1831 / 230 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 20 Aug 1831 18:00:01 GMT) scan diff

dieser Macht geantwortet haben? In Bezug Thron⸗Rede 886 benachrichtigt, daß eine Ver⸗ haben also ein Recht, zu fragen, in Man hat ünterhandlungen, 18 einem Nachbarstaate Frage uͤber die Unab igkeit Polens zu verhandeln. Dieser Fec hat, wie es scheint, erklaͤrt, er wolle besonders und fuͤr seine Rech⸗ nung uͤber das unterhandeln, was ihn in dieser wichtigen Frage angeht. Die Mittheilung der zwischen dem Britischen und nner h Kabinet gewechselten Noten verlange ich nicht, dagegen werde ich in den Minister dringen, sich uͤber andere Unterhandlungen auszu⸗ sprechen. Unser Kabinet hat sich an Rußland gewandt; in welcher Weise ist dies geschehen? Hat man sich darauf beschraͤnkt, das Mitleiden dieser Macht fuͤr Polen anzuftehen, oder hat man eine eines Staates, der die Ehre unter seine ersten Pflichten stellt, wuͤrdige Sprache gefuͤhrt?“ Graf Sebastiani, auf dessen Antwort der Redner zu warten scheint, schweigt. Der Praͤsident: „Ich mache dem Redner bemerklich, daß die von ihm erhobene Frage den Minister persoͤnlich angeht; dieser wird nach Gutbefinden darauf antworten. Hinsichtlich einer im Namen der Kammer zu erhebenden Frage bemerke ich, daß der Fanm⸗ zur Er⸗ oͤrterung vorliegende Gegenstand gegenwaͤrtig die Adresse ist Der Redner kann ein Amendement zu dieser vorschlagen, aber fuͤr jetzt ist seine Frage nur eine persoͤnliche in Bezug auf den Minister.“ Herr Mauguin: „Der Minister der auswaͤrtigen Angelegenheiten scheint schweigen zu wollen, und ich halte mich also fuͤr berechtigt, zu erklaͤren, daß der Herr Minister sich in foͤrmliche Feindschaft mit den Rechten der Kammer versetzt hat. (Lebhafte Mißbilligung im Centrum und in der zweiten Section der linken Seite.) Der Minister, ich wiederhole es, versetzt sich in Feindschaft mit der Kammer, indem er die parlamentarischen Prinzipien in einem so wichtigen Punkte verletzt. (Das Gemurre und die Aufregung ver⸗ doppeln sich; vergebens laͤßt der Praͤsident seine Klingel ertoͤnen; ver⸗ gebens bemuͤhen sich dieHerren Mauguin und Sebastiani, der Eine auf der Rednerbuͤhne, der Andere auf seinem Platze, zu Worte zu kommen. Der Praͤsident macht Herrn Mauguin aufs neue bemerklich, daß er nur in seinem Namen sprechen koͤnne und nicht das Organ der Kammer sey; diese habe das Recht, eine Mittheilung zu verlangen, und das Ministerium habe dann auf die an dasselbe gerichtete Frage Ja oder Nein zu antworten. Herr Mauguin behauptete dagegen, dies sey eine Lehre des Praͤsidenten, aber kein Artikel des Regle⸗ ments, keine parlamentarische Vorschrift, und es werde ihm daher freistehen, anderer Meinung zu seyn, als er. Die Kammer sey be⸗

geschehen,

letzteres gef henes.

auf Po

mittlung begonnen habe; wir

lcher Weise dies geschehen sey. 1 handln gepffo en, um in Einverstaͤndniß mit haͤn

fugt, eine Mittheilung zu verlangen, und der Minister versetze sich

in Feindschaft mit den

Kammern, wenn er auf seine (Herrn

Mauͤguins) Frage schweige. „Was uns betrifft“, fuhr derselbe fort,

so haben wir, von der Wichtigkeit unserer Pflichten durchdrun⸗

8 gen, nur ein Mittel, um sie in ihrer ganzen Ausdehnung zu

erfuͤllen, indem wir naͤmlich die Absetzung des Ministers veranlas⸗ sen, der unsere Rechte verkennt. (Lautes Gemurre. Lange Unterbre⸗ chung.) Hoͤren Sie mich bis zu Ende, m. H.; ich meine, daß wir das Recht haben, diese Absetzung durch alle einem Deputirten zu Ge⸗

bote stehende Mittel, d. h. durch das negative Votum und durch

systematische Opposition hervorzurufen.“ (Lebhafte Exclamationen in den Centris.) Der Minister der auswaͤrtigen Angele⸗ genheiten, der sich anschickte, von seinem Platze aus zu antworten,

destieg, der allgemeinen Aufforderung gemäaͤß, die Rednerbuͤhne und sagte: „Der Redner, der diese Frage an mich gerichtet hat, weiß

verwickeln.

wahrscheinlich nicht, daß das Kabinet eins ist, und daß es daher

einem einzelnen Minister nicht zusteht, es in eine Verbindlichkeit zu

(Beifall; Herr Reynard: „Das war gut geantwor⸗

tet!) Auch der Großsiegelbewahrer erhob sich, um den An- griff des Herrn Mauguin zuruͤckzuweisen. „Niemand“, aͤußerte er, „erkennt die Macht der Kammer mehr an, als ich; aber diese Macht

ist in Graͤnzen eingeschlossen, die Sie nicht werden uͤberschreiten wollen. Als Minister des Koͤnigs werde ich nie zugeben, daß in meiner Gegenwart die Rechte der Krone auf dief

angegriffen werden. vIch muß mich daher wundern, daß man einen Minister zwingen will, zu antworten, indem man ihn persoͤnlich fragt und ihm droht, seine Absetzung durch alle moͤgliche Mittel zu verlangen. Sie werden nicht, m H, die Regierung in die Kam⸗

mer versetzen lassen; die Minister des Koͤnigs erkennen Ihre Unab⸗ haͤngigkeit an; Sie aber werden Ihrerseits auch die Rechte der K ororoone achten und die Protestation verstehen, die ich, eben so sehr wie Sie selbst, durchdrungen von Ihren Rechten und Ihrer Unab⸗ häaͤngigkeit, hiermit einlege.“ (Allgemeiner Beifall.) Hr. Mauguin

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glied, fast Heresn. DOpposition ist Anla

erschien jetzt abermals auf der Rednerhuͤhne und aͤäußerte: „Ich

werde die Rechte der Krone nie bestreiten, sie im Gegentheil, ich

hoffe es wenigstens, oft durch mein Votum unterstuͤtzen; dagegen

werde ich aber auch stets die Rechte und Praͤrogativen dieser Kam⸗ der vertheidigen. Ueber diese Grundsaͤtze muͤssen wir alle einer Ansicht seyn. Ich kenne zwei Arten der Opposition, eine spe⸗ zielle, bloß einzelne Gegenstaͤnde betreffende, das Resultat der Meinung und inneren Ueberzeugung; die andere ist die sy⸗ stematische, die stets durch negatives Votiren verfaͤhrt.’“ Ein Deputirter: „Das ist schlecht’“ Hr. Mauguin: „In Ih⸗ rem Sinne mag dies schlecht seyn; meine Ansicht ist eine ganz an⸗ dere. In der vorigen Sesston habe ich, obgleich Oppositions⸗Mit⸗ fuͤr das Ministerium votirt. Zur systematischen 1 ß, wenn die ministerielle Verwaltung nicht den Beduͤecfnissen des Landes entspricht. Die Gesetze koͤnnen voec en werden, und die Verwaltung kann dennoch schlecht seyn. In diesem Falle giebt es eben nur jenes Mittel, um eine Ministerial⸗Veraͤn⸗ derung herbeizufuͤhren, und dieses der Kammer durch die Verfassung

verliehene Mittel ist das negative Votum in allen Faͤllen bis zum

Sturze des Ministeriums.

Weg, ein Ministerium zu suuͤrzen, das die Rechte der Kammer so sehr verkennt, daß es

tenstuͤcke voerlegen wolle, oder nicht.

„. Dies verstehe ich unter systematischer Opposttion, die man auch in England anwendet; sie ist der einzige

- 82 die Mittheilung der Aktenstuͤcke, die diese verlangt, verweigert. Es fragt sich jetzt, ob der Minister der aus⸗ waͤrtigen Angelegenheiten der Kammer die von mir verlangten Ak⸗ Sie haben selbst die Erklaͤ⸗

rung gehoͤrt, daß das Ministerium solidarisch sey, was so viel sagen will, daß das ganze Minierium morgen eine desinitive Antwort er⸗

theilen werde. Wenn die Minister uns also morgen die verlangten

Miittheilungen nicht machen, so wird die Kammer sehen, was sie doapon zu denken und was sie zu thun hat.“

Herr Dupin d. Aelt. meinte, daß Herr Mauguin voll⸗ . den Völkern und Königen immer 3 Stimmen gegen 2 und in allen übrigen Angelegenheiten, wo das Französische Interesse im

kommen in seinem Rechte sey, wenn er gewisse Aktenstücke, de⸗ ren Mittheilung ihm wünschenswerth erscheine, von den Mini⸗

stern verlange; nur hätte er Unrecht gehabt, gleich im Namen

der ganzen Versammlung zu sprechen und zu behaupten, daß

durch die Vorenthaltung jener Aktenstücke die Vorrechte der Kam⸗ mer verkannt würden; es bleibe ihm (Herrn Mauguin) bei den

Berathungen über die einzelnen Paragraphen der Adresse unbe⸗ nommen, die Mittheilung der von ihm gewünschten Papiere amendementsweise zu verlangen, worauf die Kammer über diese Forderung entscheiden werde. Nach einigen Bemerkungen des Herrn Odilon⸗Barrot, welcher Herrn Mauguin bei seinem Rechte schützte und den Wunsch aussprach, daß die Minister im⸗ mer bereitwillig auf die an sie ergehenden Aufforderungen antworten

möchten, setzte der Baron Bignondie allgemeine Berathung fort. Er beschäftigte sich vornehmlich mit Frankreichs äußerer Politik. Der

erste Gegenstand, den er in dieser Beziehung berührte, war der Einmarsch der Französischen Truppen in Belgien. Nach den eigenen Aeußerungen des Präsidenten des Minister⸗Raths, be⸗

merkte er, sey die Nord⸗Armee nicht blos dazu bestimmt, Bel⸗

der Londoner Konferenz.

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giens Unabhängigkeit zu beschützen, sondern zugleich dessen Neu⸗

tralität aufrecht zu erhalten. Frankreich handele sonach nicht aus sich selbst, sondern gleichsam als Agent, als Waffenträger Man könne sich aber wohl mit Recht

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fragen, ob, wenn der Fall umgekehrt gewefen wäre, wenn die Belgier Holland angegriffen hätten, Frankreich sich auch zu Gun⸗ sten des Königs Wilhelm erklärt haben würde. Er seinerseits müsse dies billig bezweifeln. Eben so wenig glaube er aber auch, daß die einmal beschlossene Einmischung Frankreichs einen allgemei⸗ nen Krieg herbeiführen möchte; gewiß würden die übrigen Mächte. zu einem Angriffe auf Frankreich den Moment nicht wäh⸗ len, wo die Französische und Belgische Armee vereinigt wä⸗ ren; hätten sie eine solche Absicht, so würden sie vielmehr ohne Zweifel warten, bis die Französtschen Truppen wieder das Bel⸗ gische Gebiet geräumt hätten, und diese Räumung würden auch die übrigen Mächte verlangen, sobald (was nicht lange dauern könne) die Holländer wieder in ihre Gränzen zurückgewiesen wor⸗ den wären. Der Redner bemerkte, was alsdann Seitens Frank⸗ reichs geschehen werde, wolle er der Zukunft überlassen; es handle sich jetzt nur von der augenblicklichen Lage des Landes, den frem⸗ den Mächten gegenüber. In der Belgischen Sache habe das Ministerium mehr als einen Fehler begangen; der größte von al⸗ len aber, ein Fehler, wie deren in einem Jahrhundert nicht zwei begangen würden sey der, daß es Belgien den Englän⸗ dern in die Hände gespielt habe. Man könne sich diesen Fehler nur dadurch erklären, daß die Minister sich die Belgische Frage als viel zu kritisch vorgestellt, daß ste darin Krieg oder Frieden erblickt und sonach, um letztern zu bewahren, Alles aufgegeben hätten. Diesem Fehler sey ein anderer Fehler in der Form vor⸗ angegangen; Frankreich hätte sich nämlich nicht in einer Konfe⸗ renz repräsentiren lassen sollen, wo die Stimmen⸗Mehrheit ent⸗ scheide; unter den Staaten, woraus die Londoner Konferenz bestehe, herrsche viel zu wenig Gleichförmigkeit, als daß sich eine Uebereinstimmung in Ansichten und Grundsätzen erwar⸗ ten lasse; daher auch der gewählte Berathungs⸗Modus die Folge ehabt habe, daß dieser oder jener Bevollmächtigte Beschlüsse unterzeichnen müssen, die er selbst nicht gebilligt habe, und die auch von seiner Regierung nicht gebilligt worden wären. „Das begangene Uebel“, so schloß Hr. Biguon seine Bemerkun⸗ gen über die Belgische Angelegenheit, „ist groß, es ganz wieder gut zu machen, unmöglich. Umsonst wird Prinz Leopold seinen Ursprung abschwören; er ist und bleibt Engländer. Als Mensch mag er achtungswerth, großmüthig, wohlwollend seyn; er mag die Verfassung der Nation, die ihn gewählt, aufrecht erhalten, ihre Unabhängigkeit tapfer vertheidigen. Aber in politischer Be⸗ ziehung, als das Oberhaupt eines neuen Staats, wird er, in dem Interesse seines Landes, wie in dem eigenen, stets an Eng⸗ land hängen. Hat Frankreich sich um solchen Preis die Freundschaft Englands erkaufen wollen, so kann es nur aus einem Gefühle der Menschlichkeit geschehen seyn, und ich bin es zufrieden. Alsdann aber schließe sich Eng⸗

land auch uns an, um Polen zu retten und Italien zu befreien. Wie weit entfernt ist aber das Ministerium von sol⸗ chen Gedanken!“ Diese Betrachtung führte den Redner natür⸗

lich auf die Polnische Insurrection. Er fragte, welchen Er⸗ folg Frankreichs Vermittelung bisher gehabt habe, und ob die übrigen Mächte, der an sie ergangenen Aufforderung gemäß, der⸗ selben beigetreten wären; leider müsse man annehmen, daß bis⸗

her nur umütze Worte verschwendet worden wären, was um so mehr

zu bedauern sey, als Frankreich ein Mittel in Händen gehabt habe, den Polen wenigstens auf eine indirekte Weise zu Hülfe

zu kommen; da nämlich England sich unempfindlich gegen Polen 6 gezeigt, so hätte auch Frankreich sich minder gefällig in Bezug er Rednerbuͤhne

auf Belgien zeigen sollen. Der Redner hielt es aber auch gar nicht für so sehr schwierig, den Polen direkten Bei⸗ stand zu leisten; mit Oesterreich und Preußen, meinte er, würde Frankreich bald fertig werden, da diese ihre Armeen ebenfalls würden theilen müssen; in keinem Falle aber könne er glauben, daß die Unthätigkeit Frankreichs eine Wohlthat für Polen sey. Er wisse sehr wohl, daß man den Polen nicht in wenigen Tagen zu Hülfe kommen könne, aber um ihrem gänzlichen Ruine zuvor⸗ zukommen, solle man wenigstens schon jetzt erklären, daß, wenn es die Absicht sey, dieses Volk ganz aus der Reihe der Nationen zu streichen, Frankreich nie darein willigen werde. Er verlange daher, daß man in die Adresse folgende Phrase einfließen lasse: „In den rührenden Worten Ewr. Majestät über die Unfälle Polens erblickt die Deputirten⸗Kammer mit Vergnügen eine ihr sehr theure Gewißheit: die Polnische Nationalität wird nicht untergehen.“ Dieser Vorschlag fand großen Beifall. Nachdem der Baron Bignon noch einige Worte zur Begründung desselben hinzugefügt hatte, ging er zu den Italiänischen Angelegenheiten über. Hier rügte er es, daß die Oesterreicher noch 5 Monate, nachdem Frankreich die Räu⸗ mung des Römischen Gebiets verlangt, dasselbe besetzt gehalten hätten; dies sey, meinte er, keine Genugthuung für die Franzö⸗ sische Regierung; vielmehr gehe daraus bloß die Ohnmacht die⸗ ser letzteren hervor. Eben so tadelte es der Redner, daß das Ministerium dem Wiener Kabinette das Recht zugestanden habe, ein Truppen⸗Corps nach Parma und dem Modenestschen zu schik⸗ ken, indem eine solche Besetzung sich so wenig für diese Staa⸗ ten, als für die Römischen, rechtfertigen lasse. Diese letzteren hät⸗ ten die Oesterreichischen Truppen jetzt allerdings geräumt, indessen mit dem offenbaren Vorbehalte, ste wieder zu besetzen, sobald der Papst sol⸗ ches verlangen sollte; ein solcher Zustand der Dinge sey aber unerträg⸗ lich, und Frankreich könne es sich nicht gefallen lassen, daß Oester⸗ reich sich zum höchsten Schiedsrichter über Italien mache.

Hr. Bignon faßte zuletzt seine Betrachtungen in folgender Weise

zusammen; „Seit einem Jahre unterhandeln wir und scheinen bei unseren Unterhandluͤngen nur den Vortheil Anderer im Auge gehabt zu haben. Als Unterhandlungs⸗Modus haben wir eine Konferenz gewählt, in welcher bei den Streitigkeiten zwischen

Widerspruche mit dem der übrigen Mächte steht, 4 Stimmen gegen 1 sind. Belgien hätten wir so lange festhalten sollen, bis das Schicksal des übrigen Europa regulirt war, und wollten wir es ja zuletzt den Engländern zugestehen, so mußte es gleich⸗ sam ein Lösegeld für Polen und Italien seyn. Statt dessen ist Frankreich überall im Nachtheil geblieben, und hieran ist allein die große Furcht Schuld, die unser Kabi⸗ net vor einem Kriege hegt. Jetzt läßt sich der Fehler nicht wieder gut machen; Belgien bildet einen besonderen Staat unter fremdem Einflusse, Italien seufzt unter der Oberherrschaft Oesterreichs, Polen verdankt seine Existenz nur noch seinem Hel⸗ denmuthe. Welche Resultate eines Jahres, das mit dem Mo⸗ nate Juli 1830 anhob! Meine Worte mögen den Ministern streng scheinen, doch liegt nichts darin, was ich ihnen nicht schon vor vier Monaten gesagt hätte. Gewiß werde ich nie zu einer Verletzung der Traktaten anrathen. Ich lege vorzüglich einen großen Werth auf das beste Einverständniß mit England ... Vielleicht versprechen sich unsere Feinde viel von unseren inneren Zwistigkeiten und von den angeblschen Parteien, die sie sogar im Schoße dieser Kammer zu erblicken glauben. Es giebt aber in Frankreich nur zwei Parteien: die Partei des Absolutismus und

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die der Fretheit, die Partet der gefallenen und die der na

Dynastie. Mitglieder der Opposttion oder Freunde der Minis

Männer der Bewegung oder des Widerstandes, Alle haht nur ein und dasselbe Ziel vor Augen, mit dem Unterschiede,

die Einen es rasch, die Anderen es allmälig erreichen wollen: na

lich die Befestigung der gegenwärtigen Ordnung der Dinge

all der Freiheit, die mit der öffentlichen Ordnung vereinbar Die anscheinenden oder wirklichen Meinungsverschiedenheiten, uns von einander trennen, würden bei einer gemeinschaftlic

Gefahr sofort verschwinden. Ich wünsche, daß der Friede ern

ten werde, insofern sich dies mit unserer Ehre verträgt; mwe man uns aber gleichwohl zum Kriege zwänge, so würde dieser w.

für uns am wenigsten zu fürchten seyn.“ Zur Widerlegn dieser Rede bestieg der Graf Sebastiani zum drittenmale Tribune. In Bezug auf den Vorwurf, den der Baron Bign dem gewählten Unterhandlungs⸗Modus gemacht, bemerkte daß die Londoner Konferenz zu einer Zeit zusammengetreten se wo er (Bignonz) selbst Mitglied des Ministeriums gewesen; die I antwortlichkeit dieserhalb treffe ihn sonach mit; er selbst (Sebastian habe übrigens damals das Portefeuille der auswärtigen Ange⸗ genheiten gar nicht gehabt. Der Redner vertheidigte hierauf Politik des Ministeriums in Bezug auf die Belgische Angelegge heit und gab demnächst folgende Aufschlüsse über die Verm lung Frankreichs zu Gunsten der Polen: „Es ist wahr, daß die Vermittelung erst am 13. März stattgefunden hat. Frankrm muß aber Alles erfahren, was sich vorher zugetragen hatte. D St. Petersburger Kabinet hatte unserer Revolution besorgze Blickes zugesehen. Seine Sprache war nicht die der Freun schaft; ste ließ vielmehr dem Französischen Kabinette Zweifel ün die wahren Gesinnungen des Russischen. Bald darauf verfüg der Kaiser die Zusammenziehung eines zahlreichen Armee⸗Co

an der westlichen Gränze seines Reichs. Kaum erhielt u. ser Kabinet diese Nachricht, als es dem diesseitigen 6 schäftsträger in St. Petersburg anbefahl, dem Russische Hofe anzukündigen, daß, wenn ein einziges Bataillon ü die Gränze ginge, um in Deutschland vorzudringen, Frankren nur noch seine Würde und das eigene Interesse zu Rathe ziehe würde. Die Polnische Revolution brach am 29. November au als die Russischen Truppen bereits auf dem Marsche waren. D. Französische Kabinet erhielt hiervon die Anzeige in der erf⸗ Hälfte des Dezember. Es begriff die Schwierigkeit des Unte nehmens der Polnischen Patrioten und fühlte vollkommen, n. welchen Hindernissen diese zu kämpfen haben würden, um einem glüͤcklichen Resultate zu gelangen. Die Regierung schich

daher, um diese Sache auf die bestmöglichste Weise zu beseitige

einen außerordentlichen Botschafter mit dem Auftrage nach Petersburg, irgend eine Annäherung zwischen der Russischen h gierung und den Polnischen Insurgenten zu vermittteln. De war die erste Handlung des Franz6 Kabinets. Ein Zeit darauf fand die Schlacht bei Prage it, die uns hf unserem damaligen Geschäftsträger in in so geschilde wurde, als ob ste den unmittelbaren Rumder Polnischen 9 tion zur Folge haben müßte. Sofort intervenirte das Franzuh sche Kabinet und verlangte von Rußland, indem es sich auf Traktaten von 1815 berief, daß es das Königreich Polen u dessen Institutionen aufrecht erhalte. Rußland gab darauf

bestimmteste Versicherung, daß es sich streng an diese Traktatn halten werde. (Stimme zur Linken: „Wo ist der Beweis hiet von? Legen Sie uns die Aktenstücke vor!“) Jener ersten M. derlage folgten bald glücklichere Ereignisse für die Polnische. Waffen. Mit der Nachricht von einer den Russen beigebrachte Niederlage erhielten wir zugleich diejenige von der Verbreitu der Cholera. Jetzt faßte Frankreich den hochherzigen Entschlut

Rußland seine Vermittelung anzubieten, um dem Blutvergiese

sund zugleich der weiteren Ausdehnung jener Seuche Einht

zu thun. Diese Vermittelung war für das St. Peten burger Kabinet ein wichtiges Ereigniß. Rußland behaun tete, daß es seine Unabhängigkeit verkennen heiße, wen man sich überhaupt in diese Sache mische; es verweigen daher jede Unterhandlung. Mittlerweile wurde die Schlacht e Ostrolenka geliefert; als wir die Nachricht davon erhielten, wurt das Gesuch der Aufrechthaltung des Königreichs Polen erneuen zugleich verlangte das Französische Kabinet Schutz und Sich

heit für Personen und Eigenthum und eröffnete sogar in Ba lin einen beträchtlichen Kredit, um die Unglücklichen, die d

allgemeinen Mißgeschicke entgehen möchten, zu unterstützen. He unsere Regierung daher in dieser Sache nicht Alles gethan, we die eigene Ehre und ihre Theilnahme für die Polen ihr veoc schrieben? Ich hoffe von der Gerechtigkeit der Kammer, daß se unseren Bemühungen, das Schicksal der Polen zu lindern, ihre A⸗ erkennung nicht versagen werde.“ Den Beschluß der Debatte dieser Sitzung machte Herr Eusèbe Salverte mit einen Vortrage, der um 5 ½ Uhr begann und bis um 6 Uhr dauerte er suchte darin besonders die von Herrn Thiers in der vorig

Sitzung gehaltene Rede zu widerlegen und wies den Vorwm des Republikanismus, den man mehreren seiner Freunde mache als verleumderisch zurück. Die Bänke wurden im Verlaufe die ses Vortrages immer leerer, so daß zuletzt nur noch 30 Mitglie der zugegen waren. Die allgemeine Diskussion über die Adrese wurde hierauf auf den folgenden Tag verlegt.

Sitzung vom 11. August. In dieser Sitzung verlat zuvörderst der Prästdent zwei neue Proposttionen. In der erst ren verlangt der General Demargay, daß künftig bei den B rathungen über das Budget die Bureaus eben so viel Commi saire ernennen sollen, als es einzelne Ministerien giebt, und üben dies noch einen für das Einnahme⸗Budget. Die zweite Prope sition rührt von Hrn. v. Schonen herv; sie betrifft die Abschaf⸗ fung des Gesetzes vom 8. Mai 1816, wodurch die Ehescheidung untersagt wurde. Beide Vorschläge werden, nach Beendigun der Berathungen über die Adresse, von ihren Urhebern nähe entwickelt werden. Hr. Tavernier, ein neuer Deputirten setzte sodann die Diskussion über die Adresse fort und tadelte namentlich, daß man das Ministerium mit solcher Heftigkeit an⸗ greife; die Deputirten, meinte er, hätten den Auftrag, die M. nister aufzuklären, nicht aber ihren Sturz herbeizuführen. An Schlusse seines Vortrages ermahnte er die Versammlung zur Eintracht. „Geben wir,“ äußerte er, „der Welt nicht daß traurige Schauspiel von Parteien, die sich unter einander die Ver⸗ waltung streitig machen. Eine systematische Opposttion gege eine Regierung, die wir selbst gegründet haben, wäre eine Auo⸗ malie, die sich in keinerlei Weise rechtfertigen ließe. Wir wollen uns lieber um unseren verfassungsmäßigen Thron reihen; es ff das einzige Mittel, wodurch Handel und Gewerbfleiß wieden aufkommen können.“ Hr. Fiot, ein anderer neu gewählter De⸗ putirter, war der Meinung, daß die Adresse manche große und nützliche Wahrheit enthalte; doch glaubte er, daß dieselbe einfacher hätte abgefaßt und daß man mit weniger Worten mehr häͤtte sagen koͤn⸗ nen. Nach ihm ließ sich Hr. Carl v. Remusat vernehmen. (Die

Mittheilung seiner Rede müssen wir uns vorbehalten.) Mit großer

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estigkeit sprach sich Herr Pagdès aus, der nach Herrn Remu⸗ die Rednerbühne bestieg. ie Aeußerung, daß noch nie ein oßes Volk niedriger gesunken sey, als das Französtsche, bewog i Prästdenten, den Redner zur Ordnung zu verweisen. Hier⸗ f ergriff der Großsiegelbewahrer das Wort. Nach ihm ßen sich in dieser Sitzung noch 4 Redner, worunter die Her⸗ n Guizot und Odilon⸗Barrot, vernehmen, worauf die zizung aufgehoben und die Fortsetzung der Debatte auf den fol⸗ den Tag verlegt wurde. (Wir werden auf den Schluß dieser htzung noch einmal zurückkommen.)

Paris, 12. August. Gestern Abend empfing der König große Deputation der Pairs⸗Kammer, welche den Auftrag tte, Sr. Majestät die Adresse als Antwort auf die Thronrede überreichen. Nachdem der Präsident der Kammer die Adresse wie wir solche bereits gestern gegeben haben) verlesen hatte, ttheilte der König folgende Antwort: „Meine Herren Pairs, Ich empfange mit lebhaftem Ver⸗ gügen die Mir gegebene Zusicherung jener offenen und unbeding⸗ Mitwirkung, die allein Meiner Regierung die Kraft verleihen in, deren sie bedarf, um dem National⸗Wunsche zu entspre⸗ en und die durch die Juli⸗Revolution eingeführte politische roͤnung je mehr und mehr zu befestigen. Ich betrachte es, um eses Ziel zu erreichen, als ein Haupt⸗Erforderniß, daß die airs⸗Kammer stets mit dem öffentlichen Vertrauen um⸗ ben sey, ohne welches sie die ihr durch die Charte bei⸗ legten hohen Verrichtungen nicht mit jener Unabhängig⸗ it und jener Wirksamkeit auszuüben vermag, die zur Be⸗ ahrung unserer National⸗Freiheiten und zur Aufrechthal⸗ ng des Gleichgewichts der verfassungsmäßigen Gewalten ewendig sind. Auch schätze Ich Mich glücklich, Ihnen zu er⸗ nnen zu geben, wie sehr alle die Gesinnungen, die Sie Mir dieser Adresse ausdrücken, mit den Meinigen zusammentreffen, d wie sehr Sie Mir den Erwartungen, die Frankreich von Ih⸗ n hegte, zu entsprechen scheinen. Als Ich schnelle und kräftige saaßregeln traf, um der Invasion Belgiens Einhalt zu thun, ssen Unabhängigkeit zu unterstützen und der Neutralität emer freundeten Nation, die so viele Bande an Frankreich fesseln, viele Erinnerungen ihm immer theuer machen werden, Achtung verschaffen, war Ich gewiß, daß Mein Land Mir Beifall llen würde. Meine Söhne, stets bereit, in die Reihen unserer pfern Armee zu treten, schatzen sich glücklich, ihre ersten Waffen r Vertheidigung einer so schönen Sache zu weihen, und es ist hoher Genuß für Mein Vaterherz, zu sehen, wie ihr Eifer on ihren Mitbürgern gewürdigt wird. Mit Vergnügen kann cch Ihnen indeß die, wie ich glaube, gegründete Hoffnung ge⸗ n, daß di on Europa durch dieses unvorhergesehene igniß ni werden wird; denn alle Mächte sind mit Sie können darauf rechnen, daß es uns in Frieden, auf dessen Erhaltung Ich im⸗ er großen en werde, sobald die National⸗Ehre oder ungerechte iff Mir nicht die schmerzliche Pflicht aufle⸗ n, demselben zu entsagen, wiederherzustellen und zu befestigen.“ Ein Blatt meldet: „Zwei ehrenwerthe, durch ihre persön⸗ che Tapferkeit und durch ihr Rednertalent in gleicher Weise annte Generale (Sebastiani und Lamarque), trafen gestern, on den Generalen Jacqueminot und Rumigny begleitet, im oulogner Gehölz zusammen. Auf die bestimmte Versicherung, ß mit dem Gleichnisse, das zu diesem Zusammentreffen Anlaß geben, keine Beleidigung beabsichtigt worden sey, trennten sich beiden ehrenwerthen Personen, indem sie sich gegenseitige Be⸗ se der Achtung gaben und die alte Freundschaft, die sse mit nander verbindet, enger knüpften.“ v1111“ Niederlande.

Aus dem Haag, 14. Aug.“*) Kurz vor dem Eintreffen frohen Nachricht von dem bei Löwen von unseren Truppen ochtenen Sieg erhielten wir noch den nachstehenden, einen Tag r diesem Siege datirten Bericht des Prinzen von Oranien: An den König. Hauptquartier Thienen, 11. Aug. 1831. Ich habe die Ehre, Ew. Majestät zu berichten, daß ich heute hein Hauptquartier in Thienen genommen habe, welcher Ort en der 2ten Brigade der 3ten Division besetzt ist. Die erste rigade der IZten Division hält Cumptich besetzt und hat eine irke Vorhut in Bautersem. Die 2te Diviston steht in Bossut ud der Umgegend und hat den Blick auf die von Namur und bavre nach Löwen führenden Heerstraßen gerichtet. Die erste Hiviston steht auf meinem rechten Flügel und hält St. Joris⸗ zinghe und die Umgegend besetzt. Diese Vereinigung der üͤfte des Heeres hat den Zweck, morgen einen Angriff auf Lö⸗ n zu versuchen. Im Dorfe Bautersem ist die Avant⸗Garde sit dem Feinde handgemein gewesen. Das Gefecht war an sich keiner sonderlichen Bedeutung, doch hatten wir dabei den erlust des Oberst⸗Lieutenants Valkenburg zu betrauern, der die röningschen Jäger kommandirte. Er starb daselbst einen ruhm⸗ llen Tod. Der Oberbefehlshaber des Heeres, Wilhelm, Prinz von Ddranien. Brüssel, 13. Aug. Der Major Ceva, Adjutant des Prin⸗ Friedrich der Niederlande, befand sich gestern zwei Stunden g in Brüssel. Er hatte eine Konferenz mit dem General elliard und dem Lord William Russel. Weder über den Zweck, 25 über das Resultat dieser Unterredung ist etwas bekannt ge⸗ orden.

Hiesige Blätter enthalten folgende Nachrichten aus Lö⸗

en vom 11ten d. M. 7 Uhr Abends: „Der König Leopold hat gen 10 Uhr Löwen zu Pferde verlassen, um die Stellungen r verschiedenen Divistonen der Armee und der Bürgergarde auf

Wege nach Tirlemont zu rekognosciren. Se. Majestät ha⸗ die einzelnen Bataillone inspicirt und wurden überall mit

größten Enthustasmus empfangen. Die Armee, welche in r größten Ordnung auf dem Wege rechts von Tirlemont bis seits der Chaussée von Löwen nach Diest aufgestellt war, setzte hh gegen Mittag in Bewegung. Der König, immer bei der vwantgarde sich befindend, leitete selbst die Rekognoscirungen. zuf der Höhe jenseits Lonvignoul stießen unsere Vorposten auf n Feind, und die gegen das Dorf Bautersem abgeschickten edetten wurden mit Gewehrfeuer empfangen. Die Armee, wel⸗ e der König mehr als eine halbe Stunde hinter sich gelassen atte, erhielt den Befehl, vorzurücken, und sich en Eche⸗ n auf dem Wege aufzustellen. Während diese Bewegung sgeführt wurde, rückte der Major Gillain vom 12ten Linien⸗ egiment, auf den mündlichen Befehl Sr. Maj., von einer gkadron Lanciers unterstützt, gegen Bautersem an. Der Feind öffnete darauf ein Artillerie⸗Feuer, welches den König be⸗ mmte, den Sturm auf das Dorf zu beschleunigen, und nach

*) Neuere Blaͤtter aus dem Haag, als die gestern auf außeror⸗

ntlichem Wege hier eingetroffenen, sind bis zum Schlusse dieses Naaties nicht in Berlin angekommen.

imegs äiseürm

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einer halben Stunde waren die Holländer daraus vertrieben. Dies war das Resultat der heutigen Operationen. 8 mehr Leute verloren, als wir. Ungeachtet der inständigsten Bitten seiner Umgebungen, hat sich der König immer an der Spitze der Kolonne gezeigt. von keiner geringen Wichtigkeit. welches sich vor Tirlemont befand, ist ganz in Unordnung gera⸗ then, und ist gezwungen worden, einen übereilten Rückzug anzu⸗ treten. Unsere Soldaten haben nur den einzigen Wunsch, sich bald wieder mit dem Feinde zu messen. wegungen wurden mit der größten äck. 8 . Lö⸗ wen, vom 12. Mittags.

Löwen, daß ein Corps von ungefähr 7000 Holländer, unter dem Befehl des Herzogs von Sachsen⸗Weimar, gegen die Chaussé zwischen Namur und Löwen in Anmarsch sey. wurde durch das Ausbleiben der Diligenee von Namur außer Zweifel gesetzt. Um 4 Uhr erlangte man die Gewißheit, daß dieses Corps eine Stunde von Wavre die Dyle passirt hatte. Heute Morgen erschienen einige Abtheilungen desselben zwischen Lenf⸗ dael und Berchhem, eine Stunde von Löwen. Augenblick drängten sich eine große Anzahl flüchtiger Bauern und Bürgergardisten in die Dörfer auf dem Wege nach Brüssel. Zahlreiche feindliche Abtheilungen rückten darauf durch das Meer⸗ becker Gehölz gegen die Cortenberger Chaussee vor, und debou⸗

Der Feind

Das heutige Gefecht ist übrigens Das feindliche Armee⸗Corps,

Die verschiedenen Be⸗

Gestern gegen Mittag erfuhr man in

Diese Nachricht In demselben

chirten auf derselben in der Gegend des Schlosses des Herrn V. von Mörode bei Everberg. Der Adjutant des Königs, Baron von Stockmar, welcher sich nach dem Hauptquartier des Königs begeben wollte, wurde von den Holländern gefangen genommen. Er wurde indeß nach zwei Stunden wieder frei gelassen, ohne daß ihm irgend etwas Unangenehmes widerfuhr, und durfte nach Brüssel zurückkehren. Um Mittag hatten die Holländischen Kü⸗ rassiere die Chaussee bei Cortenberg ganz gesperrt, und es konnte nichts mehr von Brüssel nach Löwen gelangen, außer über der Dieghemer Chaussee. Die Anwesenheit dieser Kavallerie auf dem Wege zwischen Löwen und Tervueren zog übrigens keine weiteren Feindseligkeiten nach sich. Seit 10 Uhr Morgens bezweckten die ver⸗ schiedenen Bewegungen des Feindes augenscheinlich, Löwen von allen Seiten anzugreifen. Man war sogar genöthigt, gegen 9 Uhr Morgens einen Angriff kräftig zurückzuweisen, der auf dem Wege von Diest stattfand, und der vollkommen mit den Bewegungen überein⸗ stimmte, die man auf den Wegen von Tirlemont und Namur wahrgenommen hatte. Der Grund, warum der Feind seine Bewegungen plötzlich einstellte, erklärt sich durch folgende aus Brüssel eingegangene Nachrichten. Gestern nämlich kam ein von der Französischen Gesandtschaft im Haag an den General Belliard abgesandter Courier in Brüssel an. Da der General Belliard sich im Belgischen Hauptquartier befand, so wurden ihm die Depeschen augenblicklich nach Löwen gesandt. Der Französische Geschäftsträger im Haag zeigte ihm darin an, daß, auf die Erklärung von Seiten der Französischen Regierung ein verlängerter Angriff gegen Belgien als eine Kriegs⸗Erklärung gegen Frankreich betrachtet werden würde, der Koönig von Hol⸗ land bereit sey, den Andeutungen der Französischen Regierung zu gehorchen, und daß er sogleich den Holländischen Truppen den Befehl senden werde, das Belgische Gebiet zu räu⸗ men. Dem Könige, welcher erst gegen zehn Uhr von sei⸗ ner Rekogniscirung nach Tirlemont zurückkehrte, wurde so⸗ gleich dieses erste und entscheidende Resultat der Anwesen⸗ heit des Französischen Heeres mitgetheilt; der General Belliard reiste, nachdem ihm der König seine Zufriedenheit über dieses glückliche Ereigniß ausgedrückt hatte, nach dem Französischen Hauptquartier ab. In Hal erfuhr er, daß der Marschall Gérard sich in Nivelles befinde, und durch die Anstrengungen der vorigen Tage sich außer Stande befinde, den Weg von Nivelles nach Hal, den man nur zu Pferde machen kann, zurückzulegen. Der General Belliard expedirte daher einen Courier mit den vom Haag erhaltenen Depeschen nach Nivelles, und kehrte ohne Zeit⸗ verlust wieder nach Löwen zurück. Bei seiner Durchreise durch Brüssel setzte er die Minister von dem Inhalt seiner Depeschen, und von den Schritten, die er schon gethan habe, in Kenntniß. Um die ehrenvolle Rolle eines Friedensstifters ganz zu erfüllen, und besonders fürchtend, daß das, durch einen ersten Erfolg ge⸗ steigerte Vertrauen der Holländer sie veranlassen dürfte, die au⸗ genblickliche Ausführung der vom König Wilhelm erhaltenen Befehle zu vernachlässigen, begab sich der General Belliard nach Tervueren, in dessen Umgegend er die Holländer anzutreffen hoffte. Er begegnete auch wirklich dem Herzog von Sachsen⸗ Weimar auf den Höhen zwischen Tervueren und Löwen, und theilte ihm den Inhalt der Haager Depeschen mit. Nach einer einstündigen Unterredung schickte der Herzog einen seiner Adju⸗ tanten an den Prinzen von Oranien ab. Die Franzosen haben ihre Vorposten auf den Weg von Brüssel nach Löwen vorgescho⸗ ven, so daß diese letzte Stadt vollkommen gesichert ist, und kei⸗ nen Ueberfall von Seiten des Feindes zu befürchten hat.“ (Von der am 12ten abgeschlossenen Capitulation, durch welche Löwen den Holländern übergeben worden, so wie von den Resultaten der an demselben Tage gelieferten Schlacht, enthalten die Brüsseler Blätter noch nichts.)

Im Belgischen Moniteur heißt es: „Die verschiede⸗ nen Berichte stimmen darin überein, daß das Holländische Ka⸗ vallerie⸗Corps, welches bis in der Umgegend von Wavre vorge⸗ drungen ist, sich auf 3000 Mann beläuft. Sie führen keine Ar⸗ tillerie bei sich. Es sind wenigstens 3000 Bürgergardisten und Freiwillige unter den Waffen, um sie zurückzutreiben. Die Ein⸗ gänge, durch welche sie möglicherweise einen Ueberfall versuchen konnten, wenn dies anders ihre Absicht ist, sind mit Artillerie und anderen Vertheidigungsmitteln besetzt. Die Stadt ist be⸗ ruhigt.“

Heute Morgen um 4 Uhr haben sich alle Truppen auf dem Wege nach Tervneren in Bewegung gesetzt.

Aus Gent wird gemeldet, daß am 11ten gegen 6 Uhr Abends sich plötzlich das Gerücht von dem Anmarsch der Hollän⸗ der verbreitet habe. Man habe sogleich Generalmarsch geschla⸗ gen, und in 10 Minuten sey die ganze Stadt in Bewegung ge⸗ wesen. Es seyen sogleich Rekognoscirungen bis auf eine Stunde um die Stadt angestellt, und als man nichts vom Feinde er⸗ blickt, sey die Ruhe rasch wieder hergestellt worden. Die GenterZei⸗ tungen melden aus Maldeghem vom 11ten d.: „Von 6 Uhr heute Morgen bis Nachmittag um 2 Uhr haben wir uns bei Stroobrugge mit den Holländern geschlagen. Um 8 Uhr vertrie⸗ ben uns die Holländer aus unserer Stellung, weil sie 7 Kanonen und wir nur eine einzige hatten. Durch unsere Ausdauer zwan⸗ gen wir ste indeß um 1 Uhr wieder zum Rückzuge und nahmen alle die Stellungen, welche wir heute früh besetzt hatten, wieder ein. Um 5 Uhr kehrten unsere Bürger⸗Soldaten nach Maldeghem zurück und erschossen einen aufgefangenen Spion. Morgen sieht man neuen Gefechten entgegen.“

Aus Brügge meldet man Folgendes: „Die Nachricht von dem Erscheinen einer Englischen Flotte vor Ostende beruhte auf

des Hafen⸗Vorstehers dieses Orts, welcher selbst

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biese Nachricht nach Vrngg⸗ brachte und sie durch einen Cou. rier nach Brüssel meldete. Bei sinkender Nacht erschienen nämlich, was für Ostende ein außerordentliches Ereigniß ist, mit einem⸗ male 7 Handelsschiffe, und dies veranlaßte den Irrthum des Hafen⸗Vorstehers.“ Aus Genappe schreibt man unterm 12. August: „Das 5. Französische Husaren⸗Regiment, an dessen Spitze sich der General Lawoestine befindet, ist in der Richtung nach Wavre abgegangen; 6000 Mann Infanterie und Artillerie, welche sich gestern in Ni⸗ velles befanden, haben sich nach demselben Punkt den in Bewe⸗ gung gesetzt. Der General Lawoestine soll erklärt haben, daß er morgen die Holländer angreifen würde, wenn ste sich nicht zu⸗ rückzögen.“ Die Emancipation meldet in einem Postskriptum von 10 Uhr Abends: „In diesem Augenblick rücken die Vorposten einer neuen Französischen Kolonne in Brüssel ein. Die Hollän⸗ der waren vor wenigen Augenblicken noch 3 Stunden von Brüs⸗ sel entfernt. Sie hielten den Montagne⸗de⸗Fer besetzt. So eben kreffen im Hotel de Miroir zwei in Belgischen Diensten stehende Offiziere ein. Sie sind zwischen Löwen und Tirlemont schwer verwundet worden. Eine Schlacht hat daselbst am Mor⸗ gen begonnen und soll noch fortdauern.“ b Nach Berichten aus Antwerpen vom 12ten d., herrscht da⸗ selbst die größte Ruhe. Einige von der Flotte abgefeuerte Ka⸗ nonenschüsse haben dieselbe nicht gestört. Wenn unter den od⸗ PG Umständen auch einige Anzeichen von Besorgniß sich und geben, so soll man doch im Allgemeinen ganz überzeugt seyn, daß die Stadt nichts zu befürchten habe. eber die vom Könige Leopold gemachten Ernennungen äu⸗ ßert sich der hiesige Courier folgendermaßen: „Das Land ist nicht wenig erstaunt gewesen, mitten in den schwierigen Verhält⸗ nissen, worin wir uns befinden, zu vernehmen daß man atis ei⸗ nem Hauptquartier die Ernennung eines Groß⸗Marschalls des Palastes und eines Groß⸗Stallmeisters datirt; Chargen, welche wenn wir gut unterrichtet sind, nicht einmal an dem Hofe Lud⸗ wig Phülipps 65 sind.“ Brüssel, 12. Aug. Der Anbli Brüsstel seit einigen Tagen darbietet, ist so dech ce e schen ch er sich unmöglich durch eine Beschreibung wiedergeben läßt be⸗ sonders wenn der Beobachter nicht Ruhe genug besitzt 8 Er⸗ eignisse wie ein Schauspiel an sich vorübergehen zu lassen und die Gefahr, in der er sich selbst mit allen Anderen befindet, rein objektiv anzusehen. Das Drama, das jetzt in unseren Straßen gespielt wird, würde der Darstellungsgabe eines Shakespeare volle Beschäftigung geben; wie in seinen Trauerspielen welche die Kaͤmpfe der weißen mit der rothen Rose schildern sieht man bald die Heerführer und bald das Volk auf offenem Markt im gegen⸗ seitigen Hader ; von dieser Seite trifft ein Englischer und von jener ein Französischer Herold immer wieder mit einer anderen Botschaft 85 das Volk ruft dem Einen: „Es lebe Leopold!“ und dem Anderen;: „Es lebe Frankreich!“ entgegen. Der beruhigenden Nachricht daß die Franzosen vor dem Haller Thore ständen, um Brüssel in Schut zu nehmen, folgt bald wieder das dumpfe Gerücht, daß der Her⸗ zog von Sachsen⸗Weimar Tervueren schon besetzt habe und mit den Holländischen Kürassteren im Anmarsch auf die Hauptstadt sey. Der Schrecken, der sich dabei verbreitet, erinnert uns Deutsche besonders an des Herzogs gleichnamigen Vorfahr, den tapferen Bernhard von Sachsen⸗Weimar, der vor zweihundert Jahren die Seele des dreißigjährigen Krieges und der Schrecken seiner Feinde war. Aber das Volk hat hier weder Zeit noch Lust⸗ solche Betrachtungen mit uns zu machen; ihm scheinen die Ge⸗ rüchte von der Annäherung des Feindes, die seit gestern mehrere⸗ mal schon verbreitet worden, ohne daß sie sich bestätigt haben von den Orangisten ausgestreut, die es überall wittert Hier greift das Volk einen Mann auf, der sich durch sein breites Fla⸗ mändisch als einen Holländer kenntlich macht, dort überfällt es ei⸗ nen Anderen, der die Proclamation vorgelesen, die der Prinz von Oranien an die Belgier erlassen, beide werden für Spione erklärt die Menge ereifert sich in Worten und in Thätlichkeiten, und leb⸗ haft werden wir an die Volks⸗Scenen in Göthe's Egmont“ erinnert, die ebenfalls in Brüssel unter ähnlichen Konflikten und in der Nähe eines Wilhelm von Oranien spielen. Aber unser dramatisches Interesse steigert sich bald zu Grausen und Abscheu wenn wir vernehmen, daß das rasende Volk die Unglücklichen, die es aufgegriffen, durch Kolbenstöße und Steinwürfe etödtet hat, wenn wir selbst Weiber erblicken, die mit blutigen Kleidern und wilden Gebehrden frohlockend aus der Menge stürzen; wir wenden uns ab von dem traurigen Anblick und hören nur mit Schaudern, daß solcher Gräuelsecenen schon mehrere heute in ver⸗ schiedenen Theilen der Stadt vorgefallen sind. Wir wür⸗ den dem Lärm auf der Straße ganz und gar den Rücken gekehrt und uns in unser Haus geflüchtet haben, wenn nicht eben ein jubelnder Haufe die Ankunft der Fran⸗ zosen verkündete. Des ernsten Eindrucks ungeachtet, den die letzten Auftritte bei uns zurückgelassen, können wir uns doch des Lachens nicht enthalten, wenn wir hören, daß unsere jetzt so ein⸗ geschüchterten Bürger⸗Garden die Helmbüsche der Franzosen in der Ferne für Orange⸗Fahnen gehalten haben und in der ersten Selbstermannung sich schon präparirt hatten, die Dragoner des Herzogs von Nemours mit einem Peloton⸗Feuer aus Häusern und Hecken zu empfangen. Glücklicherweise wurde der Irrthum noch früh genug bemerkt, und die Avant⸗Garde des Französischen Heeres, an deren Spitze sich die beiden Koniglichen Prinzen be⸗ fanden, kam ohne diese Salve, die ste schwerlich als einen Freund⸗ schafts⸗Gruß aufgenommen hätte, nach Brüssel, wo sie von dem Jubel der Menge empfangen wurde. Der Herzog von Nemours befindet sich nun in der Hauptstadt desselben Landes, dessen Krone. abzulehnen er noch vor kurzem Selbstverläugnung genug besaß und zwar erscheint er als Beistand in der Noth des Fürsten, der, durch Englischen Einfluß begünstigt, geringere Schwierigkei⸗ ten als er fand, das wohl von beiden gewünschte Diadem zu erlangen. Das Volk hat auch offenbar mehr Theilnahme für⸗ ihn, als für seinen älteren Bruder, gezeigt; es hätte gern die verschollene Nemourienne wieder angestimmt, wenn nicht das ernste Lied der Schlachten alle anderen übertönte. Es soll heute bei Löwen eine Schlacht vorgefallen seyn, über deren Ausgang man hier noch nichts weiß, doch erwartet man nichts Gutes, da die Straße von hier nach Löwen fortwährend von den Hollän⸗ dern besetzt und wir von aller direkten Verbindung mit dieser Stadt abgeschnitten sind. Inzwischen schöpft man doch seit der Ankunft der Franzoösischen Prinzen neuen Muth; sie werden heißt es, den Frieden vermitteln, und so brauchen wir also nicht mehr zu besorgen, daß Sachsen⸗Weimars Schwerdt den eben errichte⸗ ten Thron des Vetters von Sachsen⸗Koburg wieder wankend 8. I 5 4 8 üttich, 14. Aug. as Hauptquartier d öni üin⸗ det sich gegenwärtig in Mecheln. 1u „Das Gefecht bei Bautersem“, sagt der Courrier de la Meuse, „welches zu unserem Vortheil ausgefallen ist, hat wahr⸗ cheinlich zu den günstigen Gerüchten Anlaß gegeben, die w