Vor einigen Tagen starb der Commandeur des 4ten Linien⸗ Infanterie⸗Regiments der Polnischen Armee, Herr Majewski, im Lager dieser Armee.
Gestern zogen verschiedene Regimenter nedst Artillerie von der Russischen Armee durch die Hauptstadt.
Auf den letzten Warschauer Märkten bezahlte man für den Korzez Roggen 28 — 32 Fl., Weizen 38 — 42 Fl., ordi⸗ naire Erbsen 24 — 30 Fl., Zuckererbsen 30 — 32 Fl., Gerste 20 — 24 Fl., Hafer 15 — 17 Fl., und für ein Stück Rindvieh 13 — 18 Dukaten.
— — Warschau, 26. Sept. Den hente hier eingegan⸗ genen Nachrichten zufolge, ist das Rozyzkische Corps am 24sten d. in das Krakauische Gebiet gedräangt und dort entwaffnet worden.
Frgankire
Pairs⸗Kammer. Die Sitzung vom 21. Sept. er⸗ öffnete der Handels-Minister mit der Vorlegung des von der Deputirten⸗Kammer bereits angenommenen Gesetz⸗Entwurfs wegen Bewilligung einer Summe von 2 Millionen Fr. zur Be⸗ endigung verschiedener im Bau begriffener Kanäle. — Der Graf von Haubersart berichtete sodann über die in der Sitzung vom 9ten vorgelegten 5 Gesetz⸗Entwürfe von örtlichem Interesse und trug auf die Annahme derselben an. — An der Tagesord⸗ nung war hierauf der Bericht des Grafen Siméon über das von drei Gläubigern des Vicomte Dubouchage bei der Kammer eingereichte Gesuche, ihren Debitor wegen einer Wechselschuld von circa 22,600 Fr. gerichtlich belangen zu dürfen. Bekannt⸗ lich sitzt der Vicomte bereits seit dem 30. Juni d. J. auf den Antrag zweier anderer seiner Gläubiger im Gefängniß, von wo aus er sich am 12. Juli und wiederholt am 20. August in einem Schreiben an den Präsidenten der Pairs⸗Kammer, so wie dem⸗ nächst in einer in Druck gegebenen Denkschrift darüber beschwerte, daß er, ohne gehört zu werden, gefänglich eingezogen worden sey, und im Allgemeinen die Behauptung aufstellte, daß ein Pair im Laufe einer Session Schulden halber nicht verhaftet werden könne, wobei er sich auf den 43sten Artikel der Charte berief. Der Berichterstatter be⸗ merkte jetzt, daß dieser Artikel lediglich die Deputirten angehe; die Frage an sich, ob ein Pair auch im Laufe der Sesston ge⸗ fangen gehalten werden dürfe, habe die Kammer schon dadurch entschieden, daß ste bereits am 29. Januar d. J. auf den An⸗ trag anderer Gläubiger des Herrn Dubouchage ihre Genehmi⸗ gung zur Verhaftung dieses Letzteren ertheilt habe; der Vicomte berufe sich darauf, daß er durch seine Gefangenschaft behindert werde, dem Schreiben des Königs zu gehorchen, das ihm gebiete, bei Eröffnung der Sesston zugegen zu seyn; ein solches Gebot fasse indessen immer den Vorbehalt rechtmäßiger Behinderung in sich; eine solche sey aber hier vorhanden, und wenn sonach Hrn. Dubouchage ein Vorwurf treffe, so sey es nicht sowohl der, daß er an den Sitzungen der Kammer keinen Theil nehme, als daß er Schulden mache, die ihn daran behinderten. Alus diesen ver⸗ schiedenen Gründen trug daher auch der Graf Siméon am Schlusse seines weitläuftigen Berichts darauf an, den obgedach⸗ ten drei Gläubigern des Vicomte die von ihnen nachgesuchte Er⸗ laubniß zu ertheilen. Die Versammlung beschloß, sich mit die⸗ sem Gegenstande in ihrer Sitzung vom isten zu beschäftigen. — Die Herzoge von Choiseul und von Laforce, so wie der Graf von St. Priest, statteten hiernächst noch drei Petitions⸗
Berichte ab, worauf die Kammer sich bis zum nächsten Sonn⸗ abend vertagte.
Deputirten⸗Kammer. Sitzung vom 21. Septem⸗ ber. (Nachtrag.) Hr. Dupin d. Aelt., der im Laufe der Debatte über die Außere Politik des Ministeriums Hrn. Mau⸗ guin auf der Rednerbühne folgte, fand sich durch die Behaup⸗ tung dieses Letzteren, daß das Ministerium den Volksaufläufen nicht fremd geblieben sey, veranlaßt, die verschiedenen seit der Juli⸗Revolution stattgefundenen Unruhen näher zu charakteristren.
Er behauptete, daß diese Unruhen immer dasienige voll⸗ bracht haͤtten, was von den Journalen vorbereitet worden sey; von Zeit zu Zeit habe sich zwischen den Karlistischen und den Opposttionsblaͤttern eine auffallende Zaͤrtlichkeit und Uebereinstim⸗ mung der Ansichten kund gegeben; von beiden sey der Radikalismus, die absolute Freiheit, gepredigt worden. Dieselbe Erscheinung habe sich bei den Unruhen gezeigt. Gleichviel, von wem sie angezettelt worden, jedesmal haͤtten alle Parteien daran Theil genommen; auch die Missethaͤter, Diebe und Vagabunden seyen auf dem Schauplatze erschienen, um zu pluͤndern, uͤnd haͤtten zunaͤchst die Waffenlaͤden angegriffen, um den Glauben zu verbreiten, daß es ihnen nur um Waffen zu thun sey; dann aber haͤtten sie sich auch an die Laͤden der Uhrmacher und Goldarbeiter gemacht, unter dem Vorwande, daß diese zur Partei der richtigen Mitte gehoͤrten. Jede der Unru⸗ hen habe einen Vorwand und einen Zweck gehabt; jenen habe man offen angegeben, diesen aber geheim gehalten. Der offene Vorwand der Oktober⸗Unruhen sey dieser gewesen, daß die Regierung die gefan⸗ genen Er⸗Minister retten wolle, der geheime Zweck dagegen der Sturz des Ministeriums. Der menschenfreundliche Antrag auf Abschaffung der Todesstrafe sey bekanntlich von Hrn. v. Tracy gemacht und vom General Lafayette und dem damaligen Großsiegelbewahrer, Hrn. Dupont v. d. Eure, also von Maͤnnern unterstuͤtzt worden, denen man jene Ab⸗ sicht, die Ex-Minister zu retten, nicht unterlegen koͤnne. „Einen noch ernsthafteren Charakter“, fuhr Hr. Dupin fort, „hatten die De⸗ zember⸗-Unruhen. Nachdem auch diese Krise uͤberstanden war, glaub⸗ ten Einige den Staat in so großer Gefahr, daß sie die Regierung ermahnten, ihr Verfahren zu aͤndern, um der Wiederkehr solcher Unordnungen vorzubeugen; sie verlangten eine Modification in der bestehenden Ordnung der Dinge. Einige Tage nach jenen Unruhen forderte man vom Konige die Aufloͤsung der Kammern und die Ernennung eines neuen Ministeriums, dessen meiste Mitglieder man dem Koͤnige vorschrieb. Man wollte sogar das System un⸗ serer Institutionen aͤndern. Es ist nicht meine Absicht, ir⸗ gend Jemand anzuklagen, aber es bleibt immer ein wichti⸗ ges Faktum, daß man die Lage des Staates fuͤr ernst ge⸗ nug hielt, um eine Veraͤnderung der Verfassung vorzuschlagen. Der Minister, dem man diese Vorschlaͤge machte, erwiederte damals dem Urheber derselben mit unendlich viel Geist und Kraft: „„Sie sind der Fuͤrst v. Hohenlohe der Freiheit.““ Herr Laffitte mit Waͤrme: „Ich erklaͤre, daß ich kein Wort von dem gesagt habe, was mir der Redner beilegt.“ Herr Dupin: „Man hat es mir so er⸗ zaͤhlt.“ Herr Laffitte: „Es ist dennoch nicht wahr.“ Herr Du⸗ pin: „Graf Argout hat es mir erzaͤhlt, ich gestehe es offen und bitte ihn um Erlaubniß dazu, es sagen zu duͤrfen.“ Herr v. Argout: „Man nimmt mein Zeugniß in Anspruch, ich kann also nicht um⸗ hin, es zu geben. Ich bedauere, daß den ehemaligen Praͤsidenten des Minister⸗Rathes in diesem Augenblicke sein Gedaͤchtniß nicht richtig bedient. Er selbst hat mir diese Aeußerung wiederholt und mir erzaͤhlt, er habe sich nach einer lebhaften Eroͤrterung, deren Ge⸗ genstand der von Herrn Dupin angegebene gewesen, jenes Ausdruk⸗ kes bedient, der mir eben so richtig als malerisch erschien.“ Herr Laffitte: „Ich erklaͤre nochmals, daß ich nicht nur nichts der⸗ gleichen zu Hrn v. Argout gesagt habe, sondern daß ich gar nicht im Palais⸗Royal zugegen war, als der in Rede stehende Antrag ge⸗ macht wurde. Herr v. Argout irrt sich, und ich bin bereit, auf alle Einwuͤrfe zu antworten.“ Herr v. Montalivet: „Ich kann mein Zeugniß uͤber ein wichtiges historisches Faktum zu dem des Herrn v. Argout hinzufuͤgen. Es ist allerdings wahr, daß in den letzten
Ich spreche in dem wahren Interesse der arbeitenden Klassen. Pflicht der Kammer ist es, die Beduͤrfnisse des Landes, und nament⸗
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* 8 ““ S 1n 1ö1“ Tagen des Dezember dem Koͤnige Bedingungen vorgelegt wurden, daß ich diese Bedingungen gehoͤrt habe, und daß die Unterhaltung, in der sie zur Sprache gebracht wurden, wenigstens zum Theil, bei dem damaligen Befehlshaber der National⸗Garde in Anwesenheit des damaligen Praͤsidenten des Minister⸗Raths und meiner stattfand.“ Hr. Laffitte: „Ich wiederhole, daß ich Niemand im Palais⸗Ro⸗ yal gesehen habe, der Vorschlaͤge gemacht haͤtte; wenn aber Hr. v. Monta⸗ livet von einer beim Gen. Lafayette stattgefundenen Unterhaltung spricht, so ist das eine andere Sache. Ich berichtete getreulich dem Koͤnige die Unterhaltung, die ich mit dem General Lafayette an demselben Tage hatte, wo er seine Entlassung verlangte. Vielleicht habe ich es zu bedauern, daß der damalige Herr Minister des Innern zu⸗ gegen war; ohne ihn wuͤrde jene Unterredung vielleicht ein besseres Resultat gehabt haben.“ Herr Berryer: „Um der Ehre der Kam⸗ mer und des Landes willen verlange ich den Schluß der Debatte.“ Herr Dubois v. d. Niederen Loire: „Ich bitte um das Wort, um an das Reglement zu erinnern. Viele neue Deputirte, wenn nicht alle, hoͤren mit schmerzlicher Empfindung solchen Debatten zu. Das Reglement gestattet nicht dergleichen Unterbrechungen und Persoͤn⸗ lichkeiten. Bald sind es Verleumdungen der Journale, bald Ge⸗ ruͤchte uͤber Privat⸗Unterhaltungen, und wir gewaͤhren dem Lande ein aͤrgerliches Schauspiel; ich bin kein Redner, fuͤhle aber die Verletzung unserer Wuͤrde stark genug, um die Erinnerung an das Reglement oder den Schluß der Verhandlung zu verlangen.“ Herr Dupin: „Man haͤtte den Schluß vor der Anklage verlangen sollen. Es ist sonderbar, daß man einem auf die Person des Koͤnigs bezuͤglichen Faktum, wobei es sich um eine Veraͤnderung der Ver⸗ fassung handelte, den politischen Charakter absprechen will. Genirt man sich denn, den jetzigen Praͤsidenten des Ministerraths auf die Scene zu bringen? Warum soll sein Vorgaͤnger ein Vorrecht vor ihm haben? Jene Sache war von Wichtigkeit fuͤr das Land, wie fuͤr die neuen Deputirten, und wegen ihrer namentlich habe ich sie beruͤhrt, um zu beweisen, daß eine Reihe von Versuchen gemacht worden ist, um den Koͤnig zu einer Veraͤnderung der Staagts⸗Ver⸗ fassung zu bewegen. Seine Antwort ist zu edel und schoͤn, als daß ich sie nicht wiederholen sollte. „„Man kann mich,“ sagte er, „„in meinem Palaste angreifen; man kann mich in einem Volks⸗Aufruhr erschießen, aber ich habe der Char⸗ te Treue geschworen und werde nicht .. werd ⸗ (Bei diesen Worten erscholl von allen Baͤnken rauschender Beifall und der Ruf: Es lebe der Koͤnig!) Wie kann man die Regierung der Beguͤnstigung der Unruhen beschuldigen, waͤhrend die persoͤnliche Sicherheit der Minister angegriffen wird. Daß die Minister in Lebensgefahr kommen und gendthigt werden, sich durch die dffentliche Macht beschuͤtzen zu lassen, ist in einem Lande unbegreiflich, das sich civilisirt nennt und so viel Freiheit zu besitzen glaubt, daß es aller Welt davon etwas anbietet. Ich glaube, meine Herren, in meinem Vortrage mehr das wahre Interesse des Landes im Auge zu haben, als wenn ich von der Diplomatie spraͤche. Warum beschaͤftigen wir uns in unserer Lage so viel mit fremden Laͤndern? Man verlangt von der Regierung, sie solle allen Arbeitern Beschaͤf⸗ tigung geben; das ist aber hoͤchst ungerecht. Wenn man 100 Mil⸗ lionen, ja das ganze Budget, fuͤr diesen Zweck zur Verfuͤgung der Regierung stellte, so wuͤrde dies auch zu nichts fruchten. Das wahre Mittel, den Arbeitern Brod zu verschaffen, ist, den Reichen und uͤberhauyt den Besitzenden Sicherheit zu gewaͤhren; b den Straßen⸗Unruhen Theil nehmenden Leute sind es doch gewiß nicht, die den Arbeitern Beschaͤftigung geben koͤnnen. Die an den Unruhen Theil nehmenden Arbeiter verdienen diesen Namen nicht; sie sind Muͤßiggaͤnger, die es vorziehen, 40 Sous dafuͤr zu empfan⸗ gen, daß sie rufen: Nieder mit den Ministern! als ehrlich und muͤh- sam fuͤr sich und ihre Familie das taͤgliche Brod zu 1. ie
lich die des gegenwaͤrtigen Zustandes desselben, zu beruͤcksichtigen; aber sie kommt damit nicht vorwaͤrts. Sie muß entweder dem jetzi⸗ gen oder irgend einem anderen Ministerium die Majoritaͤt geben; denn nichts ist nachtheiliger fuͤr uns, als eine schwankende Kammer ohne Majoritaͤt. Es giebt viele Maͤnner, die nur um die Populari⸗ taͤt buhlen und Alles zum Gegenstande der Opposition machen. Es
fehlt bei uns nur noch, daß der Koͤnig opponirt. Wohin soll das
fuͤhren? Lassen Sie uns dem Koͤnige und der Charte treu seyn und uns mit den organischen Stgagatsgesetzen, vor Allem mit der Patrie,
und zwar mit Ruhe und Wuͤrde, beschaͤftigen.“
Herr Guizot, der sich nach Herrn Dupin vernehmen ließ, that dies nur in der Absicht, ein ihn persönlich betreffendes Fak⸗ tum zu berühren.
Dieses Faktum, aͤußerte er, sey die von Herrn Mauguin zur Svrache gebrachte Angelegenheit der Spanischen Fluͤchtlinge; er wuͤnsche, daß diese Sache voͤllig aufgeklaͤrt werde. Als bald nach der Juli⸗Revolution die in Frankreich und England lebenden Spa⸗ nischen Fluͤchtlinge den Plan zu einer Invasion in Spanien gefaßt haͤtten, waͤren sie darin von vielen Mitgliedern der jetzigen Opposi⸗ tion ermuthigt worden, die es sich zur Ehre gerechnet haͤtten, die Sache jener Fluͤchtlinge zu unterstuͤtzen; auch haͤtten unter den Blaͤt⸗ tern alle Organe der Opposition dieses Unternehmen offen gelobt und dazu aufgemuntert. Die Regierung dagegen habe ihrer⸗ seits nicht das Mindeste dazu beigetragen, vielmehr diese Sache als eine solche betrachtet, die sie nur in Verlegenheit setze; weit entfernt, das Unternehmen zu unterstuͤtzen, habe ihr Interesse sie wuͤnschen lassen muͤssen, daß dasselbe nicht zur Ausfuͤhrung kom⸗ men moͤge. Allerdings habe die Regierung mehreren Spanischen Fluͤchtlingen Paͤsse ertheilen lassen, uͤm sich nach der Spanischen Graͤnze zu begeben oder auch im Innern des Landes zu reisen, in⸗ dessen habe man diese ihnen gesetzlich nicht verweigern koͤnnen; die Beduͤrftigsten unter ihnen haͤtten auch eine Unterstuͤtzung von 3 Sous fuͤr die Lieue erhalten. Die Regierung habe sich, indem sie den Fluͤchtlingen erlaubt, in Frankreich zu reisen, streng an die Gesetze gehalten und zugleich jeden Konflikt mit Maͤnnern vermei⸗ den wollen, von denen das Ministerium, und namentlich er (Herr Guizot), taͤglich angegriffen worden sey, weil er nichts mehr fuͤr das Unternehmen der Fluͤchtlinge gethan habe. Die Spanische Regierung habe bald uͤber die Anhaͤufung der Fluͤcht⸗ linge an der Graͤnze gegruͤndete Klage gefuͤhrt, die von dem Fran⸗ oͤsischen Kabinette haͤtte beruͤcksichtigt werden muͤssen. Letzteres habe aher die Detaschements der Ausgewanderten von dort entfernen, zerstreuen und spaͤter entwaffnen lassen. Das Ministerium habe auf diese Weise seine Pflicht gegen auf Franzoͤsischem Gebiete be⸗ findliche Fremdlinge zu erfuͤllen gesucht, ohne dadurch seine Verhaͤlt⸗ nisse mit Spanien zu verwickeln. Dies sey das genaue Sachver⸗ haͤltnisg. Nach Beseitigung dieser persoͤnlichen Angelegenheit be⸗ kaͤmpfte Herr Guizot die von Hrn. Mauguin gegebene Darstellung der Lage der Dinge in Bruͤssel und Warschau. In ersterer Stadt sey kein Kampf zwischen den Orangisten und der National⸗Partei, sondern zwischen den Letzteren und den Klubs geliefert worden; et— was Aehnliches habe in Warschau stattgefunden. Herr Mauguin urtheile uͤber die in Belgien und Polen stattgefundenen Ereignisse absichtlich schief, um auch die Lage der Dinge in Paris aus einem falschen Gesichtspunkte betrachten zu koͤnnen.
Deputirten⸗Kammer. In der Sitzung vom 22. September erfolgte zuvörderst die Aufnahme mehrerer neu ge⸗ wählter Deputirten, worauf die von Herrn Mauguin angeregte politische Debatte fortgesetzt wurde. Der General Lafayette gab unter Anderem seine Verwunderung darüber zu erkennen, daß Tages zuvor zwei Minister (Argout und Montalivet; s. oben) der Versammlung von einem vertraulichen Gespräche Mittheilung gemacht hätten; der König, äußerte er, müsse es höchst seltsam finden, daß man die Kammer von solchen Dingen unterhalte; was die Sache selbst betreffe, daß man nämlich dem Monarchen gerathen habe, an der Verfassung Hand anzulegen, so antworte er darauf, wie im Jahre 1792 vor der National⸗Versammlung
denn die an
auf eine Denunciation der Jakobiner⸗Partei: Dies ist nich wahr! Herr Ganneron bemerkte, es sey anfangs seine Absic gewesen, Hrn. Mauguin auf die Gefahren aufmerksam zu machen die die stets erneuerte Frage über Krieg und Frieden dem Hande und. Gewerbfleiß biete; seitdem hätten die Pariser Unruhen stamg gefunden, und er habe nunmehr gehofft, daß sein ehrenwerthe Kollege mindestens seine Proposition vertagen werde, um jeme Unruhen keine neue Nahrung zu geben; da dies indessen nic geschehen, die Sitzung des vorigen Tages vielmehr höchst ärge lich gewesen sey, so schlage er der Kammer vor, nunmehr zu g klären, daß sie, zufriedengestellt durch die von den Ministern g. gebenen Aufschlüsse und im Vertrauen auf deren Sorgfalt fe die äußere Würde und innere Sicherheit des Landes, zur Tage⸗ ordnung schreite; es sey nothwendig, daß der Ungewißheit i Ende gemacht werde; habe das Ministerium nicht mehr das Voa trauen der Kammer, so müsse es abtreten; habe es sich dagege (wie dies seine Meinung sey) stets des Landes und der Ka
mer würdig gezeigt, so müßten jene ewigen Angriffe auf dassel auch aufhören. Nachdem Herr von Trachy verlangt, daß d Berathung fortgesetzt werde, ließ sich der Kriegs⸗Minist ausführlich über die Lage des Landes in militairischer Hinstt vernehmen. Was zunächst die Armee betreffe, so gebe das Buk get den Effektiv⸗Bestand derselben an; sie sey überdies treu erg den, disciplinirt, lernbegierig, und ihr Betragen verdiene überg das größte Lob; er verbürge sich dafür, daß Frankreich auf rechnen könne, und daß sie eher untergehen, als den vaterläng schen Boden vom Feinde betreten lassen werde. „Außer de Linie“, fuhr der Marschall fort, „giebt es aber noch eine R. tional⸗Garde; ein Gesetz über dieselbe verfügt, daß im Falle de Gefahr einzelne Bataillone derselben mobil gemacht werden köme ten. Man bereitet gegenwärtig eine Arbeit vor, wodurch die Bestimmung ins Leben gerufen werden soll; natürlich bedarf dazu eines neuen Gesetzes, und dieses soll Ihnen vorgelegt we den, sobald die Umstände es erforderlich machen. Ich glaud hiernach, daß die Kammer über den Vertheidigungs⸗Zustand dö Landes ganz unbesorgt seyn kann. Noch füge ich hinzu, de nach Ausweis der mir zugehenden Berichte die Truppen libern vom besten Geiste beseelt sind. Ich gebe zu, daß auf eina Punkte (in Brest), auf Anlaß eines neu ernannten, übrige verdienstvollen, Stads-Offiziers, unruhige Auftritte stattgefund haben. Dieser Offizier hatte aber, wie ich selbst nicht wußte, an früherer Zeit ungünstige Erinnerungen zurückzelassen. Kaum erfu ich dies, als ich dem Könige vorschlug, ihn abzuberufen; er ist seitde wieder auf den Etat der disponibeln Offiziere gebracht worden.“ D. General Stroltz erhob sich gegen die von Hrn. Ganneron verlangt Tagesordnung. Es müsse, meinte er, über die wahren Abstchte des Ministeriums hinführo auch vnicht der leiseste Zweifel met walten; man solle den unbestimmten Beschuldigungen, die gege dasselbe vorgebracht würden, keinen Glauben schenken; oft hatß der Ankläger dabei keine andere Absicht, als die Stelle des N geklagten einzunehmen; ohne Zweifel hätten die Minister Fehle begangen, dies sey aber das Loos jedes Menschen, und Niemam hätte es in der verwickelten Lage, worin Frankreich und Euroy sich befänden, besser gemacht; das Ministerium habe sich als ei Ministerium des Friedens angekündigt, und, obgleich Solda lobe er dies. Herr Bodin unterstützte die Tagesordnung, we gegen Herr Tardieu die Diskussion fortgesetzt wissen wollt Der Letztere tadelte namentlich die imnere Verwaltung; übera meinte er, habe man die Anhänger der vorigen Dynastie in Amte behalten; gern wolle er glauden, daß sie ihre Pflicht the ten; wemmn aber schlechte Tage kämen und der Feind an de Gränze erschiene, so würden sie das Land verrathen. Es se unmöglich, daß unter solchen Umstanden aufrichtiges Vertraue wieder erwachen könne. Der General Bugeaud verlangt den Schluß der Debatte; es sey die höchste Zeit, — und Acke bau, Handel und Gewerbfleiß mahnten täglich daran — d man Frankreich die Ruhe zurückgebe; jeder Tag koste dem Land Millionen. Der Redner kam sodann auf die Polnischen Ang legenheiten zu sprechen und stimmte zuletzt für die Tagesordnung Der General Lamarque äußerte sich über den Vertheidigung Zustand des Landes, den er nicht so gut fand, als der Kriege Minister ihn geschildert hatte; namentlich tadelte er es, daß de Französische Heer nicht längst, gleich dem Preußischen und Oestre reichischen, in Brigaden, Divisionen und Armee⸗Corps gethen sey und sich, wie diese, fleißig im Manövriren übe; Beides se nicht bloß für die jungen Soldaten, sondern auch für die alten Generale gut, die seit 15 Jahren die Hände in den Schoß les ten und ganz und gar verlernten, wie es im Felde zugehe. A Schlusse seines Vortrages gab der Redner auch noch den Wunse zu erkennen, daß man der Armee eine Reserve gebe und die mͦe bile National⸗-Garde organistre. Der Kriegs⸗Ministe bemerkte, daß, was Herr Lamarque verlange, nämlich d Bildung von Brigaden, Dirvisionen und Armee⸗Con zum Theil bereits bestehe: nämlich bei der Nord⸗-Armee. Fu lich, fügte er hinzu, wäre es wünschenswerth, wenn man de gleichen Formationen vervielfältigen könnte; indessen wisse Kammer am besten, daß es ihm an den benöthigten Geldme teln dazu fehle; die in Belgien stattgefundenen Ereignisse, deren Folge eine Armee dorthin geschickt worden sey und jetzt Lager bei Givet aufgeschlagen werde, setzten ihn ohnehin in k Nothwendigkeit, von der Kammer einen neuen Kredit zu verle gen. Auf den von dem vorigen Redner gegebenen Wink, d. man die Armee im Manövriren üben solle, erwiederte der Mit ster, daß es dazu der Zeit bedürfe; man solle doch nur bedenke daß das Heer überhaupt erst seit 6 Monaten bestehe; um dassel auf den Stand zu bringen, auf dem es sich gegenwärtig befinmd habe es unendlich viele Mühe gekostet, und man dürfe sich dah nicht wundern, daß noch keine Uebungs⸗Lager aufgeschlagen m. noch keine Brigade-Generale für die einzelnen Truppen⸗Co⸗
ernannt worden seyen; übrigens bedürfe es hierzu des Geld und man habe gewiß alle Ursache, die Ausgaben nicht unnütz
vermehren. Nach einer kurzen Erwiederung des Generals Le marque ergriff der Präsident des Minister⸗Rathe das Wort. Er erklärte, es sey seine Absicht, die Diskusston,! sich von ihrem wahren Standpunkte entfernt, wieder auf dense ben zurückzuführen; es sey nämlich die Tagesordnung in Antn⸗ gebracht worden; anstatt aber über diese zu sprechen, sey m. noch einmal auf die allgemeine Diskussson zurückgekommen,
daß es unmöglich werde, zu erkennen, was die Kammer eiger lich wolle; sie möge sich daher darüber aussprechen, ob sie d allgemeine Berathung fortsetzen, oder sich mit der motivirten? gesordnung beschäftigen wolle. General Lamarque habe auf neue Punkte in Anregung gebracht, hinsichtlich deren die Ka⸗ mer bereits entschieden dem Systeme der Minister beigetreten s— Die Kammer habe in der Adresse den Wunsch einer baldige allgemeinen Entwaffnung von Seiten der Mächte, oder, mit d deren Worten, der Erhaltung des Friedens, mit der Regierung theilt. Dessenungeachtet schlage jetzt General Lamarque Mobilmachung von 300 Bataillonen National⸗ Garde vyoe obschon er wisse, daß, dem Gesetze über die Organisation der N
es mobil gemacht werden solle.
onal⸗Garde zufolge, letztere nur im Falle eines drohenden Krie⸗ . Die Regierung sey in Bezug
if die Vertheidigung des Landes ohne Beforgniß Frankreich site, wie der Kriegs⸗Minister so eben dargelegt, eine gut or⸗ anisirte und disciplinirte Armee, die von 1,500,000 Mann be⸗ affneter National⸗Gardisten unterstützt werde. Ein Theil der ammer mache dem Ministerium Vorwürfe, weil es keine An⸗ alten zum Kriege mache, ein anderer dringe in dasselbe, die all— meine Entwaffnung zu beschleunigen. Eimerseits werfe man n Ministerium vor, es spreche nicht stolz genug zu den aus⸗ ärtigen Mächten, andererseits fordere man es auf, sich zur Ver⸗ eidigung gegen eine zweite Invasion zu rüsten. Die Kammer öge diese Widersprüche mit einander ausgleichen und erklären, sie die in der Adresse ausgesprochenen Llmsichten noch hege, her ob sie den Antrag des General Larmarque annehmen olle. Herr v. Mosbourg, welcher Herrn Perier auf der ednerbuhne folgte, äußerte, es scheine ihm, daß man e Kammer zu einem allen parlamentarischen Gebräuchen widerlaufenden Schritte verleiten wolle. Er für seine Person sse den Absichten der Minister gewiß alle Gerechtigkeit wider⸗ hren; daß man aber die Gesinnungen eines Ministeriums lobe d das Talent der Mitglieder desselben ehrend anerkenne, sey och kein Grund, sein ganzes System zu billigen. Nach seiner nsicht dürfe die Fammer sich niemals über das Ganze eines zystems aussprechen; sie würde daher durch die Annahme der anneronschen Proposttion gegen den parlamrenntarischen Gebrauch rstoßen und gewissemmaßen Verbindlichkerten gegen das Mini⸗ erium eingehen; er unterstütze daher die einfache Tagesordnung. Ein hestiger Wortwechsel, der sich nun zwischen den Centris
d einigen Rednern der Opposition darüber entspann, ob über die nfache oder die motivirte Tagesordnung votirt werden solle, ranlaßte den Präsidenten zu folgender Bemerkung: „Ich aube an den wahren Stand der Frage erinnern zu mütssen. heit drei Sitzungen beschäftigt sich die Kammrer mit einer Frage, ren im Reglement nicht gedacht ist. Das erste Beispiel von higressonen dieser Art wurde in der vorigen Sesston gegeben; her ist über die dabei zu befolgende Ordnung, wie gesagt, im eglement nichts bestimmt. Herr Ganneron hat eine motivirte agesordnung vorgeschlagen, ein Fall, über den sich das Regle⸗ ent ebenfalls nicht ausspricht. Dennoch glaubte Ihr Prästdent i dem gegenwärtigen Stande der Frage die Entwickelung die⸗ 6 Antrages erlauben zu können, wird jedoch die Kammer, un ste es wünscht, darüber befragen.“ Herr Dupin d. Aelt.
ahm jetzt das Wort für die motivirte Tagesordnung; diese sey ine Billigung des ganzen ministeriellen Systems, kein mit den Ninistern abgeschlossener Vertrag, sondern mur die Erklaͤrung, aß die von ihnen gegebenen Aufschlüsse gentigten, und daß das zertrauen der Kammer zu ihnen nicht erschfrttert worden sey; enn eine motivirte Tages⸗Ordnung nicht in dem Gebrauche der hammer liege, so sey dies noch kein Grund, es auch heute nicht thun. Jeder Tages⸗Ordnung liege ein Motiv zum Grunde;
aß dieses auch ausgesprochen werde, ändere nicht die Natur rselben; die einksache Tages⸗Ordnung habe gewöhnlich den Prund, daß die Kammer einer Debatte müde sey und zu etwas nderem üuͤbergehen wolle; dies würde aber im vorliegenden Falle nangemessen seyn; die Kammer habe nicht nur dem Ministe⸗ um Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, sond ern auch über das Nihrem Schoße Vorgefallene ein Urtheil zu fallen. Die bloße ages⸗Ordnung würde, insofern sie nur Ernrüdung oder Gleich⸗ ültigkeit, oder das Bedürfniß, zu etwas Anderem überzugehen, sspräche, weder die Opposition, noch die Vertheidiger des Mi⸗ isteriums, noch das als Beobachter dastehende Land besfriedigen. halte die Kammer die Anklage für gegrüindet, so möge ste es gen; sey sie durch die gegebenen Aufschliisse befriedigt worden, möge sie dasselbe thun; es bleibe der Kaummer darum doch
benommen, in anderen Fäͤllen das Ministerium zu tadeln. err Laffitte dagegen Unterstützte die einfache Tages⸗Ord⸗ ng, zu welcher die Kammer, nach seiner Llusicht, um so mehr dergehen könne, als die bisherige Debatte keine Anklage gegen as Ministerium gewesen sey; ein zweiter Grund für die ein⸗ nche Tages⸗Ordnung liege darin, daß die Kammer so eben in ren Bureaus zwei Propositionen, von denenn die eine eine Un⸗ rsuchung über den inneren und äußeren Zrrstand des Landes, e andere die Vorlegung aller auf die Französische Politik be⸗ üglichen amtlichen Aktenstlicke zumm Gegenstande gehabt, bereits erworfen habe.*) Er verlange daher zwei Dinge; erstens, daß er Prästdent den Schluß der Diskussion, nunds zweitens, daß er eeinfache Tages⸗Drdnung, welcher der Vorrang vor allen übri⸗ n Proposttionen gebüihre, zur Abstimmting bringe. Die von herrn Ganneron vorgeschlagene motivirte Tages⸗Ordmnung sey icht nur reglementswidrig, sondern auch überflüssig, da die ein⸗ che den wesentlichen Zweck, nämlich die Debatte zu schließen,
ben so gut erfülle. Herr Laurence verlangte das Wort, um gen den Schluß der Debatte zu sprechen; seit vier Tagen habe ch die Kammer nur mit den auswärtigen Angelegenheiten beschäf⸗ gt, die inneren habe man ganz bei Seite liegen lassen, und dennoch stände zwischen beiden die innigste Beziehtumg und Wechselwi⸗ ung. Nach seinem Dafürhalten liege das wahre Uebel des andes in seinem inneren Zustande, der, wenn er noch länger rtdaure, den Untergang desselben herbeiführen müüsse; eben so finde sich die Regierung fast in einem Zustande der Auflösung d wisse nicht mehr, wie sie sich halten solle; er habe daher
e Bürgerpflicht erfüllen, die Lage des Landes, die Verhält⸗
sse der Parteien zu einander näher auseinander setzen und dem inisterium einige Mittel an die Hand geben wollen, um dem
ebel abzuhelfen. Der Redner schloß seinen, durch
r Betheuerung, daß er nur das Beste des Landes im Auge abe, und mit der Bitte, daß die Versammlung die Debatte
cht schließen möge, ohne eine Darlegung des inneren Zustandes
rankreichs vernommen zu haben. Nachdem Herr Ganneron
e Motive seines Antrages nochmals vertheidigt hatte, schlug err v. Tracy vor, die Kammer möge zumächst die Diskusstor
ber die auswärtigen Fragen schließen und dann die Erörterunga bet den inneren Zustand des Landes anhören, ruinn zuletzt mit vollstn⸗ ger Sachkenntniß bestimmen zu können, ob zur einer motivirten der reinfachen Tagesordnung Anlaß vorhanden sey. Hr. Guizo ver⸗ ugte, daß die Proposttion des Hrn. Ganneron getheilt were; es äre nämlich sehr möglich, daß die Kammer die auswärtige Oolitik 6 Ministeriuns billigte und dagegen die innere Ver'altung delte; man möge also zunächst ein Urtheil über die erere fäl⸗ i und sich demnächst mit der letzteren beschäftigen; fide man sdann, daß diese tadelnswerth sey, so könne man, eba so gut
*) Diese beiden Proposttionen waren (wie unseren lesigen Le⸗ in bereits durch die gestrige Nachschrift bekannt ist), di erstere von rn. Mauguin, die letztere von Hrn. Salverte, Taggeszuvor einge⸗ acht und vor obiger Sitzung, jene von saͤmimtlicher9 Bureans,
gese von 8 gegen 1 verworfen worden, so daß keine n beiden in r Kammer weiter zur Sprache kommen wird.
den in der ammer herrschenden Tumult häufig unterbrochenen, Vortrag mit
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wie dort ein billigendes, hier ein mißbilligendes Votum abgeben. Hr. Odilon-Barrot, der dem vorigen Redner auf der Tri⸗ bune folgte, stimmte dafür, daß man über die ganze Frage zur einfachen Tages⸗Ordnung übergehe. „Es ist Zeit“, äußerte er unter Anderem, „daß diese Debatte ein Ende nehme, da sie zu keinem nützlichen Resultate führen kann. Hätte das Ministerium nur eine Genugthuung für die gegen einige seiner Mitglieder erhobene Beschuldigung, daß sie emen mehr oder minder direkten Antheil an den Umuhen und geheimen Verbmdungen mit der vorigen Regierung genommen, verlangt, so würde ich selbst für eine ausdrückliche und glänzende Ehren⸗Erklärung stimmen; man muß auch gegen seine Gegner gerecht seyn, und es ist Keiner un⸗ ter uns, der sich nicht gegen solche Beschuldigungen erhöbe. (Zeichen der Verwunderung; alle Blicke sind auf Hrn. Mauguin gerichtet.) Will man aber die Kammer dazu verleiten, eine seierliche Beitritts-Erklärung zu der äußeren oder inneren Poli⸗ tik des Ministeriums abzugeben, so behaupte ich, daß man ste dadurch auf eine falsche Bahn bringt. Die Kammer darf ihren Beifall oder Tadel dem Ministerium nicht durch eine mottvirte Tages⸗Ordnung zu erkennen geben, indem sie dadurch, im völligen Widerspruch mit den weisen Anordnungen des Reglements, eine Frage von höchster Wichtigkeit der vorherigen Prüsung der Bu⸗ reaus entziehen würde. Durch eine Theilung des Urtheils liber das System des Ministeriums würde die Würde der Kam⸗ mer aber vollends kompromittirt werden. Wie läßt sich eine scharfe Gränzlinie zwischen der auswärtigen und inneren Politik ziehen? Beide stehen zusammen in genaner Berührung und lassen sich nicht von einander trennen. Aus zwei Gründen also muß die vor⸗ geschlagene Theilung verworfen werden: einmal des Reglements we⸗ gen und zweitens aus einer höheren Rücksicht auf das allgemeine In⸗ teresse des Landes; denn man darf wohl einzelne Handlungen eines Ministeriums, nie aber sein ganzes System, billigen. Ich stimme daher für die einfache Tagesordnung; auf die inneren Angele⸗ genheiten werden wir ohnehin bei den Berathungen über das Budget zurückkommen.“ Herr Laurenece bemerkte hierauf: als man beim Beginn der Sitzung die einfache Tagesordnung in Antrag gebracht, habe er geglaubt, daß man es bei der Auf⸗ regung, worin sich die Kammer seit zwei Tagen befinde, für ge—⸗ fährlich halte, so wichtige Fragen, wie diejenigen, die er an die Minister habe richten wollen, in Anregung zu bringen. So viel Mühe ihm daher auch seine Arbeit gekostet, so würde er sie mit Vergnügen zurücklegen, wenn er irgend der Meinung wäre, daß die öffentliche Ruhe solches erforderlich mache. Indessen habe der vorige Redner mit dem ihm eigenen Talente die Frage wie⸗ der auf das Terrain zurückgebracht, wo sie sich bei der Eröffnung der Sitzung befunden; er erkläre sonach, daß, wenn man irgend glaube, daß die Ruhe in der Versammlung durch seine Worte gestört werden könnte, er bereit sey, zu schweigen. Als der Red⸗ ner bei diesen Worten durch zahlreiche Stimmen in den Centris mit dem Ausrufe: „Nein, nein! sprechen Sie immer zu!“ un⸗ terbrochen wurde, führ er also fort: „Es thut mir leid, daß das, was ich für ein Versöhnungsmittel hielt, einigen Mitgliedern nicht als solches erscheint; dennoch wiederhole ich, daß ich, um die Eintracht aufrecht zu erhalten, bereit bin, meinen Antrag zurückzu⸗ nehmen, insofern die Kammer zur einfachen Tages⸗Ordnung schrei⸗ ten will. (Stimmen in den Centris: „Das genügt nicht! Sa⸗ gen Sie, daß Sie Ihre Proposktion unbedingt zurlicknehmen!“) Hr. Laurence: „Nun gut, so erkläre jch, daß ich meinen An⸗ trag zurücknehme.“ Sofort riefen mehrere Stimmen, daß man eine so wesentliche Proposition nicht ohne Weiteres zurücknehme, und der Präsident des Minister⸗Raths bemerkte, daß Niemand durch die Ankündigung einer solchen Proposition die Kammer im Laufe ihrer Berathungen stören würde, wenn man ihr nicht Dinge von höchster Wichtigkeit mitzutheilen hätte. „Herr Laurence“, fuhr der Minister fort, „ist General⸗Advokat. Bevor er seine Pflichten als Deputirter erfüllt, liegen ihm Pflichten als Staats⸗Beamter ob. (Unterbrechung.) Wenm mich auch die Meinungen eines Beamten in seiner Eigenschaft als Depu⸗ tirten nichts kümmern, so bin ich doch, als Chef der ganzen Verwaltung, und der Herr Großstegelbewahrer, als Chef der Justiz, berechtigt, einen solchen Deputirten zu mahnen, daß, wenn er der Regierung wichtige Dinge zu offenbaren habe, seine nächste Pflicht ihm gebiete, solches zu thun. Ich fordere also Herrn Laurence hierzu auf. (Abermalige Unterbrechung. Stimme zur Linken: Sie haben kein Recht, einen Deputirten zu etwas aufzufordern! Herr Jollivet: „Wir waren schon am Ziele, und Sie fangen die ganze Diskusston von vorn wieder an!““) Man beschwert sich über die Regierung, daß sie sich nicht zeige, daß sie schlecht berichtet seh. Wie ist dies aber anders möglich, wenn ein Beamter uns von dieser Rednerbühne herab anschuldigen darf, ohne zuvor seine erste Pflicht gegen die Re⸗ gierung erfüllt zu haben? (Neue Unterbrechung: „Es giebt hier keine Beamten, sondern bloß Deputirte!“) Noch einmal, m. H., es ist nicht meine Absicht, die Unabhängigkeit und Freiheit Ihrer Berathungen irgend zu beeinträchtigen; aber ich wiederhole es: wenn man gleichzeitig Beamter und Deputirter ist, so muß man vor Allem die Regierung aufklären. Wir beschwören Hrn. Laurence daher, wenn irgend eine wichtige Thatsache zu seiner Kenntniß ge⸗ kommen ist, sie uns mitzutheilen, was auch daraus entstehen mag.“ Herr Laurence erwiederte Folgendes: „Ich weiß voll⸗ kommen, daß ich General⸗Advokat bin, glaube indessen, meine Pflichten als Beamter und als Deputirter mit einander verbin⸗ den zu kömnen. Sobald ich die Thore der Hauptstadt erreicht und meinen Sitz in dieser Versammlung eingenommen hatte, hörte meine Eigenschaft als Beamter für mich auf, und ich be⸗ trachtete mich mur noch als einen Bürger, der, wie jeder andere, dazu berufen ist, sich mit den Angelegenheiten seines Landes zu beschäftigen und seine Meinung darüber, befragt oder unbefragt, abzugeben. Erst, nachdem die Thüren dieses Saales wieder ge⸗ chlossen worden, werde ich mein Amt als General⸗Advokat wie⸗ der antreten, wenn anders man es mir läßt. Ich hatte die Ab⸗ sicht angekündigt, meine Proposition zurückzunehmen; das Ministe⸗ rium befürchtet aber, daß diese Zurücknahme Besorgnisse fortbeste⸗ hen lassen möchte, die im Interesse des Landes selbst verscheucht werden müßten. Es führt mich auf das Terrain zurück, das ich nicht aufgegeben, sondern nur augenblicklich verlassen hatte. Ich folge ihm dahin. Sie wissen, m. H., daß zur Erörterung von Fragen über die höhere Politik die Gelegenheit nie fehlt. Ich werde daher meine Proposttion vertagen und nicht zurück⸗ nehmen, damit mich nicht der Vorwurf einer Inkonsequenz treffe, den ich mir nicht zusiehen mag. Bleibt also das Ministerium bei der Meinung, daß meine Proposition in dem eigenen Inte⸗ resse des Landes entwickelt werden müsse, so erkläre ich hiermit, daß ich sie wieder aufnehme, jedoch einzig und allein auf seine Aufforderung und um meine Pflicht als guter Bürger zu er⸗ füllen.“ Der Großsiegelbewahrer bemerkte hierauf, daß er an dem Patriotismus des vorigen Redners nie gezweifelt habe; beharre derfelbe bei seiner Absicht, von den Ministern Auf⸗ schlüsse über die innere Verwaltung zu verlangen, so würden sie solche ohne Zaudern und ohne Rüͤckhalt geben. Mehrere Stim⸗
auf den folgenden Tag verlegt werde, während die Centra sie noch an demselben Tage zum Schlusse bringen wollten. Die
noch um 7 ½ Uhr die Rednerbühne bestieg, um die motivirte Ta⸗
stimmen lassen. 1 die Priorität für die einfache Tages⸗Ordnung.
zu geben sey, abgestimmt werden. für die erstere; sie lautete, nach der von Herrn Gunzot verlang⸗ ten Theilung, also:
Sorgfalt fur die Behauptung der äußeren Würde Frankreichs, geht zur Tagesordnung über.“
hierauf die Abstimmung mittelst Kugelwahl. Während des Na⸗
der Versammlung eine ungemeine Bewegung.
daß die Tagesordnung in der obigen Form mit einer Majorität von 85 Stimmen durchging.
der letzten Adresse an Se. Majestät Karl X., die Opposition de Polignacschen Ministeriums bestand. es, daß der General Lafayette, in die Urne warf, sie dreimal dem Präsidenten zeigte. Mehrere andere Mitglieder der Opposttion stimmten ebenfalls offen. Die Versammlung trennte sich erst um 8 Uhr. Llm solgenden Tage wollte Herr Laurence angekündigtermaßen über die innere Lage des Landes verschiedene Aufschlüsse von den Ministern verlangen.
Waris, 23. Sept. Dom Pedro mit seiner Familie der Königlichen Familie einen Besuch ab.
Chef des Generalstabes der Nationalgarde mehrere Tage lang wortet heute im Momtteur und im Journal des Debats auf die von Herrn Audry de Puyraveau in der Sitzung vom 20sten d.
Bekanntmachung des Berichts, den ihm der mit dem Befehle liber die am 19ten d. vor der Deputirten⸗Kammer aufgestellten
Dem Journal du Commerce zufolge, würde der von Herrn Salverte eingebrachte Antrag auf Vorlegung der diploma⸗
Bureaus erklärt hätte, die auf bereits abgeschlossene Verhand⸗
mit den noch nicht beendigten, daß der Erfolg derselben durch die Mittheilung der ersteren kompromittirt werden würde; er werde übrigens den einzelnen Herren Deputirten alle von ihnen ver⸗ langte Aufschlüsse geben, nur von der Rednerbühne herab konne er dies nicht thun. die Verwerfung der Proposition des Herrn Salverte gehabt. 8 Der Temps sagt: „Man hat bemerkt, daß die Mmorität der Kammer bei der Diskussion über die Adresse nur 73 Stim⸗
men vermehrt; das Ministerium zählt also jetzt 63 Gegner mehr
als damals.“ — Der Messager des Chambres dringt dar⸗ auf, daß die Kammer durch eine neue Adresse oder ein Manifest ihren Beitritt zu dem System des Ministeriums ausspreche.
Mehrere Oppositions⸗Blätter hatten gemeldet, unter die
Linien⸗Truppen, die am 17ten d. M. Abends die Räumung des inneren Hofes des Palais⸗Royal bewirkten, sey vorher Wein ver theilt worden. ziehung hierauf eine Erklärung der Offiziere und Unter⸗Offizier des Bataillons, das an jenem Abend den Dienst im Palais⸗ Rohal versah, daß eine solche Vertheilung durchaus nicht statt⸗ gefunden und daß jene Behauptungen der Blätter Verleum dungen seyen.
Die Gazette des Tribunaux meldet, daß mehrere in der gestrigen Nacht an den Straßenecken angeschlagene Zettel, in denen die Bürger zu den Waffen aufgerufen werden, am Mor⸗ gen von der Polizei abgerissen worden seyen.
Herr Lebrun, Mitglied der Französischen Akademie, ist zum Direktor der Königl. Druckerei ernannt worden.
Großbritanien und Irland. 8
London, 23. Sept. Gestern hielt der König ein Lever, bei welcher Gelegenheit der Amerikanische Minister, Herr v. Bu⸗ ren, vorgestellt wurde. Der Fürst Lieven hatte eine Audienz und überreichte ein Schreiben seines Souverains. In der Ge⸗ heimen Raths⸗Versammlung wurde Sir Frederik Adam als Geh. Rath deeidigt.
Das neue Linienschiff, der „Donnerer“, wurde gestern in Gegenwart des Königs, der Königin, mehrerer Prinzen und Prinzessinnen und von nahe an 50,000 Zuschauern zu Woolwich vom Stapel gelassen. Die Herzogin von Sachsen⸗Weimar taufte
das Schiff, indem sle eine Flasche Wein an den Bug warf und
dabei die Worte sprach: „In die Tiefe send' ich Dich, o Don nerer, und lange mögest Du gedeih'n.“ Das Schiff wurde so⸗ damn nach dem neuen Bassin, welches 10 Kriegsschiffe der er⸗ sten Klasse halten kann, gebracht. Der Hof ging in den Docks umher und besah unter anderen die auf Befehl Georgs IV. ge⸗ baute Miniatur⸗Fregatte „Eagle“ von 32 Kanonen, welche den vierten Theil der Größe einer wirklichen Fregatte von 32 Kano nen hat und in kurzem vom Stapel gelassen werden wird. J MM. kehrten nach eingenommenen Erfrischungen an Bord der Royal⸗Sovereign⸗NYacht nach London zurück. 8 Eine vorgestern in der Behausung des Lord Ebrington statt⸗ gefundene Versammlung vieler Mitglieder des Unterhauses hatte eine Berathung uüber dasjenige zum Zweck, was zu thun wäre, falls die Bill im Oberhause verunglücken sollte. Die Times
meldet über jene Versammlung: „Es waren da Leute von gro⸗ ßem Ansehen, die, wie sich leicht denken läßt, bei der schwierigen
und gefährlichen Reise, welche die Bill jetzt durch das Oberhaus zu machen hat, ihre heißesten Wünsche für deren glückliche Voll⸗ endung laut werden ließen und Maaßregeln für den Fall einer Verunglückung vorschlugen. Vorsichtige Leute ordnen selbst fü
das unwahrscheinlichste Resultat Vorkehrungen an. Unbezweifelt dürfte das Unterhaus, sobald eine wirkliche Gefahr sich voraus⸗
sehen läßt, die förmliche Erklärung abgeben, daß die Minister das
Vertrauen des Landes und des Hauses besitzen, und es ist auch
8
on der Versammlung entschieden worden, daß man einer
8 “ 8
men verlangten hierauf, daß die Fortsetzung der Berathung 8
Maäjorität entschloß sich zu dem Letzteren, so daß Hr. Salverte ges⸗Ordnung, als eine Uebertretung der Befugnisse der Kammer und als eine Verletzung der Vorrechte der Krone, zu bekämpfen. Der Präsident wollte hierauf zunächst über die motivirte Tages⸗ Ordnung, als diejenige, die den weitesten Spielraum biete, ab⸗ Der General Demarçay verlangte dagegen
e Hiernach mußte also zuvörderst über die Frage, welcher von beiden der Vorzug Die Majorität entschied sich
„Die Kemmer, zufriedengestellt durch die von den Herren Ministern gegebenen Aufschlüsse und im Vertrauen auf ihre Auf den Antrag mehrerer Mitglieder der Centra erfolgte mens⸗Aufrufs, der 357 anwesende Deputirte ergab, herrschte m 1 g. In den Wahl⸗ Urnen fanden sich 221 weiße und 136 schwarze Kugeln vor, so
n d Die Zahl 221 machte großes Auf⸗ sehen, da sie zufällig gerade dieselbe ist, aus der, nach Ausweis
Einiges Gelächter erregte bevor er seine schwarze Kugel
Vorgestern Abend stattete der Kaiser
Der General Jacqueminot, den seine Dienstgeschäfte als
abgehalten hatten, den Sitzungen der Kammer beizuwohnen, ant⸗ gegen die Nationalgarde erhobenen Beschuldigungen durch die Nationalgarden beauftragt gewesene Stabs⸗Offizier erstattet hat. tischen Aktenstücke günstiger aufgenommen worden seyn, wemn 8
der Minister der auswärtigen Angelegenheiten nicht in mehreren
lungen bezüglichen Aktenstücke ständen in so inniger Verbindung
Diese Erklärung habe großen Einfluß auf
men gegen 282 war, gestern dagegen hat sie sich auf 136 Stim⸗
Das Journal des Débats enthält in Be⸗
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