bloß des⸗ halb, weil die Zahl der Wähler zu klein ist, werden sie da wohl das Schauspiel einer Wahl von Repräsentanten für das andere Haus geben wollen, welche bloß durch die Minister, also gewiß durch wenige Constituenten, stattfinde? Das würde in der That eine Verletzung aller Grundsätze der Constitution seyn. Die Macht, Pairs zu ernennen, ist der Krone gegeben worden, um Männer, welche sich ausgezeichnet haben, zu belohnen, aber nicht, um eine Maaßregel im Parlament durchzusetzen. Wenn 10 Pairs zu einem Zweck ernannt werden, so kann man 20 zu einem an⸗ deren ernennen. Auf solche Weise würde dieser Zweig der Le⸗ gislatur von der Krone absorbirt werden. Wenn die Maaßregel angenommen wird, so öffnet man der Revolution alle Schleu⸗ sen, sie wird alle Prärogative der Krone, des Parlaments, und jedes Recht des Volkes mit fortreißen.“ Nach diesem Vor⸗ trage wurde von der Opposttion einer von den vielen (gestern er⸗ wähnten) Vertagungs⸗Vorschlägen gemacht. Lord Althorp wi⸗ dersetzte sich dem Vorschlage, der zwar mit großer Stimmen⸗ Mehrheit verworfen, jedoch immer wieder, ohne daß die Debatte im Geringsten vorgeschritten, oder daß nur irgend etwas Neues zur Unterstützung des Antrages gesagt worden wäre, bis um 7 ½⅞ Uhr Morgens erneuert wurde. 1

London, 13. Juli. Bei dem Gastmahle, welches die Stadt London dem Lord John Russel gab, äußerte derselbe: „Gott wird in seiner Sorgfalt für das Wohl dieses Reichs die Gemüther der Pairs dahin lenken, das aufgeklärte System der Reform anzunehmen, welches so sehr darauf berechnet ist, die Constitution zu stärken und zu befestigen, die vernünftigen Er⸗ wartungen eines freien und aufgeklärten Volks zu befriedigen und die Ruhe, die Sicherheit und die Unabhängigkeit unseres geliebten Vaterlandes zu sichern.“

Aus Liverpool wird unterm 10ten d. gemeldet: „Gestern Abend um 9 ½ Uhr platzte der Dampfkessel der Maschine in dem neuen Zollhause. Herr Tonckinson, der Unternehmer des neuen Stein⸗Werks, hatte diese Maschine von 5 Pferden Kraft einge⸗ richtet, um die Steine herauf zu winden und nieder zu lassen. Um die benamte Zeit waren mehrere Arbeiter in dem Maschinen⸗ Hause versammelt und bemüht, die Kraft des neuen Kessels zu probiren; aber unglücklicher Weise vergaßen sie in der Eile das Gewicht in die Balance zu werfen, und während sie ringsherum standen und glaubten, daß der Dampf noch nicht seine Höhe erreicht habe, platzte der Kessel mit einer furchtbaren Explosion und sprengte das ganze Gebande in die Luft. Einer der Um⸗ stehenden, Namens John Price, der Aufseher der Arbeitsleute, wurde wenigstens 30 Ellen weit geschleudert und blieb gleich todt auf dem Platze. Zwei andere wurden, aber hoffentlich nicht ge⸗ fährlich, beschädigt. Die Kraft der Explosion war so fürchter⸗ lich, daß die Steine und andere Theile des Gebäudes über 80 Ellen weit geschleudert wurden. Es gränzt beinahe an ein Wunder, daß an einem so belebten Orte nicht mehr Personen zu

an, den hekanntlich der General⸗Anwalt (Sir T. Denman) leitete und verlhr.

Schaden gekommen sind.“

„Ich kann die Gelegenheit nicht vorüber gehen lassen, ohne aufs

Niederlande,

Aus dem Haag, 13. Juli. Ihre Königliche Hoheit zi Prinzessin Friedrich ist heute von hier nach Breda abgereist.

Aus Zwolle schreibt man unterm 11ten d. M.: daß, da bestehenden Gesetzen zufolge, ein (auf der Flucht begriffenen Uhrmacher aus Oldenzaal, der überführt worden ist, sich in da im Dezember 1830 an genanntem Ort stattgehabten Unruher an die Spitze eines bewaffneten Haufens gestellt zu haben, m. den in den südlichen Provinzen ausgebrochenen Aufstand aut in die nördlichen zu verbreiten, dazu verurtheilt worden seh auf dem öffentlichen Richtplatz in Almelo gehängt zu werdmg Es wird hinzugefügt, daß Abschriften des Urtheils nach Alme und Oldenzaal abgefertigt worden, um sie dort au eigends dag aufzurichtenden Pfählen zur öffentlichen Kenntniß anzuschlagen

Brüssel, 13. Juli. Herr Ch. Lehon ist heute Morge wieder nach Paris zurückgekehrt. Herr Vanderstraeten⸗ Ponthe hat ihn als Legations⸗Secretair begleitet.

Der Belgische Moniteur meldet, die Regierung het die Nachricht erhalten, daß der Gesandte des Königs der Ne derlande in Paris auch jetzt noch die Pässe nach Belgien viste daß namentlich am 19. oder 20. Juni Herr v. Fagel den Pe eines Arbeiters von Gent visirt habe. Der Minister des Ig nern habe deshalb ein Rundschreiben an alle Provinzial⸗Gouber neure erlassen, und das Publikum werde benachrichtigt, daß ale Pässe nach Belgien, die von dem Niederländischen Gesandtm in Paris visirt seyen, als nicht visirt betrachtet werden sollen.

Dasselbe Blatt enthält Folgendes: „Mehrere Zeitunga haben sich auf verschiedene Weise über die in Gent vorgenommne. nen Verhaftungen ausgelassen; wir halten es daher für ange messen, die Thatsachen mitzutheilen, welche zu diesen Verhaftm⸗ gen Anlaß gegeben haben. Am Abend des 5ten d. M. zo ein Haufen Leute, zum Theil mit Sensen nach Art der Porlnt schen bewaffnet, welche auf dem großen Platze vertheilt worde waren, aus Gent, und schlug den Weg nach Brüssel ein, indm er die Absicht zu erkennen gab, den National⸗Kongreß zu zwir gen, die Friedens⸗Präliminarien zu verwerfen. Dem General boi Wautier gelang es, diesen Haufen, dem noch ein ebenfalls mu Sensen beladener Wagen nachfolgte, zum Rückmarsch zu vme anlassen. Die Waffen wurden darauf in einem Lokge, genannt „die Rhetorik“, wo gewöhnlich die Sitzunga der Association stattfinden, niedergelegt. Diese Umstäm gaben zu einer gerichtlichen Untersuchung Anlaß, in Folge welchn Mandate gegen die Herren de Souter, Spilthoven, de Costa Eichberger, Hellebaut und Bogaert, als angeklagt, die Bewegm veranlaßt und geleitet zu haben, welche so glücklich durch die Be⸗ hörden unterdrückt worden war, erlassen wurden. Die Regi⸗ rung ist also, was man auch sagen mag, diesen Verhaftunzga fremd, welche in Folge eines richterlichen Befehls stattgefundn haben. Die Regierung, obwohl entschlossen, jeden Versit zur Störung der Ruhe ohne Ausnahme zu bestrafen, beabstc⸗ tigt jedoch keinesweges, zu Mitteln ihre Zuflucht zu nehmen, weg che nicht durch das Gesetz erlaubt sind. Man muß unsere J stitutionen, und diejenigen, welche beauftragt sind, darüber zu we chen, sehr schlecht kenmnen, um das Gegentheil zu verbreiten. Da Reich der Eigenmächtigkeiten ist vorüber.“

Hiesige Zeitungen melden aus Gent vom 12. Jult „Gestern gegen 5 Uhr Abends fand ein großer Zusammenlaj im St. Sauveur⸗ und Augustin⸗Viertel statt. Die Mame umringte und folgte einem Esel, auf dem eine Puppe saß, †. sehr sauber als vornehmer Engländer gekleidet, und mit vieg Inschriften versehen war. Diese Masse durchzog mehrere Strul ßen, und stieß verworrenes Geschrei aus; man vernahm vnn Anderem: „Nieder mit den Ministern!“ Ungefähr 40 Männer mit Stöcken bewaffnet gingen neben dem Esel her, und schlugm auf die Puppe los, dieselbe wurde endlich zerrissen, und der (Eset blieb verlassen auf dem Platze zurück.“

Ein Tages⸗Befehl des Comité⸗Directeur, worin aufgeforden wurde, gegen die Annahme der Präliminarien zu protestire war an die patriotische Association in Tongern gerichtet worde. Nach einer reiflichen Untersuchung und Erörterung, welche zwe Stunden dauerte, hat die patriotische Association Tongerns, we che größtentheils aus Bewohnern Mastrichts besteht, im schieden, daß kein Grund zum Protestiren vorhanden sey.

Brüssel, 13. Juli. Wiewohl noch keine Nachrichten e unserer neuerdings nach London gesandten Deputation hier en gegangen sind, so schmeichelt man sich doch mit der Hoffmm den neuen König sehr bald hier eintreffen zu sehen. hier und da noch die Besorgniß zu erkennen gegeben, daß e Prinz Leopold von den in einigen Belgischen Städten vorgekomm nen Ereignissen sich möchte abschreckem lassen, die ihm eröffnete Be⸗ zu betreten; doch im Ganzen lassen die hiestigen Einwohner, seitze die Konferenz die Präliminar⸗Alrtikel angenommen, weniger die Koit hängen und blickenmit größerer Hoffnung auf die Erhaltung desfer dens, den die Mehrzahl aller Bürger nicht gestört zu sehen würste Die Besorgniß eines Krieges und einer demnächst zu erwam den Besetzung von Seiten Frankreichs, das Belgien als an seiner Departements behandeln möchte, ist es hauptsächlich,N dazu beigetragen hat, die Freude über die Annahme der Friedut⸗ Vorschläge und über die Erwählung des Prinzen Leopold vermehren. Die Abneigung gegen Alles, was Französtsch e geht jetzt schon so weit, daß sich hier unter der niederen Einwog

ner⸗Klasse ein Verein von entschlossenen Männern, an den

Spitze ein gewisser Simon steht, zu dem einzigen Zwe gebildet hat, mit allen hier befindlichen Franzosen Hil⸗ del anzuknüpfen, und sie auf diese Weise wo möglich an Brüssel und aus dem Lande zu verdrängen. An jede

Schenken, wo es ihnen in der Regel gelingt, die anwesende Franzosen in eine Schlägerei zu verwickeln, aus welcher diese il⸗ mer mit blutenden Nasen und zerschlagenen Gliedern sich flüc⸗ ten müssen. Gestern und heute sind wirklich mehr als 80 Frar⸗ zosen mit den Diligencen nach ihrer Heimath zurückgekehtn Aber nicht bloß gegen diese ausländischen Unruhestäften sondern auch gegen die Mitglieder der Belgischen Associe⸗ tion hat sich die Wuth des Volkes gekehrt, in Fole dessen der hiesige Verein für gut befunden hat, sich aufzule sen. Die Vorsteher desselben bewirkten diese unerwartete Auf lösung, nachdem ste in Erfahrung gebracht, daß sowohl ihr Ver⸗ sammlungs⸗Lokal als ihre eigenen Wohnungen vom Volke be⸗ droht seyen. Die Verhaftung der beiden Herren Lehardi 9 Beaulieu soll in Folge der Entdeckung eines Planes erfolgt seyn, den dieselben im Vereine mit einem ebenfalls verhafteten Frau⸗ zosen, der sich Baron von Armagnac nennt, zu Gunsten einte Mitgliedes der Buonaparteschen Familie, nicht ohne eine Part zu finden, angestiftet haben sollen. Man ist diesem neuen Pland noch zeitig genug auf die Spur gekommen und glaubt überhaube daß keine Partei mächtig genug seyn dürfte, eine andere Comti nation als die des Kongresses geltend zu machen.

Verviers, 13. Juli. Im hiesigen Journal liest man

„Gestern Abend um 9 Uhr bildeten sich zahlreiche Gruppen am

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ausdrückliches Zeugniß des Bezirks⸗Chirurgen beibringe, daß er Zwar wu⸗ Polizei⸗Kommissarius, daß er der unentgeltlichen Pflege bedürf⸗

Abend begeben sich diese Männer nach den Kaffee⸗Häusern un

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“““ im Sablon und auf dem Markte; man konnte daraus leicht f eine bedeutende Zusammenrottirung schließen; und wirklich creinigten sich um 92 Uhr alle die verschiedenen Abtheilungen ild nahmen ihren Weg nach dem Stadthause. Auf dem Markte ingekommen, ertönte der Ruf: „Nieder mit Lebeau!“ „Es lebe tankreich!“ u. s. w. Die sich hinzudrängenden Neugierigen ermehrten die Masse immer mehr, und um 10 Uhr setzte sich je Bürgergarde in Bewegung, um die Menge aus einander zu eiben; es gelang ihr glücklicherweise, und eine halbe Stunde äter war der Platz gesäubert; es fielen am Abend keine weite⸗ n Störungen vor.“ Warschau, 14. Juli. Die Staats⸗Zeitung enthält inen Bericht des ehemaligen Befehlshabers der bewaffneten streitkräfte der Wojewodschaft Augustowo, Herrn Godlewski, helcher daselbst als Kommissar der National⸗Regierung die ruppen organisirte und lange Zeit hindurch die Russische Ar⸗ ee im Augustowoschen und Plozkischen durch Streifzüge beun⸗ uhigte, bis ihn eine Krankheit nöthigte, nach Warschan zurück⸗ gkehren und das Kommando über jene Streif⸗Corps dem Ober⸗ in Zaliwski zu übergeben, welcher gegenwärtig in Augustowo chen soll. In jenem Bericht, welcher bis jetzt nur bis zum 3. härz reicht, und worin genau über alle Einzelnheiten, über gerwendung der Fonds u. s. w. Rechenschaft abgelegt wird, fiinden sich unter Anderem folgende Nachrichten: Der ge⸗ annte Oberst Godlewski benachrichtigte den ehemaligen sktator, General Chlopizki, daß die Wojewodschaft Augustowo ußer den anbefohlenen Truppen⸗Aushebungen noch 15,000 Mann elle, darunter 4000 auf wohl zugerittenen Pferden, um den⸗ elben Dienst bei der Polnischen Armee, wie die Kosaken bei der Russischen, zu versehen; daß dieselbe Wojewodschaft die auf ihren entheil fallende Quantität von Produkten für die Armee nicht ün die Agenten der Bank, wie es vorgeschrieben war, verkaufen, undern unentgeltlich liefern wolle; daß die Bürger von Samo⸗ sien und Litthauen, und namentlich diejenigen, welche am rechten lifer der Wilia wohnten, sich mit den Polen vereinigen, eine Insurrec⸗ on zu Stande bringen und die in ihrer Mitte kantonnirenden Russt⸗ chen Truppen entwaffnen wollten; endlich daß, da die Wojewodschaft Nugustowo threr Lage nach leicht abzuschneiden sey, die sämmtlichen Streitkräfte so bald als möglich aus derselben herausgezogen und Alles, was man mitnehmen könne, fortgeschafft werden müßte. zierauf hatte General Chlopizki erwiedert: 1) daß er von den Einwohnern keine Opfer fordere; sie sollten nur thun, was ihnen anbefohlen würde; 2) hinsichtlich der Lieferung von Produkten ollte man sich mit dem dermaligen General⸗Intendanten, Gra⸗ en Lubienski, verständigen; 3) die Samogitier und Litthauer ollten sich ihren guten Willen auf eine spätere Zeit aufsparen; ) was das Zuruckziehen der Streitkräfte aus dem Augustowo⸗ chen betreffe, so werde so verfahren werden, wie es die Kriegs⸗ perationen erforderlich machten.

Die Synagogen⸗Vorsteher der Hauptstadt Warschau haben eine Bekanntmachung an die Israeliten erlassen, worin sie den⸗ elben anzeigen, daß der Reichstag, das Haupt der Nation, von üibhnen nur Opfer an Geld fordere, und daß ste in Folge eines Reichstagsbeschlusses den vierfachen Betrag der bisherigen Re⸗ krutensteuer entrichten sollen. Sie fügen hinzu, daß, wenn bei Vertheilung dieser Abgabe auf Manchem vielleicht ein zu großer Antheil falle, ein Jeder die empfindliche Last im Namen der Billigkeit der allgemeinen Sache geduldig ertragen möge, indem du ersehnte Frieden, welcher eine Folge der National⸗Bemühun⸗ zen sebn solle, reichliche Früchte für Alle tragen und für bie Fsraeliten insbesondere eine Bürgschaft der engsten Verbindung mit den Bürgern anderer Glaubensbekenntnisse werden würde; auch wünschen die Vorsteher, daß die Vertheilung so genügend als möglich ausfallen möge, bitten indeß die Kontribuenten, einstweilen, bis die Repartitionen in Gemeinschaft mit dem dazu bestimmten Comité durchgesehen und die gehörigen Verbesserun⸗ gen darin vorgenommen werden könnten, zur schnelleren Unter⸗ stützung des Schatzes wenigstens den dritten Theil der ihnen auf⸗ gelegten Steuer darzubringen und sich nicht erst Executions⸗ Maaßregeln auszusetzen. .

Der Municipalrath macht bekannt, daß Niemand in das Hospital in der „Bagatelle“, welches nur für arme Cholera⸗Kranke bestimmt sey, aufgenommen werden könne, wenn er nicht ein

wirklich an der Cholera leide, und ein anderes von Seiten des

tig sey.

Von der Polnischen Gränze, 16. Juli. Man meldet aus Sluczewo, daß dieser Ort vorgestern von 200 Mann Kosaken, welche die dortige Gegend patrouilliren, besetzt worden sey. Der dasige Magistrat soll dem kommandirenden Offizier entgegengegangen sehn, und um Schonung für die Stadt gebe⸗ ten haben. Ein bedeutendes Russisches Armee⸗Corps hält auf dem linken Weichsel⸗Ufer die Städte Nieszawa, Racioncezk, Lu⸗ branizk und andere Orte besetzt. er Feldmarschall, Graf Pas⸗ kewitsch⸗Eriwanski, hat sich jedoch nur kurze Zeit auf dem Punkte, wo der Uebergang über die Weichsel geschah, aufgehalten, indem, wie es heißt, die Nachricht eingegangen ist, daß sich der Polni⸗ sche Generalissimus mit seinen Truppen der Narew genähert habe, worauf sich der Russische Feldmarschall bewogen gefunden, nach seinem Haup

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Helsingör, 12. Juli. Man erinnert sich seit längerer Zeit keines Jahres, wo die Schifffahrt gleich im ersten Seme⸗ ster so lebhaft gewesen wäre, als in diesem Jahre; die Anzahl der Englischen, Preußischen, Holländischen und Schwedisch⸗ Norwegischen Schiffe, die in gedachtem Zeitraum den Sund passirt sind, übersteigt die vorjährige sehr bebeutend, was zunächst der, in Folge der gelinden Frühjahrs⸗Witterung, stattgehabten sitigen Eröffnung der Schifffahrt beizumessen ist. Die Zahl sämmtlicher in gedachtem Zeitraum im Sund klarirten Schiffe beläuft sich auf 7112; in derselben Periode des vorigen Jahres hatte dieselbe nur 4706 betragen, mithin sind in diesem Jahre deren 2406 mehr klarirt worden, als im vorherigen. Der Nationali⸗ tät nach waren von jenen Schiffen 1349 Englische, 830 Preußi⸗ sche, 884 Schwedisch⸗Norwegische, 491 Hollandische, 305 Däni⸗ sche, 236 Mecklenburgische, 226 Hannöversche, 128 Russische, 59 Französische, 49 Amerikanische, 33 Lübecker, 29 Oldenburger, 27 Bremische, 10 Hamburger, 3 Spanische, 1 Oesterreichisches und 1 Neapolitanisches. Der Hauptgegenstand der Exporta⸗ tion aus der Ostsee war Getreide, wovon bereits im vorigen Jahr bedeutende Ankäufe in den Ostseehäfen geschehen waren.

1“ Deutschland. . München, 14. Juli. Ihre Maj. die Königin sind heute

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von den heißesten Segenswünschen aller getreuen Unterthanen Baierns, in die Bäder nach Doberan abgereist.

Am 10ten Juli hatte der bisherige Französische Gesandte, Graf von Rumigny, die Ehre, Sr. Majestät dem Könige das Abberufungs⸗Schreiben zu überreichen, worauf der neue Ge⸗ sandte, Baron von Mortier, sein Kreditiv in die Hände Sr. Majestät übergab. Am Abend hatten Beide Audienz bei Ihrer Majestät der Königin.

In der Kammer der Abgeordneten legte gestern das Präsidium die Fragen zur Abstimmung über die Anträge des Ab⸗ geordneten Kremer, die Aufrechthaltung einiger Bestimmungen der Augsburger Wechsel⸗Ordmung und das Vorzugsrecht der Sensarie⸗Gebühren betreffend, vor; selbige wurden mit einigen Abänderungen genehmigt. Hierauf wurde die Berathung über den Antrag des Freiherrn von Closen, die Sicherstellung der Personen gegen Uebergriffe der Militair⸗ und Polizeigewalt be⸗ treffend, fortgesetzt. Von der Bühne fuhr Freiherr v. Closen in seiner in voriger Sitzung begonnenen Rede fort. Dieselbe begann mit der Fortsetzung der Darstellung der in den letzten Tagen des Dezember v. J. in München vorgefallenen Ereignisse; der Redner verglich dann diese Ereignisse mit den bestehenden Gesetzen, suchte daraus die Fehler der Justiz⸗, Verwaltungs⸗ und Militair⸗Behörden zu folgern, und schloß mit den Anträgen, Se. Majestät auf gesetzlichem Wege um Vorlage gesetzlicher Bestimmungen über die Sicherheit der Personen gegen An⸗ griffe der Polizei⸗ und Militairgewalt, so wie um strenge Un⸗ tersüuchung und Bestrafung der bei den Dezember⸗Unruhen von dem Militair begangenen und von den Behörden veranlaß⸗ ten Excesse, endlich um Unterstützung der in Folge dieser Excesse Verunglückten aus Staatsmitteln, zu bitten. An der nach Beendigung der Rede des Baron von EClosen begonnenen Diskussion vom Platze aus nahmen unter Anderen die Abg. v. Seuffert, Rudhart, v. Anns, d. Kreß, b. Wresch, Gmeiner, Kapp, Culmann, v. Korb als Referent und Baron v. Closen als Antragsteller, dann die Staats⸗Minister v. Weinrich und v. Stürmer Theil. Die Anträge des Ba⸗ ron v. Closen wurden von den meisten Rednern unterstützt, dann von einigen derselben auch noch der Antrag auf Beeidi⸗ gung des Militairs auf die Verfassung gestellt. Von Seiten der Staats⸗Minister wurde bemerkt, über die Dezember⸗Unruhen lägen die Akten zur Entscheidung bei dem Appellations⸗Gerichte, ehe diese Entscheidung erfolgt, lasse sich über die von Seiten des Mi⸗ litairs und der Behördern dabei begangenen Fehler kein Urtheil fällen, indem die von dem Antragsteller vorgebrachten Thatsachen keinesweges so konstatirt seyen, daß auf sie ein Urtheil gebaut werden könne; ergebe das Resultat der Untersuchung eine Schuld des Militairs und der Behörden, so würden die Schuldigen der strengsten Bestrafung nicht entgehen. Den Antrag, die Leistung des Verfassungs⸗Eides durch das Militair betreffend, wurde er⸗ klärt, daß die Staats⸗Regierung demselben sich widersetzen müßte.

Im gegenwärtigen Studien⸗Jahre war die Zahl der Stu⸗ direnden an der hiesigen Hochschule 1915. Darunter sind 1702 Inländer und 213 Ausländer; 493 studiren Theologie, 585 Ju⸗ risprudenz, 57 Cameral, 234 Medizin, 41 Pharmacie und 505 Philosophie.

Karlsruhe, 13. Juli. In der gestrigen Sitzung der zweiten Kammer ward der Kommissions⸗Bericht über der Motion des Abgeordneten von Rotteck in Betreff der Abschaf⸗ fung des Zehnten erstattet. Die Kommisston hatte sich in meh⸗ reren Hauptpunkten nicht vereinigen können, weshalb ein doppel⸗ ter Bericht, der der Majorität und der der Minorität, erstattet ward. Folgendes sind die wesentlichsten Unterschiede: Die Ma⸗ jorität verlangt unbedingte Abschaffung des Zehnten, die Mino⸗ rität will die Ablösung dem Willen der Gemeinden überlassen die Majorität will den Zehntherrn mit dem 15fachen, die Mi⸗ norität mit dem 18fachen Netto⸗Ertrag entschädigt wissen; bei der Zehnt-Ablösung soll nach dem Antrag der Majorität der Pflichtige den 9fachen, nach dem der Minorität den 13fachen Betrag leisten, der Staat also beziehungsweise den 6fachen und 5fachen Netto⸗Ertrag des abzulösenden Zehnten und da, wo nach dem Obigen volle Entschädigung eintritt, bis zu deren Betrag zuschießen; dies verursachte im ersteren Fall eine immerwährende jährliche Ausgabe von 863,000 Gulden, im zweiten eine nur 38 Jahre lang dauernde von 550,000 Gulden. Die Minorität ver⸗ bindet zugleich mit dem Antrag, die Zehnten auf die Gemeinde⸗ Kassen zu übernehmen, den Vorschlag, unter der Garantie des Staats eine Zehnt⸗Ablösungs⸗Kredit⸗Kasse zu errichten. Druck beider Berichte ward beschlossen.

Schwein Schaffhausen, 14. Juli. Aus dem eidgenössischen Gruß bei Eröffnung der Tagsatzung theilt heute der Schweizerische Korrespondent das Bemerkenswertheste mit. „Zürich (heißt es in dem genannten Blatte) hofft durch Weisheit und Groß⸗ muth die jüngsten Ereignisse bald verwischt zu sehen. Das Wohl der Eidgenossenschaft erheische ein engeres Band, wobei aber die Souverainetät der Stände nicht ausgeschlossen werden dürfe. Bern bietet den Gruß aus redlichem aber tief betrübtem Her⸗ zen. Die Zeit des stillen Glückes scheint für dasselbe vorüber⸗ gegangen zu seyn. Dennoch wird das alte Bern, seinem Eide getreu, Alles thun, was unter den gegenwärigen Umständen dazu dienen kann, Frieden und Eintracht im Imern zu erhalten. Uri und Wallis äußern lebhafte Besorgnisse gegen die Andeu⸗ tungen von Zug, Solothurn, St. Gallen, Aargau und Thur⸗ gau zu Abänderung des Bundes⸗Vertrags.

Der Gesandte des ersteren Standes spricht nebstdem seine Abgeneigtheit gegen die Revolution, der die Preßfreiheit, geheime Gesellschaften, die An⸗ schwärzung aller rechtlichen Männer als Mittel dienen müßten, aus; der des Wallis huldigt mir allmäliger Vervollkommmung, aber nicht dem Idealismus und dem Supraliberalismus; denn diese bezwecken mir leidenschastlichen Umsturz des Bestehenden und Mißbrauch der Gewalt, dem besseren Geiste des Volkes ent⸗ gegen. Unterwalden, Glarus, Basel, Appenzell, Tessin, Neuenburg und Geuf sprechen in ihren Grüßen die Versiche⸗ rungen bundesbrüderlicher Gesinnungen aus. Glarus bemerkte dann noch: das Sicherste sey problematisch geworden und Man⸗ ches zu Grunde gegangen, was man sonst heilig geachtet. Ob wir übrigens vom Auslande zu viel oder zu wenig gekannt seyen, wäre noch zu untersuchen. Möge nur die Vorsehung verhüten, daß man sich nicht durch blendende Hirugespinnste vom Guten ableiten lasse. Schaffhausen sagt: Tröstend ist es, daß über die wichtigsten Angelegenheiten unter allen Eidgenossen nur eine Stimme herrscht; die Erhaltung der Unabhängigkeit gegen das Ausland steht über allen Meinungsstreit. Brüder können sich über die Benutzung eines gemeinsamen Hauses eine Zeit lang entzweien, aber das Gebaude, das sie Alle vor Sturm und Ge⸗ witter schützte, sollen sie um deswillen nicht vernachlässigen, son⸗ dern es wohl unterhalten und hefestigen. Bündten blickt mit

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ö“ v ““ ö“ und die daraus hervorgegangenen Folgen, vertraut aber auf die Weisheit und Festigkeit der Bundes⸗Versammlung, sie werde den Brennstoff im Innern zu entfernen, die Eintracht gegen Außen zu erhalten wissen. Dazu werde Bündten die äußersten Anstren⸗ gungen machen. Waadt mahnt zur Erhaltung des Friedens, damit wir stark sehen gegen das Ausland.“

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Rpom, 6. Juli. Der Königl. Baiersche außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister am Päpstlichen Hofe, Baron von Malzen, welchem, aus Rücksicht auf seinen 8 poft⸗ heitszustand, die nachgesuchte Entlassung von seinem Monarchen bewilligt worden, ist gestern nach Deutschland abgereist, nachdem er vorher bei Sr. Päpstlichen Heiligkeit Abschieds⸗Audienz ge⸗ habt und dabei zugleich den Herrn von Mehlem als nunmehri⸗ gen Geschäftsträger des Baierschen Hofes vorgestellt hatte. Bolozgna, 5. Juli. Als Zeichen des Vertrauens, welches die Regierung zu ihren Unterthanen hegt, und in Betracht des großen Nutzens, den eine wohl eingerichtete Bürger⸗ garde zu leisten vermag, ist, wie die hiesige Zeitung meldet, die Errichtung einer solchen Garde für die hiesige Stadt, inglei⸗ chen für die Landgemeinden der Provinz angeordnet worden; eine besondere ist mit der Formation derselben beauftragt. Neapel, 28. Juni. Gestern kam Ihre Majestät die ver⸗ witwete Königin von Sardinien auf der Fregatte „Carlo Fe⸗ lice“ im hiesigen Hafen an und wurde am Bord des Schiffes vom Könige und dessen beiden Brüdern, dem Prinzen von Ca⸗ puag und dem Grafen von Lecce, bewillkommt.

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8— ““ ürrkei. 1““ Smyrna, 12. Juni. Im Laufe der letzten vorigen Monats waren in verschiedenen Stadtvierteln einige Pest⸗ fälle vorgekommen; man gab Anfangs die Zahl derselben über⸗ trieben hoch an. Sie wurde durch Schäfer aus Karamanien hier eingeschleppt, die zu dem Hammelmarkte am Kurbam⸗Bai⸗ ram mit ihren Heerden hierher gekommen waren. In der letz⸗ ten Zeit hat (wie das neueste Blatt des Courrier de Smyrne be⸗ richtet) die Krankheit mehr um sich gegriffen und wüthet am meisten unter den Türken, was man dem Umstande zu⸗ schreibt, daß sie sich nicht von den erkrankten Ihrigen entfer⸗ nen, wie es die anderen Nationen thun, sondern se bis zum letzten Augenblick pflegen, ja sogar zur Erde bestatten. Nach ihnen leiden die altischen Bewohner am meisten und wie es heißt, durch ihre eigene Unvorsichtigkeit, indem sie von der Insel Rhodus anher gebracht und wahrscheinlich Pest⸗ stoff in sich tragende Kleidungsstücke unter sich vertheilten, bevor sie die Nachricht von der auch dort ausgebrochenen Pest erhiele⸗ ten; es sterben indessen täglich nicht mehr als 7 oder 8. Unter den Griechen und Franken ereigneten sich täglich 3 bis 5 Todes⸗ fälle. Seit gestern scheint die Krankheit nachgelassen zu haben und es sterben täglich nur eine oder zwei Personen. Die hiesi⸗ gen Armenier und Juden sind bis jetzt ganz befreit geblieben; letztere haben für jede eintretende Pestzeit eine besonders dazu or⸗ ganisirte Gesellschaft, deren Mitglieder die Erkrankten besuchen und mit der größten Sorgfalt pflegen. Die Griechen und Armenier haben Pest⸗Hospitale. Auch besteht außerhalb der Stadt eine von der Brüderschaft St. Roch gestiftete Anstalt, mit 12 zur Aufnahme von Personen bestimmten Zimmern, die, noch gesund, sich vor Anstek⸗ kung sichern wollen. Die Unterhaltskosten trägt die Brüderschaft Uebrigens sind die Vorsichtsmaaßregeln nie so groß gewesen, al jetzt. Der hiesige Gouverneur erwirbt sich durch sein Betragen die allgemeine Achtung und Anerkennung. Häufig zeigt er sich auf den Straßen und sorgt für Reinlichkeit und Beobach tung der vorgeschriebenen Maaßregeln; auch hat er in Ue⸗ bereinstimmmung mit den Konsuln Anordnungen getroffen damit alle von Rhodus kommende Schiffe, welche Flagge sie auch führen mögen, einer nach den Umständen laͤngeren oder kürzeren Quarantaine unterworfen werden. Gegen 20,0 Personen haben die Stadt verlassen und benachbarte Dör fer bezogen, wo sie ungeheure Miethe bezahlen. Einen Verlu hat die Stadt durch die Abreise eines Juden, Namens Cabas⸗ saca, erlitten. Dieser Mann erkannte beim ersten Anblick die Pest in Personen, die von ihr befallen waren, ohne daß man andere äußere Kennzeichen bemerken konnte; auch gab er sogleich die Stelle an, wo sich das Gift im Körper angesetzt hatte; man hat kein Beispiel, daß er sich jemals geirrt hätte. Ein Mittel gegen die Pest hatte er übrigens nicht, sondern nur die Gabe, sie überall gleich zu erkennen. Er befindet sich jetzt in Jerusa-⸗ lem und verzehrt dort in Ruhe sein nicht unbedeutendes Ver mögen. 8 Die Redaction des Courrier entschuldigt das verspätete Erscheinen ihrer letzten Blätter durch das in Folge der Pest un⸗ regelmäßige Kommen seiner Drucker und bereitet ihre Leser dar⸗ auf vor, daß sich dieser Fall, so lange die Krankheit dauere, noch öfter wiederholen könnte.

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Berlin, 19. Juli. Aus Posen vom 16ten d. M. wird gemel⸗ det: Eine schmerzliche Veranlassung versammelte uns vorgestern in den

Hallen des Doms. Das feierliche Todten⸗Amt des am gten d. M. früh um halb ein Uhr zu Berlin verstorbenen Prinzen Wladislaus, Sohnes Sr. Durchlaucht des Fürsten Statt⸗ halters des Großherzogthums Posen wurde begangen, und ein Re⸗ quiem aufgeführt. Se. Excellenz der Feldmarschall Graf v. Gneisenau, so wie sämmtliche Militair⸗ und Civil⸗Behörden, und eine zahlreiche Versammlung von Bewohnern der Stadt und der Umgegend, wohnten dieser Trauerfeier bei. Alle An⸗ wesende waren auf das tiefste ergriffen. Denn mit der Trauer um das Hinscheiden des so schöne Hoffnungen erregenden Für⸗ stensohnes in der Blüthe seiner Jahre, dessen liebenswürdige Persönlichkeit und Tugenden Allen lebhaft vor der Seele stan⸗ den, verband sich die innigste Theilnahme an dem Schmerze des erhabenen Fürstenhauses, dem die Bewohner Posens mit so gro

ßer Ehrfurcht und Ergebenheit zugethan sind, und die Erinnerung an ähnliche harte Verluste, die dasselbe erst vor wenigen Jahren betra⸗ fen. Alle Herzen vereinigten sich in dem innigen Gebete, daß Gott den Kummer der erhabenen Angehörigen trösten und ste mit sei⸗ nen besten Segnungen erfreuen wolle. . 8 Man schreibt aus Memel vom 13ten d. M. Sobald hier die Nachricht eingegangen war, daß sich der Polnische Ge⸗ neral Gielgud mit einem Theile der früher von ihm befehligten Truppen auf Preußischem Gebiete befinde, verfügte sich der Land⸗

rath des Kreises, Herr von Auerswald, nach Laugallen und for⸗

derte den General auf, die diesseitige Gränze augenblicklich wie⸗

der zu verlassen. Derselbe wollte angeblich von der Nothwendig-⸗ keit gedrungen worden seyn, auf Preußischem Boden Schutz zu suchen; zwar schien diese Nothwendigkeit nicht recht einleuchtend da der General indessen die Menschlichkeit der Preußischen Behör

Bekümmerniß auf diejenigen Kantone, wo noch immer Zerwürf⸗

achmittags mit Sr. Königl. Hoheit dem Prinzen Otto, gefolgt

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nisse walten. Es bedauert die ungezügelte Freiheit der Presse,

den in Anspruch nahm und sich in alle Vorschriften derselben füge