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Amtliche Nachrichten.
gKrenil der TLages.
Des Königs Majestät haben den früher bei der Universstät in Göttingen angestellt gewesenen Hofrath und Professor Dr. Karl Friedrich Eichhorn zum ordentlichen Professor in der zuristischen Fakultät der hiesigen Ulniverfftät zu ernennen und ihm das Prädikat eines Geheimen Legations⸗Raths Allergnä⸗ digst beizulegen, auch die hierüber sprechende Bestallung Aller⸗ lpöchstselbst zu vollziehen geruht.
Durchgereist: Der Königl. Großdritanische Kabinets⸗ Courier Kraus, über Paris von London kommend, nach St. Petersburg.
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Pairs⸗Kammer. Sitzung vom 22. Rovember. Ein zahlreiches Puohkum füllte schon bei guter Zeit die öffentlichen Tribunen, und die Pairs seldst hatten sich pünktlicher als ge⸗ wöhnlich eingefunden. Auch waren sämmtliche Minister zuge⸗ gen. Der Graf v. Raigecourt stimmte zunächst für die Auf⸗ nahme von 8 neuen Pairs, deren Papiere mittlerweile der be⸗ neffenden Kommission zugegangen waren. Demzufolge wurden dieselben, nämlich der Herzog v. Bassano, die Grafen v. Bondy, v. Cessac, Gilbert⸗Desvoisins und v. Turenne, der Baron Cu⸗ vier, der Baron Davillier und Hr. Lepoitevin mit den in der⸗ gleichen Fällen üblichen Formlichkeiten eingeführt. Nachdem sie den verfassungsmäßigen Eid geleistet hatten, nahmen der Herzog v. Bassano und der Graf v. Cessac auf der vierten und fünften Bank diejenigen Plätze ein, die sie bereits wahrend der hundert Tage in der Kammer gewählt hatten; die übrigen 6 Pairs setz⸗ ten sich auf die letzte Bank am äußersten Ende des Saales. Die Minister der Finanzen und des Krieges brachten jetzt zuvörderst die 3 Gesetz⸗Entwürfe wegen des Reserve⸗Fonds der Bank, wegen der Rekrutirung der Armee und wegen des Avauncements unter den Milttairs ein. Sodann befiieg Hr. C.
Perier die Rednerdühne, um der Versammlung den von der Devputirten⸗Kammer modifseirten 23sten Artikel der Charte vor⸗ zulegen. Er äußerte sich dabei im Wesentlichen folgendermaßen:
„Es kann Ihnen nicht entgangen seyn, m. H., mit welcher Behutsamkeit die Minister des Koͤnigs dem Laufe der in der anderen Kammer gepflogenen Berathungen gefolgt sind. Die Gruͤndung einer Verfassung ist eine so schwierige Aufgade! Was mich hetrifft, m. H, so kann ich mich, indem ich einen so hoch wichtigen Gegen⸗ stand zur Sprache bringe, einer inneren Bewegung, die ich gern Ihnen Allen mittheilen moͤchte, nicht erwehren. Giebt es indessen ein unfehlbares Mittel, um die Verwickelungen, die eine, wenn auch noch so ernste, Eroͤrterung darbietet, zu lösen, so besteht es darin, daß man sich daruͤber mit einer Klarheit ausspricht, die Niemanden ei nen Vorwand zu der Vermuthung leihen kann, daß man geheime Abfichten naͤhre. Wir haben diese Pflicht bereits mit der groͤßten Hingebung in der anderen Kammer erfuͤllt und sind um so mehr geneigt, in derselben auch hier zu beharren, als die seitdem gemachte Erfahrung unsere Sprache und unser Verhalten gerechtfertigt hat. Gestatten Sie mir daher, m. H., daß ich, nach dem Beispiele der Deputirten Kammer, von der natuͤrlichen Reihefolge der Paragra⸗ phen des 28sten Artikels abgehe und mich vorweg mit der Haupt⸗ Frage, der Frage uͤber die Ervlichkeit, beschaͤftige. Sie wissen, unter welchen Auspicien diese Frage aufgeworfen wurde, wie sie fast schon entschieden war, bevor site einmal zur Berathung gebracht wurde, wie endlich die Regierung sich genoͤthigt sah, einen Entschluß zu fassen, den sie nach den Bestimmungen der Charte nicht laͤnger ver schieben konnte. Aber Sie wissen auch, wenn anders meine Worte bis zu Ihnen gedrungen sind, — mit welcher Zuruͤckhaltung das Ministerium, indem es eine volitische Pflicht erfuͤllte, seine per soͤnliche Meinung zu erkennen gab. Die Macht der Umstaͤnde mußte sehr groß seyn, um uns das Opfer vorzuschreiben, zu dem wir uns entschlossen haben; auch mußte der Gegenstand dieses Opfers uns sehr wichtig erscheinen, um uns zu der an die oͤffentliche Mei nung gerichteten ernsten Erklaͤrung zu veranlassen. Die Regie⸗ rung genuͤgte sonach gleichzeitig der Gegenwart und der Zu⸗ kunft, indem sie einerseits einem Wunsche entsprach, der slch ihr als ein National⸗Wunsch zu erkennen gab, andererseits äaber die Kammer und das Land vor der Ueberraschung einer erkuͤnstelten oder uͤbereilten Meinung zu bewahren suchte. Die Be⸗ rathung selbst sollte das Uebrige thun. Von dem Augenblicke an, wo diese eroͤffnet war, machte das Ministerium es sich zur Pflicht, ganz aus dem Spiele zu bleiben, um sich das bendthigte Licht zu verschaffen und die freie Meinungs⸗Aeußerung moͤglichst zu sichern. Sie werden nicht von mir erwarten, m. H., daß ich den Einfluͤste⸗ rungen einiger argwoͤhnischer Gemuüͤther zuvorkomme, die den von uns gefaßten Beschluß dem Wunsche, am Staatzruder zu bleiben, zuschreiben moͤchten. Nicht aus dem Schoße einer Kammer, wie diese, koͤnnte ein solcher Gedanke hervorgehen, denn diese Kammer selbst waffnet sich bei der Pruͤfung einer sie so nahe angehenden Frage mit einer allzu großen Selbstverleugnung, als daß sich von ihr annehmen ließe, sie werde Maͤnner, die ihrer Achtung werth sind, in dem Verdachte haben, daß sie bloß persoͤnliche Zwecke verfolgten. Andererseits erblicke ich in den Reihen dieser Versammlung Maͤnner, die mit den offent⸗ lichen Angelegenheiten allzu vertraut sind, als daß sie nicht wissen sollten, unter welchen harten Bedingungen man heutiges Tages Mi nister ist, und wie sonach die Beweggruͤnde des Handelns der Rath⸗ geber der Krone allein in der Erfuͤllung einer Pflicht gesucht werden können. Die Berathung hat gezeigt, daß das Ministerium das ein⸗ zige Mittel, das sich ihm darbot, um alle Hindernisse zu beseitigen, gewahlt und daß es der Sache der Erblichkeit selbst gedient hat, indem es der Diskussion einen ruhigeren Charakter gab. Die Annaäherung von Meinungen, die sich gewoͤhnlich feindlich gegenuͤberstehen, dies⸗ mal aber sich gegen die Absichten der Regierung verhanden, beweiset zur Genuͤge, daß die Minister die richtige Mitte zwischen der Mei⸗ nung, die die Erblichkeit verwarf, und derjenigen, die ein Wahl⸗Sy⸗ stem verlangte, gewaͤhlt hatten. Waͤbrend sonach die üͤbrigen Bedingun⸗ gen der Eristenz der Pairie unversehrt aus dem Streite bervorgegan⸗
gen sind, ist die Erblichkeit allein mit einer gewissen Einmuͤthigkeit
verworfen worden, und die daruͤber satt n e, zweimalige Ab⸗ stimmung muß auch den Unglaͤnbigsten uͤberzeugt haben, daß die Frage schon im voraus allzu bestimmt entschieden war, als daß es von Seiten der Minister angemessen und nuͤtzlich gewesen waͤre, sich in einen so ungleichen Kampf einzulassen. Wir haben das Bewußt⸗ seyn, daß wir Alles gethan, was einerseits unsere persoͤnliche An⸗ sicht und andererseits die oͤffentliche Meinung von uns erheisch⸗ ten, daß diese Kammer uns nicht den Vorwurf machen kann, wir haͤtten zu dem Ruine unserer Institutionen beigetragen, daß wir vielmehr unsere Pflichten getreulich erfuͤllt haben. Um so fester ist das Vertrauen, mit dem wir uns Ihnen, meine Herren, gegen⸗ uͤberstellen, um Ihren Beitritt zu dem von Ihnen begehr⸗ ten Opfer zu erlangen. Ich bediene mich des Ausdrucks Opfer, ohne zu befuͤrchten, daß Sie sich dadurch in Ihren hoch⸗ herzigen Gesinnungen gekraͤnkt fuͤhlen könnten. Wo es sich von dem Interesse des Landes handelt, da verschwindet bei uns Allen jedes persoͤnliche Interesse. Weit entfernt daher, an Ihre Selbst verlaͤugnung und Uneigennuͤtzigkeit zu appelliren, nehmen wir viel⸗ mehr nur Ihre Einsicht und Weisheit in Anspruch. Wir fuͤrchten vorgebliche Hindernisse so wents fuͤr Sie, als wir sie fuͤr uns ge⸗ fuͤrchtet haben. Die Erblichkeit der Pairie mußte als eine politische Buͤrgschaft in Ihren Augen von hohem Werthe seyn; aber die Ruhe des Landes wird Ihnen noch mehr am Herzen liegen. Wie Sie, waren auch wir von dem Werthe der Erblichkeit durchdrungen; wie wir, werden auch Sie die Macht der Umstaͤnde anerkennen. Sie wissen, daß, wenn die Regierungen die Zukunft nie aus den Angen lassen sollen, sie auch die Gegenwart nicht aufopfern duͤrfen: daß die Gewalt der Dinge oft mäͤchtiger, als die Autoritaͤt der Grundsaͤtze und der menschliche Wille, ist: daß die Infiitutionen eines Volkes um so wohlthaͤtiger auf sein Gluͤck und sein kuͤnftiges Schicksal wir⸗ ken, je mehr sie mit seinen Meinungen, is mit seinen Vorurtheilen uͤbereinstimmen. Richt in einer Kammer, wie diese, die das Heilig⸗ thum so vieler gesammelter Erfahrungen ist, wird der verderbliche Wahlspruch siegen: Eher gehe die Verfassung, als ein Prinzip zu Grunde! Hiernach werden Sie es auch fuͤr uͤberfluͤssig halten, m. H, daß wir uns in eine theoretische Eroͤrterung der Vortheile der Erblichkeit oder der Nachtheile ihrer Abschaffung einlassen, und zwar um so mehr, als sich nicht annehmen laßt, daß die in der anderen Kammer stattgehabten Berathungen nicht bis zu Ihnen edrungen seyn sollten. Waͤhrend ich dort die Vortheile der Erd⸗ sichkeit in dem Interesse der Freiheit selböst heraushob, wurde fie aus demselben Grunde von meinen Gegnern bekaͤmpft. Umsonst gab man all⸗ gemein zu, daß die Erblichkeit bei uns kein persoͤnliches Privilegium, sondern eine volitische Buͤrgschaft sey: die Feinde derselben beriefen sich ihrerseits auf das Interesse des Landes und den Geist der Ver⸗ fassung, die einer solchen Buͤrgschaft nicht weiter beduͤrften. Itt, so sagte man, die Erolichkeit nur ein im Namen und zum Besten des Staates verlichenes Vorrecht, so verlangen wir aus denselben Gruͤnden jetzt die Aufopferung desselben, indem die Beibehaltung der Erblichkeit, statt eine Buͤrgschaft für die öͤffentliche Ordnung und die Stabilitaͤt der Repraͤsentativ⸗Regierung zu seyn, beide hin⸗ fuͤhro nur stoͤren und kompromittiren wuͤrde. Diese Gewalt der Dingage, m. H., ist es, dis Sie mit uns anerkennen sollen. Der Geist der Regierung ist der natuͤrliche Geist dieser Kammer, die oft be⸗ wiesen hat, daß sie ihn richtig verstehe. Sie werden diesem Geiste getren bleiben und nicht statt seiner dem Kastengeiste den Vorzug geben. Leider ist dieser Fehler von unseren gesezgebenden Versammlungen mehr als einmal degangen worden. Der Kastengeist hat den Franzoͤsischen Parlamenten niemals gefehlt, ostmals aber der Geist der Regierung, und dadurch haden sie, bei allen ihren Tugenden und ungeachtet ih res Eifers fuͤr das (Gemeinwohl, den Fortschritten der wahrhaft po litischen Institutionen geschadet und zuweilen ihre eigene Existenz aufs Spiel gesetzt. Nichts Aehnliches ist von dieser Versammlung zu besorgen. Sie sind zu aufgeklaͤrt, m. H., als daß Sie die Ehre eines pelitischen Koͤrpers in der Unantastbarkeit seiner Privilegien suchen sollten Es ist dies ein Begriff, oder vielmehr ein Vorurtheil aus fruͤherer Zeit, das unserer Epoche nicht mehr zusagen kann. Die Ehre eines Staatskoͤrvers kann heutiges Tages nur noch in dem guten und weisen Gebrauche seiner Macht, so wie in der Ueber einstimmung seiner Handlungen mit den Wuͤnschen und Inter⸗ essen des Landes destehen Syraͤchen fuͤr das von Ihnen ver langte Opfer nicht die wichtigsten Gruͤnde, so wuͤrde allerdings ein Widerstand von Ihrer Seite ebensowohl eine Pflicht, als ein Akt hoher Weisheit seyn. Gewiß werden nicht wir jemals den Versuch machen, einen patriotischen Widerstand gegen die Aufwal⸗ lungen der Factionen, die im Namen des Landes zu sprechen sich ruͤhmen, zu entmuthigen. In dem vorliegenden Falle aber handelt es sich, wie wir uns solches nicht verhehlen duͤrfen, von einer allge⸗ meineren und reelleren Meinung, als das bloße Geschrei der Faetio⸗ nen — von einer Meinung, die sich vielleicht mit der Zeit aͤndern wird, die aber in diesem Augenblicke besteht und anerkannt werden muß. Der aufmerksame Beobachter wird den verschiedenen Nuan⸗ cen, die sich in dieser Beziebung allmaͤlig in den Kammern und dem Lande offenbaren werden, von Jahr zu Jahr, von Session zu Sesston folgen. Die Grundgesetze eines Volkes koͤnnen der Kon⸗ trolle und der Sanetion der Zeit nicht entbehren. Das Beispiel un⸗ serer Nachbarn ist schon von Federmann angefuͤhrt worden. Aber auch in Frankreich selbst duͤrfen wie nur auf die Veraͤnderungen und Ver⸗ vollkommnungen hinblicken, die unsere Wahl⸗Institutionen seit 16 Jahren sowohl in der Materie als in der Form erfahren haben. Gewiß werden wir unserem Vaterlande eine Erneuerung jener nur allzu oft gemachten Versuche ersparen wollen, die keiner Inktitution gestatten, jemals zu wahrer Kraft und Dauer zu gelangen. Ohne in dessen zu neuen Reformen herauszufordern, duͤrfen wir sie doch nicht im voraus der Weisheit kuͤnftiger Gesetzgeber untersagen. Hierauf bezog sich die in dem urspruͤnglichen Entwurfe enthaltene Klausel des Vor behalts einer nochmaligen Revision der Organisation der Pairie. Diese Klausel ist indessen beseitigt worden, und wir haben auch nicht weiter auf derselben bestanden, da es uns vor Allem darauf ankam, die Gegenwart sicherzustellen.
In dem Entwurfe, den wir Ihnen hiermit vorlegen, wird kein unmittelbares Interesse des Staats gefahrdet. Durch die Köͤnigliche Ernennung wird der Krone die benoͤtbigte Kraft erhalten;: durch die unbeschraͤnkte Zahl der Pairs behält der Mechanismus der Regierung seine Freiheit und Einheit. Das Koͤnigthum und die Verfassung, diese beiden Pfeiler des Staats, werden vor jedem di⸗ rekten Angriffe bewahrt. Auch haͤtten wir unter keinerlei Bedin⸗ gung irgend eine wesentliche Verletzung derselben gelitten.“ — Der Minister ließ sich hierauf in eine Beleuchtung der verschiedenen Pa⸗ ragraphen des Gesetz⸗Entwurfes, wie solche von der Deputirten⸗Kammer angenommen worden sind, ein. Er bemerkte, daß, was das Prinzip der Ernennung durch den König und dasjenige der Unbeschraͤnktheit der Zahl der Pairs angehe, er es fuͤr uͤberfluͤssig halte, dieses wesentli⸗ che Vorrecht der Krone zu vertheidigen. Die von der Kammer auf⸗ gestellten Kategorieen anlangend, koͤnne die Zeit allein den Nutzen berselben erweisen: indessen muͤsse er doch besonders auf die (von dem Grafen v Mosbonrg berruͤhrende) 2iste Kategorie, die von den Steuerpflichtigen zu 3000 Fr. bja rige Dienstzeit als Mitglieder
eines General⸗Conseils oder einer Handels⸗Kammer verlange, hin⸗ weisen: er trage nicht ausdrücklich auf die Verwerfung dersel⸗ ben an, eben so wenig koͤnne er aber durch sein Stillschweigen die Vorurtheile gegen die großen Eigenthuͤmer billigen, die aus dem Geisfte jenes Amendements hervorzuleuchten schienen. Nach einer kurzen Pause fuhr der Minister in folgender Weise fort: „Vielleicht, m. H, hat ein kuͤrzlich stattgefundenes Ereigniß, auf welches sie mir eine fast nicht zu vermeidende Anspielung vergeben werden, ich meine die der Krone angerathene letzte Pairs⸗Promo⸗ tion, der Kammer gezeigt, daß die Minister aus mehrfachen Ruͤck⸗ sichten einer uͤvbermaͤßigen Ausuͤbung dieses verfassungs maͤßigen Rech⸗ tes Schranken zu setzen wußten. Vielleicht hat man in diesem zwei⸗ ten Gebrauche, welchen die Krone von ihrer hohen Praͤrogative ge⸗ macht hat, die beste Erklaͤrung und die sicherste Buͤrgschaft fuͤr unsere Grundsaͤtze und den von uns in dieser Hinsicht er⸗ theikten Rath gefunden. Es handelt sich in der That hier nicht um eine dloße Majoritaͤts⸗-Frage; denn jede patriotische Maaßregel ist einer Majoritaͤt in dieser Kammer gewiß: es liegt darin vielmehr eine schonende Achtung Ihrer persoͤnlichen Hochher
zigkeit, die dem Beschlusse der Kammer mehr den Charakter der Hin
gebung, als den eines rein legislativen Aktes gegeben haͤtte. Mau⸗ hat gefuͤhlt, daß die Hinzufuͤgung nationaler Namen zu den in die⸗ ser Versammlung bereits glaͤnzenden, die mit den letzteren das Ver⸗ dienst, ein erworbenes Recht aufzuopfern, nicht theilten, dem Skru⸗ tinium eine Sanction ertheilen wuͤrde, die nicht bloß den Stempel einer hochherzigen Uneigennüͤtzigkeit an sich truͤge. War es uͤberdieß nicht angemessen, die in dieser Kammer entstandenen Luͤcken wenigstens theilweise auszufuͤllen und der Berathung, so wie dem Abstimmen uüͤber eine Institution von so großer Wichtigkeit, die Mitwirkung einer groͤßeren Anzahl einsichtsvoller Maͤnner zu sichern? Ihre Ehre, die bereits im vorigen Jahre die Entscheidung uͤber eine Frage zarter Natur der Weisheit des Koͤnigs anheimgestellt hatte, die aber in diesem Jahre, wo die Charte in voller Kraft und Wirk⸗ samkeit steht, gensthigt ist, sich selbst uüber eine Sie persoͤnlich an⸗ gehende Frage auszusprechen, — Ihre Ehre hat unsere Absicht de⸗ griffen, und die von dem Koͤnige getroffenen Wahlen haben, wir wa⸗ gen es zu sagen, dieselbe in Ihren Augen vollends gerechtfertigt. Was uns betrifft, m. H., so glauben wir bei dieser Gelegenheit der Franzoͤfischen Pairie vielmehr eine ihrer wuͤrdige Huldigung darge⸗ bracht, als ihrer Unabhängigkeit und ihrem Glanze den mindesten Gintrag gethan zu haben. Unser Gewissen sagt uns, daß dem Zart⸗ gefuͤhle des Jhrigen Genuͤge geleistet worden ist. Im Beginn mei⸗ nes Vortrages habe ich Ihnen mehr eine Ueberstcht der Lage der Dinge und des Zustandes der Gemuͤther in Bezug auf die bevorste⸗ hende Berathung, als eine thesretische Erorterung der sich daran knuͤpfenden Prinzipien gegeben Der Grund liegt darin, daß es sich hier, in der That, mehr um das Faktische, als um das Raisonne ment handelt Aus diesem Gesichtspunkte wird auch Ihr Patriotismus die Gache betrachten. Sie sind, m H., vergoöͤnnen Sie mir es zu sagen, in einer jener schwierigen und enrscheidenden Lagen, in denen die Staatsgewalten ihre ganze Geschicklichkeit und Weisheit entwickeln müͤssen. Jedesmal, wenn von einer der Staatsagewalten große Opfer verlangt werden, fehlt es nicht an Leuten, welche dieselbe durch das Woct „Zugestaͤndnisse“ abzuschrecken und sie zu uͤberreden suchen, daß ihre Ehre wie ihre Sicherheit ihr gebiete, sfich zu opponiren eben so wenig fehlt es aber andererseits an Beispielen, welche vor der Gefahr dieses Widerstandes warnen. Man kann bekanntlich seine Macht durch Zugestaͤndnisse, wie durch Verweigerungen, verlieren: Sache der Klugheit ist es, die Zugestaͤndnisse, welche ins Verderben stürzen, von denen zu unterscheiden, welche retten, und der gegen
waͤrtige Augenblick ist, zweifeln Sie nicht daran, einer von denen⸗ wo zur rechten Zeit gegebene Buͤrgschaften sichere Unterpfaͤnder der Rettung find. Wir stehen am Abeunde einer Revolution, welche, ne⸗ ben vielen anderen nationalen Gesinnungen, vornehmlich eine Liebe zur gesellschaftlichen Gleichhbeit wieder erweckt hat, die schon lang⸗ der leidenschaftliche Wunsch Frankreichs war, — ein Wunsch, dessen zu weites Umsichgreifen man allerbings verhindern muß, den man aber nur in Schranken haͤlt, wenn man ihm ein Zugestaͤndniß macht. Indem man die vernuͤnftigen Forderungen einer Revolution befriedigt, gewinnt man um so mehr Krafrt, ihren unbilligen Forderungen zu widerstehen. Vornehmlich verdient die Juli⸗Revolution, daß man gegen sie mit dieser Loyalitaͤt, dieser Klugheit verfahre; denn, wenn sie einen ganz eigenthuͤmlichen Charakter traͤgt, der sie in der Geschichte einst aus⸗ zeichnen wird, naͤmlich den, nicht das berechnete Erzeugniß einer gebeimen Verschwoͤrung, sondern der hochherzige Aufschwung eines Nationalgefuͤhls, nicht die Geburt blinden Hasses gegen die Regir
rung, sondern die eines tiefen Unwillens uͤber die Verletzung der Gesetze und der Eide gewesen zu seyn, so ist es der von ihr geschaf⸗ fenen Staatsgewalten wuͤrdig, diesem edlen Ursprunge durch eine aufrichtige Politik zu entsprechen. Die Vergleichung der Handlun⸗ gen der jetzigen Staatsgewalten mit den fruͤheren muß das Gehaͤffige der voruüͤdergehenden Uebelstaͤnde dieser Revolution auf diejenigen zuräͤckwerfen, welche, nachdem sie dieselben herbeigefuͤhrt⸗ ihr jetzt die Uebel Schuld geben, deren Urhbeber sie selber sind. Wir duͤrfen uns nicht schmeicheln, ohne den Beistand der Zeit alle Wuͤn⸗ sche befriedigen, alle Schmerzen fillen zu koͤnnen; aber schon die durch die deßnitive Konstituirung der Gewalten der Zukunft verlie⸗ hene Sicherheit ist ein großer Schritt zur Beruhigung der Gegen
wart. Wie groß auch die Vortheile der Erblichkett seyn moͤgen, das Opfer derselben wird durch die gluͤckliche Vollendung unserer Re⸗ prasentativ-Monarchie aufgewogen werden. Ueberzeugen Sie sich⸗ m. H., daß hieran dem Lande am meisten gelegen ist, und Sie werden nicht Anstand nehmen, wenn auch nicht ohne ingeren Schmerz, an dieses große Werk die letzte Hand anzulegen. In un
serer Zeit ist das Gute, das man bald thut, auch immer das Beste. Mit redlichen Absichten und von Franzoͤsischen Gesinnungen beseelt, wird die Regierung, von den Kammern unterstuͤtzt, die Woblfahrt des Landes aus der vollstaͤndigen Organisation der Staatsgewalten, so wie diese aus der bevorstehenden Berathung hervorgehen wird, zu entwickeln wissen. Selbst wenn das Land sich uͤber das, was in politischer Hinsicht seinen Interessen am angemessensten ist, getaͤuscht haben sollte, so belehrt man es vielleicht nur dadurch eines Besseren, daß man ihm nachgiebt. Was die Patrie selber anbelangt, so wird die Gegenwart ihr wiedergeben, was sie von ihrer Zukunft aufgeopfert hat. Denn wenn dieser politische Akt süe von den fruͤheren und den kuͤnf
rigen Geschlechtern trennt, so wird er sie dafuͤr an die Spitze der jetzigen Generarion und der neuen Ordnung der Dinge stellen; sie wird an wahrhafter Kraft wiedergewinnen, was die Abschaffung der Erblichkeit ihr an Glanz geraubt hat. Eine neue Aera wird mit dieser nationalen Inauqguration fuͤr die Pairie beginnen. Ver⸗ trauen wir dem chrerbietigen Stillschweigen der Nation, das ein unwiderleglicher Beweis des Fortschreitens der oͤffentlichen Vernunft und der Erkenntlichkeit der Buͤrger fuͤr zehnjaͤbri⸗ ge Dienste ist, welche die Pairie unseren Freiheiten geleistet hat und aufs neuc leisten wird. Erlauben Sie dem Ministerium, meine Herren, sich weniger dazu Gluͤck zu wuͤnschen, daß es diese Frage von den Schleiern, mit denen die Leidenschaften sie zu um⸗