1831 / 357 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

rufe, hinsichtlich der Kolonieen aber im 64sten Artikel bestir daß diese nach einer besonderen Gesetzgebung verwaltet werden sollten. Mittlerweile habe sich im Schoße der Kammer mehr als eine Stimme dahin ausgesprochen, daß man die Haupt⸗ Kolonien Frankreichs ebenfalls in dieser Kammer vertreten lasse. Ein von der Regierung ernannter Ausschuß habe sich mit dieser wichtigen Frage sofort beschäftigt und ste nach einer reiflichen Erörterung verneinend gelöst, und zwar sowohl aus moralischen, als aus materiellen Gründen. Zu den ersteren gehöre der große Unterschied zwischen den Bewohnern der Kolonieen und des Mutterlandes, so wie die Unmöglichkeit, worin die Kolonial⸗ Deputirten sich befinden würden, in der Wahl⸗Kammer den er⸗ sorderlichen Kredit zu erlangen, um allen Bedürfnissen ihrer Kom⸗ mittenten die gehörige Würdigung zu verschaffen. Zu den ma⸗ teriellen Hindernissen rechne die Kommission die große Entfer⸗ nung der Kolonieen, namentlich derjenigen jenseits des Vorgebir⸗ ges der guten Hoffnung, und die Möglichkeit eines Seekrieges, der auf lange Zeit jede Verbindung mit dem Mutterlande un⸗ terbrechen könne. Es würde hiernach, besonders bei einer Lluflö⸗ sung der Kammer, unvermeidlich seyn, daß die Kolonial⸗Depu⸗ tirten erst in Frankreich ankämen, wenn ihr Mandat bereits er⸗ loschen wäre; jedenfalls würden sie aber immer erst mehrere Mo⸗ nate nach der Eröffnung der Sesston eintreffen können. Hierzu komme noch eine von Frankreich bereits gemachte schmerzliche Erfahrung, denn der Verlust von St. Domingo treffe ziemlich mit jener unglücklichen Epoche zusammen, wo Kolonial⸗Deputirte in der National⸗Ver⸗ sammlung und späterhin im Konvente gesessen hätten. Aus allen diesen Gründen habe die Regierung keinen Anstand genom⸗ men, jeden Gedanken an eine solche Vertretung der Kolonieen zurückzuweisen, und schlage statt dessen ein System vor, das, indem es dem Mutterlande die Abfassung aller derjenigen Ge⸗ setze, die ein allgemeines Interesse beträfen, vorbehalte, den Be⸗ wohnern der Kolonieen den Vortheil gewähre, zu der ihnen eige⸗ nen Gesetzgebung nach billigen Grundsätzen mitzuwirken; einen solchen Mittelweg glaube die Regierung in der Einsetzung eines Kolonjal⸗Rathes mit Befugnissen, die von der Legislatur des Mutterlandes, so wie von der Königlichen Autorität, unabhängig wären, gefunden zu haben. Der Minister ging hierauf die ver⸗ schiedenen Bestimmungen des aus 26 Artikeln bestehenden Ge⸗ setz⸗Entwurfes durch und schloß sodann in folgender Weise: „Die Regierung bedauert, daß sie Ihnen einen Gesetz⸗Entwurf vorlegen muß, der nicht die Meinungen aller betheilig⸗ ter Parteien in sich vereinigt; sie glaubt inzwischen, daß ihre Arbeit alle diejenigen Vortheile darbietet, die man sich un⸗ ter den obwaltenden Umständen davon versprechen durfte. Wir verhehlen es uns nicht, daß die Kolonieen sich in einer schwieri⸗ gen und in jeder Beziehung kitzlichen Lage befinden, waren aber der Meinung, daß man nicht länger einen provisorischen Zustand fortbestehen lassen durfte, wodurch das Uebel vielleicht nur noch verschlimmert worden wäre. Im Uebrigen tröstet uns die Ueber⸗ zeugung, daß die Kammer in ihrer Weisheit bei der Erörterung der Kolonial⸗Gesetzgebung all' die Behutsamkeit zeigen werde, die ein so zarter Gegenstand erheischt; auch rechnen wir auf den gu⸗ ten Geist der Kolonieen, und nöthigenfalls auf die Revpressiv⸗ Maaßregeln, die der Regierung gegen die Feinde der öffentlichen Ordnung zu Gebote stehen. Die Kolonieen sind für Frank⸗ reich keinesweges gleichgültig; sie sind Glieder des gesell⸗ schaftlichen Körpers, verschiedenartige, aber integrirende Theile des Landes. Lange hat man sie als Quellen der Macht und des Staats⸗Vermögens, als wichtige Handels⸗ Plätze, als vorgeschobene Posten zu unserer Verbindung mit den sbbrigen Welttheilen betrachtet. Wohl weiß ich, daß diese Ansich⸗ ten heutiges Tages bestritten werden, und daß den Kolonieen auch ihrerseits der Mißkredit droht, der so wenig die Systeme, als die Menschen verschont; wie groß indessen auch die Gleich⸗ gültigkeit für die Kolonieen seyn mag, so wird die Regiernng doch niemals vergessen, daß dieselben von einem durchaus Französisch gestunten Volke, welches mit unauflöslichen Banden an das Mutterland geknüpft ist, bewohnt sind, und daß sonach die Pflicht erheischt, den überseeischen Franzosen, gleich denen des Konti⸗ nental⸗Gebiets, einen wirksamen Schutz zu verleihen. Die Re⸗ gierung hofft, sich von dem Geiste der Gerechtigkeit, der die Kammern beseelt, eine unbedingte Zustimmung zu solchen An⸗ sichten des Friedens und der Erhaltung versprechen zu dürfen; in dieser Erwartung legt sie Ihnen den nachstehenden Ge⸗ setz⸗Entwurf vor.“ Der Iste Titel des Entwurfs han⸗ delt von der Kolonial⸗ Gesetzgebung und den Befugnissen des zu errichtenden Kolonial⸗Rathes; der Ite von der Orgamisation des Kolonial⸗Rathes. Dieser soll für Martinique, Guadeloupe und Bourbon aus 30, für das Französische Guiana aber aus 16 Mitgliedern bestehen, die auf 5 Jahre gewählt wer⸗ den und alljährlich nur eine Sesston halten. Der IIlte Titel betrifft die Wahl⸗Kollegien. Um Wähler zu seyn, muß man das 25ste Jahr zurückgelegt haben, in der Kolonie geboren oder 10 Jahre in derselben domicilirt seyn, der bürgerlichen und politischen Rechte genießen und an direkten Steuern in Marti⸗ nique und Guadeloupe 400 Fr., auf Bourbon 300 Fr., in Guiana aber 200 Fr. entrichten. Zum Mitgliede des Kolonial⸗Rathes kann jeder Wahlmann gewählt werden, der 30 Jahre alt ist und in Martinique und Guadeloupe 800 Fr., auf Bourbon 600 Fr. und in Guiana 400 Fr. an direkten Steuern zahlt. Der IVte und letzte Titel enthält diverse Bestimmungon. Namentlich sollen die Französischen Niederlassungen in Ostindien, in Afrika und in St. Pierre und Miquelon nach wie vor mittelst Königlicher Verordnungen verwaltet werden. Nachdem dieser Gesetz⸗Entwurf den Bureaus zur Prüfung überwiesen worden, wurden die Berathungen über das Avancement bei der Marine fortgesetzt und beendigt. Die letzten 5 Artikel (18 22) gaben durchaus zu keiner erheblichen Debatte Anlaß, und der ganze Entwurf ging zuletzt (wie bereits gestern erwähnt) mit 256 gegen 12 Stimmen durch. An der Tagesordnung war jetzt die Diskusstion über die der Regierung einzuräumende gesetzliche Befugniß, Waaren⸗Entrepots in verschiedenen Städten an den Gränzen und im Innern des Landes errichten zu dürfen. Die Herren Dubois (von der niederen Loire), Varsavaux und Jay ließen sich wider den betreffenden Ge⸗ setz⸗Entwurf, die Herren Erignon⸗de⸗Montignh und Che⸗ deaux aber zu Gunsten desselben vernehmen, worauf die Fortsetzung der Berathung auf den nächsten Montag verlegt wurde.

Paris, 17. Dez. Der Kaiserliche Russische Botschafter gestern eine Privat⸗Audienz bei Sr. Majestät. Hr. C. Périer stattete gestern dem Kaiser Dom Pedro einen Besuch ab. Der Moniteur und die Gesetz⸗SGammlung promulgiren be⸗ reits das Gesetz wegen Erhebung der provisorischen drei Steuer⸗ Zwölftheile in den ersten drei Monaten des kommenden Jahres. 1 Die Budgets⸗Kommission, welche gestern fünf Stunden lang versammelt war, hat den Baron v. Schonen zu ihrem Be⸗

mme,

hatte

1354

richterstatter ernannt, nachdem, wie der Courrier frangais wissen will, Hr. Odilon⸗Barrot diesen Auftrag abgelehnt hatte. Das genannte Blatt findet diese Wahl unangemessen, da Hr. v. Schonen der mit der Liquidation der alten Civilliste beauf⸗ tragte Kommissarius ist.

Dem National zufolge, hätte der Bericht des Marschall Soult über die Lyoner Ereignisse, dessen Mittheilung man in der heutigen Sitzung erwartet, zu einem lebhaften Streite zwi— schen dem Marschall und Herrn C. Péerier Anlaß gegeben, in dessen Folge der Erstere in seiner Arbeit einige Stellen habe streichen müssen, worin die dem Lyoner Aufstande vorangegangene Korrespondenz des Herrn C. Perier mit dem Präfekten Bouvier⸗ Dumolard indirekt getadelt wurde.

Die Gazette de France bemerkt in Bezug auf die ge⸗ strige Nachricht des Constitutionnel, daß gleich nach dem Schlusse der jetzigen Sesston die nächste eröffnet werden würde: „Die ge⸗ genwärtige Kammer wird also zwei Sesstonen hindurch bestehen. Wahrscheinlich wird sie nach diesen beiden Sessionen Alles ge⸗ leistet haben, was in ihren Kräften stand, und eine Erneuerung der Kammer für 1833 wird unvermeidlich werden. Diese dritte Kammer ist es, welche die Frage über die Auflösung der Gesell⸗ schaft oder über eine völlige Wiedergeburt entscheiden wird.“

Die Gazette de France sagt ferner: „Der General⸗ Prokurator in Caen hat in dem Prozesse des Journal de la Normandie 4 neue Geschworene, die der royaliflischen Meinung angehörten, zurückgewiesen. Der Präfekt hatte von einer Liste von 7 800 Wählern 200 Namen gewählt und von den 30 Namen, die nach dem Zufalle aus diesen 200 herausgenom⸗ men wurden, hat das öffentliche Ministerium 9 beseitigt. Wir fragen, ob man die Freiheit nach einer durch den Liberalismus bewirkten Revolution in diesem Sinne versteht?“

Der Précurseur de Lyon enthält folgende Angaben liber das Herrn C. Périer zunächst umgebende Beamten⸗-⸗Personal: „An der Spitze seines Sekretariats, wo die Korrespondenz mit den Präfekten ausgearbeitet wird, steht Herr v. Haubersaert, des⸗ sen Einsicht und Geschäftstüchtigkeit noch nicht durch die Kennt⸗ niß der Menschen und der Dinge gereift ist. Herr Karl Remi⸗ sat ersetzt diesen Mangel; sein etwas doctrinatrer Sinn, seine Rechtlichkeit, seine feine Höflichkeit und sein schriftstellerisches Talent verleihen seiner Dazwischenkunft in mancher wichtigen Angelegenheit großen Werth. Herr Vitet, der Sohn eines Lyoner Arztes, ein kalter, aber bestimmter, fester und klarer Mann, gilt für den Verfasser der geschriebenen Reden des Präsidenten des Minister⸗Raths in der Kammer; er ist es auch, der das Portefeuille des Mmisters mit den nöthigen Noten für die Dis⸗ kussion versteht. Herr Bittmer erfüllt die schwierige Aufgabe, die Polemik der ministeriellen Blätter zu leiten, mit Geist und Scharfsinn, aber selten mit Glück; Herr Foudras endlich theilt der großen Maschine der hohen Polizei Bewegung und Leben mit; die Dienste, die er Herrn Perier lelstet, lassen sich nicht abschätzen, weil sie geheimer Art sind; er scheint aber das ganze Vertrauen des Premier⸗Ministers zu besitzen und ist der Verthei⸗ ler der geheimen Ausgaben des Ministeriums.“

Dem Moniteur zufolge, sollen die Infanterie⸗ und Ka⸗ vallerie⸗Regimenter wieder auf den früheren Fuß gebracht und sonach die Kriegs⸗Depots aufgelöst werden.

Das Schloß und Landgut Rosny, welches bekanntlich der Herzogin von Berry gehörte, ist von einem Engländer für 2,100,000 Fr. gekauft worden; das Schloß wurde ihm ganz neu meublirt übergeben. Die Herzogin v. Berry hat nur einige Fa⸗ milien⸗Gemälde und Kunst⸗Gegenstände sortnehmen lassen. Der reine Ertrag von Rosny wird auf 120,000 Fr. berechnet.

Die Lyoner Zeitungen vom 13ten d. bringen nichts Neues; die starke Garnison war Schuld, daß die Lebensmittel etwas im Preise gestiegen waren. Um die Stadt von der unbeschäftigten männlichen Bevölkerung zu befreien, hatte der Maire, Hr. Pru⸗ nelle, bekannt gemacht, er sey ermächtigt, freiwillige Meldungen für den Dienst in der Armee und für den Eintritt in die neuen nach Algier bestimmten Corps anzunehmen.

Die Gräfin v. Larochejacquelein ist nach England entflohen.

Der Messager des Chambres meldet, daß während der Durchreise des Herzogs von Orleans durch Nevers in dieser Stadt eine Karlistische Proclamatton öffentlich angeschlagen wor⸗ den seh, und daß die Polizei Nachforschungen nach den Thätern anstelle.

Der Cassationshof hat gestern auf den Antrag des General⸗ Prokurators Herrn Dupin d. Aelt. das Appellations⸗Gesuch des Redacteurs der Tribune, Herrn Marrast, von dem Urtheile des hiesigen Assisenhofes, das ihn wegen Diffamation des Herrn C. Périer und des Marschall Soult zu 6monatlichem Gefängniß und einer Geldbuße von 3000 Fr. kondemnirte, verworfen.

Gestern wurden vor dem hiesigen Tribunale erster Instanz die gerichtlichen Verhandlungen in dem Prozesse, den die Prinzen von Rohan auf Anlaß des Testamentes des Herzogs von Bourbon ge⸗ gen den Universal⸗Erben dieses Letzteren, Herzog von Aumale, und die Legatarin, Baronesse von Feuchères, anhaͤngig gemacht haben, fortgesetzt. Bei der Wichtigkeit des Gegenstandes holen wir aus dem von dem Advokaten Hrn. Hennequin in der Sitzung vom 9ten gchaltenen Plaidoyer (Vergl. Nr. 350 der Staats⸗Zeitung) noch

olgendes nach: Nachdem Hr. Hennequin bemerkt, wie der Herzog von Bourbon, der ewigen Quaͤlereien der Frau von Feuchères muͤde, sich am 30. Aug. 1829 endlich entschlossen habe, das ihm vorgelegte Testament eigenhaͤndig abzuschreiben und zu unterzeichnen, verlas er dieses Aktenstuͤck selbst. Nach dem Inhalte desfelven setzte der Testator den Herzog von Aumale, seinen Pathen (vierten Sohn des jetzigen Koͤnigs), oder, falls dieser vor ihm mit Tode abgehen sollte, das juͤngste maͤnnliche Kind des damaligen Herzogs von Orleans zu seinem Universal⸗Erben ein und vermachte zugleich der Frau v. Feuchères ein Kapital von 2 Millionen Fr., ferner das Schloß St. Leu und das Gut Boissy nebst Dependenzen, den Wald von Mont⸗ morency, die Domaine Mortfontaine, den Pavillon, den diese Dame im Palast Bourbon bewohnte, das ganze Mobiliar dieses Pavillons, endlich die zu ihrem Gebrauche dienenden Kutschen und Pferde. Durch eine letztwillige Anordnung bestimmte der Herzog sein Schloß Ecouen zu einer milden Stiftung fuͤr die Kinder der Offi⸗ ziere des Condéschen Corps und der Vende⸗Armee und beauftragte damit besonders die Frau v. Feuchsres, „der ich“, sagte er, „hier⸗ durch einen neuen Beweis meiner Anhaͤnglichkeit und meines Ver⸗ trauens geben will.“ Endlich ersuchte er den Koͤnig Karl X, seine sterbliche Huͤlle in Vincennes neben der seines ungluͤcklichen Soh⸗ nes beisetzen zu lassen. Nach der Vorlesung dieses Testaments fuhr der Advokat also fort: „Ein Jahr darauf, am 26. August 1830, starb der Herzog. Der Prinz Ludwig von Rohan war kaum von der Existenz des Testaments unterrichtet, als er es fuͤr seine heiligste Pflicht hielt, das Verbrechen zu konstatiren und dasselbe zu raͤchen. Er trat als Klaͤger gegen den Erben und die Legatarin auf. Was den Ersteren anbetrifft, so darf man sich daruͤber wundern, daß er sich so ant passiv gehalten hat. Wohl weiß ich, daß seine Min⸗ derjaͤhrigkeit ihm zu Gute kommt; nichts desto weniger ist und bleibt die Unthaͤtigkeit der ganzen Familie Orleans sehr bemerkenswerth. Doch mag ich mich nicht auf das Rechtsmittel des Verfalls stuͤtzen; nur aus dem moralischen Gesichtspunkte will ich die ganze Sache beleuchten; der Richter wird sich bald uͤberzeugen, daß das Haus

11“

Orleans eben keine Ursache haben wuͤrde, sich zu beklagen, wenn die Erbschaft desjenigen verloͤre, den es ungeraͤcht gelassen hat. Was uns betrifft, so haben wir den Herzog von Bourbon schon einmal vor den Kriminalrichtern geraͤcht, und jetzt thun wir es zum zweiten Male, indem wir die Umstoßung seines Testaments ver. langen““ Um zu beweisen, daß eine solche Umstoßung zulaͤßig sey, berief Herr Hennequin sich hier auf die dem Civil⸗Kodex vorange⸗ gangene, so wie die neuere Gesetzgebung. Sodann wies er im vor⸗ aus die Gruͤnde zuruͤck, die sich etwa zu Gunsten des Er⸗ ben anfuͤhren lassen moͤchten, als z. B. seine Jugend und die Haͤrte, die darin liegen wuͤrde, ihn, einen neunjaͤhrigen Prin⸗ zen, Gewaltthaͤtigkeiten entgelten zu lassen, denen er voͤlli fremd gewesen sey. „Waͤre der Herzog von Aumale nicht noch zu unerwachsen“, aͤußerte der Redner in dieser Beziehung, „um uͤber diesen Gegenstand befragt werden zu koͤnnen, so wuͤrde er ohne allen Zweifel sagen: „„Ich mag nichts von einem Vermd⸗ gen wissen, das mir auf solche Weise zugewandt worden ist; der Name Condsè ist schoͤn; bedarf es indeß einer solchen Erbschaft, um ihn wieder ins Leben zu rufen? Auf dem Wahlplatze will ich ein Condé seyn, aber von dem Prinzen von Condé, Herzog von Bour⸗ bon selbst verlange ich nichts, als die Aussicht, einst in die Fuß⸗ tapfen seiner Vorfahren treten zu koͤnnen.““ Nach dem bisher Gesagten erscheint der Herzog von Bourbon als ein Mann, der nicht freiwillig, sondern getrieben von der hoͤchsten Noth und un sich endlich Ruhe zu verschaffen, testirt hat. Kaum hatte er seinen letzten Willen unterzeichnet, als er von der Herzogin von Orleang und deren Schwaͤgerin Danksagungsschreiben erhielt. Der Herzog ertheilte darauf folgende Antwoörten, wovon die Konzepte, die Eie hier sehen, von der eigenen Hand der Frau von Feucheres korrigin worden sind. „„An die Herzogin von Orleans, den 3. Sept. 1829. Madame, ich empfinde einen tief gefuͤhlten Dank (Frau von Feuchoͤre hatte diese Worte also geaͤndert: ich empfinde ein wahres Vergnuͤgen, uͤber die liebenswuͤrdigen Dinge, die Sie mir wegen der zu Gunsten ihra Kinder getroffenen Bestimmungen sagen. Frau von Feuchores traͤgt mir auf, Ihnen zu erkennen zu geben, wie sehr das Andenken, das Sie ihr schenken, sie ruͤhrt. (Frau v. F. hatte statt dessen gesetzt. wie sehr Ihre neue Guͤte sie ruͤhrt.) Wahr ist es, daß sie in die⸗ ser Sache eine Waͤrme gezeigt hat, die mich die Hindernisse, welche sich der Beendigung derselben entgegenstellten, schnell hat uͤberwin⸗ den lassen ...7" „„An Mademoiselle d'Orleans, 3. Sept. 182¹. Alle die schoͤnen Dinge, die Sie mir wegen der zu Gunsten unserng lieben kleinen Pathen getroffenen Bestimmungen sagen, ruͤhren mich sehr. Wenn ich mich nicht laͤnger mit Ihnen unterhalte, so ge⸗ schieht es, weil dabei betruͤbende Gedanken in meiner zerrissenen Seele aufsteigen. Ich beschraͤnke mich sonach darauf, Ihnen die Versicherung u. s. w. Randnoke, Frau von Feucheres ist sehr er⸗ kenntlich fuͤr die Theilnahme, die Sie ihr bezeigen; sie traͤgt mit auf, Ihnen ihren ehrerbietigen Dank dafuͤr auszudruͤcken.““ „Sie ersehen hieraus“, bemerkte Herr Hennequin, „wie sehr Frau von Feuchères bemuͤht gewesen ist, in die Briefe des Herzogs ihrn Namen mit einfließen zu lassen; ihr Zweck wurde dadurch er⸗ reicht, das sehnlichst gewuͤnschte Patronat wurde ihr zu Theil, ihm opferte sie die heiligste der Pflichten, die Dankbarkeit, auf“ In der gestrigen Sitzung setzte Hr. Hennequin sein Plaidoha fort Er fuͤhrte neue Beweise fuͤr seine Behauptung an, daß das Testament vom 30. Aug. 1829 kein Akt des freien Willens des Her⸗ zogs von Bourbon, daß vielmehr sein Wille ein ganz entgegenge⸗ setzter gewesen sey, und daß Frau von Feuchères ihm das Testamem gewaltsam abgedrungen habe. „Es ist schwer“ aͤußerte er unter Anderem, zwei entgegengesetztere Lagen zu finden, als die des Herzogs v. Orleans und des Herzogs v. Bourbon ihr ganzes Leben hindurch waren. Erziehung⸗ Vergnuͤgungen, politische Ansichten, Kriegsdienst, Exil, Gesinnun⸗ gen bei der Ruͤckkehr nach Frankreich, kurz Alles bietet den staͤrk⸗ sten Kontrast dar. Von diesem wichtigen Gesichtspunkte aus be⸗ trachtet, muß es gewiß auffallen, daß der Herzog von Bourbon sei⸗ nen Erben und Machfolger freiwillig in einer Familie gesucht we ben sollte, deren Gesinnungen und Gewohnheiten so sehr von de seinigen verschteden waren. Der Gegenpartei wuͤrde es aller dings sehr gelegen seyn, wenn eine zwischen den Herzogen von Orleans und von Bourbon bestandene Eintracht und Freund schaft, wenn eine Vergessenheit des Vergangenen bewiesen werda koͤnnte, weil dies eine guͤnstige Einleitung zur Vertheidigung des Testaments abgeben wuͤrde. Wir wollen aber sehen, 9 sich in den von dem Herzoge von Bourbon hinterlassenen Korrespondenzen beider Haͤuser Beweise einer offenen Freund⸗ schaft und Versoͤhnung auffinden lassen. In dieser Korrespondem sinden sich Briefe des Herzogs von Orleans uͤber Sachen der Ett⸗ quette; beide Prinzen naͤmlich, der Herzog von Orleans sowohl ale der Herzog von Bourbon, wollten sich den Vorschriften der Etz⸗ quette nicht unterwerfen, die ihnen der aͤltere Zweig der Bourbe⸗ nen auferlegt hatte; so weigerten sie sich z. B., wenn Theater b Hofe war, in den Seitenlogen neben der Koͤnigl. Loge zu ersche⸗ nen, waͤhrend fremde Fuͤrsten in die Koͤnigl. Loge selost Zutritt hat⸗ ten. Der Herzog von Orleans benachrichtigte den Herzog vuf Bourbon zwar jedesmal von den Beschluͤssen, die er bei dergleicha Bedenklichkeiten der Etiquette gefaßt hatte, um eine Uebereinstim⸗ mung der Handlungsweise zwischen beiden Seitenlinien hervorzu⸗ bringen. Diese Schreiben beweisen aber noch keine vertraute Freund⸗ schaft zwischen beiden Haͤusern.“ Hr. Hennequin ging hierauf einer zweiten Klasse von Briefen uͤber, welche Verwandtschafts⸗Am⸗ gelegenheiten betreffen. Aus einem Schreiben vom Mai 182 geht hervor, daß der Herzog von Bourbon darein gewilligt hatte eine Pathenstelle bei der Taufe des Herzogs von Aumalc anzunch, men, zugleich aber auch, daß die Baronesse von Feuchères damah noch keinen Zutritt in das Orleanssche Haus hatte, was sogar d nige Kaͤlte in der Korrespondenz mit dem Herzoge von Orleans zu Folge hatte. Herr Hennequin machte darauf aufmerksam, wie auf fallend es sey, daß Frau von Feuchdères, die 1822 noch nicht einmi Zutritt in die Orleanssche Familie hatte, waͤhrend sie doch de Koͤnigl. Hofe bereits vorgestellt war, im Jahre 1829 so außerorden liches Interesse fuͤr dieselbe Familie bezeigt habe. Ein zweites vef dem Anwalt citirtes Schreiben war eine Antwort des He zoas von Bourbon auf ein Billet des Herzogs von Orleani worin dieser dem Prinzen anzeigte, daß er in dem Wunsche ihn nach langer Zeit wieder einmal zu sehen, an einem be stimmten Tage mit seinem aͤltesten Sohne sich in Saint La einfinden wuͤrde; jene Antwort war indessen so lakonisch ausgefäl len, daß Frau von Feuchèͤres das Konzept dazu korrigirte und einan verbindlicheren Schluß hinzufuͤgte. Nachdem Hr. Hennequin dar⸗ zuthun gesucht, daß weder in diesen, noch in anderen nachgelasseng Briefen des Prinzen Zeichen eines naͤheren, vertrauteren Verhaͤlr⸗ nisses zwischen ihm und dem Hause Orleans zu finden waͤren, fubt er fort: „Der Herzog von Orleans und der Herzog von Bourboh waren gewissermaßen die Revpraͤsentanten zweier entgegengesetzte politischer Systeme. Das Haus Condé hielt an den Grundsaͤtzen der Monarchie Ludwigs XIV., das Haus Orlrans an den Prinjs⸗ pien der Verfassung von 1791. Um eine Annaäͤherung zwischen bei⸗ den zu Stande zu bringen, lud Frau v. Feuchères den Herzog v. Or⸗ leans im Okt. 1827 zu dem von dem Herzog v. Bourbon veranstalteten Hubertusfeste ein. Als Letzterer dies erfuhr, aͤußerte er mehrmals in den bestimmtesten Ausdruͤcken, wie unangenehm ihm die Gegel⸗ wart des Herzogs von Orleans seyn werde. Waͤhrend der Prin also aus seiner geringen Theilnahme fuͤr das Orteanssche Haus kein Hehl machte, zeigte er bei jeder Gelegenheit seine Anhaͤnglich⸗ keit an das Haupt des aͤlteren Zweiges; Gleichheit der Grundscfe und Gesinnungen, vor Gibraltar geschlossene Waffen⸗Bruͤderschaft⸗ Gleichheit des Geschicks, Erinnerungen aus der Zeit der Verban⸗

nung, alles dies knuͤpfte ihn an Karl X.“ Hr. Hennequin fuͤhrte

hierauf mehrere Aeußerungen des Herzogs an, woraus er zu be⸗ weisen suchte, derselbe habe sein Vermoͤgen den Kindern des Her⸗ zogs von Berry zugedacht gehabt; so sey er eines Tages nach der Geburt des Herzogs von Bordeaux bei einem Spaziergange

den Elysaͤischen Feldern einem der beiden Offiziere begegnet, die ihn am Abende der Ermordung des Herzogs von Berry

allgemeine Opposition.

16 1 8

in die Over begleitet hatten; das Gespraͤch sey auf jenes Ereigniß gekommen, und der Prinz habe unter Anderem gesagt: „Der Herzog v. Berry war barsch, aber gut; er hat Niemanden etwas zu Leide gethan; ich liebte ihn sehr; er war der Waffengefaͤhrte meines Soh⸗ nes.“ Nach einigen Augenblicken des Stillschweigens habe er hin⸗ uugefuͤgt: „Nun wohl! da seine Kinder Waisen sind, so will ich Vaterstelle bei ihnen vertreten; sie sollen meine Erben seyn.“ Auch suchte der Anwalt aus den eigenen Briefen der Frau v. Feuchères zu beweisen, wie gut sie vorausge⸗ sehen habe, welchen Widerstand sie mit ihren Plaͤnen bei dem Her⸗ oge finden werde Einen ferneren Beweis fuͤr die Unfreiwilligkeit des Herzogs von Bourbon beim Testiren fand er darin, daß in der Mirte des Jahres 1829 ein Advokat des Hauses Orleans den Auf⸗ trag erhalten habe, ein Testament fuͤr den Herzog zu entwerfen; dieses sey ihm vorgelegt worden, ohne daß er es verlangt habe. Hr. Hennequin ging hierauf zu den moralischen und physischen Gewaltthaͤtigkeiten uͤber, die sich Frau v. Feucheres gegen den Her⸗ og erlaubt habe, um ihn zum Unterzeichnen des Testaments zu bewegen, und fuͤhrte folgende Aeußerung an, die der Herzog unter Anderem gethan haben soll: „Wenn sie erlangt haben werden, was sie wollen, wenn ich ihnen Alles gegeben haben werde, dann wird vielleicht mein Leben in Gefahr seyn.“ Auch erwaͤhnte er eines Gespraͤchs des Herzogs mit seinem Zahnarzte. Als dieser ihm den

zu machen, habe der Prinz erwiedert: „Mit 71 Jahren aͤndert man schwer seine Gewohnheiten; Sie werden wohl schon eine Fliege geschen haben, die in ein Spinngewebe geraͤth und von der Spinne immer dichter umschlungen wird; dies ist meine Lage.“ Nachdem Herr Hennequin mehrere der bereits im ersten Theile seines Plaidoyers vorgekommenen, auf Gewaltthaͤtigkeiten hindeuten⸗ den Umstaͤnde wiederholt und durch zahlreiche Aussagen und Thatsachen zu beweisen gesucht, daß die Frau von Feuchè⸗ res die unertraͤglichste Tyrannei uͤber den Prinzen ausgeuͤbt, daß sie alle ihr verdaͤchtige Personen aus seiner Umgebung entfernt, und daß die taͤglich zunehmenden Quaͤlereien den Prinzen endlich kurz vor seinem Tode zu dem Entschlusse gebracht, zu ent⸗ fliehen, weshalb er seinem Intendanten befohlen, 1 Million Fr. und die Diamanten in Bereitschaft zu halten, las er nochmals 42 Artikel vor, in denen er die Unguͤltigkeit des Testaments zu bewei⸗

ssen suchte, und trug auf die Annullirung desselben an. Die Ver⸗

handlungen werden uͤber acht Tage fortgesetzt und zunäͤchst die Ad⸗ vokaten des Herzogs von Aumale und der Baronesse von Feuchères, Herr Ph. Dupin und Herr Lavaur, gehoͤrt werden.

Niederlande.

Aus dem Haag, 19. Dez. Das hiesige Dagblad, welches die in Bezug auf die Ratification des Belgischen Trak⸗ tates umlaufenden (vorgestern von uns erwähnten) Gerüchte mit⸗ theilt, bemerkt dazu: „Db diese Berichte in jeder Hinsicht mit der Wahrheit übereinstimmen, wird von Einigen bezweifelt, doch scheint es auch gewiß, daß sie nicht ganz ohne Grund sind; man will jetzt auch hier am Orte davon unterrichtet seyn, daß günstige Nachrichten aus Rußland eingegangen sind.“

Brüssel, 18. Dez. In der gestrigen Sitzung der Re⸗ präsentanten⸗Kammer legten die Herren Robaulx und Seron folgenden Vorschlag auf das Bureau nieder: „Vom 1. Juli 1832 an wird in jeder Gemeinde des Königreichs we⸗ nigstens eine Elementar⸗Schule errichtet, in welcher der Unter⸗ rcht auf Kosten des Staates ertheilt wird, und durchaus kein Beitrag von den Schülern verlangt werden darf.“ Dieser Vor⸗ schlag ist den Sectionen zugewiesen worden. Der übrige Theil der Sitzung wurde durch Bittschrifts⸗Berichte ausgefüllt.

Das ganze Material des Lagers bei Diest ist jetzt öffentlich verRergert worden. Die hiesigen Zeitungen schlagen die ursprünglichen Kosten auf 130,000 Fl. an und versichern, daß der jetzt daraus gelöste Betrag die Summe von 2500 Fl. nicht übersteige.

11““

Karlsruhe, 15. Dez. Der Präsident Föhrenbach stattete in der 156sten Sitzung am 13. Dezember Bericht ab über das Schicksal, das einige Adressen in der ersten Kammer getroffen. Der Abgeordnete von Itzstein äußerte bei dieser Ge⸗ segenheit wiederholt den Wunsch, daß seine Motion über die Rekruten⸗Aushebung noch auf diesem Landtage erledigt werden möchte. Hierauf wurde die Diskusston über das Ausgabe⸗Budget fortgesezt. Das Landgestüt war der erste Gegenstand der Verhandlung. Gegen das Verlangen der Regierung, für die Anstalt jährlich 69,320 Fl. in der laufenden Budget⸗Periode zu verwilligen, da die bisher jährlich auf das Gestüt verwendeten 56,000 Fl. nicht hinreichend erschienen, erhod sich eine ziemlich Die Verlegung der Anstalt nach Dur⸗ lach, welche die Regierung ebenfalls in Vorschlag gebracht, wurde verworfen, und es wurde sogar der Wunsch für die gänzliche Auf⸗ debung des Gestüts laut. Auf den Antrag der Kommisston, 50,000 Fl. jährlich zu verwilligen, äußerte der Geheime Rath v. Rüdt, daß diese Beschränkung unmittelbar die Aufhebung der Anstalt nach sich ziehen müsse, da 68,000 Fl. das Minimum seyen, mit welchem die Kosten derselben bestritten werden könnten. Mehrere Anträge, die von verschiedenen Abgeordneten ausgingen, sielen ebenfalls durch, und man schlug endlich, der Extreme m den Ansätzen müde, ei⸗ nen Mittelweg ein, indem man 56,000 Fl. für jedes Jahr der bevorstehenden Budgetperiode, auf den Vorschlag des Abgeord⸗ neten Martin, bewilligte. Unter dem Rubrum: Verschiedene und außerordentliche Ausgaben beim Ministerium des Innern, für welches der neue Finanz⸗Etat 16,400 Fl. ver⸗ angte, waͤhrend die Kommisston nur 11,000 Fl. in Antrag brachte, wurde gleichfalls ein Mittelsatz von 12,000 Fl. von der Kammer begutachtet. Der Tagesordnung gemäß, stattete der Abgeordnete Hoffmann Bericht ab über den Beschluß der ersten Kammer in Betreff des Neubruchzehnten. Der Antrag der Kommission ging erstens dahin: das Recht, den Zehnten von Neubrüchen zu beziehen, die erst entstehen, gänzlich aufzuheben; 2) für die noch in den Freijahren befindlichen Güter diese Freijahre um 3 Jahre zu verlängern; 3) Se. Königl. Hoheit den Großherzog in einer

besonderen Adresse zu bitten, den Kammern ein Finanzgesetz vor⸗ legen zu lassen, nach welchem die Zehnten, die von den Domai⸗

nen zu beziehen sind, aufgehoben werden. Der Finanz⸗Mini⸗ ster von Böckh erhob seine Stimme gegen diese Anträge, welche er ein Executionsmittel nannte, das man der Regierung gegen die erste Kammer in die Hand zu geben gesonnen sey; ein solcher Umweg erinnere an Abwege. Herr von Rotteck, der nebst den Abgeordneten Beck, Welcker, Duttlinger, Mittermaier u. A. die Beschlüsse der Kommission vertheidigte, entaegnete auf jene Aeußerung des Finanz⸗Ministers: Umwege führten doch immer noch zum Ziele, Abwege vom Ziele fort, und wem der gerade Weg verschlossen sey, der dürfe sich nicht scheuen, den Umweg einzuschlagen. Der ganze Kommissions⸗Antrag wurde endlich mit großer Stimmen⸗Mehrheit angenommen. In der 157sten Sitzung der zweiten Kammer am 14. Dez. theilte Herr von Rotteck den Kommisstons⸗Bericht über die Rückäußerung der ersten Kammer in Betreff der Herrenfrohnden mit. Die Differenz in den Beschlüssen der zweiten und ersten Kammer bezog sich auf die Entschädigung der Frohndeberechtigten, indem

v11u“

jene den zehnfachen, diese, mit Uebereinstimmung der Regierung, den zwölffachen Jahresbetrag für die persönlichen Herrenfrohnden in Vorschlag brachte. In der Besorgniß, daß bei fortgesetztem Beharren auf den minderen Ansatz der Entschädigung dies Gesetz sich für diesen Landtag ganz und gar zerschlagen würde, trat die Kom⸗ mission dem Gutachten der ersten Kammer bei und erfreute sich bei der Abstimmung ihres Vorschlages einer unerwarteten Ma⸗ jorität, indem nur 11 Abgeordnete, worunter Herr von Itzstein, von dem früher beschlossenen Satze des zehnfachen Ertrages nicht abgingen. In derselben Sitzung theilte auch Herr von Rotteck, noch vor dem Beginn der Tages⸗Ordnung, zwei Dank⸗Adressen von Freiburg mit 342 und von Lahr mit 484 Unterschriften der Kammer mit, in welchen für die würdevolle Verwahrung der vaterländischen Souverainetät gegen etwanige befürchtete Ein⸗ griffe durch die Erneuerung der Karlsbader Beschlüsse gedankt wurde. Auch in der 158sten Sitzung wurde vom Abgeordneten Rindeschwender eine Dank⸗Adresse gleichen Inhalts mit 132 Unterschriften der Kammer überreicht.

Luxemburg, 17. Dez. Im hiesigen Journal liest man: „Die Verhandlungen des Deutschen Bundestages vom

garh ertheilte, sich aus den Banden der Frau v. Feuchsres frei 9. Sept., welche durch die öffentlichen Blatter bekannt geworden

sind, enthalten, in der den Bevollmächtigten Oesterreichs und Preußens ertheilten Autorisation, eine Ausnahme zu Gunsten des Deutschen Gebietes in Luxemburg, das zum Deutschen Bunde gehört; und zwar soll dieser Gebierstheil unter keinem Vorwande ausgetauscht werden können. Dennoch hat die Lon⸗ doner Konferenz es nicht für nöthig gehalten, die deutlichen und bestimmten Erklärungen in jener Vollmacht vom 9. Sept. wei⸗ ter zu berücksichtigen; sie hat Belgien den größten Theil der Kan⸗ tone Messancy, Lrrloͤn und Fauxpvillers zugewiesen, welche mit dem, dem Großtherzog zugesprochenen, übrigen Theil zusammen das Deutsche Gebiet ausmachen. Der auf diese Weise losge⸗ rissene Theil enthält eine Bevölkerung von 18 bis 19,000 See⸗ len, welche in 30 bis 35 Gemeinden, in einer Ausdehnung von 3 Stunden in der Breite und wenigstens 8 Stunden in der Laͤnge, vertheilt sind.“

Hanau, 20. Dez. Nach einer zweimonatlichen Abwesen⸗ heit sind Se. Königl. Hoheit der Kurfürst gestern früh im er⸗ wünschtesten Wohlsein wieder hier eingetroffen. Se. Königl. Hoheit haben zu Wilhelmsbad Ihre Wohnung genommen.

Hannover, 20. Dez. Auf der Landes⸗Universität Göt⸗ tingen befanden sich nach der am 30sten v. M. veranstalteten Zählung 913 Studirende, und zwar:

Landeskinder. Ausländer. Zusammen. der Theologie Beflissene.. b

170 62

Jurisprudenz V 146 ; Medizin u 106 70 Philosophie ꝛc.⸗ 3 E 565 348 913

Gegen voriges Semester sind, der Heimath nach, 6 Landes⸗ Kinder und 1 Ausländer, zusammen 7 weniger; nach den Fakul⸗ täten 3 Theologen weniger, die Juristen in gleicher Zahl, 30. Mediziner weniger und 26 Philosophen mehr vorhanden.

Leipzig, 22. Dez. Unsere heutige Zeitung enthält einen sehr günstigen Bericht über den Gesundheitszustand der hiesigen Einwohner vom 3ten bis zum 17ten d. M. und macht dazu die Bemerkung: „Die Ursache dieses ausgezeichnet günstigen Zu⸗ standes der epidemischen Constitution scheint in der außerordent⸗ lich milden Beschaffenheit der Witterung zu liegen. Das Ther⸗ mometer fiel während dieses ganzen Zeitraumes nicht ein einzi⸗ ges Mal bis auf den Gefrierpunkt und erreichte öfters des Mit⸗ tags 11 12 Grad. Der Rasen grünte wie im Frühling, Veil⸗ chen und Aurikeln blühten, es zeigten sich einzelne Maikäfer und die graue Bachstelze (Motacilla boasula), welche die hiesigen Gegenden im Monat Oktober zu verlassen und erst im März wieder zurückzukehren pflegt, wurde in Flügen von 80 bis 100 Stück gesehen. 6

Bern, 16. Dez. In der letzten diesjährigen Sitzung des großen Rathes vom 3. Dez. wurde noch beschlossen: 1) Es solle für den reformirten Landestheil eine auf den Neujahrstag von den Kanzeln zu verlesende Proclamation erlassen werden, um das Volk auf die große Wohlthat aufmerksam zu machen, daß un⸗ sere Staatsreform in Vergleichung gegen andere Lander, wo des⸗ halb Ströme von Blut vergossen wurden, so glücklich vollbracht worden sey, und dasselbe aufzumuntern, in christlichem Sinn ge⸗ genseltiger Versöhnung gemeinschaftlich dahin zu strehen, daß Einigkeit, Vaterlandsliebe und reger Gemeinsinn zu Förderung des Guten immer mehr Wurzel fassen möchten. 2) Der Herr Bischof soll ersucht werden, für den katholischen Landestheil em Mandat in gleichem Sinne zu erlassen.

8 8— 4

Spanien. 1“

Madrid, 8. Dez. In der Nacht vom 30. Nov. zum 1sten Dezember verließen zwei Schaluppen, welche 50 bis 60 Spanische Aufrührer am Bord hatten, die Bahyen Gibraltar, indem der Gouverneur dieser Festung ihnen dort den Aufent⸗ halt nicht länger gestatten wollte. Man wußte nicht, welche Richtung dieselben genommen, als man durch Berichte der be⸗ waffneten Küsten⸗Böte in Erfahrung brachte, daß slie östlich segelten; die eben erwähnten Küsten⸗Böte folgten ihnen und drängten sie dergestalt, daß sie auf einem Punkt zwischen Ma⸗ laga und Marbilla sich an die Küste warfen und unter Auf⸗ steckung der dreifarbigen Fahne und dem Ausrufe: „Es lebe die Freiheit!“ bei Frangirola an das Land stiegen. Der Gouver⸗ neur von Malaga, a Moreno, hatte inzwischen, von jener Expedition in Kenntniß gesetzt, die nöthigen Maaßregeln ergrif⸗ fen, um jenes Haufens habhaft zu werden, und wirklich gelang es ihm auch, ihn in einem Pachthofe, wo er eine feste Stellung genommen hatte, einzuschließen und ihn den 5ten d. M. früh um 8 Uhr nebst dem Anführer des Haufens, dem Er⸗General Don Jozé Maria Torrijos, einem bekannten Rebellen⸗Chef, zu Ge⸗ fangenen zu machen.

mMiMancHixAxxexxnxFtxaeexdbsamene neene, 4 2 8 .““

8 8

In der Residenzstadt Berlin waren erkr. genes. gestord. Bestand

bis zum 23. Dez. Mittags 2244 823 1415 6 Hinzugek. bis zum 24. Dez. Mittags 24 161sß Bis zum 24. Dez. Mittags Summa 2246 824 1417 5 Hierunter sind vom Militair 35 18 17 8 Die Kranken befinden sich in den Hospitälern. In Breslau waren erkrankt genesen gestorben Bestand bis zum 17. Dez. 1304 614 688 2 Hinzugek. v. 17. bis 21. Dez. 2 Summa 1304 616

Darunter Militair 36. 22

beralen

. L

In Königsberg waren WEIIIn 1 erkrankt genesen gestorben Bestand bis zum 15. Dezember 2211 876 Hinzugek. vom 15. bis 19. Dez. 3 4 1 Summa 2214 880 1325

Ausbrüche der Cholera sind bemerkt: 1 Regierungs⸗Bezirk Breslau. Kreis Wohlau, in Polnisch⸗Dorf am 12 Dezember. Riegierungs⸗Bezirk Gumbinnen. Meg Kreis Angerburg, in Pieszarken am 3. Dez Kreis nsburg, in Schimonken am 3. Dez. Kreis Ragnit, in

Se Ballandzen am 2. Dezember. 1

Literarische Nachrichten. 1 Aus der neuesten Broschüre des Herrn von Chateaubriand, welche am 21. Nov. d. J. in Paris unter dem Titei: „AUn die Leser“ erschienen ist, theilen wir Nachstehendes mit: 1u „Der Vorschlag, den ich bekaͤmpft hatte, ist durch die Vertre⸗

ter der Nation angenommen worden; aber die Verletzung des Ban⸗

nes (Karls X. und seiner Familie) wird nicht mehr mit dem Tode bestraft. So modifizirt, erscheint mir derselbe unnuͤtz oder auf eine sentimentale Weise grausam; denn am Ende befindet sich die To⸗ desstrafe doch darin verborgen. Man muß das Urtheil der Herren Pairs abwarten! Auf meine Broschuͤre sind zahlreiche Entgeg⸗ nungen erschienen. Unter den Personen, welche geschrieben ha⸗

ben oder, wie man sagt, noch schreiben werden, bemerke

ich den Namen des einzigen Geschaͤftsmannes, und Red⸗ ners, den die Quasi⸗Legitimitat von der Anti⸗Legitimität

sich geliehen hat, eines Mannes, doppelt begabt mit dem Talente

des Redners und des Schriftstellers, dem ich schon zu einer Zeit,

wo die Politiker meiner Ansicht ihm wenig geneigt waren, den verdienten Zoll der Lobspruͤche zu ertheilen so gluͤcklich gewesen bin. Ich wuͤnsche mir mehr als jemals Gluͤck dazu, gerecht gegen das Verdienst gewesen zu seyn; wenn dieses auch mein Gegner ge⸗ worden und mit seinen jungen Lorbeern meine welken Palmen ver⸗ draͤngt. Ich kenne diese verschiedenen Schriften nur aus den Anzeigen in den oͤffentlichen Blaͤttern, zwei ausgenommen, weil die Verfasser derselben mir die Ehre erzeigt haben, mir solche zu⸗ zusenden. Man fordert mich von allen Seiten auf, meinen Tad⸗ lern zu antworten; ich enthalte mich dessen aus folgenden Gruͤn⸗ den: Meine Arbeit ist gut oder schlecht; ist sie gut, so wird sie sich von selbstvertheidigen; wenn sie schlecht ist, so werden alle meine Anstren⸗ gungen ihren Fall nicht verhindern. Ist es meine Person, die man ver⸗ folgt? Das verzeihe ich. Man behaupte, ich sey ohne Genie, ohne Geist⸗ ohne Talent, ohne Logik, ohne Kenntnisse; ich raͤume es ein. Ich bitte nur, mir immer wahre Dinge nachzusagen, mir nicht z. B. die „Geheime Note“ zuzuschreiben; denn ich bin nicht der Ver⸗ fasser dieser Schrift. Ohne indeß eine Broschuͤre zur Vertheidigung meiner Broschuͤre schreiben zu wollen, glaube ich mich doch zu ei⸗ nigen kurzen Bemerkungen verpflichtet. Man macht großen Laͤrm von ich weiß nicht welcher angeblichen Verbindung zwischen meinen, den sogenannten Karlistischen, und den sogenannten li⸗ oder revolutionnairen Meinungen. Verstaͤndigen wir uns daruͤber. Seit dem Beginn der Restauration habe ich nicht aufgehoͤrt, die oͤffentlichen Freiheiten zu verfechten; die Preß⸗ freiheit ist mir vielleicht einigen Dank schuldig; sie ist, der aufrichtigen Liebe halber, die ich ihr widmete, der Hauptgrund meiner Ungnade unter der Regierung der Legitimität gewe⸗ sen. Alle Leute, welche die Nationalrechte vertheidigten, de⸗ fanden sich damals auf meiner Seite; ich ging, wie heute, mit den Revolutionnatrs. Was ist denn also in meiner Stellung so neu?

d 88

1

Ich habe unter der Restauration stets fuͤr die Ehre Frankreichs ge⸗ kaͤmpft. Ich wollte, daß die Legitimitaͤt sich treu den Institutio⸗ nen der Charte anschließen moͤchte, und ich fuͤhlte außerdem, daß sie einer Taufe des Ruhms beduͤrfe; dieser Idege habe ich große Opfer gebracht. Wohlan! Auch in diesem System der Ehre und des Ruhms traf ich mit den Revolutionnairen zusammen. Die Freiheit und die Ehre Frankreichs im Innern, Unavyhaͤngigkeit nach außen, das sind die beiden Punkte, in denen Karlisten und Revo⸗ lutionnairs uͤbereinstimmen. Ueber diesen gemeinschaftlichen Grund⸗ satz großherziger Ansichten leben wir in Frieden und erwarten die Befreiung des Vaterlandes aus den zweideutigen Haͤnden des juste misieu. Ich habe die Karlisten und Revolutionnairs als Cotterie bezeichnen hoͤren. Sonderbare Cotterie derer, welche wei große Gebietsabtheilungen in Frankreich inne haben: Ost und tordost, Westen und Suͤden! Aber es giebt ein halb Dutzend Leute, die, in den hohen Regionen einer gewissen politischen Er⸗ ziehungssucht sich gefallend und bewundernd, mit den niederen Sterblichen sich nur durch jene Verachtung, welche die Kette zwi⸗ schen ibrer unendlichen Seligkeit und unserem veraͤchtlichen Nichts bildet, in Verbindung setzen koͤnnen; wir muͤssen uns gluͤcklich schaͤtzen, daß sie sich so weit herablassen, uns mit einem Namen zu beehren, den sie eigentlich tragen und verdienen. Ein anderer Einwurf heißt: „„Ihr gebt die Erblichkeit Heinrichs V. zu und ruft zugleich die Souverainetaͤt des Volkes an; welch' ein Wider⸗ spruch!“ Durchaus nicht. Es sind ja nicht meine Ideen, welche ich aufstelle, es sind die Eurigen. Ich ergreife Eure Waffen, ich folge Euch auf Euer Gebiet. Ihr argumentirt aus der Sou⸗ verainetaͤt des Volkes zu Gunsten der Julitage, die Ihr noch uͤber⸗ dies entstellt habt. Anstatt Euch mit diesen Gruͤnden abzuweisen, antworte ich Euch: Es sey! Aber dieses Volk, hinter das Ihr Euch verschanzt, ist nicht um Rath gefragt worden. Auch ich bin ein Theil dieses Volkes. Ich gebe Eurem Auserwaͤblten meine Stimme nicht, und so lange mich die gesetzlich festgestellte Mehrheit der Na⸗ tion nicht verurtheilt, so lange werde ich Eure politischen Institu⸗ tionen nicht anerkennen. Wenn die Quasi⸗ Legitimität, wie sie es bis heute gethan hat, die Volks⸗Souverainetaͤt verleugnet, so frage ich sie, kraft welches Rechts sie uͤber die Krone verfuͤgen konnte? In diesem Falle kehrt Heinrich V. ganz natuͤrlich zuruͤck, sowoh! vermoͤge seines erblichen, als vermoͤge seines in der Charte von 1814 ausgesprochenen constitutionnellen Rechtes. Die ministerielle Regierung der Wahl⸗Monarchie hat die Konsequenzen der Juli⸗ tage nicht durchgefuͤhrt. Sie ist jetzt im Besitz der Macht weder durch den Ruhm, noch durch die Erbfolge, weder durch die Zustimmung eines National⸗Kongresses, noch durch die Gewalt der Nothwendigkeit, welche zwar einen Augenblick bestehen konnte, doch jetzt nicht mehr vorhanden ist. Ich verlangte im Jahre 1831 die Appellation an das Volk, um das legitime Koͤnigthum, wie man sie im Jahre 1793 verlangte, um den legitimen Koͤnig zu richten; in beiden Faͤllen hat man sie verworfen Waͤhrend ich die Schwaͤ⸗ chen der Wahl⸗Monarchie bezeschne, traͤgt ste selbst Sorge, diesel⸗ ben noch zu vermehren Die Quast⸗Legitimitaͤt, sogar die Fehler der Legitimitaͤt nachäͤffend, hat im November 1831, bei Gelegenheit der Pairie, aͤbnliche Verordnungen, wie die des Juli 1830, erlassen; und sie bat doch nicht einmal einen Artikel 14 der Charte zu ihren Gunsten auszulegen. Wird man ihr die Auflagen bezahlen, welche von den neuen votirt worden sind? Wird sie ihre Barrika⸗ den haben? Befindet sich das Schiff Karl’s J. noch in Cherbeourg? Man hat auf den Artikel einer Englischen Zeitung (der Times) hinge⸗ wiesen. Ich suche den Ursprung jenes Artikels nicht, obgleich es mir leicht seyn wuͤrde, denselben aufzusinden. Wer mit der Englischen und Franzoͤsischen Sprache vertraut ist, weiß, daß es einen Ideen⸗ ang, eine gewisse Art des Ausdrucks giebt, die sogleich den Unter⸗ chied zwischen den beiden Nationen erkennen laͤßt. Wie dem aber auch sey, man fragt mich in jenem Artikel und sagt: „„Haben Sie sich nicht erboten, nach Holyrood zu kommen, und ist Ihr Anerbieten nicht zuruͤckgestoßen worden? Haben Sie nicht an die erzogin von Berry geschrieben, als sie durch Genf kam, hat sie ich nicht geweigert, Sie zu sehen und Ihren Brief anzunehmen?’ Dies wuͤrde eine Art von Anklage seyn, der ich mich ruͤhmen

koͤnnte; ich bin schon oͤfter von Koͤniglicher Hand verletzt worden; öͤfter noch aber hahe ich auf die Gunstbezeigungen des Hofes verzichtet,

S 8 8 b

——