1831 / 359 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

cerkannt.

Korrespondenzen gegenüberzustellen.

habe erwarten können. 1 1 Mi stiern fünf Fragen, wovon die nachstehenden beiden die wich⸗

waͤrtigen Politik.

ker ist aber die Dankbarkeit fuͤr geleistete Dienste noch mehr ein Gesetz der Klugheit, als der Gerechtigkeit. In einem Staate ohne Vaterland und ohne Familie, wo nur ein doͤchster Wille herrscht, den nichts uͤberlebt und uͤberleben darf, ist es erklaͤrlich, daß die Be⸗ lohnung nicht den geleisteten Dienst uͤberlebt; dies kann aber nicht bei einem Volke der Fall seyn, das auf seine beruͤhmten Mäaͤnner mit Recht stolz ist und eben so leicht erlittene Leiden vergißt, als et das An⸗ denken an das Gute, das es empfangen, gewissenhaft bewahrt. Gott sey Dank! in Frankreich verjaͤhren die Verdienste und die Tugenden nicht; Ehrenschulden erloͤschen mit dem Tode so wenig fuͤr ein ganzes Volk, als fuͤr einzelne Individuen. Dieses Gefuͤhl hat unsere f⸗ fentlichen und Privatsitten durchdrungen. Wenn wir Alle die neu⸗ liche Eintragung des jungen Nachkommen jenes beruͤhmten Red⸗ ners, der die Freiheiten mit so viel Adel und Talent vertheidigt hat, in das Buch der Pairie gebilligt haben, wuͤrde Frankreich sich nicht mit uns freuen, wenn neben diesem und den anderen beruͤhmten Namen der Gegenwart, mit denen der Koͤnig uns bereichert hat, uns zugleich einige jener Namen haͤtten wiedergegeben werden koͤnnen, die der Franzose nur mit Ehrfurcht ausspricht, die aber leider nur noch von der Geschichte aufbewahrt werden, ich meine die Lhopital, Sully, Catinat, Dagues⸗ seau und die großen Maͤnner neuerer Zeit, welche so viele Plaͤtze unter uns leer lassen! Welcher Franzose moͤchte es wagen, zu sa⸗ gen, die Anspruͤche dieser Maͤnner seyen mit ihrem Tode erloschen, und das Wohlwollen ihrer Zeitgenossen habe die Schuld des Vater⸗ landes gegen sie getilgt? Das Vaterland, das diese Namen in den Bildsaͤulen, die es ihnen errichtet, feiert, ehrt sie nicht min⸗ der in ihren Familien, als den lebenden Denkmaͤlern ihrer Verdienste unnd ihres Ruhms. Das liebste Streben des Staatsmannes, die Belohnung, die ihm als die werthvollste erscheint, das hoͤchste Gluͤck, das er sucht, ist das Gluͤck, sich in den Seinigen zu uͤberleben unnd ihnen den Theil von Ehre, den er sich erworben, so wie den Rang, zu dem er sich hinaufgeschwungen, zu uͤberliefern. Es giebt kein edleres, kein fuͤr die Gesellschaft nuͤtzlicheres und der Aufmunterung uund Achtung wuͤrdigeres 8 Durch die Erblichkeit gewisser

politischer Koͤrper, in die Institutionen der aufgeklaͤrtesten Voͤlker

eingefuͤhrt, ist dieselbe fuͤr diese Institutionen eine Buͤrgschaft der Dauer geworden. Aber die politischen Koͤrper begruͤnden sich mehr durch sich selbst, als durch die Gesetze. Schwach in ihrem Entstehen und oft der Gegenstand der Eifersucht und des Mißtrauens, stellen sie sich erst dann wahrhaft an die Spitze ihres Landes, wenn sie sich diesen Rang durch eine lange Reihe bei der Nation Vertrauen erweckender Dienste erworben haben.“ (Fortsetzung folgt.)

Deputirten⸗Kammer. Sitzung vom 19. Dezem⸗ ber. Nachdem die Kammer am 17ten den Beschluß gefaßt hatte, in ihrer nächsten Sitzung diejenigen Redner zu hören, die über die Lyoner Ereignisse noch Aufschlüsse von den Ministern verlangen wollten, wurde jetzt Herrn Salverte das Wort zu⸗ Derselbe bemerkte, daß, wenn die Minister sich in Betreff der von ihnen verfügten Maaßregeln auf die Majorität der Kammer beriefen, die Minorität auch ihrerseits berechtigt sey, ihren Tadel vernehmen zu lassen und den amtlichen Doku⸗ menten, worauf die Regierung sich stütze, verschiedene Privat⸗ Es gebe gewiß Niemand in der Kammer, der nicht die Ueberzeugung hegte, daß die Lyoner Unruhen aus früheren Ursachen entsprungen wären, die

den Ministern unmöglich hätten verborgen seyn können, und die

sie sonach hätten veranlassen sollen, dem Ausbruche des Uebels zuvorzukommen. Er wolle jetzt untersuchen, ob in dieser letzteren

Beziehung Alles geschehen sey, was man von der Regierung Der Redner stellte hierauf den Mini⸗

tigeren waren: Stand in Lyvon eine hinlängliche Militair⸗ Macht? zählte nicht vielmehr das dort befindliche Regiment, statt 3000 Mann (wie Hr. C. Périer solches behauptet hat), nur 1900, indem das dritte Bataillon in einer anderen Stadt in Garnison lag? Machte sich nicht schon seit geraumer Zeit eine Mißhelligkeit zwischen der Civil⸗ und Militair⸗Behörde von Lyon bemerklich? Im weiteren Verlaufe seiner Rede gedachte Hr. Sal⸗ verte des Schreibens, das unlängst der Präfekt des Rhone⸗De⸗

vartements, Hr. Bouvier⸗Dumolard, in die öffentlichen Blätter hat einrücken lassen, und worin er die Genauigkeit der von Hrn. C. Peérier am 25. v. M. der Kammer gemachten Mittheilungen

bestritt. Er fügte hinzu, daß, gleichwie dieser Präfekt eine Un⸗ tersuchung über diesen Punkt verlangt hade, die Kammer auch ihrerseits auf einer solchen bestehen müsse. Nachdem er es hier⸗ auf im Alggemeinen getadelt, daß man dem Kronprinzen den Auftrag ertheilt habe, die Ruhe und Ordnung in Lyon wieder herzustellen, empfahl er der Regierung Milde und Vergessenheit des Geschehenen, wobei er sich namentlich darauf stützte, daß die Arbeiter und die Fabrikherren in Lyon gleichsam Glieder ei⸗ ner und derseldben Familie wären, indem der eine Theil ohne den anderen nicht bestehen könne, und daß sonach eine, wenn auch gesetzliche, Strenge, anstatt die gegenseitige Zuneigung wie⸗ derherzustellen, die Erbitterung nur vergrößern würde. Nach ei⸗ nigen anderen Betrachtungen, wandte der Redner sich zu der aus⸗ Die Gewißheit des Krieges, äußerte er in zweifelhaften Frieden bei weitem vorzuziehen; Niemand wisse noch, ob die allgemeine Entwaff⸗ nung wirkiich stattfinden werde, oder nicht; der Minister behaupte zwar, daß diese Entwaffnung das schönste Amendement zum Budget sey; er (der Redner) gebe dies zu; wenn er inzwischen einen Blick auf den Zustand von Europa werfe, so müsse er es bezweifeln, daß Herrn Périers Versprechungen in Erfül⸗ lung gehen würden; weder in Italien voch in Polen wä⸗ ren die Gemüther schon nah besänftigt; die Londo⸗ ner Konferenz habe zwar eine enge schöner Protokolle unterzeichnet; Holland habe sie aber nicht angenommen und werde sie, aller Wahrscheinlichkeit nach, auch nicht anneh⸗ men; auch über die von dem Könige bei der Eröffnung der Kammern angekündigte Schleifung der veegen Festungen herrsche noch Zweifel, so daß, wenn vielleicht Belgien durch ir⸗ zend ein Eresgniß unter die Herrschaft Hollands zurückkehren sollte, diese Festungen immer noch ebden so viel Angriffspunkte Daauf Frankreich als früher seyn würden. Wenn unter den obwal⸗ tenden Umständen das Ministerium nichtsdestoweniger einer all⸗ gemeinen Entwaffnung gewiß sey, so könne die Kammer ihm mit Recht Glück dazu wünschen; als Bedingung des allgemeinen Friedens müsse sie aber verlangen, daß die Entwaffnung nur wie in Preußen und Oesterreich geschehe, nämlich so, daß die Armee mit jedem Augenblicke wieder schlagfertig dastehen könne. Auf die inneren Angelegenheiten zurückkommend, sprach Hr. Salverte die Meinung aus, daß die National⸗Garden aus der Umgegend Rvon Lyon unur deshalb so bereitwillig auf diese Stadt marschirt wären, weil sie geglaubt, daß sie den Karlismus zu bekämpfen hätten. „Der Prästdent des Ministerraths“, fuhr er sodann fort, „hat uns auch von den moralischen Bedürfnissen des Volkes ge⸗ sprochen; gewiß verdient kein Gegenstand von Seiten der Regie⸗ rung eine so große Berücksichtigung, als dieser. Entspricht aber das angenommene System diesen Bedürfnissen? Ich sage Nein und finde den Beweis für diese Behauptung allein schon in der Erklärung des Herrn Cas. Périer, daß die Freiheit der Despo⸗ tismus des Gesetzes sey. Nichts in der Welt läuft dem morali⸗ schen Bedürfnisse des Französischen Volks so sehr zuwider, als

dieser Beziehung, sey einem

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dieser Grundsatz; ein Despotismus des Gesetzes ist nur da noth⸗ wendig, wo die Freiheit ihre äußerste Gränze erreicht hat, wie dies z. B. in Sparta der Fall war; unseren Sitten ist er fremd; bei uns muß das Gesetz die Sprache der Ueberredung und des Vertrauens führen. Nicht durch Strenge, nicht durch Gewalt läßt der Franzose sich leiten.“ Herr Salverte untersuchte hierauf noch die finanzielle Frage, wobei er sich über die ungeheure Summe des Budgets beschwerte, und schloß zuletzt mit der Forderung: 1) daß das Mmisterium der Kammer alle auf die Lyoner Er⸗ eignisse bezügliche amtliche Aktenstücke, sogar aus früherer Zeit, vorlege; 2) daß eine Untersuchung über die vorgefallenen Thatsachen angestellt werde, um die noch räthselhaften Punkte, worin einige Behörden als mehr oder weniger kompromittirt er⸗ schienen, aufzuklären. Herr Fulchiron (Deputirter von Lhon) maaß die in Lyon stattgefundenen Unruhen hauptsächlich den Pre⸗ digten der Saint⸗Simonisten bei und theilte zum Beweise dessen das Schreiben eines sehr achtungswerthen Lyoner Bürgers mit, worin es heißt: „Der Saint⸗Simonismus, der täglich mehr⸗ mals in Lyon gepredigt wird und vielleicht von den Eingeweih⸗ ten eben so falsch dargelegt, als von den unwissenden Zuhörern verstanden wird, hat einen verderblichen Einfluß auf das Volk geübt. Es ist Thatsache, daß der Katechismus und die Lehr⸗ bücher der Saint⸗Simonisten sich bei uns in einer großen Menge von Feee namentlich in denen der Seiden⸗Arbeiter, befinden.“ Wenn man bedenke, bemerkte Herr Fulchiron, daß der Aufstand in Lyon gerade von denjenigen Seiden⸗Arbeitern, von fremder Abkunft, die am meisten verdienten, veranlaßt und genährt worden sey, während diejenigen, die einen geringeren Ar⸗ beitslohn erhielten, sich ruhig verhalten hätten, so koöͤnne man sich unmöglich des Gedankens erwehren, daß die Bewegung durch irgend einen feindseligen Geist gegen das Eigenthum angeregt worden sey. Herr Pagdès meinte, es gäbe Trübsale, die aus der Gewalt der Dinge hervorgingen, andere, die das Werk der Regierung wären; in Frankreich habe der gesellschaftliche Körper tiefe Wunden erhalten, und das System der Minister trage nur dazu bei, sie immer wieder aufs neue aufzureißen; nicht bloß die politische, sondern die ganze gesellschaftliche Ordnung werde in diesem Augenblicke bedroht; die Städte erhöben sich, um sich der Last der Steuern zu entziehen, und nur in der allgemeinen Noth müsse man die Neigung zum Aufstande suchen; bei der Eröff⸗ nung der Session habe die Regierung noch mit Recht die National⸗Garde das große Heer der öffentlichen Ord⸗ nung nennen können; kaum einige Monate wären seitdem verflossen, und dieses große Heer verweigere den Dienst. Ande⸗ rerseits sey der Eifer der Wähler erkaltet; kaum der dritte oder vierte Theil derselben erscheine in den Wahl⸗Kollegieen. Wie die Sachen jetzt lägen, könne Frankreich nur einer traurigen Zukunft entgegenblicken, und wenn der Zustand des Landes nicht so sey, wie er ihn schildere, so schildere er ihn weniastens so, wie er ihm erscheine. Herr Dupin d. Aelt. trat zur Vertheidigung des Ministeriums auf. Er untersuchte zunächst, wie die Lage der Dinge am 26. Nov. (wo die Kammer die Adresse an den König votirte) gewesen, und wie sie jetzt sey, und zog daraus den Schluß, daß man Ursache habe, mit den von der Regierung getroffenen Maaßregeln zufrieden zu seyn. Der erste Redner habe es getadelt, daß der Kronprinz nach Lyon geschickt worden sey; auch habe er einige Verfügungen des Marschalls, der dem Prinzen als Mentor gedient, gerügt. (Eine Stimme: „Das Wort Mentor ist sehr geschmacklos! Andere Stim⸗ me: Jay! eben so wie der Lyoner Regenbogen!) Es sey um so auffallender, fuhr Herr Dupin fort, daß man jetzt die Sendung des Kronprinzen mißbilligen wolle, da man derselben doch in der Thron⸗Rede ganz besonderen Beifall gezollt habe. Was den Marschall betreffe, so thue es ihm leid, daß derselbe nicht zugegen sey, mindem er sonst ohne Zweifel alle von ihm ver⸗ fügte Maaßregeln rechtfertigen würde. Man spreche stets von einer Aehnlichkeit zwischen den drei Juli⸗ und den deiden No⸗ vembertagen; eine solche bestehe allerdings, insoweit namlich in Paris zur Vertheidigung des Gesetzes und in Lyon zur Bekäm⸗ pfung derjenigen, die dasselbe hätten umstoßen wollen, gestritten worden sey. Nachdem der Redner das Institut der National⸗ Garde im Allgemeinen belobt, vertheidigte er den Satz des Hrn. Castmir Périer, daß die Freiheit der Despotismus des Gesetzes sey; nur unter dieser Bedingung sey ein Volk frei, und es schweige die Tyrannei; auch in Lyon müsse das Gesetz sein Recht behaupten; es werde dabei keinesweges verkennen, daß die meisten der Ruhe⸗ störer irregeleitet worden wären, und daß fast Alle Reue empfän⸗ den; doch gäbe es auch Ausnahmen, und diese müßten an das Tageslicht gezogen werden. „Es haben in Lyen scheußliche Auf⸗ tritte stattgefunden“, bemerkte der Redner; „mögen wir minde⸗ stens die heilsame Lehre daraus ziehen, daß ein Aufstand nie gut ist; wird er auch in der lobenswerthesten Absicht unternom⸗ men, so kann er mit den abscheulichsten Verbrechen enden.“ Weiterhin äußerte Herr Dupin, die Regierung sey zwar der Mei⸗ nung, daß die Politik mit den Lyoner Unruhen nichts gemein gehabt habe; doch werde man ihn schwerlich überreden können, daß nicht hinter den Ruhestörern andere Männer gesteckt hätten, die aus den Unruhen hätten Nutzen ziehen wollen. Hier theile er die Ansichten der Herren Salverte und Fuslchi⸗ ron, daß einestheils die Karlisten die Hand mit im Spie⸗ le gehabt, andererseits aber auch die Saint⸗Simonisten das Ihrige dazu beigetragen hätten. Nach einigen Bemerkungen über die auswartige Politik fuhr Herr Dupin also fort: „Der Friede war von jeher mein System; er ist uns zu Theil gewor⸗ den, und ich freue mich darüber. Nicht daß ein Krieg fortan nicht mehr möglich wäre. Der Krieg wird immer möglich seyn, so lange es noch verschiedene Staaten giebt. Da wir aber nun einmal den Frieden haben, so sollten wir uns vorzugsweise mit den längst ersehnten Verbesserungen im Innern beschäftigen. Vorzüglich sollten wir, bei dem Anblicke des Nothstandes in Lyon, nicht beständig über den Aufwand der Höfe eifern, denn dies ist wahrlich kein Mittel, den Absatz von Lupus⸗Artikeln zu beför⸗ dern. (Stimme zur Linken: „Eine feine Manier, der Civil⸗ Liste das Wort zu reden!““) Lebten wir in den Wüsteneien von Pennsylvanien, so könnten wir allenfalls befürchten, daß der Luxus unsere Sitten verdürbe; so aber befinden wir uns auf dem Gipfel der Civilisation; die Reichthümer sind heu⸗ tiges Tages zur Erhaltung der Gesellschaft nothwendig; wir ver⸗ langen, daß der Handel und Gewerbfleiß einen neuen Auf⸗ schwung nehme; hierzu ist aber der Verbrauch nothwendig. Na⸗ poleon fühlte dies gar wohl und begann daher einen langjähri⸗ gen Kampf mit England, um die inländischen Fabriken zu he⸗ den und den Luxus seiner Umgebungen zu befördern.“ Der Redner schloß mit einigen Bemerkungen über das Budget. Ihm folgte Hr. Mauguin auf der Rednerbühne. Er erklärte zuvörderst, wie er endlich zu glauben anfange, daß das Friedens⸗ System den Sieg davongetragen habe oder doch bald davon⸗ tragen werde. Unter diesen Umständen komme es nun vorzüg⸗ lich darauf an, dem Lande eine Zukunft zu bereiten und sich mit den inneren Angelegenheiten zu beschäftigen. Frankreich,

fuhr er fort, habe schon manche Krise zu bestehen gehabt, aber zu keiner Zeit noch eine so gewaltige, wie gerahe die jetzige; nothwendig müßten also besondere Ursachen darauf eingewirkt haben, und diese zu ergründen, sey seine Absicht, Man mache ihm beständig den Vorwurf, daß er durch seine ost⸗ maligen Angriffe auf das Ministerium die Regierung schwãäche, wenn diese inzwischen nicht mehr so stark sey, als sie es nach der letzten Revolution, gestützt auf die Zustimmung der Nation, ge⸗ wesen, so liege der Grund darin, daß sie sich seitdem dem Sh⸗ steme der Restauration mit allen ihren Privilegten wieder n nähern gesucht und, um diese Absicht zu bemänteln, dem Lanze das Schreckbild der Republik vorgehalten habe; die natürlicht Folge hiervon sey gewesen, daß, statt Vertrauen zu wecken, man nur Besorgnisse erregt habe; man könne gewiß mit vollem Rechte

behaupten, daß das System der Minister allein an dem jetzigen

allgemeinen Nothstande Schuld sey, und bevor dieses Shstem nicht geändert werde, lasse sich nun und nimmermehr an ein Emporblühen des Handels und Gewerbfleißes denken. Der Redner suchte hierauf die Behauptung zu widerlegen, daß das Eigenthum bedroht werde; in den 40jährigen Stüurmen, de⸗ nen Frankreich ausgesetzt gewesen, sey das Eigenthum stets re⸗ spektirt worden, und auch noch jüngst in Lyon, wie im Julht v. J. in Paris, habe das Volk die größte Achtung davor ge⸗ hegt. Man beschuldige jetzt die St. Simonisten, daß sle an den Umuhen in der zweiten Stadt des Reiches Schuld gewe⸗ sen wären; er seinerseits könne so kleinen Ursachen keine so große Wirkungen beimessen; er kenne sehr wohl all das GCe⸗ fährliche und Irrige des St. Simonismus; eben aber, weil en es kenne, fürchte er sich nicht davor; wenn anders e diese Lehre richtig verstehe, so vergreife sie sich an da Vererbung des Eigenthums und verkenne sonach die Gefühle des Familien⸗Vaters, der nicht bloß für sich, sondern auch für seine Kinder arbeite; eben deshalb aber, weil die Lehre ge⸗ gen dasjenige streite, was dem Menschen am heiligsten sen, habe man auch nichts von ihr zu befürchten, und er stehe dafür, daß diejenigen Arbeiter, die sich etwa für dieselbe bekennen möch⸗ ten, schnell wieder von ihr abfallen würden, sobald sie selbst Ei⸗ genthümer geworden wären. (Gelächter.) Was dem Minist⸗ rium bei den Lyoner Unruhen am meisten zur Last gelegt wer⸗ den könne, sey ein völliger Mangel an Voraussicht. „Man

kennt jetzt“, fuhr Herr Mauguin fort, „den Nothstand der Ar

beiter, und um demselben abzuhelfen, eröffnet man freiwillige Subscriptionen, macht außerordentliche Bestellungen an Seidem⸗ waaren, ordnet Festungsbauten um die Stadt an und enrollin die unbeschäftigten Arbeiter zur Ueberschiffung nach Afrika. Diet ist Alles ganz gut; ich frage nun aber, warum die Regierung nicht dies Alles schon vor 2 Monaten gethan hat? Ader das Ministerium hatte in Lyon einen untüchtigen Präfekten, der von nichts wußte und seine Pflicht schon dadurch verletzte, daß er sich bereits sen dem 11. Okt. mit der Anfertigung des Tarifs beschäftigte und darüber Nichts nach Paris meldete. Unbegreiflich erscheint es freilich, daß das Ministerium auch durch die Polizei⸗Behöoörde von Lyon oder durch Privat⸗Korrespondenzen von dem dortigen Zustanze der Dinge keine Kunde erhalten haben will; jedenfalls aber hätte die Presse dasselbe davon unterrichten können. Unter diesen Um⸗ ständen darf ich wohl mit Recht behaupten, daß das Ministe⸗ rium der Vorwurf einer strafbaren Unvorsichtigkeit trifft, da ts ihm sonst gewiß ein Leichtes gewesen wäre, der Katastrophe zu⸗ vorzukommen. Als ich meinerseits ver einiger Zeit behauy⸗ tete, daß Lyon ein Heerd des Kongreganismus sey, da en hob sich der Maire, Herr Prunelle, in dieser Versammlung und nannte mich einen Verleumder; jetzt zeigt es sich, wer Recht hatte, er oder ich. Bald darauf, dei der Berathung über die Adresse, verlangte ich, daß man einen Satz darin streiche, indem die Kammer unmöglich wissen könne, ob die ihr gemachten Mit⸗ theilungen wirklich vollstandig wären; und einige Tage spater er klärte der Lyoner Prafekt, Herr Bouvier⸗Dumolard, daß der Bericht des Herrn C. Pöérier ungenau sey. In dieser letzten Beziehung wird man doch wohl endlich erfahren, wer Recht hatte, der Präsident des Minister⸗Rathds, oder der Präfekt. Es ist noth⸗ wendig, daß die Kammer hie über ei Urtheil fälle, da das Land sie sonf mit Recht der Gleichgültigkeit beschuldigen wüͤrde.“ Nach einigm Beschwerden über das Betragen der Polizei im Allgemeinen, kam der Redner auf die sogenannten Emdrigadements der Arvbeiter zurück, die bei den letzten Unruhen in der Hauprtstadt, wie man allgemein glaubt, mit Zuthun der Behörde stattfanden. dachte des Prozesses, der üder diesen Gegenstand unlängst vot dem Pariser Zuchtpolizei⸗Gerichte verhandelt worden, und be⸗ schwerte sich darüber, daß, nachdem in diesem Prozesse das Tro⸗ bunal die Angeschuldigten freigesprochen, zugleich aber aus den gerichtlichen Verhandlungen sich die Theilnahme der Polizei an jenen Embrigadements unleugdar ergeben habe, auch kein einziger Polizei⸗

Agent zur Verantwortlichkeit gezogen worden sey. Die Kammer, fügte

der Redner hinzu, werde sich erinnern, daß, nachdem Hr. Bouvat⸗ tier, einer der Pariser Maires, anfangs die Theilnahme der Po⸗ lizgei vor dem Gerichtshofe in Abrede gestellt, er ste späterhin, ge⸗ drängt von seinem Gewissen, eingestanden habe. Diesem Bei⸗ spiele sey Souchet (der Gastwirth, bei dem die Anwerbuagen stattgefunden haben sollten) jetzt gefolgt; derselbe habe den eigentls⸗ chen Verlauf der Dinge in einem Schreiben erzählt, das er (dee Redner) in Händen habe und der Kammer, insofern sie solches wüm⸗ sche, mittheilen wolle. Hr. Mauguin verlas hierauf dieses Schreiden, woraus sich namentlich ergiebt, daß Herr Carlier, der Chef der Stadt⸗ Polizei, den Souchet aufgefordert hatte, einige 50 Arbeiter gegen eint Vergütigung von 3 Fr. anzuwerben, um sich der Aufpflanzung eines Freiheitsbaumes zu widersetzen. „Es ist um so nothwen⸗

diger“, schloß der Redner, „diesem Treiben der Polizei ein Ende

zu machen, als, wenn anders ich recht Unterrichtet bin, noch heute ähnliche Auftritte stattgefunden haben, wodurch das Leben der Bürger in Gefahr gebracht worden ist. Es scheint, daß einige junge Leute die Absicht hatten, den Polni⸗ schen Generalen eine Huldigung darzubringen; ste wurden aber, obgleich sie sich ruhig verhielten und unbewaffnet wa⸗ ren, umzingelt und gewaltsam auseinandergejagt.“”“ Her Maunguin verließ die Rednerbühne, nachdem er noch im Allgemeinen die Ansicht ausgesprochen, daß das gesammte Sy⸗ stem der Regierung von dem Lande verworfen werde. Nach ihm wollte Hr. Madier de Montjau sich vernehmen lassen; in⸗ dessen verlangte Hr. C. Périer das Wort, um die Fortsetzung der Berathung am folgenden Tage in Antrag zu bringen, vor⸗ läufig aber, in Bezug auf das von Hrn. Mauguimn zuletzt be⸗ rührte Faktum, der Kammer ein ihm so eben zugekommenes Schreiben des Generals Pajol mitzutheilen. Dasselbe lautete also: „Ein zahlreicher Zusammenlauf von Zöglingen der medi⸗ zinischen Schule hat heute auf dem Platze vor dieser Schule stattgefunden; 12 1500 junge Leute begaben sich, je 4 und 4, die Rue Dauphine entlang nach dem Pont⸗neuf. Als sie auf dem Platze des Trois⸗Maries ankamen, wurden sie von einer Schwadron der Municipal⸗Garde zu Pferde, so wie von einer Compagnie derselben Garde zu Fuß, unter Vortritt der

tung angeführten Thatsachen für unrichtig.

Er ge⸗

p

Polizei⸗Commissaire, zerstreut. Die Ruhe ward sosort auf allen Punkten wiederhergestellt.“

Paris, 20. Dez. Der Constitutionnel enthielt gestern einen Artikel, worin behauptet wurde, der Römische Hof weigere ch, den von dem jetzigen Könige ernannten Erzdischöfen und Bischösen die in dem Konkordate mit dem Päpfllichen Stuhle stipulirte Bestätigung zu ertheilen. Der heutige Moniteur er⸗ klärt die von dem Constitutionnel zum Bewesse seiner Behaup⸗ So versicherte das letztere Blatt z. B., daß der Minister des Kultus die erledigten Bischofsstellen eben wegen jener Weigerung des Römischen Hofes gar nicht mehr besetze, und daß der zum Erzbischof von Alx er⸗ nannte Prälat diese Stelle nicht angenommen habe. Der Mo⸗ niteur entgegnet, daß der Constitutionnel in Beziehung auf beide Fakta schlecht unterrichtet sey; seit dem 13. Nar seyen drei Bischofsitze erledigt worden, von denen nur einer, der erst vor kurzem vakant geworden, von Verdün, noch nicht wieder besetzt sey. Die Verzögerung der Bestäti⸗ gung der ernannten Bischöfe werde durch die Langwierigkeit der unter dem Namen kanonischer Institutionen k kannten Förmlichkeiten und durch die langen Zwischenräume, m denen die Spezial⸗Konststorien für die Bestätigung der Erzbischöfe und Bischöfe gehalten werden, erklärlich. Schließlich führt der Mo⸗ niteur einige Beispiele ähnlicher Verzögerungen unter der vori⸗ gen Regierung und namentlich die Erzbisthümer von Rheims und von Auch an, von denen das erstere 1824 ein halbes Jahr und das letztere 1828 ein ganzes Jahr unbesetzt blieb.

Der Spanische Botschafter, Graf v. Ofalia, wird in kur⸗ zem eine Reise nach Madrid unternehmen.

Die Fürstin von Bagration gab vorgestern einen Ball, auf welchem der Kaiser Dom Pedro, der Herzog von Nemours, die Minister und mehrere Mitglieder des diplomatischen Corps er⸗

jenen. ch Der Verein für den unentgeltlichen Volksunterricht hielt dieser Tage unter dem Vorsitze des Grafen A. v. Laborde seine Jahres versammlung. J. Maj. die Königin hat 500 Fr. zu dem Fonds dieses Vereins beigetragen.

In den Forsten von Auberive ist durch die aus den näch⸗ sten Gemeinden herbeigeeilten Gendarmen und Natiomalgarden die Ruhe unter den Holzhauern vollkommen hergestellt worden.

Dem Messager zufolge, sind vier Postmeister wegen Nach⸗ lässigkeit in der Beförderung der Depeschen der Regierung auf den Straßen von hier nach Lyon und Calais abgesetzt worden.

Die Nummern der Quotidienne vom 16ten und 19ten d. M., die letztere wegen eines Arrtikels über den Tod des Herzogs v. Bourbon, sind von der Polizei in Beschlag genommen worden.

Der Handels⸗Minister hat ein Rundschreiben an die Prä⸗ fekten erassen, worin er denselhen die Gesetze in Erinnerung bringt, denen zufolge alles Ernennen von Abgeordneten von Sei⸗ ten der Gewerke und Corporationen, um eine Erhöhung des Ar⸗ beitslohnes zu erlangen, unter Androhung gewisser Strafen verboten ist. Der Minister fordert demgemäß die Präfekten auf, sich hiernach in ihrem Verfahren bei dergleichen vorkommenden Fällen in ihrem Departement zuü richten.

Der Vicomte von Cormenin gedenkt einige Briefe über die Civil⸗Liste herauszugeben.

Mehrere Oppositions⸗Blätter griffen in den letzten Tagen das Benehmen des Ministeriums gegen die in den drei Jult⸗ Kagen Verwundeten als unbillig und willkührlich an. Diesen Verwundeten werden nämlich gegenwärtig auf dem Stadthause die Rückstände der ihnen bewilligten Pensionen bezahlt, wobei hnen indessen die Summen, die ste vorschußweise für ihre drin⸗ gendsten Bedürfnisse erhalten hatten, in Abzug gebracht werden. Der Moniteur weist diese Angriffe ab, indem er auf das Ge⸗

nur von Pensionen, nicht aber noch außerdem von Unterstützun⸗ gen die Rebe sey. Da für die letztern kein Fonds vorhanden ch, so müsse das Ministerium die den Penstonairs vorschuß⸗ weise gezahlten 560,000 Fr. jetzt in Abzug bringen; um ihnen

den letzteren so wenig empfindlich wie möglich zu machen, sey; er Präfekt des Seine⸗Departements bevollmachtigt worden,

henen, die bereits ihre ganze rückständige Penston als Vorschuß ezogen hätten, einen neuen Vorschuß zu ertheilen, der ihnen päter in kleinen Raten abgezogen werden solle.

Die Revue Européenne enthält em Schreiben des Vic. „Chateaubriand, worin derselbe die Gefahren, die nach seiner Unsicht seit dem Umsturze der Erblichkeit des Thrones dem Grunddesitze und dem Eigenthume überhaupt drohen, in folgen⸗ er Weise schildert: „Eine die französtsche Gesellschaft betref⸗ ende Thatsache, ist die nahe bevorftehende und schnelle Invasion 6 Eigenthums. Man wird jetzt inne, daß der Unterschied des Kanges die Mauer war, welche den Unterschied des Vermögens eschützte. Nachdem die Legitimität und die Aristokratie des Kanges unter uns vernichtet worden, wird die Aristokratie des

Besitzthums der Zielpunkt, wie in der Schlacht, wenn die erste

Keihe gefallen ist, die zweite ihre Brust dem Feinde darbietect.

Der Grunddesitz hat alle Grade, welche die Aristokratie besaß; ziebt einen großen, einen mittleren und einen kleinen Grund⸗ sitz. Wenn die Sachen ihren jetzigen Gang fortgehen, so wer⸗ een die Púchter bald den Grundbesitzer fragen, warum sie seine icker bearbeiten müssen, während er mit über einander geschlagenen rmen spazieren geht und, warum sie eine Blouse von Leine⸗ and haben, während er einen Tuch⸗Ueberrock trägt. Das Ei⸗ nihum der Industrie ist nicht mehr geschützt, als der Grund⸗ esiz. Was soll man thun, damit der Fadrikant nach den Lyo⸗ er Ereignissen in seiner Fabrik Herr sey, und daß die Arbeiter, enn es ihnen einfällt, nicht am Sonnabend von ihm verlan⸗ n, daß er den Gewinn der Woche mit ihnen theile? Wird man hjede Fabrikstadt eine Besatzung von 20,000 Mann legen und jeder Elle Band oder Tuch einen Soldaten als Schildwache instellen? Es wird eine Zeit kommen, wo man nicht begreifen ird, daß es einst eine gesellschaftliche Ordnung gab, in weicher Mensch eine Million Einkünfte besaß, während ein anderer in Mittagbrod nicht bezahlen konnte. Ein edler Mar⸗ uis und ein großer Grundbesitzer werden als fabelhafte iguren, als bloße Verstandeswesen erscheinen. Wenn jeder Bür⸗ r die für die Ernährung seiner Familie nöthigen zwei oder drei Norgen Landes selbst bebauen wird, wenn Eigenthum und Intel⸗ genz gleich vertheilt, wenn alle Genüsse des Luxus und des Gei⸗ 6, Schauspiele, Feste, wenn Phantaste und Poeste unter dem Nesser der Vernunft verschwunden seyn werden, wenn kein gro⸗ 6 Unternehmen, kein großes Monument wegen der Gleichma⸗ dHung des Vermögens und der Armuth des Fiskus mehr zu Ftande kommen wird; wenn Wetteifer und Leidenschaften in der ßen Mittelmäßigkeit des häuslichen Lebens untergegangen seyn erden, dann wird die Gesellschaft eines unvergleichlichen Glückes nießen. Ich werde dann, Gott sey Dank, mich zu den Todten rettet haben. Man kann die Langeweile lieben, und in ihr, ie der Fisch im Wasser, leben, und so geht es mir jetzt; aber as Wasser muß nicht zu tief seyn.“

1365 C1111“ Ins 911 8* Großbritanien und Irland. Parlaments⸗Verhandlungen. Unterhaus. Siz⸗ zung vom 16. Dez. (Nachtrag.) Nachstehendes ist der (ge⸗ stern vorbehaltene) Auszug aus der Rede des Herrn Macauley: „Die Bemerkungen meines edlen Freundes (Lord Mahon) zwin⸗ gen mich, einige Worte zu meiner eigenen Vertheidigung zu sagen, und ich erklaͤre vor allen Dingen, daß ich weder in der von meinem edlen Freunde erwaͤhnten, noch in irgend einer in diesem Hause ge⸗ haltenen Rede des Abstimmens durch Kugelung mit einer Sylbe erwaͤhnt habe. Das Wort Ballottiren ist niemals uͤber meine Lippen gekommen, weil meine ve uͤber diesen Gegenstand sich nach und nach gebildet hat, und weil es eine Frage von so hoher Wichtigkeit ist, daß ich es sorgfaͤltig vermeide, derselben zu erwaͤh⸗ nen, bis Umstaͤnde eintreten moͤchten, die es nothwendig machen duͤrften, sich damit zu beschaͤftigen. Der große Grundsatz ist derselbe eblieben, wie in der fruͤheren Bill; aber in den Detatls sind einige Ver⸗ nderungen eingetreten. Ich hoffe, um des Friedens des Landes und um des Handelt willen, daß die Maaßregel durchgehen wied. Es muß diese Frage nicht allein beendigt, sondern schnell beendigt werden. Um mir selbst und um denen, welche die Regierung un⸗ terstuͤtzt haben, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, muß ich einige Worte uͤber die in der Bill vorgenommenen Veraͤnderungen sagen. Diejenigen, welche sich beiden Bell⸗ widersetzen, suchen, indem sie zugeben, daß die letztere besser sey, als die erste, einen Tadel auf die vorige Bill zu werfen. Sie sagen: die Minister haͤtten ihre Fehler eingesehen. Ich bestreite es nun aber, daß irgend eine solche Folgerung gezogen werden kann. Die Vertheidiger der Bill hatten nichts zu widerrufen und haben nichts widerrufen. Sie unterstuͤz⸗ zen die gegenwaͤrtige Bill, weil sie dieselben Grundsaͤtze enthaͤlt, wie die fruͤhere, und weil sie in einigen Einzelnheiten verbessert worden ist. Sie koͤnnen aber nicht zugeben, daß, wie behauptet worden, die Ent⸗ scheidung des Oberhauses das Land von einer großen Gefahr be⸗ freit hat. Wenn ich auch der Meinung bin, daß die Bill verbes⸗ sert worden ist, so wie zweite Gedanken in der Regel besser sind, als die ersten, so darf man doch nicht vergessen, daß es Zeiten giebt, wo es nicht erlaubt ist, zweite Gedanken zu haben. In solchen Zeiten ist ein Verzug, selbst wenn er eine verbesserte Maaßregel zur Folge hat, nicht so vortheilhaft, als eine weniger vollkommene. Ich habe so gut, wie Andere, in der fruͤheren Reform⸗Bill Maͤngel bemerkt; aber war es nicht ein Uebel, daß ein Land zwei Jahre lang durch eine Frage aufgeregt wurde, ehe eine legislative Maaß⸗ regel derselben ein Ende machen konnte? Dies war der Grund, weshalb ich glaubte, daß es besser seyn wuͤrde, die erste Bill anzunehmen. Es stand dieselbe, wie ich schon zugegeben habe, in mancher Beziehung der gegenwaͤrtigen nach; aber es wuͤrde besser gewesen seyn, die erste Bill durchzulassen, eben weil es die erste Bill war. Haͤtte man sich uͤber die fruͤhere Bill ver⸗ staͤndigt, so wuͤrde sie sehr guͤnstig aufgenommen worden seyn; jetzt aber wird die ungluͤckliche Aböstimmung im Oberhause noch lange Zeit in den Gemuͤthern des Volkes haften. Mir wuͤrde daher die vorige Bill mit allen ihren Maͤngeln lieber gewesen seyn, als die gegenwaͤrtige mit allen ihren Verbesserungen. Man hat uns auch Pffagt⸗ „„ Woͤlltet Ihr denn inmitten der oͤffentlichen Aufregung Hesetze geben?““ Ich antworte: Ja! Entstand nicht diese Auf⸗ regung daraus, daß die Reform⸗Frage von denen verkannt wurde, welche daruͤber gesetzlich zu entscheiden hatten? Aller⸗ dings ist es ein Uebel, in Zeiten der Aufregung Gesetze zu geben; aber die Reformers sind dazu gezwungen, weil die Widerspenstigen es in Zeiten der Ruhe nicht thun wuͤrden! Wenn die jetzige Bill in ihren Details sich im Vergleich zu der fruͤheren nicht verbessert, sondern sogar verschlimmert haͤtte, so wuͤrde ich dieselbe doch unterstuͤtzen, weil ich die Grundsaͤtze, wel⸗ che in beiden vorherrschen, fuͤr vortrefflich halte. Sie geben gro⸗ ßen und reichen Staͤdten Repraͤsentanten, dehnen das Wablrecht aus und vermindern die Unkosten bei den Wahlen. Es ist gesagt worden, daß große und talentvolle Maͤnner unter dem alten Sy⸗ stem ihren Weg in dieses Haus gefunden haben, und daß dies bei der gegenwartigen Maaßregel weniger wahrscheinlich sey, und so wuͤrde das Land eines Vortheils beräaubt werden, den es fruͤher ge⸗ nossen habe. Zieht man auch die Institutionen Sparta's denen von

8 8 b 1 e Athen oder die Regierung von Venedig der von Florenz vor, so etz über diese Penslonen zurückgeht und daran erinnert, daß darin

war doch jedes dieser Reiche gleich fruchtbar an großen und aus⸗ gezeichneten Maͤnnern! Wenn man behanptet, daß talentvolle Maͤn⸗ ner ihren Weg ins Parlamenr durch Ernennungs⸗Burgflecken gefunden haͤtten und solches durch volkreiche Staͤbte nicht koͤnn⸗ ten, so bitte ich das Haus, daran zu denken, wer folgende 5 große, reiche und bevoͤlkerte Staͤdte: Westminster, Southwark, Liverpool, Bristol und Norwich repraͤsentirt hat es waren: Burke, For, Sheridan, Windbam, Samuel Romilly, Canning und Huskisson! Nun suche man sich aus Schema A 5 Burgflecken aus,

und ich bin fest uͤberzeugt, man wird unter ihren Repraͤsentanten

nicht ein solches Namens⸗Verzeichniß bilden koͤnnen, wie ich eben angefuͤhrt habe. Darauf hat man wohl entgegnet: „„Nun, wenn das alte System so gute Dienste geleistet hat, warum will man es denn abschaffen?““ So! Also weil Liverpool eine gute Wahl ge⸗ troffen hat, sollte man Gatton beivehalten? Auch leuchtet es wohl ein, daß selbst talentvolle Maͤnner, wenn ein Burgflecken⸗Besitzer sie in dieses Haus schickt, in einem großen Nachtheil gegen die⸗ jenigen Mitglieder stehen, welche große und volkreiche Staͤdte repraͤsentiren. Kann ein Mitglied, das selbst durch den tu⸗ endhaftesten Burgflecken⸗Besitzer, den es nur geben kann, ins Parlament geschickt worden ist, sagen, daß es vollkommen un⸗ abhaͤngig, daß es aus der Wahl des Volkes hervorgegangen sey? Ist es nichts, den Makel an sich zu tragen, ein Mitglied zu seyn,

das durch eine einzelne Person ernannt, aber nicht durch den freien

Willen des Volkes erwaͤhlt worden ist? Ist es nichts, daß man ei⸗

nen solchen Mann nicht als einen freien Repraͤsentanten seiner

Mithuͤrger, sondern als einen Abenteurer bezeichnet? Kann ein solches Mitglied die Rechte des Volkes mit Kraft und Wirksamkeit vertheidigen? Anstatt ein Ariel zu seyn, laͤuft er Gefahr, zu den Arbeiten und Qualen des Sykorak verurtheilt zu werden! Die Mißbraͤuche unseres Repraͤsentativ⸗Systems geben jetzt der Ge⸗ walt der Zeit nach. Es ist bei dem Geist und der Auftlaͤrung des Volkes unmdglich, daß die Stuarts und Tudorz jetzt mit dem damaligen System regieren koͤnnten. Selbst mit den Grundsaͤtzen kann England jetzt nicht beherrscht werden, welche damals vorwalteten, als der erste Monarch aus dem Hause Braunschweig den Thron bestieg. Die Zeit bringt große Veraͤnderungen hervor. Reichthum, Wissenschaft und Gewalt fol⸗ gen ihrem Zuge. Sie moͤgen eben so gut versuchen, die Jahreszei⸗ ten zu aͤndern, als diesen Veraͤnderungen Einhalt zu thun. Weil so viele Herrscher es vernachlaͤssigt haben, aus den Erfahrungen

Rutzen zu ziehen, welche die Geschichte darbietet, haben wir so viele

Revolutionen, so viele gewaltsame Veraͤnderungen gesehen. Die Aufregungen, von denen wir kuͤrzlich Zeugen gewesen sind, so tiefe und so allgemeine Aufregungen muͤssen beschwichtigt werden. Wenn die Zeit mit großen Ereignissen schwanger geht, so muͤssen sie gebo⸗ ren werden. Die 28 muß durchgesetzt werden! (Großer Bei⸗ fall von den Ministerial⸗Baͤnken.) Es ist der Ruhm der Constitu⸗ tion dieses Landes, daß, obgleich sie von den Schwaͤchen des Alters und der Zeit nicht ausgenommen ist, sie doch die große Macht be⸗ sitzt, Alles selbst gut machen zu koͤnnen. Es ist der edelste und reinste aller ihrer Vortheile, daß England den Segen, den andere Natio⸗ nen nur durch gewaltsame und blutige Revolutionen erlangen, durch eine friedliche und gesetzliche Reform hervorrufen kann.“

London, 17. Dez. Der Courier äußert in Bezug auf die Weigerung des Königs von Holland, dem Traktat beizutreten, daß es nicht wahrscheinlich sey, daß ein neues Arrangement zu Stande kommen werde. Es hieße indeß, daß die Holländische Regierung, entweder in der Hoffnung, andere Bedingungen zu erlangen, oder nur um Zeit zu gewinnen, ihren Bevollmächtig⸗ ten beauftragen würde, einen neuen Traktat vorzuschlagen.

EE11AA“ Sr.

Dasselbe Blatt drückt die Hoffnung aus, daß das Un⸗ terhaus bereits in seiner hentigen Sitzung die zweite Lesung der Reform⸗Bill genehmigen werde. Sir R. Inglis und Herr Stuart⸗Wortley haben in der heutigen Sitzung gegen die Bill gesprochen.

„Die Prinzessin Wektoria ist Beschützerin mehrerer Weohlthä⸗ tigkeits⸗Anstalten in der Nähe von Claremont geworden, denen früher die Prinzessiu Charlotte vorsiand, und nimmt so viel An⸗ theil an den Schulen, daß sie kaͤrzlich einen Theil der Schuler zu sich nach Claremont kommen ließ, um Preise unter sie zu vertheilen; doch war sie genöthigt, dabet in einem Ronstuhle 11 erscheinen, da ihre Füße so schwach sind, daß sie nicht ste⸗ en kann.

Aus Irland ist die traurige Nachricht eingelauftn, daß in der Grafschaft Killeny bei gewaltsamer Eintreidung der Zehnten abermals bedeutende Unruhen ausgebrochen sind. Zwölf Polizei⸗ Beamte sind getödtet und 4 verwundet worden.

Aus dem Haag, 22. Dez. Der Herzog Bernhard 8 Sachsen⸗Weimar ist vorgestern von der Armee hier angelangt. Folgendes ist die von der Staats⸗Courant mitgetheilte, an die Londoner Konferenz gerichtete Note der Niederländischen Bevollmächtigten, womit dieselben auf die 24 Artikel der Konfe⸗ remnz geantwortet haben: „Ihren Ercellenzen den Herren Bevollmaͤchtigten Oesterreichs, Frankreichs, Großbritaniens, Preu⸗ ßens und Rußlands, vereinigt in der Konferenz zu London.“

Oesterreich, Frankreich, Großbritanien, Preußen und Rußland ha⸗ ben durch die Note, mit der sie die unterzeichneten Bevollmaͤchtig⸗ ten Sr Majestaͤt des Koͤnigs der Niederlande unterm 10. Novem⸗

dem es festsetzt, daß in dem Fall, wo Vereinigungen von Monarchen oder Bevollmaͤchtigten Angelegenheiten zum Zweck haͤtten, welche

druͤcklichen Vorbehalte des Rechtes, daß jene Staaten entweder di⸗ rekt oder durch ihre Bevollmächtigten daran Theil nehmen koͤnn⸗ ten, stattfinden sollten die Formen dieser Theilnahme nicht vor⸗

habe.

dert, die Forderungen cheg. Regicrung schriftlich auseinander⸗ zusetzen und ebenfalls schriftlich auf die Forderungen und ten; ohne ihnen indeß jemals verweigern 89 1 Ht sic dische Hof wuͤnscht sich um so mehr Gluͤck dazu, die Berufung au das Achener Protokoll von der Londoner 8. gerbeilt 1 89 hen, als sich die Theilnahme aller Parteien an den Vereinigungen, in denen von ihren Interessen die Rede ist, darin auf die bestimm⸗ teste Weise vorbehalten findet. der ersten Periode der Unterhandlung statt. Bei Eroͤffnung der Londoner Konferenz erklaͤrte das Protokoll vom 4. November 1830,

auch außerdem die Mirtel

be, in Uevereinstimmung mit Sr. Majestaͤt uͤber die zweckmaͤßig⸗ sten Maaßregeln zu verathschlagen, um den in seinen Staaten ausgebrochenen Unruhen ein Ende zu machen, die fuͤnf Maͤchte, den Bestimmungen des Paragraph 4. ihres in Achen 15ten November 1818 Gesandten des Koͤnigs aufforderten, ihren zuwohnen. Dieser nahm demzusolge in

ihm gebuͤhrenden Platz ein.

b Berathungen 1der Konferenz den Nach Verlauf einiger Sitzungen in⸗

vollmägrigten von Seit zu Zeit zuzulassen, um Aufklaͤrungen von ihnen zu erhalten oder ihre schriftlichen Mittheilungen entgegen⸗ zunehmen. Die Niederlaͤndische Regierung kann nicht verken⸗ nen, daß die schriftliche Auseinandersetzung ihrer Forderungen, die schriftliche Antwort auf die Forderungen und Bemerkungen der entgegengesetzten Partet und einige vereinzelte Aufklaͤrun⸗ en den Versammlungen und der durch das Achener Proto⸗ oll festgesetzten direkten Theilnahme gleichkommen, indem, wenn die persoͤnliche und regelmäßige Elhrterung einmal ver⸗ hindert ist, die Unterbandlung ihren natuͤrlichen Charakter verloren hat und mehrere Gegenstaͤnde unvollkommen erklaͤrt oder aufgefaßt bieiben mußten. Der in dieser Bezirhung von der ee eingeschlagene Weg kann auf keine Weise dem Rechte der Bevollmäaͤchtigten des Koͤnigs, den Sitzungen beizuwohnen; Aboruch thun. Was die Mittel betrifft, welche die Niederlaͤndischen Bevoll⸗ moͤchtigten hatten, ihre Ansichten uͤber alle zu regulirende Punkre auszudruͤcken, so uͤkerschritt diese Befugniß nicht den Bereich einer konsultativen Stimme und solcher Gegenstaͤnde welche fruͤher schon angeregt waren, und von denen die Bevolln schtigten voraussehen mußten, daß es bei der Unterhandlung darauf ankommen wuͤrde. Jene Befugnfß verlor aber ihre Anwendung in Bezug auf eben so wichtige als unerwartete Ereignisse, von denen nicht ein einziges⸗ mal die Rebe gewesen war, und uͤber welche die Bevollmaͤchtigten des Koͤ⸗ nigs niemals um Ratd befragt wurden. Die von JJ. Exc. den Unterzeich⸗ neken mitgetheilten 24 Art. enthalten viele Bewelse davon, namentlich die Artikel 9, 11, 12 und der §. 5 des 13ten Artikels. Die Unter zeichneten gestehen mit der der Konferenz schuldigen Offenheit daß sie sich vergebens bemuͤht haben, das Achener Protokoll mit der gaͤnzlichen Verlaͤugnung des Inhalts und des Geistes jenes Proto⸗ kolls und der ersten Grundsatze des Voͤlkerrechts, welche man in verschiedenen Klauseln bemerkt, die in den 24 Artikeln zum ersten⸗ male zur Sprache gedracht werden, in Einklang zu bringen Es handelt sich darin um nichts Geringeres, als die Aufsicht uͤber die Lootsen⸗ und Tonnenrechte auf einem Hollaͤndischen Flusse mit einer fremden Macht zu theilen; die Lootsengelder auf diesem Flusse gemein⸗ schaftlich mit einem anderen Staate festzustellen; den Fischfang und den Fischhandel auf demselben durch fremte Unterthanen ausuͤben zu sehen; den Hollandern als eine zweifelhafte Sache die Schiff⸗

fahrt auf ihren eigenen Fluͤssen zu sichern; indem die Reciprocitat der Schiffahrt auf den zwischen der Schelde und dem Rhein lie⸗ genden Gewaͤssern gewaͤhrt wird auf Gewaͤssern, welche aber nur

V auf Hollaͤndischem Gebiet befindlich sind; Fremden das Recht ein⸗

zuraͤumen, auf dem Staatsgebiet eine Straße zu bauen oder einen Kanal anzulegen; jedes den Handels⸗Verbindungen in den Weg zu legende Hinderniß zu untersagen, wenn auch diese Verbin⸗ dungen durch eine der ernen Festungen des Reiches fuͤb⸗ ren; und endlich eine Liquldation festzustellen, woraus kei⸗ ne Last fuͤr die entgegengesetzte Partei entstehen darf. Was die Befugniß betrifft, die Feindseligkeiten wieder aufzuneh⸗ men, so gehoͤrt diese Frage in die Kategorie vieler Unterhandlun⸗ gen, waͤhrend deren Dauer, und so lange sie ihr Ende nicht erreicht haben, die Parteien Gefahr laufen, sich zu kompromittiren, wenn sie hinsichtlich einer ungewissen Zukunft positive Verbindlichkeiten eingehen. Wenn sich der Koͤntg das Recht vorbehaͤlt, eventualiter die Feindseligkeiten wieder 8 beginnen, so behauptet er damit nur seine natuͤrliche Stellung in der Erwartung eines Arrangements und uͤbt nur ein unhestrittenes Recht aus. Was insbesondere die 24 Artikel betrifft, so erlauben sich die Unterzeichneten daran zu erinnern, daß ihre fruͤheren Erklaͤrungen nicht iie

Tendenz hatten, die Beistimmung ihres Souverafns zu 86 von den besagten Artikeln aufgestellten allgemeinen Pacifications⸗

M„Ihre Excellenzen die Herren Bevollmäaͤchtigten der Hdfe von

ber beehrt haben, bemerklich gemacht, daß das Achener Protokoll in-

mit den Interessen anderer Europaͤischer Staaten in besonderem Zu- sammenhange staͤnden, solche Vereinigungen nur unter dem aus⸗

geschrieben und daher der Londoner Konferenz uͤber die Art und Weise ihrer Mittheilungen an die Unterzeichneten und uͤber die Mitwirkung derselben bei ihren Arbeiten volle Freiheit gelassen In der angeregten Note hat die Londoner Konferenz, von jener Freiheit Gebrauch machend, die Unterzeichneten aufgefor⸗ 8

auf die Bemerkungen der entgegengesetzten Partei zu antwor⸗

zu wollen, ihre Ansichten uͤber alle Punkte, auf equlirung es ankomme, kund zu geben. Der Niederlaͤn⸗

Diese Theilnabme fand auch in

daß, da der Koͤnig der Niederlande die fuͤnf Hoͤfe aufgefordert ha-⸗

unterzeichneten Protokolles gemäß, den bei⸗

deß benachrichtigte ihn die Konferenz nicht mehr von ihren Ver⸗ sammlungen und beschraͤnkte sich darauf, die Niederlaͤndischen Be⸗

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