1831 / 256 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Neapel, 27. Aug. Mittelst Königl. Dekrets vom gestri⸗ en Tage ist das ganze Littorale des Sicilianischen Reiches der Bewachung durch einen Sanitäts⸗Cordon unterworfen worden.

Den neuesten Zählungen zufolge, betrug die Bevölkerung der diesseits der Meerenge gelegenen Provinzen am 1. Januar d. J. 5,754,010 Seelen und hatte sich gegen voriges Jahr um 21,896 Seelen vermehrt.

—o—,—.

E1““ Cholera. in der Resid dt Berlin waren 8 erkr. genes. gestorb. Bestand bis zum 12. September . 184 13 117 54 hinzugek. bis z. 13. Sept. Mittags 43 11 26 60

Bis zum 13. Sept. Mittags Summa 227 24 143 60 Fes. Fih . 7 u.“ 3 Regierungs⸗Bezir otsdam.

Ober. Barninfscher Kreis. Im Dorfe Alt⸗Wrietzen ist am 8. September die Cholera ausgebrochen.

Nieder⸗Barnimscher Kreis. In Oranienburg sind bis zum 9. September 9 Personen erkrankt und verstorben.

Regierungs⸗Bezirk Frankfurt.

Kreis Königsberg. In Zellin haben sich Spuren der Cholera gezeigt, 4 Menschen sind daselbst bis zum 8. September unter verdächtigen Symptomen gestorben.

Regierungs⸗Bezirk Gumbinnen. Kreis Tilsit. In der Stadt Tilsit sind bis zum 2ten

und Kellerischken ist die Cholera ausgebrochen. Regierungs⸗Bezirk Marienwerder. . In der Stadt Kulm sind seit dem Ausbruch der Krankheit

am 28. Aug. bis zum 6. Sept. erkrankt 125 Personen, genesen

37, gestorben 45, noch krank 43.

In der Stadt Graudenz sind vom 25. Juli bis zum 6. Sept. erkrankt 199 Personen, genesen 68, gestorben 116.

In der Stadt Schwetz sind seit dem 9. August erkrankt 203 Personen, davon 94 genesen und nur 68 gestorden.

In der Stadt Strasburg, wo die Cholera besonders hef⸗ tig ist, sind bis zum 7. Sept. bereits 283 Personen erkrankt und davon 190 gestorben.

Kreis Thorn. In Jesuitergrund, Kozybor, Pod⸗ gurz und Stewkee, wo die Cholera bereits aufgehört hatte, sind neuerlich zwischen dem 2. und 6. Sept. Erkrankungsfälle

vorgekommen. Kreis Stuhm. In Willenberg hat sich die Cholera

am 6. Sept. gezeigt.

8 Die neue Werdersche Kirche. (SöSchluß des in Nr. 252 d. Staats⸗Zeitung befindlichen Ersten Artikels.) Das schoͤne Haupt⸗Portal verdient naͤhere Betrachtung. Die Wahl zweier Thuͤrme, welche den Eingang, als imposante Waͤchter, in ihre Mitte nehmen, war besonders guͤnstig, dahingegen ein ein⸗ ziger Thurm immer einem ansehnlichen Haupt⸗Eingange, der doch dem Altar gegenuͤber seyn muß, im Wege steht. Die Hauptwand⸗ flaͤche zwischen den beiden Thuͤrmen ist horizontal geschlossen, und vom Dache sieht man nichts. In zwei Absaͤtzen steigt sie an, unten in fast gleicher Linie mit den Thurmwaͤnden bis zur Hoͤhe des Kranz⸗ Gesimses, dann bis zur qͤußersten Hoͤhe des Dachs etwas zuruͤck⸗ springend. Zwei rechteckig geschlossene Pforten neben einander, jede von zwei Fluͤgeln, fuͤhren ein in das gottgeweihte Haus, von Spitzboͤgen, die auf Pfeiler mit schoͤn geformten Kapitaͤ⸗ len aufsetzen, uͤberfaßt. Gleichfalls spitzbogen

rmig erhebt sich uͤber diesen Boͤgen das eine große Hauptfenster des Portals, 46 Fuß hoch, 16 breit. Den Raum nun zwischen der unteren horizon⸗ talen Begraͤnzung des Fensters und den erwaͤhnten Spitzbögen der Eingaͤnge fuͤllt eine kolossale Statue trefflich aus. vn Thon ge⸗ brannt sehen wir hier einen heiligen Michael, 10 Fuß boch, in Har⸗ nisch und ritterlicher Tracht, mit dem Speer den zu seinen Fuͤßen ewundenen Drachen bekaͤmpfend. Das Stabwerk des großen Fen⸗ sters giebt aͤhnliche Figuren, nur in groͤßerem Maaßstabe, als das aller uͤbrigen. Von unten auf theilt es sich in mehrere Staͤnder, welche sich zweimal in kleinen schließen und zwar das zweite Mal in ein großes aus Kreisbögen gebildetes Kleeblatt sich einfuͤgen; letzteres faßt die Rosette ein, die sich fuͤnfblaͤttrig gestal⸗ tet, und das Ganze, von dem Hauptspitzbogen uͤberschlossen, bictet ein anmuthiges Spiel einfach, abergeistreich verschlungener For⸗ men dar.

Aus fuͤnf Etagen bestehen die Thuͤrme, von denen die un⸗ teren mehr ganze Flaͤche haben und immer mehr und staͤrker durch⸗ brochen zu den dadurch leichter gewordenen Spitzen emporfuͤhren. Nicht etwa nach dieser E“ auch die Hoͤbe der Etagen in gerader Proportion ab: ein Versehen, das so viele Thuͤrme un⸗ leiblich macht und selbst der mathematischen Hoͤhe Eintrag thut, so⸗ weit die Verkleinerung des Wirklichen der perspektivischen selbst vor⸗ greift, statt fuͤr jene durch besondere Kunstgriffe vielmehr erst einen vortheilhaften Maaßstab an die Hand zu geben. Die unteren Eta⸗ gen der Thuͤrme sind durch die Anlage des ganzen Gebaͤudes we⸗ sentlich gegeben und resultiren erst daraus. In der Hoͤhe der Pfor⸗ ten naͤmlich umlaͤuft ein ganz unverzierter Unterbau das Gebaͤude, ihm hiermit den Ausdruck der Stabilitaͤt aufpraͤgend. Die zweite Etage der Thuͤrme steigt eben so hoch, als der entsprechende Absatz aller Strebepfeiler, welche von da an sich in geringerer Staͤrke er⸗ heben, dagegen, zu noch groͤßerer Erleichterung der Masse fuͤr das Auge, mit einer einfachen Fuͤllung belebt werden, welche sich unter dem Dach in einen kleinen gezierten Spitzbogen schgesr. 1 korrespondirt die dritte Thurm⸗Etage, und es ist fuͤr das empfaͤng⸗

lichere Auge eine Lust, zu sehen, wie geistreich hier die erwaͤhnte cksicht erwarten, desto mehr aber von seinen zwei Thuͤrmen, wie solche

denn immer durch ihre Beziehung auf einander in der Ferne einen

Verzierung auf den Ecken der Thuͤrme wiederkehrt, hier eingreifend

mit ihren Staͤnderchen in die spitzbogenfoͤrmigen Konsolen des Kranz⸗ *d. h besonderen Reiz gewaͤhren.

gesimses. Leider entfliehen dergleichen Feinheiten architektonischer

Ersfindung allzu sehr dem Ausdruck durch das Wort; man kann sie

Das Zifferblatt die hren tal baͤudes finden, geht doch ziemlich verloren, wenn dies untere ver⸗

kaum namhaft, geschweige denn fuͤhlbar machen. der Uhr, welches auf diesem Theil beider Thuͤrme zugleich seine Stelle fand, ward in eigenthuͤmlicher Weise angebracht. Auf

keiner schwarzen Scheibe erscheinen Zeiger und Zahlen, sondern 4 . Durch ihren goldenen Glanz sind sie so noch immer kenntlich genug, waͤhrend die Scheibe, wel⸗

unmittelbar auf der bloßen Mauer.

che nun weniger hervortritt, fuͤr die uͤbrige Architektur weder be⸗ stimmend noch stoͤrend wurde. Einander gleich sind die beiden oberen Etagen; von den unteren hatte eine jede nur eine einzige Luke, hier iebt es drei schmale Fenster⸗Oeffnungen, in einen Rahmen einge⸗ gußt. Dies verleiht den oberen Theilen fuͤr die Phantasie Leichtigkeit, und zwar erhaͤlt die oberste Etage, die sich nur ein wenig verjuͤngt, deren noch mehr, weil die Eckthuͤrmchen und das umlaufende Ge⸗

laͤnde als unmittelbare Fortsetzung sich ihm anschließen: wieder ein

Beweis, daß das Gleichartige oft mehr sagt, als das Mannigfaltige, sofern es doch zugleich durch andere Umgebung ganz anders ge⸗ stimmt wird. 1 Die schoͤne Verzierung des Kranz⸗Gesimses besteht in der ein⸗ fachen Aneinanderreihung eines uͤberfallenden akanthusartigen Blat⸗ tes. Unmittelbar daruͤber erhebt sich das aͤußerste Gelaͤnde, welches die Thuͤrmchen verbindet, sowohl auf dem Haupt⸗Gebaͤude, als auf den Thuͤrmen. Es besteht aus der Wiederholung einer vierkleeblaͤtt⸗ rigen, aus vier Dreiviertel⸗Kreisboͤgen zusammengesetzten Rosette, eingerahmt durch horizontale Leisten. Darf ich nun hier meinem Auge trauen; so gewaͤhrt dieser Schluß nicht ganz die letzte Beru⸗ bigung des Kunsierks, die man wuͤnschen sollte. Was ich sehend

1 handelt sichs zugleich um Grundsaͤtze, Sept. 27 Personen erkrankt, 16 gestorben. In Picktupönen b

Dem nun

8 8 empfinde, loͤse ich mir auf in folgende Betrachtung. Außer dem Ho⸗ rizontalen und Vertikalen, als den durch die Schwere gegebenen Haupt⸗Momenten aller Architektur, ist hier der Spitzbogen das cha⸗ rakteristisch Bestimmende, das Kreisfoͤrmige hingegen kommt uͤberall nur als untergeordnetes und fremdartiges Element vor, welches auch immer erst einer Aufloͤsung zur Harmonie bedurft hat. Das⸗ selbe Gefuͤhl nun, welches dort den Architekten bestimmte, diese Lo⸗ sung herbeizufuͤhren, fordert auch demgemaͤß den Schluß⸗Akkord. Ein aus Elementen des Kreises bestehendes Ornament konnte diesen nicht geben, und die Sache wird um so empfindlicher, als sich das⸗ selbe sogar scharf gegen den Himmel profilirt. Noch ein anderer Uebelstand duͤrfte seyn, daß sich bei einiger Entfernung auch diese Figuren des Ornaments in ganz andere aufloͤsen, welche noch we⸗ niger mit den Formen etwas zu schaffen haben, aus denen doch das Gebaͤude krystallisirt und aufgeschossen scheinen soll. t naͤmlich von weiteren Standpunkten aus eine Verzierung, die aus

den, unter cinem Winkel von 45“ gekreuzten, Staͤben zu beste⸗ irn 1 eraden, zugehoͤrig den Herren Woderb und Egells.

en scheint. Letzteres wuͤrde gehoben seyn, wenn die Verzierung nur etwas voller und schwerer ausgefallen waͤre, eine de⸗ rung, die uͤberhaupt wuͤnschenswerth seyn moͤchte, damit dies Gelaͤnde sich dem Gebaͤude inniger anschließe und aus dessen Orga⸗ nismus Aihhtchsen scheine; jetzt steht es mehr außerhalb. aber durch diese nur zu Tag 1 durch den dansteich verbergen wollte, daß naͤmlich diese ganze Ver⸗ zierung kein Mauerwerk ist, sondern in Eisen gegossen. So verrath und straft sichs denn meistentheils, wenn man ein Material als ein res verkleidet. 1 . 1“] anderns zcgten diese Ausstellungen zu speziell scheinen, so sind sie es doch allein, welche den urtheilenden Beobachter der schlimmen Rolle einer stummen und darum verdaͤchtigen Bewunderung entziehen. Auch deren Einmischung man ohne⸗ dies nirgend wird vermeiden koͤnnen, wo die Betrachtung weder oberflaͤchlich noch absprechend seyn will. Auf der freistehenden Seitenfront von derselben Hoͤhe, aber geringerer Breite. d u Gebaͤude laufenden Strebepfeilern schließen sich die den Thuͤrmen zunaͤchst stehenden an diese unmittelbar an, nur die Wasserleitungen wischen sich nehmend. Hier war nun ein Uebelstand kaum vermeid⸗ sich indem auch die kleinen Thuͤrmchen, welche uͤber diesen Stre⸗ ben nicht wegbleiben durften, sich jetzt dicht an die großen Thuͤrme anlehnen und so dem reinen Emporsteigen der letzteren nachtheilig werden. Man darf dergleichen anmerken, wenn es auch keinen di rekten Tadel enthalten kann, denn es ist wesentlich fuͤr die Schaͤz⸗ zung eines Kunstwerks. Der Kuͤnstler soll durch Dinge solcher Art nie uͤbermaͤßig genirt werden, sonst wuͤrde man in einer Kunst, der von außen vielfaͤltige, zuweilen unuͤberwindliche, Hemmung entge⸗ entritt, nie etwas zu Stande bringen, waͤhrend doch gerade zugleich n der Besiegung und Aussoͤhnung nicht nur gegebener Schwierig⸗ keiten, sondern auch solcher Mißstaͤnde, die sich aus dem gemachten Plan waͤhrend seines Verfolgs erst entwickeln, das erfindende Genie des Architekten seinen eigensten Spielraum hat. Soll ihm nun

puͤnktlich angerechnet werden, was er hier zur Schoͤnheit wendete, so muß er billig auch die Verantwortung dessen uͤbernehmen, was zuruͤckblieb als noch nicht in das Reich schoͤner Formen aufgegangen.

Die Forderungen an die Schoͤnheit architektonischer Werke sind bestimmt und unzweideutig, nicht minder als die der musikali⸗ schen Harmonie, wenn es auch fuͤr erstere bis jetzt keine auf⸗ gezeichnete Lehre vom Generalbaß giebt. Die großen Form⸗ kuͤnstler aller Zeiten und Voͤlker haben sich verstanden nur demselben Gesetz gedient. Darum hat man denn ein fuͤr alle⸗ mal das Urtheil derer in Verdacht zu ziehen, welche einen strengen und reinen Styl fordern. Jedes Werk hat seinen eigenen und hat immer seinen Maaßstab in sich. So verliert denn Schinkels Werk nichts, wenn man es nicht sogleich nach einem bestimmten Styl ru⸗ briziren kann; denn zu seinem Trost ist dieser sogenannte reine Styl immer nur bei todten Nachahmern oder den Gelehrten des Worts und Zoll stockes zu finden gewesen. Eine solche Betrachtung bereitet die Wuͤrdigung unseres Kunstwerks vor; ihm kann in mehrfacher Ruͤcksicht der Ruhm der Originalitaͤt nicht entzogen werden. Zu uͤberfluͤssigem Schutz aber dient ihm die Bemerkung, daß niemals mit einem einzigen Werk der Architektur schon die abgewogenste und zugleich reichste Konsequenz fuͤr neue Bedingungen und aus ihnen resultirende neue Formen⸗Verhaͤltnisse erreicht worden; dies ist immer nur der An⸗ strengung einer ganzen Zeit gelungen. 1

Bevor das Einzelne betrachtet werde, sind noch zwei Gesichts⸗ punkte fuͤr das architektonische Ganze uͤbrig. Als Stadtprospekt ist die Kirche von mehreren Seiten eine große Verschoͤnerung Berlins; insonderheit der nicht eben geraͤumige, durch interessante Unregelmaͤ⸗ ßigkeit charakteristische, Markt bietet, dem phantastisch schweren Muͤnz⸗

ebaͤude gegenuͤber, gerade die rechte Gesichtsweite, um die Thurm⸗

ront vortheilhaft erscheinen zu lassen; denn wer wuͤßte nicht, daß ein gar zu weiter Gesichtspunkt und die allmaͤlige Annaͤherung dem Einen guͤnstigen

imposanten Erscheinen der Gebaͤude viel abzieht. ige. Gesichtspunkt aus groͤßerer Entfernung gewaͤhrt die gerade auf die Kirche zustoßende, weiterhin etwas gekruͤmmte, Kur⸗Straße. Sogar die zur Linken des Beschauers noch stehen gebliebenen kleinen ver⸗ fallenen Gebaͤude, zu deren Wegraͤumung anfangs Hoffnung war, verletzen doch nicht in jeder Ruͤcksicht das Auge; sie scheinen sogar in ihrem schlechten baulichen Zustande die stolzen Mauern nur um so reiner emporstreben zu lassen und finden gewiß unter den Ma⸗ lern und Poeten weniger Feinde, als unter einer wohlloͤblichen Buͤr⸗ gerschaft, die aus gutem Grunde jede Wohlansehnlichkeit vorzieht.

Wovon nun endlich hinge die landschaftliche Schoͤnheit der

Staͤdte mehr ab, als von hohen Gebaͤuden? Thuͤrme und deren Stellung machen die Ansichten der Staͤdte charakteristisch. Je mehr sie sich erheben, je mehr ihre Profile eine reiche und doch uͤberschauliche Form darbieten, um so mehr ist dieser Ruͤck⸗ sicht genuͤgt, welche in der Ueberlegung des Architekten wahr⸗ lich nie die letzte zu seyn verdient. Nun hat in unserer

lieben Stadt eine große Vorzeit doch gerade nach dieser Seite auch Lustspiel in 1 Akt, von J. E. Mand.

zukuͤnftiger Kunst immer noch einen sehr erfreulichen Spielraum gelassen, den auch unser Gebaͤude nicht erschoͤpfen will. Von seinen nur maͤßigen Dimensionen war in dieser Ruͤcksicht nicht allzuviel zu

Allein, gestehen wir es, es konnte nicht Alles auf einmal geleistet werden, und die gute Rechtfertigung, welche die stumpfen Thuͤrme mit ihren Spitzchen in der Totalitaͤt des Ge⸗

deckt ist; ihre Form erscheint unverstaͤndlich und unbedeutend: Alles aus demselben Grunde, warum die beiden Domthuͤrme auf dem Gensdarmes⸗Markt in so hohem Grade leisten, was Berlin von landschaftlicher Schoͤnheit besitzt.

Kehren wir nunmehr zu den Einzelheiten zuruͤck, welche das Aeußere des Gebaͤudes schmuͤcken, so sind es die Herren Ludwig

Wichmann und Prof. Tieck, von deren bekannten Talenten hier die

Rede seyn muß. Der Erstere bildete die Figuren uͤber dem Haupt⸗ Eingange; zwischen den beiden Spitzboͤgen den kolossalen heiligen Michael und in den Ecken schwebende Engel. Der Heilige, mit der Lanze auf den Kopf des Drachen zustoßend, den er mit Fuͤßen tritt, ist in einer schoͤnen Bewegung aufgefaßt und ging selbst nicht 79 leer aus an jenem heiligen Unwillen und Ernst, den der Ge⸗ genstand fordert. Der vielgewundene schlangenartige Drache bezeugt die Gewandtheit des Bildners. Dank aber dieser Wahl, denn der Ge⸗ genstand ist unmittelbar verstaͤndlich, und achtbare Rechtglaͤubigkeit

moͤchte sonst vielleicht schon mehr von der heiligen Legende aus der

Sphaͤre des evangelischen Bekenntnisses verscheucht haben, als uns Bilderbeduͤrftige andaͤchtig erheben kann, sowohl den Kuͤnstler als den Christen. 1 Die Bildwerke auf den in Eisen gegossenen Thuͤrfluͤgeln sind von Herrn 1 gel. Sie zeigen uns Engel und heilige Gestalten, Tafeln mit Spruͤ⸗ chen darhaltend, oder an damit erfuͤllte Postamente sich lehnend.

Man sieht

Aende⸗ aus unseren Werkstaͤtten noch kaum etwas Vollendeteres duͤrfte, sehn haben; bekannt aber ist, daß wir in diesem Punkt jeden N. Es kommt

bsonderung eigentlich nur zu Tage, was man 8 8 89' Hollt der Bronze taͤuschend hervorbringt und der lichtempfaͤnglicheren so

wegen den feinen Bildwerken foͤrderlicher wird, als der gewoͤh nii

Fortschritte gerichteten Strebsamkeit gegeben. Nur Verdienst ermessen, der weiß, wie schwierig es ist, in gebranm

zaͤhlt die Kirche fuͤnf Spitzbo⸗ genfenster; der schon genannte hohe Chor hat deren ebenfalls fuͤnf Von den rund um das

und

Danz. do. in Th.

dem 11jährigen W. Dornewas. wiederholt: Gleiche Schuld, gleiche Strafe, Lustspiel in 3 Alten

Prof. Friedr. Tieck, Medaillons, je fuͤnf auf jedem Fluͤ⸗

Die diesem Kuͤnstler besonders eigene Grazie tritt uns hier „. entgegen, sowohl in der allgemeinen Haltung der schwebenden, sch tenden oder gestuͤtzten Figuren, als auch ganz vornehmlich in uͤberaus schoͤnen Faltenlegung der Gewandstuͤcke, welche an duß gebildeter Schoͤnheit der Formen und in der Natuͤrlichkeit des mom ranen Wurfs gewiß auch dem strengsten Richter Beifall abnoͤthigen m Lesen wir dann aber die schoͤnen biblischen Spruͤche, welche sie uns g gegen halten, so bleibt noch der Wunsch, daß diese Figuren, welche si uͤberaus zierlich bewegen, auch noch von dem heiligen Inhalt etg mehr in ihre gesammte Erscheinung moͤchten aufgenommen hau Ich besorge, daß auch diesmal die unmittelbarsten Anspruͤche jgh unbefangenen Christen mit den hoͤchsten Forderungen der Kunf⸗ staͤndigen zusammenfallen moͤchten. Die uͤbrige Einfassung und I

zierung der Medaillons anlangend, so zeigt Alles von dem bewäͤhg

sten Geschmack des Bildners. Auch der Eisenguß blieb hinter Tuͤchtigkeit dessen, was er wiederzugeben hatte, nicht zuruͤck; er, schah in der ruͤhmlichst bekannten neuen Berliner Eisengieße Die Reliefs kamen solcher Reinheit und Ganzheit aus der Form, daß man zu

gleich mit den Bestrebungen des Auslandes ruhig erwarten köͤng, Ueberstrichen hat man den Guß mit einem Firniß, der das Anseer

schwarze Ueberzug, den man Eisengußwerken zu geben pflegt. Oberwaͤhnte Kolossal⸗Figur wurde in der Feilnerschen Werkfe

gebrannt, so wie auch alle uͤbrige schwierigere Theile der Verz

rung; die Offizin hat damit fernere Beweise ihrer auf immer in Nur der wird il

Thon Genuͤgendes zu liefern, da das Einschwinden des feuch Materials im Ofen sich nur kaum berechnen, das Bersten und Werfen der Theile sich aber noch weniger vorhersehen und vekt ten laͤßt.

Und um hier jedem Verdienst das Seine zu lassen, so me noch schließlich erwaͤhnt werden, daß die Art der Zink⸗Bedecknun welche einen so geringen Winkel der Abdachung hinreichend math nach der neuen, immer mehr bewaͤhrten Methode geschehen, wilt der Erfinder, Herr Buͤrde, in einer eigenen Schrift bekannt gemge Sie hat außer dem Vortheil der Leichtigkeit besonders noch den, sich die Sache auf ebner Erde vollenden laͤßt und, mit groͤßter h cherheit der Wasserdichtigkeit, ohne weiteres Bindemittel an d

DOrt ihrer Bestimmung nur zusammengefuͤgt zu werden bran

Ueber die emporgebogenen Kanten je zweier benachbarter Plaus naͤmlich greift eine ausgehoͤlte, mit Zinkblech beschlagene Holzlah

die man bei etwanigen Reparaturen nur einzeln herunterschieben he Gt.

Berliner H8986 Den 13. September 1831. Amtl. Fonds- und Geld-Cours-Zettel. (Preuss. Cau

mmmmmmn Ostpr. Pfandbrl. *

Pomm. Pfandbrl. . 105 Kur- u. Neum. do. 10 Schlesische do. 4 10' Rkst. C. d. K.- u. N. 4 Z.-Sch. d. K.- u. N. 4

Erief. Celd]

90—‧903 991 II11 83 ½ 82 ¾ 8II1 88 ½ 919 90½ 89 IIIoll. vollw. Dubk. 18 2 34 Neue dito. 4149 95 [Friedrichsd'or . . 13 ½ f8 96 ¾ [Disconto 42

Preuss. la-

W EEEb“ vncf A

Kurz 16 2 Mt. 10 Kurz lis 2 Mt. 52 ½ tA 3 Mt. 32* 2 Me. 8 2 Mt. 19 2 Mt. 108 2 Mt. 9- 8 Tage 104 2 Mt. 103 3 Woch. Kurz

St.-Schuld-Sch Pr. Engl. Anl. 18 Pr. Engl. Anl. 22 Pr. Engl. Obl. 30 Kurm. Obl. m. J. C. Neum. Int. Sch. do. Berl. Stadt-Oblig. Königsbg. do.

Elbinger do.

424—

Westpr. Pfandbr.

Grosshz. Pos. do.

CEEECEEEEESGSg

Amsterdam dito L11I1“” dito 300 Mk. London

Paris

Augsburg

Breslau Leipzig 100 Thl. I“ Petersburg BN. 100 Rbl.

Warschau 600 Fl.

Auswärtige Börsen. 2

Amsterdam, 8. September.

wirkl. Schuld 37 ½. Kanz-Bill. 13 ¾. Oesterr. ögn Russ. (bei Hope) 87 ½.

Metall. 77 ½.

Königliche Schauspiele. Mittwoch, 14. Sept. Im Schauspielhause: Die Deutsche Klelnstädter, Lustspiel in 4 Abtheilungen, von Kotzebue. Donnerstag, 15. Sept. Im Schauspielhause: Beschänt Eifersucht, Lustspiel in 2 Abtheilungen, von Frau v. Weise thurn. Hierauf, zum erstenmale wiederholt: Demociselle Bac

Freitag, 16. Sept. Im Opernhause. Zum Erstenmäl Die beiden Familien, Oper in 3 Abtheilungen, mit Tanz, un dem Französischen: „Les deux familles“, zur beibehaltenen M sik von Labarre, bearbeitet vom Regisseur Baron v. Lichtenste

Königstädtisches Theater.

Mittwoch, 14. Sept. Zum erstenmale wiederholt: D

Anekdotenbüchlein, Lustspiel in 1 Akt, nach dem Französtschen, vel

Castelli. (Hr. Laddey: Emile de Vergigny, als Gast.) Hierauf Komische Scene in der Maske des Affen Jocko, ausgeführt vun Zum Beschluß, zum erstenmal

von Castelli. (Hr. Laddey: Oberst Graf Kullnau.)

NEUESTE BERSEN-NACHRICHTEN. Paris, 7. Sept. 5proc. Rente pr. compt. coup. deh 88.5. sin cour. 88. 3proc. pr. compt. 60. 20. fin coar. 60. - 5proc. Neapol. pr. compt. 70. 55. fin cour. 70. 50. 5preoc Span. Rente perp. 47½.

Frankfurt a. M., 10. Sept. Oesterr. 5proc. Metall. 78 78 %. 4proc. 671 ⅛. 6725. 2⁄proc. 40 ¼. 1proc. 16 ¼. Br. Balt⸗ Act. 1128. 1125. Partial⸗Obl. 116 Q⅛. 116 ⅞. Loose zu 100 k” 156 ½. G. Poln. Loose 46 ½. Br.

703

Red teur John. Mitredacteur Cottel.

2

8

, Berlin d.

8 Kronik des Tages.

Der Ober⸗Landesgerichts⸗Referendarius Johann Hein⸗ ich Hüsgen ist zum Notarius im Friedensgerichts⸗Bezirke Neuß, im Landgerichts⸗Bezirke Düsseldorf, mit Anweisung sei⸗

es Wohnortes in Neuß, bestellt worden.

Abgereist: Se. Excellenz der General der Infanterie und

peneral⸗Adjutant Sr. Majestät des Königs, Freiherr von dem

enesebeck, nach Posen.

itungs⸗Nachrichten. 11I14“”

Frankrech.

Deputirten⸗Kammer. In der Sitzung vom 6ten Zeptember theilte Hr. v. Tracy der Kammer einen neuen Fesetzes⸗Vorschlag über den bürgerlichen Zustand der Bewohner er Kolonieen mit. Derselbe zerfällt in III. Titel und 27 Artikel id ist sonach ein förmliches Gesetzbuch. Der Ite Titel handelt on den freien Bewohnern der Kolonieen; der IIte von der Frei⸗ assung der Sklaven, der IIlte von dem Genusse der bürgerlichen nd politischen Rechte. Hr. v. Tracy wollte diese Proposttion

der Sitzung vom 10. September entwickeln. Nach ihm estieg Hr. Jouffroy die Rednerbühne, um seinen am 24. v. M. gemachten Antrag wegen der bei der Kammer einlaufenden petitionen, die er, insofern die Bittschriften⸗Kommisston sie ein⸗ immig zu einer Berichterstattung für nicht geeignet halte, ohne Peiteres bei Seite gelegt wissen wollte, zu entwickeln. Herr Poulle widersetzte sich diesem Vorschlage; jede, selbst indirekte, Perletzung irgend eines Artikels der Charte, meinte er, könnte öchst nachtheilige Folgen nach sich ziehen; sobald man erst das prinzip gelten lasse, daß das Petitions⸗Recht ermäßigt werden önne, hindere auch nichts mehr, daß man, von einer Modification zur ideren schreitend, dieses Recht zuletzt ganz und gar vernichte. hr. Renouard sprach dagegen die Ansicht aus, daß eben, weil em Petitions⸗Rechte alle Achtung gebühre, man mit demselben ein eitles Spiel treiben lassen dürfe; oft würden völlig nutzlose der ungehörige Petitionen bei der Kammer eingereicht, durch heren Kenntnißnahme diese nur eine kostbare Zeit verschwende; wichigere Bittschriften würden dadurch, weil alle in der Reihe⸗ olge, wie sie eingingen, vorgetragen werden müßten, verdrängt, ins Hr. Jouffroy habe durch Zahlen bewiesen, daß von allen in Laufe einer Session bei der Kammer eingehenden Petitionen aum ein Drittheil zum Vortrage komme. Ein solcher Zustand inne nicht länger dauern, und das in Vorschlag gebrachte Mit⸗ [sey das einzige, dem Uebelstande abzuhelfen. Nach einigen Bemer⸗ ngen des Hrn. Faure im entgegengesetzten Sinne, entschied die Persammlung, daß der Antrag des Hrn. Jouffroy nicht in Erwägung

n zietzen sey. Jetzt entwickelte Hr. Roger seine in der Sitzung

om 3. Sept. vorgetragene Proposttion über die persönliche Frei⸗ eit. Die politische Freiheit der Franzosen, bemerkte er, sey urch die Charte verbürgt worden; füur die nicht minder kostbare ersönliche Freiheit sey indessen noch gar nichts geschehen; elmehr könne der Bürger immer noch Monate lang gefangen gehal⸗ n werden, um ein Urtheil abzuwarten, das ihn vielleicht für un⸗ chuldig erkläre, oder ihn höchstens mit einer leichten Geldbuße nd einer Haft von wenigen Tagen belege; es sey endlich Zeit, jese Spuren einer unerträglichen Tyrannei zu verwischen; dies y der Zweck seiner Proposttion, bestehend aus 7 Artikeln, deren ister das Prinzip feststelle, während die übrigen nur die Folgen esselben enthielten. Der Redner ging hierauf diese 7 Artikel urch. Nach dem Inhalte des 1sten soll nur in höchst wichtigen ällen Jemand, der eines zuchtpolizeilichen Vergehens ange⸗ lagt wird, gefänglich eingezogen werden dürfen. Der 2te tzt das Minimum der Caution, um vorläufig auf freiem uße bleiben zu dürfen, bis auf 50 Fr. herab. Dasselbe betrug bisher 00 Fr. Nach dem Zten soll sogar die Cautions⸗Leistung gänz⸗ ch wegfallen, wenn auf das veruübte Vergehen nur eine Gefäng⸗ sßstrafe von 3 Monaten steht. Der 4te Artikel räumt jedem unstructions⸗Richter das Recht ein, innerhalb 5 Tagen nach er⸗ assenem Verhaftsbefehle die provisorische Freilassung eines Ange⸗ huldigten gegen Caution zu verfügen, ohne darüber zuvor an in Prokurator oder die Raths⸗Kammer zu berichten. Dem 5ten ttikel zufolge, soll jeder Angeschuldigte, dem die vorläufige Frei⸗ sung gegen Caution verweigert wird, dieserhalb an die Anklage⸗ sammer des Königl. Gerichtshofes appelliren dürfen. Der 6te Aatikel bestimmtt, daß, wenn Jemand in das Geheim⸗Gefängniß ssetzt worden, darüber in 3 Tagen an die Raths⸗Kammer be⸗ chtet werden muß, die ihrerseits die Erlaubniß zur ferneren Fest⸗ altung des Gefangenen von 5 zu 5 Tagen zu erneuern hat, ohne diese jedoch überhaupt länger als 1 Monat dauern darf. Dem ten und letzten Arrtikel zufolge, soll jeder Gefangenwärter, der den im zorigen Artikel enthaltenen Anordnungen zuwider handelt, nach bem 343sten Artikel des Strafgesetzbuches bestraft werden. Herr Dozon trat diesen Bestimmungen im Allgemeinen bei und limmte sonach dafür, daß man die Proposstion in Erwägung sjehe; eben so Herr Odilon⸗Barrot. Der Großsiegelbe⸗ bahrer äußerte darüber im Wesentlichen: „Die in Vorschlag gebrachten Modificationen können von Nutzen seyn und sich viel⸗ icht auf eine angemessene Weise mit dem Geset⸗Entwurfe ver⸗ chmelzen, den ich selbst Ihnen vorgelegt hade. Vergessen Sie dessen nicht, m. H., daß, zu einer Zeit, wie die jetzige, wo die schterliche Gewalt nicht mehr Macht hat, als sie deren bedarf, im die allgemeinen Interessen der Gesellschaft zu vertheidigen, ine Revision der Kriminal⸗Gerichtsordnung oder des Strafge⸗ etbuches immer nur mit großer Vorsicht geschehen darf. ch alte diesse Bemerkung für nothwendig, nicht etwa, um Sie zu eeranlassen, die in Rede stehende Proposttion zu verwerfen, son⸗

dern um Sie fühlen zu lassen, wie gefährlich es ist, einzelne Bestim⸗ mungen über das zu deobachtende gerichtliche Verfahren zu verändern und, während wir schon an einer wahren Sündfluth von Ge⸗ setzen leiden, die Zahl dieser letzteren noch zu vermehren.“ Herr Salverte wies besonders auf die Nothwendigkeit hin, die den Richtern eingeräumte Befugniß, einen Angeschuldigten in das Geheim⸗Gefangniß setzen lassen zu dürfen, zu beschränken, und er⸗ innerte dabei an einen unter der vorigen Regierung vorgekomme⸗ nen Fall, wo man Jemand auf solche Weise 80 Tage lang gefangen gehalten habe, ehe er vor Gericht gezogen worden sey. Herr Robineau hielt es, bei den gegenwärtigen Umtrieben in den westlichen und südlichen Departements, für gefährlich, die Proposition des Herrn Roger zu berücksichtigen, und verlangte, daß man dieselbe mindestens vertage. Als es hierauf zur Ab⸗ stimmung kam, entschied jedoch die Kammer mit schwacher Stim⸗ menmehrheit, daß der Antrag in Erwägung gezogen werden solle. Bevor die Versammlung sich trennte, erklärte der Präsident, daß, da Nichts an der Tagesordnung sey, in den nächsten 3 Ta⸗ gen keine öffentliche Sitzung stattfinden werde.

Paris, 7. Sept. Se. Majestät führten gestern in einem Minister⸗Rathe den Vorsitz. 1 8.

An die Stelle des verstorbenen Generals Garbé hat das fünfte Wahl⸗Kollegium des Departements des Pas de Calais zu Montreuil Herrn von Hérambault zum Deputirten gewählt.

Die Majorität der Kommission, welche mit der Prüfung der Proposition des Hrn. Blondeau wegen der von den Provin⸗ zial⸗Staats⸗Beamten, die zugleich Deputirte sind, während der Dauer der Session zu erhebenden Gehalts⸗Abzüge beauftragt ist, soll für die Verwerfung dieses Vorschlags stimmen.

Der Minister des Handels und der öffentlichen Bauten hat an sämmtliche Präfekten ein Rundschreiben erlassen, worin er das Verfahren anordnet, welches die Präsekten befolgen sollen, um für die von Wetter und Brandschäden heimgesuchten De⸗ partements schnelle Unterstützungen von Seiten der Regierung zu erlangen.

Der Sténographe meldet: „Die Unruhen in der Rue du Cadran wurden durch die Anwendung eines Werkstuhles für die Verfertigung von Merino⸗Shawls in einer in jener Straße be⸗ findlichen Fabrik veranlaßt. Die Zahl der Arbeiterinnen in die⸗ ser Fabrik wurde dadurch bedeutend vermindert, und das Tage⸗ lohn siel in Folge dessen von 22 Sous auf 7. Vorgestern waren vor jenem Hause über 1500 Shawl⸗Arbeiterinnen versammelt, deren Erbitterung den höchsten Grad erreicht hatte; sie stießen die furchtbarsten Drohungen gegen den Fabrikanten, Herrn Bi⸗ geon, aus, der glücklicherweise abwesend war. Zugleich hörte man lebhafte und wiederholte Klagen über die Brodtheuerung. Auch gestern versammelten sich in der genannten Straße zahl⸗ reiche Volkshaufen und bedeckten den ganzen Raum derselben von der Rue Montmartre bis zur Rue Montorgueil. Doch ver⸗ hielt die Menge sich ruhiger, als am vorigen Tage; nur in den Gesprächen der Einzelnen unter einander ließen sich Klagen und Drohungen vernehmen. Um 8 Uhr Abends waren die Gruppen besonders dicht, bestanden aber, wie gewöhnlich, größtentheils aus Neugierigen. Starke Kavallerie⸗Patrouillen durchzogen die Straße, und die Menge zerstreute sich beim Herannahen der be⸗ waffneten Macht, noch mehr aber wegen des eingetretenen Re⸗ gens. Um 9 Uhr war die Ruhe völlig wiederhergestellt.“

Aus Beaune meldet man, daß am 3ten d. M. daselbst unruhige Auftritte stattgefunden haben; 15— 20 Kleinhändler begaben sich nämlich an diesem Tage nach dem Steueramte und bemächtigten sich, ehe noch die Behörde davon benachrichtigt wurde, aller dort befindlichen Steuerregister, die sie den Flam⸗ men übergaben. Von dort wollten sie sich nach dem zweiten in der Mitte der Stadt belegenen Steueramte begeben, um daselbst die nämliche Operation vorzunehmen; der Maire erschien aber noch zeitig genug, um wenigstens dieses Vorhaben zu vereiteln. Es haben mehrere Verhaftungen stattgefunden.

Der Bischof von Marseille hat an die ihm untergebenen Geistlichen dieser Stadt in Bezug auf die Prozession am St. Lazarus⸗Tage ein Cirkular⸗Schreiben erlassen, welches am ver⸗ flossenen Sonntage in den Kirchen von der Kanzel herab vorge⸗ lesen worden ist. Es kommt darin folgende Stelle vor: Aus diesen Gründen ersuche ich Sie, mein Herr, den Gläubigen bei der Mittheilung des gegenwärtigen Schreibens anzukündigen, daß jene Prozession in diesem Jahre nicht stattfinden wird, indem der Herr Präfekt der Rhone⸗Mündungen mir angezeigt hat, wie er nicht zweifeln könne, daß gedachte Prozession noch mehr gestört und angefochten werden würde, als die am 15. August, welche, wie derselbe sich äußert, gegen einen von einer gewissen Klasse von Individuen im voraus beschlosse⸗ nen Angriff nicht habe geschützt werden können. Ich habe ge⸗ glaubt, seinen dringenden Bitten nachgeben zu müssen, und ihm daher bereits unterm 25. Aug. meinen desfalsigen Beschluß mit⸗ getheilt. Sie werden, m. H., Ihre Pfarrkinder auf den Geist des Friedens hinweisen, der mir den Beschluß eingegeben hat, den ich in diesem Jahre fasse, ohne mir übrigens dadurch für die Zukunft die Hände zu binden.“

Der Assisenhof von Aix hat die wegen Theilnahme an den Nar. in Tarrascon angeklagten Individuen freigesprochen.

er Temps meldete vorgestern, daß in den beiden in Ba⸗ honne stehenden Regimentern die Desertion stark sey, und daß eine betraͤchtliche Anzahl von Soldaten durch Falschwerber bewo⸗ gen worden waͤren, mit Waffen und Gepäck nach Spanien über⸗ zugehen. Der Moniteur erklärt diese Angaben für unrich⸗ tig; im Juli d. J. hätten acht Soldaten jene beiden Regimen⸗ ter verlassen, und von diesen sey wahrscheinlich nur einer in das Ausland gegangen. Den von der eilften Militair⸗Division eingegangenen Berichten zufolge, sey diese Desertion keinesweges durch Falschwerberei herbeigeführt und im Vergleich mit der in gewöhnlichen Zeiten stattfindenden durchaus nicht beunruhigend.“

Der Kaiserl. Russische Botschafter, Graf Pozzo di Borgo, hat, wie mehrere Blätter melden, Paris seit zwei Tagen verlas⸗ sen, um die Bäder von Dieppe zu besuchen und vielleicht auch

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onnerstag den 15ten September.

Ihrer Kaiserl. Hoheit der Großfürstin Helena in Engl gland Aufwartung zu 2 ßf - H gland seine d Der Temps bemerkt über die Verhandlungen in er Belgischen Angelegenheit: wenn die Londoner

Betreff „Man darf sich nicht wundern, ischen S Konferenz mit der Beendigung der Bel⸗ 86 ache so langsam und vorsichtig verfahrt. Der Fratnde iest ebensowohl in der Eifersucht der Mächte auf Wenn ich, als in der Unentschiedenheit unseres Ministeriums. eh sich den ganzen Verlauf der Belgischen Sache und ignisse der letztverflossenen drei Monate in die Erinne⸗ so erkennt man, daß die Interessen unseres Lan⸗ veß Wechselfällen preisgegeben worden sind, diejenigen, welche dieselben hätten geltend machen sol⸗ S. Nachgiebigkeit gegen fremden Einfluß, den sie ibrer b- 3 Iis und ihrer erantwortlichkeit nach zurückweisen mußten, wahrhaft strafbaren Leichtsinn gezeigt haben. Reka⸗ wir die Thatsachen. Im Juni, wo das Schicksal Bel⸗ giens als ein unlösbares Problem erschien, wo die Belgi⸗ 8608 Blätter das Volk zur Verwersung der Protokolle auf⸗ eijten, als der in seinen Ansichten getheilte Kongreß ge⸗ gen die Präliminar⸗Artikel protestirte, als das Belgische Volk den von London zu erwartenden König nicht wollte, damals faßte Frankreich einen energischen Entschluß, um mit dem widerspenstigen Belgien ein Ende zu machen, und man ent⸗ schied, daß der Französische Botschafter am 20. Juni Brllseel verlassen solle, wenn bis dahin die Protokolle nicht ancenommen wären. General Belliard hätte demgemäß zurtickkommen müs⸗ sen; sey es aber, daß er Gegenbefehl erhielt, oder daß er es auf seine Verantwortlichkeit übernahm, kurz er blieb in Brüssel. Waͤhrend dessen trug unser Botschafter in London, der voraus⸗ sah, daß eine Zwangs⸗Maaßregel nöthig seyn würde, und de⸗ ren Ausführung nicht fremden Armeen überlassen wollte, der Konferenz die Dienste Frankreichs und Französische Truppen an. Kaum hatte er aber diese Erklärung gemacht, als er von dem Ministerium ein Schreiben erhielt, das unter den Eindrücken der Ereignisse in Tarrascon aufgesetzt worden war, und worin ihm angezeigt wurde, daß man der Armee nicht ganz sicher sey und den Plan einer Intervention in Belgien also auf andere Zeit verschieben müsse. Dies war der Stand der Dinge im August. Da bricht plötzlich König Wilhelm den Waf⸗ fenstillstand und rückt in Belgien ein, und auf ein einfaches Schreiben König Leopold's befiehlt unser Ministerium, das noch vor vierzehn Tagen Mißtrauen in die Truppen setzte und seine Besorgnisse der Konferenz mittheilte, durch den Telegraphen das Einrücken Französtischer Truppen in Belgien, ohne einen seiner Verbündeten zu befragen. Diese unerwartete Nachricht brachte in London einen unbeschreiblichen Eindruck hervor. Die Stadt war in Gährung; alle Gemüther waren kriegerisch gestimmt. Lord Grey verlangte Aufschlüsse, und in demselben Augenblicke stieg der Marschall Soult auf die Tribune, um zu erklären, daß des Rückzuges der Hollander ungeachtet unsere Truppen nicht nach Frankreich zuruckkehren, sondern angemessene Stellungen einnehmen würden, um Sicherheit dafür zu gewähren, daß die Holländer nicht zurückkehrten. Als diese Aeußerung nach London kam, war unser Botschafter auf dem Lande; die Gährung in London wurde dadurch noch gesteigert. Bald aber desavouirte ein Schreiben des Ministers der auswärtigen Angelegen⸗ heiten die Worte des Marschall Soult, welche nicht die wahre Gesinnung des Ministeriums ausgedrückt hätten. Lord Grey erwiederte, er wolle es glauben, verlangte aber einen Beweis durch die That und vor Allem die Räumung Belgiens. Frankreich versprach diese. Inzwischen gelangte nach Frankreich und England das offizielle Gesuch König Leopolds um eine Englische Flotte und eine Französtsche Armee zur Si⸗ cherung seines Landes gegen eine zweite Invaston Hollands und zur Begünstigung der inneren Organisation. Hierauf willigten die Konferenz und das Englische Ministerium in einen Aufschub des Rückzuges unserer Truppen; die Konferenz kam überein, die Unterhandlungen zu beschleunigen und die Anordnungen zwischen Holland und Belgien so schnell wie möglich zu beendigen, wor⸗ auf unser Heer sogleich das Land räumen sollte. So standen die Sachen, als vor einigen Tagen im Moniteur ein Artikel er⸗ schien, welcher erklärte, daß 12,000 Mann in Belgien bleiben würden. Nach den wiederholten, dem Lord Grey gegebenen Versicherun⸗ gen und nach den Verpflichtungen, welche dieser im Vertrauen auf dieselben im Parlamente übernommen hatte, war es schwie⸗ rig, dem Englischen Ministerium eine solche den übersandten Noten widersprechende Erklärung begreiflich zu machen. Dazu kam noch die Verlegenheit, den Unwillen unseres durch diese sonderbaren Widersprüche bloßgestellten Bevollmächtigten zu be⸗ schwichtigen. Noch sonderbarer ist das Mittel, das man zur Abhülfe gewählt hat; man hat den General Baudrand nach London geschickt, um sich mit Lord Grey zu dbesprechen und dem Artikel des Moniteur Verzeihung zu verschaffen; zugleich wird er unserem Botschafter Aufschlüsse über das Verfahren des Mini⸗ steriums geben können. Wir wissen nicht, ob der seit einigen Tagen nach Brüssel abgegangene Herr von Latour⸗Maunbourg einen ähnlichen Auftrag bei unserem Gesandten in Belgien hat, aber man versichert, daß ernstlich von Eröffnung einer besonderen Konferenz für die Belgische Angelegenheit die Rede gewe sen sey, in welchem Falle wir genöthigt seyn würden, einen neuen Bot⸗ schafter zu derselben zu senden. Wir haben bereits einen Bot⸗ schafter und einen Gegenbotschafter in London, einen Botschaf⸗ ter und einen Gegenbotschafter in Brüssel, und wir werden außer⸗ dem eine Konferenz und eine Gegenkonferenz haben. Ma sieht also, daß, wenn es mit der Diplomatie nicht vorwärts will, der Mangel an Räderwerk nicht Schuld daran ist.“

Die Gazette de France will wissen, das Ministerium werde auch die letzten 12,000 Mann, welche König Leopold für seine Sicherheit bei sich zu behalten wünschte, aus Belgien zu⸗ rückziehen und dieses Land seinen eigenen Kräften überlassen.

In demselben Blatte liest man folgende Betrach⸗ tungen: „In dem jetzigen Zustande Frankreichs liegt etwas Un⸗ gewöhnliches, das unsere politische Existenz ungewiß macht und